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Franz Strauß und Monika Lafer
Franz Strauß und Monika Lafer

Verzweigen#

(Ebene III, dritte Session, Dokumentation II)#

Von Martin Krusche#

Ich will mich bemühen, etwas deutlicher zu machen, weshalb Vernissagen für mich keine vorrangigen Ereignisse sind. Ich mag die Geselligkeit für eine Weile, ich mag natürlich auch ein vorzügliches Buffet. Aber wenn es nicht in die Tiefe gehen kann, brauche ich auch keine Leute, dann genügt mir die Auseinandersetzung mit den Werken.

Das muß aber nicht alles an einem Abend Platz finden, kann es überhaupt nicht, denn das sind höchst unterschiedliche Setting. Deshalb so eine Struktur: Von den drei Erzählebenen her war die dritte Session im Zentralgebäude der Gleisdorfer Feistritzwerke ein weiterer Schritt zurück zu realer sozialer Begegnung und zur Debatte; zurück aus dem Cyberspace, in den analogen Raum.

Die zweite der drei Erzählebenen ist jenes grenzenlose Terrain im Internet, wo wir Themen und Details beliebig vertiefen können. Dort entscheidet dann jede einzelne Person selbst, wie genau sie was erfahren möchte, wie weit sie einigen unserer Überlegungen folgen will.

Der Ausgangspunkt für diese Raumsituation war die Ausstellung mit Arbeiten von Monika Lafer im erwähnten Haus (erste Erzählebene), bei denen sich acht Textminiaturen befanden. Über die konnte man (per QR-Code) ins Internet finden und unsere Projekt-Site erkunden. (Die Ausstellung endet, die Projekt-Site bleibt.)

Debatten#

Für mich ist es sehr interessant einen Besucher wie Franz Strauß zu erleben, der als aktiver Maler mit Lafer Dinge erörtert, welche mir weitgehend fremd sind, weil in der Malerei mit völlig anderen Codes gearbeitet wird als in Texten oder auch in der Fotografie. Wenn Strauß vor einem der Bilder, das wuchernde Pflanzen zeigt, etwa erwähnt, daß er mit Grün Probleme habe, also mit dem Treffen eines jeweils angemessenen Farbtons, dann berührt das Aspekte, über die ich nie nachdenke.

Aber klarerweise sind das Details, die man vermutlich in Analogie zu einem individuellen Wortschatz, zu einem bestimmten Sprachvermögen sehen kann. Das birgt schon einen Hinweis, weshalb mir an prozeßhafter und an kollektiver Kulturarbeit liegt. Ich brauche Zugang zu einem kontrastreichen geistigen Leben.

Von links: Eva Lassnig, Monika Lafer und Franz Strauß
Von links: Eva Lassnig, Monika Lafer und Franz Strauß
Das Haus: Grafik einer Pressemappe aus den 1970ern
Das Haus: Grafik einer Pressemappe aus den 1970ern

Mit Strauß war dann auch über andere Belange sehr anregend zu reden, weil er aus der agrarischen Welt kommt. Das bäuerliche Leben mit kleinen Wirtschaften ist vor allem dadurch prägend geworden, daß es nach dem Zweiten Weltkrieg so radikale Umbrüche erfahren hat. Das wirkte auf unsere Mentalitätsgeschichte intensiv ein , also hat unseren Umgang miteinander maßgeblich beeinflußt. Obwohl ich eine recht passable Kenntnis dieses sozialen Feldes hab, das von Keuschlern zu kleinen Selbstversorgerwirtschaft reicht, große Bauern kamen dazwischen nur vereinzelt vor, erfahre ich in jedem solcher Gespräche neue Details, die mir weitere Puzzleteile für das große Bild liefern.

Prozeßhaft#

Ich habe dieses ausgeprägte Faible für eine prozeßhafte Wissens- und Kulturarbeit in kollektiver Praxis als Kontrast zu manch stillen Stunden in künstlerischer Arbeit. Das erbringt einen speziellen Nutzen. Selbst in meiner Lyrik, wo naturgemäß vieles unausgesprochen bleibt, sind meine Texte in einer bestimmten Szenerie eingerichtet, in einem Raum.

Ich halte es für unverzichtbar, die wesentlichen Teile der Ausstattung so eines Ereignisraumes zu kennen. Was immer stattfindet, innere und äußere Vorgänge, von denen meine Arbeiten handeln, hat eine räumliche Dimension, innerhalb derer sich etwas befindet, etwas zwischen Leere und Fülle.