!!!DIEBSTAHL






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In der Nacht des 15. August 1882, als in der Ofner Wasserstadt an das dort befindliche Palais eine Leiter angelegt wurde und nun mit Leichtigkeit über den Balkon in das feudale Palais eindringen konnten. Wussten die Diebe bei welcher Persönlichkeit  sie sich  unwillkommen  Einlass verschafft hatten? Dass sie den richtigen Ort gewählt, war ihnen alsbald klar. Ob sie alle Wertgegenstände mitnehmen konnten die sie sahen, ist ungewiss.

Der Einbruch im Palais des einstigen Außenminister Julius Andrassy erregte in Budapest großes Aufsehen. Gegenwärtig weilt Andrassy  mit seiner Familie  in Siebenbürgen. 

Es wurden 21 wertvolle Orden und zahlreiche kostbare Effekten entwendet. Der Wert  der gestohlenen Gegenstände ist sehr hoch, lässt sich aber zur Stunde noch  nicht Ziffer mäßig feststellen.  Die Diebe stahlen auch Brillantrahmen von Porträts Ihrer  Majestäten, die Andrassy von  dem Monarchen erhalten; ferner einen mit Edelsteinen besetzten Rahmen eines Schnitzwerkes, den heil. Georg mit dem Drachen darstellend, das ein Deutschmeister anlässlich  des Occupation Feldzug an sich gebracht und dem Grafen zum Geschenk gemacht hatte. Ein vergoldeter Lehnstuhl, der einst Napoleon I., gehörte, wurde zertrümmert. Unter den gestohlenen Gegenständen befanden sich auch der Orden  des goldenen Vlies, Girandolen und Leuchter aus   Gold und Silber, sowie Becher.. 

An anderer Stelle  hieß es wieder, dass die Diebe  ihren Einbruch  mit erstaunlicher Verwegenheit  ausgeführt hatten. Es ist erwiesen, dass die Diebe in das Palais mittels einer Strickleiter, die sie auf den Balkon des ersten Stockwerkes geworfen hatten, eingedrungen sind, die großen Spiegel Glasscheiben der Glastüre haben sie mittels eines Kristalls ausgeschnitten. Im Innern des Palais angelangt, erbrachen sie, von Zimmer zu Zimmer gehend, sämtliche Schränke und nahmen aus denselben alles Wertvolle mit sich. In einem der Schränke fanden sie auch die in Brillanten gefassten Porträts des Kaisers und der Kaiserin; sie zerbrachen das Glas, ließen die Porträts liegen, nahmen jedoch die wertvollen Rahmen mit. Schlimmer erging es einem Schnitzwerk, den mit dem Drachen kämpfenden heiligen Georg darstellend; die Gauner zertrümmerten das Schnitzwerk, um  den Rahmen mit den Edelsteinen besser entwenden zu können. Um 2 Uhr, Morgens ging ein Polizeibeamter der eben seinen Rayon inspizierte, an der Donaufront des Palais Andrassy vorbei; in der Tornische des Palais sah er eine Person stehen, zu dessen Füssen  ein Bündel lag. Der Polizeibeamte schritt direkt auf den verdächtigen Mann zu, der aber beim Anblick des Polizisten gegen die Kapuziner Kirche zu laufen begann, das  Bündel jedoch in der Tornische  liegen ließ. Der Beamte hatte die Wahl, dem Fliehenden nachzusetzen oder das Bündel, das wahrscheinlich Gestohlenes enthielt, zu retten. Er wählte das Letztere – und der Gauner entkam. Das Bündel enthielt Silberzeug aus dem gräflichen Palais

Die Erbitterung der Budapester Bevölkerung gegen die Fahrlässigkeit der Polizei war eine allgemeine.

Das N.P.J.,  brachte weitere folgende Details: 
Das Palais des Grafen Julius Andrassy in Ofen liegt in der Hauptgasse Nr. 11 und am Margarethen Kai Nr. 7. Zur Bewachung des Hauses wurden bisher keinerlei Vorkehrungen getroffen, da der Graf seine Wohnung in Sicherheit wähnte. In der Nähe des Palais , das sich nächst der lebhaftesten Verkehrsader Ofens  befindet, steht  ein Wachposten von dem umso mehr Aufmerksamkeit vorauszusetzen ist, nachdem  der Stadthauptmann des  Bezirks im Andrassy  Palais im Zinshaus wohnt. Der Wachposten  ging auch heute Nachts wie regelmäßig ,um das Haus herum, ohne  etwas Verdächtiges  wahrzunehmen. Kurz vor Mitternacht ging eine Polizeipatrouille von drei Mann am Margarethen Kai vor  dem Palais vorüber. Um dieselbe Zeit war auch der Schwimmmeister  des Pecsely  Donaubades, welches gerade vor dem Palais am unteren Kai steht, wach und wechselte einige  Worte mit dem Polizisten. Es herrschte Ruhe in der ganzen Umgebung. Nach 3 Uhr machte der Polizeibeamte seine Runde.Als er am Kai dem Andrassy Palais nahe kam, bemerkte er einen mittelgroßen, dunkel gekleideten Mann unterhalb des großen Balkons rasch hervortreten und sich von der Wand in unauffälliger Weise entfernen. Der Polizist näherte sich derselben Stelle und fand  ein mittelgroßes Bündel auf den Boden liegen. Er griff hastig danach und war von dem  Gewicht, das es hatte, nicht wenig überrascht. Im selben Moment blickte er aber auch nach dem Unbekannten, der sich  umgedreht hatte,und als er den Polizisten sah, sich umkehrte und zu laufen anfing. Dies alles geschah so rasch, dass der Polizist nicht  Zeit hatte,  ein Signal zu geben. Er warf das Bündel von sich und lief dem flüchtigen Mann nach, der in die Schiefergasse  einbog  und die  Hauptgasse entlang lief. Der Polizist setzte ihm nach. Der Flüchtige hatte aber einen zu großen Vorsprung, auch wendete er sich nach links in eine Nebengasse, und als der Polizist dahin gelangte, war er bereits außer Sichtweite . Der Polizist eilte nun zurück zur Stelle, wo er das Bündel geworfen hatte. Zu seinem Erstaunen war es verschwunden. Der Polizist blickte um sich und gewahrte einen Mann mit dem Bündel bei dem Gitter des oberen Donaukais. Er lief auf ihn zu, der Mann ließ das Bündel fallen, schwang sich übers Gitter, sprang auf den unteren Kai hinab und lief gegen die Margarethen Brücke zu. Der Polizist setzte ihm nach und schrie aus Leibeskräften, man möge den Fliehenden aufhalten. Doch es zeigte sich kein Mensch am ganzen Ufer, der Polizist sah die Vergeblichkeit der Verfolgung ein und ging zurück.

Er hob das Bündel auf auf ging über die Gasse in die Hauptgasse, weckte  den Hausmeister des Zinshauses und begab sich zu dem Stadthauptmann Ebenhöch, um ihn von dem Falle  zu verständigen. Der  Stadthauptmann war bereits wach. Seine Wohnung befindet sich im zweiten Stock mit der Aussicht auf  die Donau, gerade oberhalb des Balkonsalons des Grafen Andrassy.  Der Stadthauptmann wurde durch ein Geräusch, als ob Ratten herumkrabbelten, geweckt. Kaum besah, er sich die Gegenstände, welche  das Bündel enthielt, als er sofort hinunterging, den Portier und die Kammerfrau weckte und den Verdacht aussprach, dass im Palais ein Diebstahl  verübt  worden sei. Die Appartements wurden geöffnet und bei dem Scheine einiger  Kerzen sahen die Anwesenden sofort, dass der Verdacht gerechtfertigt sei. Die mit fürstlicher Pracht ausgestatteten Gemächer der Donaufront boten  einen höchst tristen Anblick. Die Möbel waren durcheinander geworfen, die Nipp Sachen und Dekorationsstöcke auf den von Kerzen voll getropften Teppichen  zerstreut die Gemälde von den Wänden gerissen, die Kommoden erbrochen, die Umhüllung des Lusters herab gefegt, Schriften und Bücher im Durcheinander – ein Bild der gräulichsten Verwüstung. Die Verbrecherhand, die da gehaust, ließ beinahe an jedem Gegenstand  Spuren zurück.

Vor allem konstatierte die Kammerfrau, dass alle Wertgegenstände, Schaustücke von hohem Kunstwert, in den Salons fehlten. Zumeist waren es antike Krüge, Becher, Teller, Tassen, Schüsseln, Leuchter, Girandolen von  den Schreibtischen fehlten die silbernen Tintenzeuge und Necessaires, von den Wänden die Rahmen der Bilder, die Reliefs - alles aus schwerem, getriebenen Silber von ungemein hohem Werte. Man ging  den Spuren der Verwüstung nach, sie führten bis zum Schlafzimmer des Grafen.   Ein großer, mit Blech beschlagener Koffer stand offen. Darin lagen untereinander Etuis und Bänder.....“

Das war eine böse Überraschung für den Grafen. 
Wie die Leitmeritzer Zeitung  berichtet: „Anlässlich des  Ordensdiebstahles, habe Andrassy dem Kaiser gestanden, dass er eigentlich nicht genau wisse, welche Orden  er habe, und sei in großer Verlegenheit gewesen, als die Polizei in Pest von ihm  das Verzeichnis der entwendeten Dekorationen verlangte.“ 
Andrassy musste nun aus dem Verzeichnis herausfinden welche Orden er überhaupt besaß.

Am 12. Oktober 1882 konnten die Täter teils in Pest, teils in den an der  kroatischen Grenze gelegenen Dorf Bakona  ausgeforscht und verhaftet werden. Die gestohlenen Orden sind bereits am nächsten Tag von Pest per Post  nach Raab befördert worden. Einer von ihnen wollte einen Brillantring verkaufen  und wurde verhaftet.

Ein weiteres Detail der Geschichte bringt die Wiener Zeitung im Jahr  1883 vom Pester Lloyd übernommen: „Die Magd des Zeichenprofessors an der Ofner Realschule  Herrn Weichselgärtner fand vorgestern an einer entlegenen Stelle  am Hange des Festungsberges, in einer weit halsigen Metallflasche verschlossen, eine Menge glänzender Bruchstücke von Metallschmuck  und Steinen. Die Flasche lag inmitten eines Schutthaufens zutage, unter dessen  Geröll sie früher verborgen sein mochte, bis sie durch das Wetter oder irgend einen Zufall bloßgelegt wurde. Die Magd nahm die Flasche auf, zerschlug sie, leerte den hübschen, glänzenden Inhalt in ihre Schürze und verteilte eine Partie desselben  zu Hause an die Kinder  ihrer Herrschaft als willkommenes Spielzeug. Als der Hausherr in Begleitung seines Schwagers, eines Juweliers Namens Dietz, nach Hause  kam, erkannten die beiden Herren sofort, dass diese  Gegenstände denn doch nicht wertloses  Kinderspielzeug  seien; es waren deutlich die Fragmente zerbrochener Ordens-Dekorationen zu erkennen. Herr Weichselgärtner nahm den ganzen Fund in Verwahrung und verständigte am nächsten Tag den Grafen Julius Andrassy. Der Graf nahm  in der Wohnung des Herrn Weichselgärtner die Objekte in Augenschein und erkannte sie in der Tat als von den ihm gestohlenen Dekorationen stammend. Die einfältige Finderin empfing vom Grafen ein reichliches Douceur.“

Übrigens Julius Andrassy wurde an einem 8. März geboren, nicht wie so oft angegeben der 3. März, an dem wurde sein Bruder geboren.


__QUELLE:__  Morgenpost 12. Oktober 1882, Wiener Zeitung11. Jänner 1883, Leitmeritzer Zeitung  30. Dezember  1882 ANNO Österreichische Nationalbibliothek, Bild Graupp




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