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Weihnacht am Kaiserhof#

Weihnachten bei den Habsburgern im 18 Jahrhundert

Von Ernst Zentner

Weihnachten heute gilt als Familienfest und so war es auch bei den Familien des Adels und des Kaiserhauses.
Längst stellte man vereinzelt im evangelischen Kreisen Deutschlands Christbäume auf. Leider wird nirgends berichtet, ob am Hofe Karls VI. bereits ein Weihnachtsbaum aufgestellt wurde, zumal Kaiserin Elisabeth Christine protestantische Wurzeln innehielt. Es kann aber auch sein, dass ihr der Brauch unbekannt geblieben ist. Ihr spontaner Übertritt zum Katholizismus, um in die Habsburgerfamilie einheiraten zu können, ließ "Althergebrachtes" uninteressant erscheinen. Angenommen kann werden, eine dezente weihnachtliche Schmückung der kaiserlichen Räume. Möglicherweise herausgeputzte Tannenzweige aus den kaiserlichen Forsten. Im Advent besuchte der Kaiser die Rorate-Andacht.
Gewiss versank die Residenzstadt Wien, mehr Festung als Mittelpunkt eines römisch-deutschen Reiches, gegen Ende des Jahres 1731 im Schnee. Kutschen staken in mächtigen Schneewechten. Der eisige Winterwind schlug den Reitern um deren vermummten Gesichtern. Die frierenden Kutscher versuchten mit den Pferden ihre Fahrzeuge aus dem braun-grau-weißen Morast, der schnell zu Eis gefror, zu zerren. Die Schornsteine sämtlicher Wiener Behausungen qualmten. Ebenso jene Kamine der Hofburg Karls VI. Es war der 24. Dezember 1731.
Monoton wie altgewohnt berief der Habsburger am Vormittag den Geheimen Ministerrat ein, ließ geduldig die Grußbotschaften seiner Subalternen über sich ergießen und reagierte sanft angesichts des kirchlichen Hochfestes.
Danach begab er sich als Souverän vom Orden des Goldenen Vlieses, angetan mit der Toisonkette und dem dunkelroten Umhang, mitsamt sämtlichen Ordensrittern in die öffentliche kaiserliche Hofburgkapelle, wo sie alle einer "Toison-Vesper" frierend beiharrten.
Der Kaiser hatte zuvor, wie in den vergangenen Jahren, die Regeln der vorweihnachtlichen Fastenzeit eingehalten. Gleichfalls ertrug er mit Würde die geistlichen Übungen. Freilich unterstützt durch seinen Hofkaplan und Beichtvater Jesuitenpater Vitus Georg Tönnemann.

Hofburgkapelle - Hauskapelle der Habsburger
Hofburgkapelle heute. Sie wurde regotisiert (1802). Zu Karls VI. Zeit war sie im gotischen Stil gehalten (die hochaufragenden Spitzbogenfenster könnten Glasmalereien enthalten haben?) und den seitlich aufgestellten Christbaum gab es auch nicht (04. Januar 2013) - Foto: © Bwag/CC-BY-SA-4.0 - Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Rückseite der Hofburgkapelle
Die äußere Rückseite der Hofburgkapelle - Foto: Gryffindor, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Unter dem nächtlichen Geläute sämtlicher Kirchenglocken schritten der Kaiser und die Kaiserin, begleitet von den beiden Töchtern, den erzherzoglichen Kindern Maria Theresia und Maria Anna in die genannte Kapelle. Dort fand die Christmette statt. Der Hofkaplan zelebrierte. Hernach lud der Monarch sämtliche Anwesende zu einem nachmitternächtlichen Festmahl. Wie konnte es bei diesem spanienversessenen Kaiser anders sein. Es stand das spanische Nationalgericht "Olla" auf der Festtafel. Im Wienerischen Diarium hieß es "gewöhnliche Olla"; der Hofküchenmeister wirtete einen Eintopf auf: eine Kraftsuppe – zusammengemischt aus Fleisch und Gemüsesorten. Eine Speise die schon Mönche vergangener Jahrhunderte gekannt hatten. Für den Monarchen war dieses Gericht endlich wieder eine Wohltat nach den Wochen bescheidener Kost.
Boshafte Spießgesellen nannten das Gericht obendrein "Olla podrida" und übersetzten es bewusst falsch mit "Topf, verfaulter"!
Am nächsten Tag erschien das Kaiserpaar, mit ihm sämtliche Minister, Kavaliere, der Hofstaat, gekleidet in "prächtiger Gala" in der Hofburgkapelle, wo sie mit den Ordensrittern wieder ein "Toison-Amt" absolvierten. Zu Mittag versammelten sich alle in der Ritterstube, wo sie unter einer "vortrefflichen Tafel-Music" das Mittagessen einnahmen. Nachmittags gab es wieder Toison-Vespern und Gottesdienst.
Am darauffolgenden Stephanitag erschien der Kaiser mit seinem "gewöhnlichen" Hofstaat im Stephansdom, und beteiligte sich mit den Ordensrittern und dem venezianischen Botschafter Daniel Bragadin am Gottesdienst, welcher vom Kardinal und Fürsterzbischof Sigismund von Kollonitz zelebriert wurde.


Quelle (Auswahl)
  • Wienerisches Diarium [= Wiener Zeitung]
Ernst Zentner 2021