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Luna Al-Mousli: Um mich herum Geschichten#

Luna Al-Mousli: Um mich herum Geschichten / Roman, Edition W, 2022 / Rezension von Guenther Johann

Luna Al-Mousli: Um mich herum Geschichten
Luna Al-Mousli: Um mich herum Geschichten

AL-MOUSLI, Luna: „Um mich herum Geschichten“, Frankfurt 2022

Die Autorin ist in Damaskus geboren und lebt heute in Wien. Als Designerin und Graphikerin ist sie in Österreich integriert.

Als Autorin kann sie aber ihre Erlebnisse aus der Heimat Syrien nicht verbergen. Schon ihr erstes Buch handelte von Damaskus („Eine Träne, ein Lächeln. Meine Kindheit in Damaskus“). Im vorliegenden Buch erzählt sie in fünf Geschichten aus dem Leben von Geflüchteten. Nicht extreme Abenteuergeschichten, sondern die menschliche Seite, wenn man „verpflanzt“ wird und aus dem eigenen Land gehen muss. Al-Mousli macht es in einer sehr interessanten Form. Die Geschichten werden meist von Dingen des jeweils Betroffenen erzählt. Im ersten Kapitel ist es ein Computer, der erzählt, wie seine Besitzerin, eine ältere Frau, ihre Erlebnisse niederschreibt. Der Computer agiert wie eine Person und erzählt, wie sie, die Proponentin, als erste Frau nicht nur die Grundschule abgeschlossen hat, sondern auch an der Universität studiert hat. Im Exil verfolgt sie alle Nachrichten aus dem Radio, Fernsehen und sozialen Medien. Sie engagiert sich und ist Computersüchtig geworden. Die Töchter sorgen sich um sie. Zu Beginn flog sich noch manchmal heim, als aber dann die Flüge nach Damaskus eingestellt wurden, blieb nur mehr das Internet als Verbindung.

Im zweiten Kapitel ist es eine Abschlussurkunde der Universität, die von ihrem Besitzer erzählt. Achtlos wurde sie nach einer Übersiedlung hinter einer Tür abgestellt und bald ging das Glas in Bruch. Sie, die Urkunde, erzählt aber alles, was sie sieht.

Wie es einem Syrier ging, der flüchtete, eine Familie gründete und sich die Familie durch Scheidung wieder auflöste, erzählt seine Oud, ein Gitarre ähnliches Musikinstrument. Seiner Frau hatte er versprochen, mit ihr „in guten, wie in schlechten Zeiten zusammen zu bleiben, aufeinander aufzupassen und sich nicht aus den Augen zu verlieren.“ (Seite 47) Aber zusammenbleibt er mit seinem Musikinstrument, mit dem er öffentlich und für Freunde spielt. Das Ding Oud als Partnerin ist ihm aber zu wenig. Sein Leben kommt ins Trudeln. Er verfällt dem Alkohol und letztlich geht die Oud in Bruch.

Weiter geht es mit einem syrischen Vater, der sich zum Studienabschluss seines Sohnes einen neuen Anzug kauft, den er aber nie trägt. Seine Frau organisiert mit anderen Frauen den Schmuggel von Medikamenten in die Kriegsgebiete des Landes. Sie schweißen sie in Damenbinden ein, die von keinem Wachsoldaten geprüft werden. Die Scham eines Muslims ist dazu zu groß. Erst als sie ins Exil gehen wird ihm von einer Frau der Anzug aus dem ausgebombten Haus gebracht. Am Weg dahin wurde er gefoltert.

Ein Haustorschlüssel erzählt den Lebensweg einer Frau, wie sie trotz Kriegs blieb und wo sie ihren Bruder, der untertauchen musste, aufnimmt.

„Das Brot wurde teurer.
Sie blieb.
Ich blieb.

Neureiche wurden gefeiert.
Sie blieb.
Ich blieb.

Die Winter wurden kälter.
Wir blieben.“ (Seite 120)