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Veronika Gonaus-Pfaffel: Der Rathausplatz#

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Veronika GONAUS-PFAFFEL: Der Rathausplatz: Geschichte, Gebäude & Kulisse. Klosterneuburg Geschichte und Kultur, Sonderband 11. Stadtarchiv/museum Klosterneuburg. 104 S., ill., € 19,-

Das Stadtmuseum Klosterneuburg hat eine neue Attraktion. Rudolf Maier, der sich seit sieben Jahrzehnten mit Modellbau beschäftigt, hat ein detailgetreues Modell des Rathausplatzes im Maßstab 1: 125 angefertigt. Nun ein Highlight der Dauerausstellung, stand es im Zentrum einer Sonderschau und gab den Anstoß zur vorliegenden Publikation. Der Rathausplatz, nächst dem weltberühmten Augustiner-Chorherrenstift Klosterneuburg gelegen, war schon in der Urzeit besiedelt. Der älteste Fund stammt aus der Urnenfelderzeit (1250-750 v. Chr.).

Um 80 n. Chr. bauten die Römer auf dem heutigen Stiftsplatz ein Kastell. Auch die Limesstraße, ein Gräberfeld und eine Zivilsiedlung ließen sich nachweisen. Der Stadtarchäologe Johannes Wolfgang Neugebauer (1949-2002), führte für das Bundesdenkmalamt umfangreiche Ausgrabungen auf dem Rathausplatz durch. Im Mittelalter stand dort die Schranne als Gerichtsgebäude und Sitz des Stadtrichters. Weiters befanden sich im "Grätzl" Wirtschaftsgebäude, Handwerkerhäuser und einer der beiden Pranger des Ortes. In der Barockzeit setzte eine Neugestaltung des Platzes ein. Das alte Rathaus, die Mariensäule und ein kleiner Park wurden errichtet. In den folgenden Jahrhunderten entwickelte sich der Platz "zu einem öffentlichen Treffpunkt für verschiedene politische, religiöse und gesellschaftliche Veranstaltungen, Märkte und andere Events." Die lehrreiche Publikation enthält stadtgeschichtlich interessante, bisher unveröffentlichte Themen. Dazu zählen die Wehrschildweihe 1915, der Bau des Wasserspeichers der Feuerwehr unter dem Rathauspark und die Enthüllung einer Bruckner-Gedenktafel 1925, die Eröffnung der Hochquellenleitung 1929, die Grundsteinlegung der Stadthalle und eine Gautschfeier 1966, Volksfeste, Märkte und politische Veranstaltungen,

Der zweite Teil behandelt detailliert die Häuser vom Rathausplatz Nr. 1 bis 27. In dem auf das 15. Jahrhundert zurückgehenden Gebäude Nr.1 befand sich das Rathaus, das um 1730 neu gebaut und 1875 aufgestockt wurde. Im Inneren sind spätgotische Gewölbe, aus der Barockzeit Aula und Festsaal bemerkenswert. Fotos gewähren Einblick in die nicht mehr öffentlich zugänglichen Gewölbekeller, die u. a. zu Luftschutzzwecken und als Lager für Blumenzwiebeln dienten.

Nr. 2 und Nr. 3 bestanden, wie noch teilweise sichtbar, aus mehreren mittelalterlichen Bauten. Aus Nr. 2, bis in die 1980er Jahre als Caféhaus und Gastlokal betrieben, wurde ein Eigentumswohnhaus. Nr. 3, mit einer Erinnerungstafel an das ehemalige Gasthaus "Zum goldenen Schiff", musste in den 1960er Jahren einem Neubau weichen. Der Hof des Patrizierhauses Nr. 5 überrascht mit einem zweigeschoßigen Renaissance-Arkadengang. Nebenan, Nr. 6, weist die Fassade Dekorationen aus dieser Zeit und gotische Sitznischen auf. Nr. 7 war in adeligem und bürgerlichem Besitz und fungierte als Kelleramt des Stiftes. Beim Neubau in den 1980er Jahren beließ der Architekt nur spolienartige Reste des gotischen Vorgängerbaus "die maximal dokumentarischen Wert haben. Die ehemalige Durchfahrt mit Tonnengewölbe und spitzbogigen Sitznischen dient heute als Foyer der Raiffeisenbank. … Im Mittelalter gehörte das vierflügelige, um einen Hof angeordnete Patrizierhaus zum Nobelviertel."

In Nr. 9 und mehreren anschließenden Gebäuden war das landesfürstliche Schlüsselamt - eine Art Finanzamt - untergebracht. In dessen ältestem Grundbuch tragen die Häuser Rathausplatz 9 bis 20 die Bezeichnung "Pey des Herzognhoff in der Mawr". Sie schlossen im Süden an die babenbergische Burg an. Nr. 11 ist als "Brucknerhaus" bekannt. 1864 kam es in den Besitz des Fuhrwerkers Anton Schatz. In seinem Haus soll der Komponist - so die 1925 gestiftete Gedenktafel - "frohe Stunden verbracht" haben. Auf Nr. 13 wurden das Notariat und später die Apotheke von den KlosterneuburgerInnen viel frequentiert. Bereits 1919 gab es auf Nr. 15 eine Blumenhandlung. Der erste Florist verkaufte dort seine in Kierling gezogenen Chrysanthemen.

Nr. 18 war von Anfang an ein Winzerhaus. Von hier stammt die beim Riesenfass im Binderstadel des Stiftes aufgestellte Weinpresse von 1596. Seit 1963 heißt das Lokal "Pfalzhof", das der Stararchitekt Gustav Peichl zum "Edelheurigen" umgestaltete. Vom Hof des gründerzeitlichen Wohnhauses Nr.19 erblickt man die babenbergische Pfalzmauer. Angebaut war die 1222 geweihte Burgkapelle Capella Speciosa, der erste gotische Bau Österreichs. Die Mauer des Palas ist auch vom benachbarten Pfortenhof zu sehen. Rathausplatz 20 ist im Besitz das Stiftes Klosterneuburg. Dieses ließ sein ehemaliges Kelleramt in den 1970er Jahren demolieren, um stattdessen ein Empfangsgebäude mit der Augustinus-Buchhandlung samt Kunsthandel und das Stiftscafé unterzubringen. Einen spätmittelalterlichen Kern weist Rathausplatz 22 (Welfenplatz 1) auf. Die katholische Hochschulverbindung Welfia übersiedelte 2010 in ihr neues Heim. 100 Jahre zuvor wurde sie, im Dachgeschoss des Stiftskellers gegründet. Eine Kopie des monumentalen Stifterbildes ziert den neuen Kneipraum. Nr. 23 wurde 1965/66 in Anpassung an das Erscheinungsbild des Rathausplatzes neu gebaut und enthält Arztpraxen.

Nr. 24, der Müstinger Keller, in der Südostecke ist das älteste Gebäude des Rathausplatzes. 1930 bis 1962 diente er als Weinbaumuseum. Die stimmungsvollen Räume wurden, mit einem modernen Glasanbau zur stiftlichen Vinothek. Nr. 25 und 26 befand sich bis ins 19. Jahrhundert die beliebte Gaststätte "Zum Herzogshut" mit einem Theatersaal. Sie wurde 1936 abgerissen und 1969 nach dreijähriger Bauzeit an ihrer Stelle die Babenbergerhalle als Mehrzweckhalle mit Gastronomie und Rathaus eröffnet. Nr. 27 gelangte 1912 in den Besitz der Gemeinde. 1929/30 erfolgte der Neubau als städtische Sparkasse, wobei sich im Erdgeschoß ein Theatersaal und später das Stadtkino befanden. In den folgenden Jahrzehnten erhielt das Gebäude ein viertes Geschoß und eine Verbindung zum benachbarten Rathaus.

Den Mittelpunkt des Rathausplatzes bildet, an der Stelle des früheren Prangers, die Mariensäule. Sie ist nicht nur ein religiöses, sondern auch ein staatspolitisches Denkmal. Es soll an die Pragmatische Sanktion von 1756 erinnern, die Maria Theresia die Thronfolge ermöglichte. 1782 weihte Probst Floridus Leeb den Bildstock. "Die Figur der Maria Immaculata ("die Unbefleckte") erhebt sich auf einer Säule mit korinthischem Kapitell. Auf dem geschwungenen, dreiseitigen hohen Volutenpostament stehen die Statuen des hl. Leopold, des hl. Florian und des hl. Donatus."

hmw