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Michio Kaku: Abschied von der Erde#

Michio Kaku: Abschied von der Erde / Die Zukunft der Menschheit, Rowohlt, 2019 (englisch 2018 erschienen) / Rezension von Hermann Maurer

Michio Kaku: Abschied von der Erde
Michio Kaku: Abschied von der Erde

Der berühmte Physiker Michio Kaku hat ein Buch mit so einem reißerischen Titel geschrieben, da muss man wohl nachsehen, was er meint.

Er beginnt mit der Aussage, die schon Stephen Hawking lange vor seinem Tode machte: „Wenn die Menschheit nochmals 100.00 Jahre überleben will, muss sie das Weltall kolonisieren“. Mein naives Argument für die Richtigkeit dieser Aussage ist sehr einfach: Als Optimist glaube ich, dass die Menschheit im nächsten Jahr mit Eintausendstel Prozent (0.001 %) ausstirbt/ sich selbst ausrottet. In Anbetracht der atomaren Aufrüstung, der absichtlich oder unabsichtlich ausgelösten biologischen Krankheiten, usw. ist die Wahrscheinlichkeit mit 0.001 % eher tief gegriffen. Aber selbst wenn man das annimmt, über 100.000 Jahre ergibt das 100%, also Gewissheit, dass die Menschheit auf dieser Welt untergeht. Das ist eben der Knackpunkt: es darf die Menschheit nicht auf einem Himmelkörper existieren, sondern auf vielen, so dass ,wenn die Menschheit auf einem „ausfällt“, das nicht das Ende der Menschheit an sich ist.

Freilich, die Kolonisation des Weltalls ist nicht so einfach. Auch wenn die Chinesen eine permanente Station nahe des Südpols des Mondes planen (weil es dort z.B. viel Wasser in Form von Eis gibt, womit man über Fotovoltaik Sauerstoff zum atmen erzeugen kann, aber auch das Wasser an sich für künstliche Gärten benötigen kann, und Sonnenschein in Übermaß vorhanden ist, weil es ja nie Wolken gibt, die die Sonne verdecken), so sind das vor kosmischen Strahlen geschützte Behausungen (z.B. unterirdisch). Und auch wenn man später Roboter baut, die Roboter bauen, die das Leben für mehr Menschen vorbereiten ist eine Besiedlung mit Millionen von Menschen wenn überhaupt ein sehr langfristiges Unternehmen.

Der Mars ist umweltmäßig kaum besser, auch dort fehlt eine dickere Luftschicht. Wahrscheinluch müsste man durch Bahnbeeinflussung den Absturz großer Eisasteroiden aus den Randgebieten des Sonnensystems verursachen, um so mehr Wasser und eine neue Atmosphäre zu erzeugen („Planetary Engineering“).

Der Jupitermond Titan hätte zwar eine dicke Luftschicht, gutes Klima (wegen des Treibhauseffekts) und etwa gleiche Schwerkraft wie die Erde, aber seine Atmosphäre besteht aus Methan, aus dem man nur mit Aufwand verwendbare Luft für Mensch, Tier und Pflanzen erzeugen kann….also auch hier hätte man entweder ein umfangreiches Planetary Engineering Projekt, oder aber man setzt durch Verwendung fortgeschrittener Gentechnologie eher auf Menschen, Tiere und Pflanzen die in einer Methanatmosphäre leben können.

Obwohl mit modernen Weltraumteleskopen inzwischen viele tausende Planeten außerhalb unseres Sonnensystems gefunden wurden („Exoplaneten“) sind die meisten so exotisch, dass Michio Kaku heutige Astronomen zitiert wie folgt: „Je mehr wir finden, umso weniger verstehen wir. Die ganz Sache ist ein großes Kuddelmuddel“. Allerdings kennt man 2019 auch schon über 30 „erdähnliche“ Planeten (die von der Größe her und von ihrer Bahn leben zulassen würden), ob diese aber Wasser und eine Lufthülle haben ist mit einer Ausnahme unbekannt: K2-18b, der 110 Lichtjahre von der Erde entfernt ist. Es gibt nur einen bisher entdeckten erdähnlichen Exoplaneten der weniger als 10 Lichtjahre von der Erde entfernt ist, Proxima Centauri b (4,2 Lichtjahre).

Die schnellste bisher von menschlichen Objekten erreichte Geschwindigkeit ist 300.000 km/h, das sind 0,04% der Lichtgeschwindigkeit. Mit heutigen Technologien wär es wohl möglich, mit riesigem Aufwand innerhalb von 50- 100 Jahren ein „Generationenaumschiff“ für mehrere tausend Menschen zu bauen, das ihnen alles bietet: Natur (Wiesen, Wälder, Tiere, Bäche, kleine Seen, Berge, usw.), Schulen, Spitäler, Werkstätten, Fabriken, jede Art von Unterhaltung etc., das mit 0,1% der Lichtgeschwindigkeit unterwegs sein könnte. Es würde dann Proxima Centauri b nach knapp 4.500 Jahren erreichen: d.h. schon die Ur-Ur-Urenkel der Abreisenden wären schon lange Geschichte. Und ist diesen Reisenden, die inzwischen eine wohl neue Kultur entwickelt haben noch jemand an der Besiedlung eines Planeten interessiert?

Also, zu dieser Art der Raumfahrt wird es wohl nicht kommen.

Die bisherigen Zeilen berichten etwa das, was in dem Buch bis über die Hälfte des Umfangs erklärt wird. Wenn man sich mit Raumfahrt beschäftigt ist das meiste sicher bekannt, aber sehr gut dargestellt. Aber dann wird es interessant, wenn nicht nur über Wurmlöcher ernsthaft gesprochen wird (die als „Abkürzung“ auch weit über Lichtgeschwindigkeit zulassen könnten), sondern auch über Paralleluniversen, und wie man die vielleicht besuchen könnte, ja dass selbst die Erzeugung neuer Universen nicht undenkbar ist. Auch Transhumanismus und Unsterblichkeit werden angesprochen, und andere überraschende Themen. Dass hier konkret und ernsthaft über so „verrückte“ Ideen von einem berühmten Physiker als Spekulation aber nicht grundsätzlich unmöglich geschrieben wird macht nachdenklich. So unmöglich manches klingen mag, hätte vor 5.000 Jahren jemand über die heutige Technologie spekuliert wäre das wohl genau so abwegig gewesen!