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1074 - Benediktinerstift ADMONT (Hg.) #

Bild 'Admont'

Benediktinerstift ADMONT (Hg.): 1074 - Benediktinerstift Admont 950 Jahre lebendiges Kloster. Katalog zur Jubiläumsausstellung. Böhlau Verlag Wien. 196 S., ill., € 25,-

Das steirische Benediktinerstift Admont besteht seit fast einem Jahrtausend. Es geht auf eine Stiftung der hl. Hemma von Gurk zurück. Jetzt leben hier 26 Mönche. Die Abtei ist berühmt für die weltgrößte Klosterbibliothek, deren Ausstattung zu den bedeutendsten Gesamtkunstwerken des europäischen Spätbarock zählt. Von Anfang an sahen sich die Mönche der Pflege der Wissenschaft, Kunst und Kultur verpflichtet. Getreu dem Grundsatz ihres Ordensgründers - "Bete, arbeite und lies!" - war auch der wirtschaftliche Aspekt stets wichtig. Heute zählt das Stift zu den wichtigsten Arbeitgebern der Region. Zum 950-Jahr-Jubiläum ist ein reich illustrierter Ausstellungs-Katalog erschienen, der elf Essays enthält. Den Einstieg bildet der Aufsatz des Ausstellungskurators Christian Rapp, der das Haus der Geschichte im Museum Niederösterreich leitet. Sein "Streifzug durch die Stiftsgeschichte" folgt einem Parcours durch die Sonderschau.

Andreas Sohn, Professor für mittelalterliche Geschichte an der Universität Sorbonne Paris, beleuchtet "Die Abtei Admont und das hochmittelalterliche Reformmönchtum". Eine Schlüsselrolle spielte das 910 gegründete Kloster Cluny in Burgund (Frankreich), dessen Reformen und Verfassung die Benediktinerklöster Europas bestimmten. Die Abtei Admont, das älteste Kloster der Steiermark, ist mehr als eineinhalb Jahrhunderte jünger. Sie wurde von Erzbischof Gebhard von Salzburg gegründet, der Mönche von St. Peter in den Konvent berief. Bald nach der Kirchweihe brach der Investiturstreit (wegen der Rangordnung weltlicher und geistlicher Gewalt) aus. Erst danach, 1122, begann der Aufschwung des neuen Klosters.

Seit dem 12. Jahrhundert bestanden Doppelklöster, in denen Männer und Frauen, streng getrennt, in einer architektonisch zusammenhängenden Anlage eine organisatorisch-ökonomische Einheit bildeten. Karin Schamberger, Leiterin der Handbibliothek des Salzburger Landesarchivs, erforschte "Glanz und Elend des Admonter Nonnenklosters". Es bestand seit etwa 1121 bis in die Reformationszeit. Die Nonnen waren gelehrt und selbstbewusst. Sie arbeiteten als Schreiberinnen und Illustratorinnen, viele wurden als Äbtissinnen anderer Klöster eingesetzt. Um 1350 lebten 45 Schwestern in Admont. Nach dem Tod der letzten, 1582, verfiel das Kloster. Im 17. Jahrhundert wurde daraus ein Spital und die Kirche demoliert.

Martin Haltrich, Leiter der Forschungsstelle für kulturwissenschaftliche Studien des Stiftes Klosterneuburg, ist mit zwei Beiträgen vertreten. Er beschreibt "Die mittelalterliche Bibliothek des Stiftes Admont" und "Die Grundherrschaft des Stiftes Admont im Mittelalter". Wie durch ein Wunder blieb die Bibliothek bei den Bränden 1152 und 1865 verschont. Im Jubiläumsjahr steht die Stiftsbibliothek digital zur Verfügung. Das älteste Urbar (1275), das Grundstücke, Höfe, Wirtschaftsbetriebe und Abgaben verzeichnet, ist fragmentarisch erhalten. 1434 wurde der Besitz des Stiftes, zu dem Güter in Salzburg und Weingärten in Krems zählten, in einem zweibändigen Prachtwerk auf fast 1600 Pergamentseiten aufgelistet. Auch die grundherrschaftlichen Quellen sind inzwischen online zugänglich.

Michael Richter-Grall, der die Kunstinventarisierung in Admont leitet, beschreibt "Zimelien aus Stift Admonts jungen Tagen". Es sind dies der "Gebhard-Stab" aus dem 12. Jahrhundert und die "Gebhard-Mitra" (um 1360) . Der nach dem Gründer benannte Stab mit Elfenbeinkrümme wird am Jahrestag noch heute verwendet. Der Kunsthistoriker Werner Telesko von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften referiert die barocken "Schlossneubauten und -umbauten im Einzugsbereich des Stiftes Admont". Schloss Röthelstein, erbaut 1655-1657 diente den Äbten als Sommerresidenz. Schloss Kaiserau nutzten prominente Jagdgäste wie Erzherzog Johann. Schloss Mühlau in Hall, ein zweigeschossiges Herrenhaus aus dem Ende des 16. Jahrhunderts, wurde zuletzt 2009 renoviert und befindet sich in Privatbesitz. Der Freskenzyklus im Pfarrhof der Wallfahrtskirche Frauenberg ist in seiner Art einmalig in Österreich. Die zweitgrößte Burg der Steiermark, Strechau, wurde 1074 urkundlich erwähnt, gelangte zur Zeit der Gegenreformation in den Besitz des Stiftes und gehört heute einer Privatstiftung. Die am Stiftsgymnasium tätige Germanistin Katja Maierhofer informiert über "Lateinische Schuldramen am Admonter Gymnasium". Die Aufführungen orientierten sich am Jesuitentheater, das moralische Grundsätze vermitteln wollte. Die Stücke in lateinischer Sprache verbanden Komödien- und Tragödienelemente. Programmhefte, Bühnenbild, Kostüme und Requisiten brachten dem nicht sprachenkundigen Publikum die Handlung näher. "Musik, Tänze, Effekte, jede Art von Pomp und eine teils drastische Darstellung von Leid und Qualen sicherten die emotionale und geistige Involvierung."

Zu den bedeutendsten Werken spätbarocker alpenländischer Bildhauerkunst zählt die Skulpturengruppe "Die vier letzten Dinge" (1755-1760) von Josef Stammel in der Bibliothek. Sie tritt in Konfrontation mit Bildern von Lois Renner (1961-2021) des ersten Artist-in-residence-Künstlers der im Jahr 2000 begonnenen "Made for Admont"-Serie. Damit beschäftigt sich der künstlerische Leiter des Stiftsmuseums, Michael Braunsteiner, der sich speziell mit Gegenwartskunst auseinandersetzt. Über das "Musikarchiv des Benediktinerstiftes Admont" schreibt der Stiftsorganist der Zisterzienserabtei Wilhering, Ikarus Kaiser. Nach der Brandkatastrophe von 1865 musste die Musikaliensammlung neu aufgebaut werden. Ein Jahrhundert später umfasste sie 700 Quellen von 181 Komponisten, vor allem Handschriften und frühe Drucke.

Aus der langen Reihe der Klostervorsteher stellt der Prior, P. Maximilian Schiefermüller OSB, Abt Oswin Schlammadinger (1868-1953) vor. Für die Biographie wählte er den Titel "Ein Abbatiat im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftskrise, Weltkriegen und Reformen". Oswin Schlammadinger trug "46 Jahre lang den Titel eines Abtes von Admont, davon 28 Jahre als regierender Abt. … Die Admonter Historie kann dieses Abbatiat durchaus zu den ereignisreichsten seiner 950-jährigen Geschichte zählen." Diese auf knapp 200 Seiten darzustellen, ist auch den besten Experten nicht möglich. Wer mehr wissen möchte, ist mit der hervorragend gestalteten Homepage bestens bedient. Dort findet man auch Desiderate wie eine Zeitleiste oder Aktuelles.

Die gedruckte Präsentation teilt sich etwa zur Hälfte in die Essays und den Katalog. Die Ausstellung umfasst sechs Kapitel. "Stift und Klostergemeinschaft" zeigt z.B. eine der schönsten Pergamenthandschriften der Ordensregel des hl. Benedikt von Nursia, die im 14. Jahrhundert in Paris entstand, ein Evangeliar mit Illustrationen auf Goldgrund (um 1070), Handschriften aus dem Nonnenkloster oder Glasfenster (um 1430). Weitere Exponate stammen aus der Zeit der Reformation und Gegenreformation, wie ein Idealentwurf für den Neubau einer spätbarocken Klosteranlage. Dieser blieb ein Projekt, doch erachtete man nach dem Großbrand von 1865 einen Teilabbruch und die Erneuerung der Kirche in neogotischen Formen für nötig. In der NS-Zeit wurde das Kloster enteignet und Kunstwerke veräußert. "Seelsorge und regionale Wirkung" zeigt eine Karte der 26 vom Kloster betreuten Pfarren. "Wissenschaft und Lehre" spielten bei den Benediktinern seit dem Mittelalter eine wichtige Rolle. Sie gehörten zu den ersten, die sich für antike Schriften interessierten und förderten die Naturwissenschaften, wovon das naturhistorische Museum des Stiftes Zeugnis ablegt. Besonders attraktive Exponate sind die Xylothek - eine forstbotanische Sammlung in Buchform - und naturgetreue Wachsnachbildungen steirischer Obstsorten, um 1800 kannte man 243 Sorten.

"Die vielfältige Wirtschaft des Stifts" wird in den Objektgruppen "Wald und Eisen, Wasser und Wein" veranschaulicht. "Kunst im Kloster" repräsentieren alte und neue Werke zum Thema Tod, Leben und Auferstehung. Schließlich stellt das Kapitel "Die Kunst des Hörens" historische Musikinstrumente vor.

hmw