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Spielt‘s weiter!#

(Bertl ist gegangen)#

Von Martin Krusche#

In einer kleinen Korrespondenz dieser Tage hieß es: „Hab mich heute schon von Bertl in der Aufbahrungshalle verabschiedet…“ So Musiker Andreas Safer bezüglich der kommenden Zeremonie, die am 22. September 2021 nach Mittag dem Abschied von Musiker Bertl Pfundner einen Rahmen gab; einen Rahmen, den viele Menschen miteinander gebildet haben. Safer schrieb mir am Vortag: „Ich mache morgen nur Musik und lasse sie durch mich durchfließen...“

Das Foto, ein gerastertes Repro, stammt von den Druckunterlagen der 19190er Dokumentation „Aniada a Noar“. (Foto: Martin Krusche)
Das Foto, ein gerastertes Repro, stammt von den Druckunterlagen der 19190er Dokumentation „Aniada a Noar“. (Foto: Martin Krusche)

So ist das Wesen von Musik. Diese innige Art menschlicher Äußerung, welche einen durchdringen kann, als hätten Leute gemeinsam einen Fluß bestiegen, jeder für sich, aber dabei etwas Verbindendes, das uns ein Gefühl bieten kann, alle Grenzen zwischen uns seien nichtig.

Das hielt in diesem Fall mehr als 40 Jahre zwischen einigen versierten Musikern, die einander vertraute Wegbegleiter wurden; und zwar auf einer Strecke, die einen wesentlichen Teil ihrer Lebenszeiten ausgemacht hat.

Ein dynamischer Prozeß, der vier eigenwillige Charaktere in einen kontrastreichen Lauf der Dinge brachte. Damit meine ich „Aniada a Noar“ und die Vorgeschichte dieses Quartetts, von dessen ursprünglicher Besetzung erst ein Trio blieb, nun noch ein Duo übrig ist.

Safer erzählte vom todgeweihten Pfundner: „Es war unglaublich schön mit euch, sollen wir euch ausrichten, und er hat uns noch ‚spülts weiter‘ mitgegeben. Versprochen, lieber Freund! Du wirst mit uns immer weiter schwingen.“

Es gibt nichts Intimeres, als wenn ein Leben endet. Zugleich meint das uns alle, denn es rührt an diese Frage, wie man in der Welt sein mag und in Gemeinschaft leben will, von welchen Gefühlen und Inhalten das handeln möge.

Musik ist eine radikale Ausdrucksform, all dem gewidmet, nämlich dem ganzen Leben. Wer also zu singen und ein Instrument zu spielen versteht, wird so zu einer Quelle magischer Momente, die uns spüren lassen, was das Leben ist und was das Leben sein will.

Der Tod erscheint mir darin als etwas sehr Abstraktes. Aber der Abschied und wie sich Wege trennen, das ist überaus konkret. Ein Glück bleibt, daß wir diese Berührung mit dem Unerbittlichen nicht alle Tage spüren müssen. Aber es wäre Leichtsinn, damit nicht zu rechnen.

Ich hab Bertls Stimme im Ohr, deren Klangfarbe und die Art wie er sprach. Ich erinnere seine Körperhaltung und den Ausdruck seiner Hände an verschiedenen Instrumenten. Es ist ja so, daß auch unsere Körper sprechen, einander etwas erzählen.

Ich finde, es hat Grandezza, wenn ein Leben sich darin verdichtet: „Spielt's weiter!“ Es braucht Mumm und es braucht ein gutes Leben, das man gehabt hat, damit man so ausdrücken kann: Es darf enden.