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Werner Rosenberger#

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Werner Rosenberger: Hinter fremden Fahnen. Geschichten aus Botschaften und Residenzen. Amalthea Verlag Wien. 272 S., ill., € 30.-

Diplomaten, die Wanderer zwischen den Welten, führen das Leben von Vagabunden und sind dabei die Visitenkarte ihrer Heimat im Ausland. Dem entsprechend repräsentativ sind ihre Botschaften und Residenzen. 25 davon hat Werner Rosenberger ausgewählt um zu schildern, was sich im Lauf der Jahrhunderte hinter ihren verschlossenen Türen abgespielt hat. Das war, weiß der "Kurier"-Redakteur und Reisejournalist, eine ganze Menge. Zuletzt erschienen von Werner Rosenberger im Amalthea Verlag Hietzing. Von Künstlervillen & Künstlerleben (2018) und Die Villen vom Wörthersee (2022).

Die historischen Gebäude waren nicht immer für die Diplomatie bestimmt, hier 'waren früher Persönlichkeiten zu Hause, die Österreich politisch, wirtschaftlich und kulturell geprägt haben. Fürsten wie Rasumofsky und Metternich, schillernde Frauengestalten wie die "letzte Bonaparte", Opernstars wie Selma Kurz, schwerreiche Bankiers wie Alfons Thorsch, Architekten wie Otto Wagner, ein internationaler Drogenhändler und wohltätige Gräfinnen. In bewährter Weise bringt der Autor die alten Mauern zum Erzählen - und beim Erzählen kommt man leicht "vom Hundertsten ins Tausendste". Es ist in diesem lesenswerten Buch also viel Spannendes und Überraschendes zu erfahren.

Der Plan am Vorsatz zeigt, dass es in Wien vor allem zwei "Diplomatenviertel" gibt: in der Cottage (Währing, Döbling) und in der Gegend Rennweg - Metternichgasse im 3. und 4. Bezirk. Der Hof- und Staatskanzler Klemens Wenzel Lothar von Metternich (1773-1859) gilt als "diplomatischer Wunderknabe", aber auch als Inbegriff des reaktionären Politikers. Zur Zeit des Wiener Kongresses ließ er am Rennweg eine Villa errichten, die seine Kunstsammlung beherbergte. Mit Werken der bedeutendsten Porträtisten seiner Zeit, wie Joseph Kriehuber und Moritz Michael Daffinger, war sie ebenso legendär wie die Feste des Fürsten. Für ein solches soll der 16-jährige Franz Sacher die berühmte Schokoladentorte kreiert haben. Die "Villa Metternich" besteht nicht mehr, das historistische "Palais Metternich" (Rennweg 27) ist seit 1908 im Besitz der italienischen Regierung, die darin ihre Botschaft etablierte. Unweit davon, im ehemaligen Palais Sternberg (Ungargasse 43), befindet sich seit 1948 das italienische Kulturinstitut, ein architektonisches Erlebnis, ein Stilmix aus mehreren Epochen. … Hartnäckig hält sich das Gerücht, zwischen dem Palais Sternberg und der nahen Villa Metternich habe es einen unterirdischen Geheimgang gegeben und damit die Möglichkeit diskreter Besuche der Geliebten beim Fürsten.

Von amourösen Abenteuern lässt sich in fast allen beschriebenen Gebäuden erzählen. Spitzenreiter auf diesem Gebiet war der "schönste Habsburger", Erzherzog Otto (1865-1906). Er residierte im Augarten, wurde aber, aus Gründen der Diskretion, an seinem Lebensende in einer zweistöckigen Privatvilla im Währinger Cottage untergebracht. Nun dient die Villa in der Anton-Frank-Gasse 20 als Botschaft des Staates Israel. Das Sterbehaus hinter dem barockisierten schmiedeeisernen Doppeltor des Kunstschlossers Alexander Nehr, ausgezeichnet auf der Pariser Weltausstellung 1890, war 1873 nach Plänen des Architekten Carl von Borkowski für August Förster errichtet worden. Förster war kurzfristig Direktor des Burgtheaters. Nach dem Tod von Kronprinz Rudolf gab es vorübergehend keine Vorstellungen und Stücke, in denen Selbstmorde vorkommen, wie "Hamlet", mussten umgeschrieben werden.

Kronprinz Rudolf (1858-1889) war mit dem Starjournalisten Moriz Szeps (1835-1902) befreundet. In dessen Zeitung "Neues Wiener Tagblatt" erschienen - anonym - Artikel des Kronprinzen. Dessen Erwartung ist, von Szeps politische Informationen zu erhalten, die ihm der Hof vorenthält. … Der Suizid des Kronprinzen 1889 ist für Szeps ein enormer Rückschlag in seinen politischen Bestrebungen. Der Zeitungszar beeinflusste maßgeblich gesellschaftspolitische Entscheidungen, wie die Rettung des Wienerwaldes oder den Bau der I. Wiener Hochquellenleitung. Sein vornehm ausgestattetes Palais war über Jahre ein gastfreundliches Haus. Die Gesellschaft ist international. Wer von Bedeutung nach Wien kommt, den trifft man mit einiger Sicherheit hier als Gast. Es wurde musiziert (mit Alfred Grünfeld, dem Salonpianisten der Wiener High Society), konzertiert (mit Hofopernsängern) und Theater gespielt (mit Mimen des Burgtheaters, wie Alexander Girardi). 1885 verließ Moriz Szeps sein Palais in der Liechtensteinstraße 51. Im folgenden Jahr heirateten seine beiden Töchter. Die jüngere, Berta, ehelichte den Anatomen Emil Zuckerkandl. Sie führte die Tradition iher Mutter von Salons als gesellschaftliche Treffpunkte weiter. Berta ist an der Gründung der Secession und der Salzburger Festspiele beteiligt. … Während des ersten Weltkriegs engagiert sie sich als Friedensaktivistin in der Schweiz. Szeps' ältere Tochter, Sophie, zog nach Frankreich.

Die französische Botschaft - auf einem trapezförmigen Grundriss beim Wiener Schwarzenbergplatz - blieb lange wegen ihrer Architektur umstritten. Der Planer, Georges Paul Chédanne (1860-1940), einer der brillantesten Vertreter des Jugendstils in Frankreich, war bei der Pariser Weltausstellung mit dem Grand Prix ausgezeichnet worden. Die einzige diplomatische Vertretung der Welt im "Art nouveau-Stil" galt den Zeitgenossen als Provokation. Es gibt wilde Gerüchte, die Baupläne seien mit jenen für eine Botschaft in Istanbul vertauscht worden. Tatsache ist allerdings, dass Chédanne natürlich auf das unkonventionelle Grundstücksformat Bezug genommen hat, was belegt, dass seine Entwürfe speziell für Wien erstellt wurden. … Es dauerte Jahrzehnte, bis die negative Einstellung gegenüber dem Botschaftspalais einer positiveren Einschätzung wich. Der Schriftsteller Julian Green lobte nach einem Empfang 1977: "Die weiträumigen hellen Räume sind mit vergoldeten Girlanden geschmückt, die Leichtigkeit und höchste Eleganz vermitteln. Alles ist anmutig zwischen diesen Mauern."

hmw