Wir freuen uns über jede Rückmeldung. Ihre Botschaft geht vollkommen anonym nur an das Administrator Team. Danke fürs Mitmachen, das zur Verbesserung des Systems oder der Inhalte beitragen kann. ACHTUNG: Wir können an Sie nur eine Antwort senden, wenn Sie ihre Mail Adresse mitschicken, die wir sonst nicht kennen!
unbekannter Gast

Ernestine Hutter: Krippenkunst in Salzburg#

Bild 'Hutter neu'

Ernestine Hutter: Krippenkunst in Salzburg. Residenz Verlag Salzburg, Salzburg Museum. 528 S., ill., € 29..-

Der Prachtband kommt zur rechten Zeit: Ein repräsentatives Weihnachtsgeschenk, in exzellenter Ausführung, dazu ausgesprochen wohlfeil. Die kompetenten Texte stammen von Dr. Ernestine Hutter. Die Kunsthistorikerin leitete die Sammlung Volkskunde im Salzburg Museum und das Volkskunde Museum/Monatsschlössl in Hellbrunn. Die Autorin kuratierte zahlreiche Krippen-Ausstellungen in und außerhalb von Salzburg und hat viel zum Thema publiziert. Die Liebe zur Weihnachtskrippe wurde mir schon in meinem Elternhaus mitgegeben, wo das Aufstellen der Krippe maßgeblicher Bestandteil des Heiligen Abends war, schreibt sie, und: Beim vorliegenden Buch handelt es sich um ein Projekt, das in Teamarbeit entstanden ist, in der Idee, anhand einer repräsentativen Auswahl von "Krippenkunst in Salzburg" das Interesse an einer scheinbar vergehenden Kultur neu zu beleben beziehungsweise in Vergessenheit geratenes Wissen für die Nachwelt zu bewahren. Dr. Peter Laub hat als hervorragender Fotograf wesentlichen Anteil an dem mehr als 500-seitigen Bild-Text-Band. Dir. Stefan Fuchs lieferte wertvolle Informationen durch das intensive Studium des Krippenliteratur-Archivs.

Sieben Beispiele aus der Sammlung des Salzburg Museums geben Einblick in die Historische Vielfalt. Da ist eingangs die Originelle Krippenkunst der Oberndorf-Laufener Schiffer. Sie verschafften sich in der Zeit, in der sie ihrem Beruf witterungsbedingt nicht nachgehen konnten, mit Volksschauspielen und Heischebräuchen einen Winterverdienst. Dazu zählten Umzüge mit Weihnachtskrippen wie dem "Nähkasten-Kripperl". Als Requisit beim Sternsingen verwendeten die Schiffer die auf einer 2 m langen Stange montierte, bewegliche "Drehstangenkrippe". Ungewöhnlich präsentiert sich eine Simultankrippe aus dem Salzkammergut, die in mehreren Stockwerken biblische Szenen zeigt. Die zahlreichen Figuren sind Erzeugnisse der "Viechtauer Volkskunst-Ware". Die Bewohner des Hochtals zwischen Attersee und Traunsee hatten seit Kaiser Maximilian I. das Privileg, in Hausindustrie Holzwaren als Nebenerwerb herzustellen. Die bis zu 5 m breite "Traunkirchner Wurzelkrippe" stellt die größte der Sammlung im Salzburg Museum dar. Sie entstand in den Jahren 1888 bis 1919 und war in der Stube eines Privathauses zur Besichtigung aufgestellt. Unter den rund 100 Figuren sind die aus Hirtenliedern bekannten Typen wie "Urbal mit der Leinwand", "Lampötrager", "die zwei Nachbarn", "Hirte mit da Budahenn", "da sche' Bua", "Weintraubenträger", "Vada laß mi a mitgeh' " und "Muada laß mi a mitgeh' " für die Landschaft charakteristisch. Wohl weltweit einmalig ist die Richard-Mayr-Krippe. Sie bildet die Felsenreitschule ab und Figuren stellen den Sänger Richard Mayr (1877-1935) in seinen Opernkostümen dar. Der Maler Carl Storch (1868-1955) schuf nicht nur Karikaturen für die "Fliegenden Blätter" und "Zwergenkalender" für Kinder, sondern auch Weihnachtskrippen in seiner persönlichen Note. Storchs Werke inspirierten Hans Mairhofer-Irrsee (1914-1998). Er war Bauer, Sammler und - seit früher Jugend - Bildschnitzer. Von ihm stammen zahlreiche Figurenkrippen. Obwohl ihm aus finanziellen Gründen eine Ausbildung verwehrt blieb, fand er mit den Jahren zu einem rustikalen Expressionismus individueller Prägung … Mit Holzskulpturen dieser Art erschloss der Künstler sich und seinem Publikum neue Zugänge zur Krippe.

Ein Kapitel widmet sich den Kirchenkrippen in Salzburg und Umgebung. Die barocken Figuren der Franziskanerkirche zählen zu den ältesten des Landes. Im Refektorium des Kapuzinerklosters steht die monumentalste Kastenkrippe Salzburgs. In der Rektoratskirche St. Sebastian umfasst die bekleidete barocke Krippe hundert Gliederpuppen mit wachsbossierten Charakterköpfen. Zu den Schätzen der für ihr "Loretokindl" bekannten Klosterkirche zählt eine barocke Kastenkrippe, deren Szenen in zwei Etagen angeordnet sind. Die barocke Wechselkrippe der Wallfahrtskirche Maria Plain weist Elemente aus dem 18. bis 21. Jahrhundert auf und wurde vor einigen Jahren restauriert. In der Stiftskirche St. Peter findet man ein einmaliges Gesamtkunstwerk im Nazarenerstil. Die Großkrippe der Stadtpfarrkirche von Mülln hat Figuren des Ebenseer Bildhauers Franz Pachinger (1874-1935) aus den 1930er Jahren. Die neue Krippe der "Stille-Nacht"-Gemeinde Oberndorf aus den 1950er Jahren verbindet heimatliche und orientalische Motive kühn zu einer Einheit. Die Dekanatspfarrkirche Köstendorf besitzt zwei Krippen, die abwechselnd aufgestellt werden.

Mit den Wegbereitern der Krippenkunst in Salzburg befasst sich ein weiteres Kapitel. Hier erfährt man viel Interessantes über die Wachsgalateriewarenfabrik Weinkamer, die vier Generationen hindurch, von 1858 bis 1987, die weit verbreiteten Heiligenfiguren unter Glasstürzen produzierte. Der Familienbetrieb verfertigte auch Krippen und Jesuskinder in allen Größen.

Die folgenden Kapitel stellen Salzburger Krippenkünstler vor, wie Jakob Tyroller (1865-1940), den Schöpfer der Dioramenkrippe oder die Brüder Altenaichiger, die als Meister des Krippenbergbauens bekannt waren. Theodor Pfitzer (1848-1936) spezialisierte sich auf orientalische Krippen. Heimatlich gibt sich hingegen ein Werk von Alexander "Xandi" Schläffer (1899-1984) aus Saalfelden. Er hat es für die Weltausstellung anlässlich der Olympischen Sommerspiele 1984 in Mexiko City angefertigt. Johann "Hanns" Rabitsch (1900-1986) war als Schnitzer von Heiligenfiguren, Krippenbauer und Restaurator äußerst bekannt und gefragt". Der Kapuzinerpater Philipp Bock (1918-2002) wurde zum Krippenbaupionier in Österreich. Als "Wanderlehrer" veranstaltete er tausende Kurse.

Josef Klampfer (1892-1962) gehörte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu den namhaften Krippenfigurenschnitzern Salzburgs. Seine Wechselkrippe in der Michaelskirche ist die einzige des Landes, die auch die Geschehnisse vom Abendmahl über die Kreuzigung bis zur Auferstehung und Pfingsten darstellt. Sie umfasst 16 Szenen. Johann Seisl (1861-1933) bereiste um 1900 das Heilige Land, um seine Krippenlandschaften möglichst authentisch darstellen zu können. Romed Speckbacher (1889-1972) war ein Meister volksbarocker Krippenkunst in der Gegenwart. Seine 60 Krippen befinden sich in vielen europäischen Ländern und in Übersee. Hubert Spannring (1862-1930) hat Bildhauerei studiert und als Fachlehrer unterrichtet. Sein Hauptwerk steht zur Weihnachtszeit im Salzburger Dom. Jakob Adlhart (1898-1985) galt in den 1920er Jahren als einer der namhaftesten modernen Vertreter des Expressionismus bei Heiligen- und Krippenfiguren. Zu seinen Schülern zählte Bernhard Prähauser (1921-2016), dessen Oeuvre von religiösen Themen bestimmt war. Der Bildhauer Gustav Resatz (1903-1962) gehört zu jenen Persönlichkeiten, die der Krippenkunst nach dem Zweiten Weltkrieg neue Impulse verliehen. Er ist für seine "Krippenbäume" bekannt.

Ton als neuen Werkstoff für den Krippenbau hat Luise Spannring (1894-1982), die Tochter von Hubert Spannring, für sich entdeckt. Bei der großen Ausstellung von 1924 führte sie die Liste der Vertreter der modernen Krippe an und war nach dem Zweiten Weltkrieg mit der Schau Keramik in unserer Zeit in Salzburg wegweisend. Zu ihrem Kreis zählte Irene Zohmann (1928-2006). Die gebürtige Polin entdeckte die Liebe zur Krippe in Salzburg. Das Salzburg Museum besitzt ein seltenes Exemplar aus Radstadt, eine Applikenkrippe der Firma Radstädter Keramik, die wohl nach 1909 entstand. Vinzenz Schreiner (*1928) ist ein Künstler, der mit seinen aus Ton modellierten Werken Aufsehen erregt. Ernestine Hutter charakterisiert sie als Kunst und göttlicher Auftrag.

Schließlich beschäftigt sich die Autorin mit Archivalien zur Krippenkunst in Salzburg und ihre Bewahrer. Dabei geht es um den Heimatforscher und Archivar Alois Leeb (1926-1993), den Sammler, Bewahrer und Schnitzer Stefan Fuchs (* 1946) und Rupert Beran (* 1947). Der Titel zu diesem Abschnitt lautet: Krippenbauen als Berufung und sein Wirken für den Landeskrippenverband Salzburg. Kurzbeschreibungen zu den Krippen runden das vielseitige Werk ab. Ein Buch nicht nur für Salzburg, und nicht nur für Weihnachten. Ein Buch, das Begeisterung für die Inszenierung der Geburt Christi weckt.

hmw