Wir freuen uns über jede Rückmeldung. Ihre Botschaft geht vollkommen anonym nur an das Administrator Team. Danke fürs Mitmachen, das zur Verbesserung des Systems oder der Inhalte beitragen kann. ACHTUNG: Wir können an Sie nur eine Antwort senden, wenn Sie ihre Mail Adresse mitschicken, die wir sonst nicht kennen!
unbekannter Gast

Das Uferlose: Der Countdown für den Auslöser der Kamera ist bloß eine von unzähligen Wisch- und Drückfunktionen, auch wenn das schnelle Aufrufen der Kamerafunktion per Doppelklick auf einen realen Knopf erfolgt.
Das Uferlose: Der Countdown für den Auslöser der Kamera ist bloß eine von unzähligen Wisch- und Drückfunktionen, auch wenn das schnelle Aufrufen der Kamerafunktion per Doppelklick auf einen realen Knopf erfolgt.

Kleine technische Zeitreise#

(Ebene III, erste Session, Dokumentation II)#

Von Martin Krusche#

(Vorlauf: Teil I) Wir saßen also nach der Führung am gemeinsamen Tisch. Ich hatte mir überlegt, wie der Übergang von der konkreten zur abstrakten Maschine anschaulich genug werden könnte und bin in meiner Schilderung von einer Funktion der üblichen Mobiltelefone ausgegangen. Die Kamera hat einen Zeitauslöser, der über einen bestimmten Menüpunkt aktiviert werden kann.

Wir hatten folglich eine Serie von Artefakten auf dem Tisch, die den Prozeß repräsentieren. Am Beispiel „Telefon mit Kamerafunktion“ zurück in die Vergangenheit. Vom Hebel, Schalter oder Knopf zum Menüpunkt, der eine Serie von Statements in der Software aufruft, führt ein erheblicher Abstraktionsprozeß. Der muß in unseren Köpfen gelingen, der prägt unsere Werkzeuge. Deshalb spreche ich vom Umbruch der konkreten Maschinen in die Welt der abstrakten Maschinen. Die streng kubische Canon Ixus war meine erste Digitalkamera, an der man noch allerhand physische Knöpfe findet, aber natürlich auch Menüpunkte.

Was nun für einzelne Apparate und Werkzeuge gilt, das gilt ja auch für unsere Zugänge zur Natur. Das berührt Lafers Themenschwerpunkte. Prozesse der Abstraktion, um Komplexität zu bewältigen, führen unter anderem zu Erfahrungen, die wir heute zum Beispiel Entfremdung nennen. Das alles sind Vorgänge im Rahmen der menschlichen Möglichkeit zum symbolischen Denken. Symbolisches Denken ist eines der Hauptereignisse von Kunstpraxis. So hängen diese Dinge beispielsweise zusammen.

Meine erste Digitalkamera war zugleich das Limit an Miniaturisierung für meine Hände. Was kleiner ist, macht mir Mühe.
Meine erste Digitalkamera war zugleich das Limit an Miniaturisierung für meine Hände. Was kleiner ist, macht mir Mühe.

Doch weiter, von meiner Digitalkamera führt die Geschichte zurück zur Kodak Instamatic, wie ich sie derzeit in einer Episode im „Zeit.Raum“ zeige. Das X an jener Instamatic 233 X besagt, sie kann mit Blitzwürfeln bestückt werden, die keiner Batterie bedürfen, weil sie durch einen eigenen Mechanismus ausgelöst werden. Hier rede ich von einer Technologie, die rund 60 Jahre alt ist.

Den Gästen mußte ich die Instamatic aber nicht erklären, sie war ihnen geläufig. Es sind die Filmkassetten und die Blitzwürfel, wodurch das eine so simpel zu handhabende Kamera mit bloß wenigen Einstellungsmöglichkeiten wurde, die an Kodaks Ursprünge erinnert.

Der grundsätzliche Trend, diese Verkleinerung und einfachere Handhabung, begann schon um 1900, als die Brownies auf den Markt kamen. Der Slogan „You Press the Button, We Do the Rest" erinnert an jene Verkaufserfolge, mit denen die Geschichte des Hauses Kodak begründet wurde.

Es heißt, der Firmenname sei eine Lautmalerei des ausgelösten Kameraverschlusses. Ich hatte eine der jüngeren Baby Brownies dabei, die nun wohl auch schon gut 90 Jahre alt ist. Diese minimalistische Kompaktkamera ist ab 1934 produziert worden und repräsentiert den Trend anschaulich; kompakt, klein, simpel, daher auch mit robuster Technik, denn da ist nicht viel Mechanik im Spiel.

Sie besteht übrigens aus Bakelit. Das wäre ein Stichwort, mit dem sich an andere Stelle eine eigene Geschichte aufmachen ließe. Das Thema Makromoleküle. Dazu dann gleich noch ein Geschichtchen über Walter Dorwin Teague, einen der exponiertesten Industriedesigner des 20. Jahrhunderts, welcher die Baby Brownie entworfen hat.

Und zwischen all dem meine Kodak Retina als Beispiel eines komplexen Maschinchens, dessen diverse Einstellmöglichkeiten allerhand Feinmechanik verlangen; bis hin zum mechanischen Bildzählwerk. Dazu eine Schnittstelle für den Drahtauslöser, der dort eingeschraubt werden kann, Dank dieses Zubehörs kann man selbst ein geringes Verwackeln beim Auslösen vermeiden. Dazu dann noch das kleine Uhrwerk in der Chrombox, jener zusätzliche Apparat, mit dem der Drahtauslöser zum Zeitauslöser wird...



Die Kodak Instamatic aus den 1960ern.
Die Kodak Instamatic aus den 1960ern.
Historische Werbung für die Kodak Brownie.
Historische Werbung für die Kodak Brownie.

Brownie: Was später eine wechselbare Filmkartusche war, ist hier noch Teil der Kamera.
Brownie: Was später eine wechselbare Filmkartusche war, ist hier noch Teil der Kamera.
Der simple Verschluß der Baby Brownie. (Der Stift darüber kennzeichnet die Exportversion.)
Der simple Verschluß der Baby Brownie. (Der Stift darüber kennzeichnet die Exportversion.)

Kodak Retina: MX markiert den Anchluß für den Drahtauslöser.
Kodak Retina: MX markiert den Anchluß für den Drahtauslöser.
Drahtauslöser und Zeitschalter-Uhrwerk
Drahtauslöser und Zeitschalter-Uhrwerk