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Sandra Föger-Harringer, Johannes Leopold Mayer, Klaus Petermayr: Anton Bruckner#

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Sandra FÖGER-HARRINGER, Johannes Leopold MAYER, Klaus PETERMAYR: Anton Bruckner. Eine Biografie. Hg. Alfred Weidinger und Klaus Petermayr. Mit Beiträgen von Friedrich Buchmayr, Roland Forster, Stephan Gaisbauer, Clemens Hellsberg, Andreas Lindner, Christina Schmid und Thekla Weißengruber. Verlag Anton Pustet, Salzburg 352 S., ill., € 30,-

2024 jährt sich der Geburtstag von Anton Bruckner (1824-1896) zum 200. Mal. Als einer der bedeutendsten österreichischen Komponisten war der Oberösterreicher ein oft verkannter Visionär. Die tiefe Religiosität, die sich in seinen Werken ausdrückt, brachte dem Meister das verniedlichende Attribut "Musikant des lieben Gottes" ein. Viele Klischees und Anekdoten haben die Sichtweisen über ihn geprägt, so dass es oft schwer fiel, Tatsachen von unbegründeten Behauptungen zu unterscheiden.

Für das zum "Brucknerjahr" erschienene Buch hat sich ein Autorenteam aus anerkannten ExpertInnen zusammengefunden. Für die Musikwissenschaftlerin Sandra Föger-Harringer, bildet die Brucknerforschung einen Schwerpunkt ihrer Arbeit. Der langjährige ORF- Musikredakteur Johannes Leopold Mayer ist Mitglied des Anton-Bruckner-Instituts Linz, das der Historiker Klaus Petermayr leitet. Basierend auf Fakten und Dokumenten haben sie ein Bild entworfen, das den genialen Komponisten in seinem sozialen Umfeld zeigt. Dazu kommen 25, großteils von GastautorInnen verfasste Exkurse. Sie beschäftigen sich u. a. mit Bruckners Geburtshaus, seiner Sprache, Kleidung, Religiosität, Reisen, Arbeitsweise, Frauen, Freunden etc. Christina Schmid, Leiterin der Sammlung Landeskunde der OÖ Landeskultur GmbH, hat den Tafelteil mit allen bekannten Fotografien des Musikers zusammengestellt.

Anton Bruckner, in Ansfelden im oberösterreichichen Traunviertel geboren, entstammte einer Lehrerfamilie. Auch er übte diesen Beruf aus, zu dem kirchenmusikalische Verpflichtungen, wie das Orgelspielen zählten. Pfarrhof, Kirche und Schule bildeten das geistige Zentrum Ansfeldens, wo die Pröpste von St. Florian ihren Sommersitz hatten. Anton war das erste der zehn Kinder von Joseph und Franziska Bruckner, von denen nur wenige das Erwachsenenalter erreichten. Als Anton Bruckner elf Jahre alt war, brachten ihn seine Eltern im elf km entfernten Hörsching bei der verschwägerten Familie Weiß unter. Der Cousin Johann Baptist Weiß sorgte für seine musikalische Ausbildung. Vermutlich entstand dort auch Bruckners erste Komposition ("Pange lingua"). Schon nach einem Jahr erforderte die fortschreitende Erkrankung des Vaters seine Rückkehr. Nach dessen Tod, 1837, kam der 13-Jährige als Sängerknabe in das Augustiner-Chorherren-Stift St. Florian, wo er als Organist ausgebildet und auf die Lehrerausbildung vorbereitet wurde. 15 Jahre lang war er als Schulgehilfe in Windhaag bei Freistadt, Kronsdorf und St. Florian tätig. Er komponierte in diesen Jahren, u. a. die Messe in d-Moll (WAB 146) und das Requiem (WAB 39).

Als Dreißigjähriger erlebte der Komponist und Organist eine Midlifecrisis. Sandra Föger-Harringer spricht von einer Umbruch- und Krisenzeit. Sie schreibt von einer "schwierigen Zeit der Veränderung seines Umfeldes und der Unsicherheit bezüglich seiner beruflichen Entwicklung - Tätigkeiten als Schulgehilfe, Komponist und Organist sowie Kanzleidienst". 1858 bis 1861 reiste er jährlich zum Unterricht bei Simon Sechter nach Wien. Bruckner erhielt das Heimatrecht in Linz, jedoch nicht die Direktorenstelle am Mozarteum in Salzburg (1861), auch Verhandlungen mit dem Linzer Musikverein zerschlugen sich.

Von 1868 bis an sein Lebensende blieb der Komponist in Wien. Er trat die Nachfolge Simon Sechters am Konservatorium der Musikfreunde an, wo er Harmonielehre, Kontrapunkt und Orgelspiel unterrichtete. Bis zu seinem letzten Auftritt in der Öffentlichkeit, wenige Monate vor seinem Tod, absolvierte er internationale Konzertreisen, die ihn nach Frankreich, Großbritannien, Deutschland und Tschechien führten. In den 1870er Jahren arbeitete er u. a. an der Zweiten, Dritten, Vierten und Fünften Symphonie, der f-Moll-Messe und dem Streichquartett WAB 112. In den 1880er Jahren folgten die Sechste, Siebente und Neunte Symphonie, das Te Deum (WAB 45) und die Messe in e-Moll (WAB 27,2). In den 1890er Jahren verschlechterte sich Bruckners Gesundheitszustand. Er beendete die Unterrichtstätigkeit am Konservatorium und arbeitete seine großen Werke um.

Bruckners erstes Wiener Quartier war eine Wohnung im 9. Bezirk, Währinger Straße 41. Sie bestand aus zwei Zimmern im dritten Stock. Zur Einrichtung zählten ein Bösendorfer Flügel und ein Harmonium, ein hinter einem Vorhang verstecktes Kruzifix und ein Bild der Mutter. Er lebte dort mit seiner jüngeren (1870 verstorbenen) Schwester Maria Anna ("Nani"), die ihm den Haushalt führte. Am Haus hängt seit 1961 eine Gedenktafel. Inzwischen in die Jahre gekommen, soll sie zum Jubiläum renoviert werden. Die Wohnung befand sich im Klinikviertel und Bruckner verkehrte mit den prominenten Ärzten der Wiener Medizinischen Schule, mit denen er sich gerne im seinem Stammlokal, dem nahe gelegenen Riedhof traf. "Dieses hochintellektuelle Umfeld sollte eigentlich für sich sprechen, und für Bruckners Fähigkeit, sich in einem solchen Umfeld zu bewegen." 1876 wohnte der Komponist ein Jahr im Heinrichshof gegenüber der Oper, 1877 bis 1895 in Wien 1, Heßgasse 7/ Schottenring 5. Er war damals Lektor für Harmonielehre und Kontrapunkt an der Universität Wien. 1881 erfolgte die Uraufführung der Vierten, 1884 der Siebenten und 1890 der Dritten Symphonie. Dank kaiserlicher Zuwendung verbrachte Anton Bruckner seine beiden letzten Jahre im Kustodentrakt des Oberen Belvedere (3, Prinz-Eugen-Straße 27).

Das in Zusammenarbeit mit der OÖ Landes-Kultur GmbH entstandene Buch erschien zu Beginn des Brucknerjahres, es werden wohl noch viele Publikationen folgen. Es zeigt Leben und Schaffen des Musikers aus historisch fundierter Perspektive auf dem neuesten Forschungsstand. Dennoch bleiben Wünsche offen. Die Entscheidung, dass sich die ExpertInnen mit einzelnen Schwerpunkten (und oft unbekannten Details) beschäftigen, lässt den großen Überblick und eine zusammenfassende Würdigung vermissen, wie man sie beispielsweise in "Wikipedia" findet: "Erst spät im Leben von den Zeitgenossen als Komponist gewürdigt, gehörte er doch zu den wichtigsten und innovativsten Tonschöpfern seiner Zeit und hat durch seine Werke bis weit ins 20. Jahrhundert hinein großen Einfluss auf die Musikgeschichte ausgeübt. Seine bedeutendsten und wohl auch bekanntesten Kompositionen sind seine groß angelegten Sinfonien. … Zu Lebzeiten genoss Bruckner zunächst nur den Ruf eines der größten Orgelvirtuosen seiner Zeit. Seine Anerkennung als Komponist musste er sich dagegen mühsam erkämpfen. Lange Jahre wurden seine Sinfonien (im Unterschied zu den Messen und Motetten) nicht ernst genommen und wurde ihr Schöpfer für einen unzeitgemäßen Sonderling gehalten ... Obwohl seine letzten Lebensjahre von immer größerem Erfolg gekennzeichnet waren, fand doch eine ernsthafte Würdigung von Bruckners Schaffen erst im 20. Jahrhundert statt. Zu tief waren zu seinen Lebzeiten noch die Gräben zwischen den Anhängern Richard Wagners und denen von Johannes Brahms mit ihrem Wortführer Eduard Hanslick. Das Problem Anton Bruckners war, dass er in keine der beiden Parteien passte. "

hmw