!!!DIE MÜHLAUERQUELLE



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Jede Großstadt bemüht sich das beste Trinkwasser für seine Bevölkerung ausfindig zu machen und ein Vorteil ist dabei, wenn diese Stadt von einem Gebirge umgeben ist. Daher kann sich Innsbruck glücklich schätzen von der gigantischen Nordkette bekränzt zu sein.

1891:  Wer den Weg in die Mühlauer Klamm nicht gescheut hat,  ist noch etwa vor zwei Jahren für den steilen  Anstieg durch den Anblick eines wunderbar reichen mannigfachen Wasserspieles der Natur  im Hintergrund der Klamm entlohnt worden. Der  Weg dahin ist unbequem, auch ist kein Wirtshaus dort zu finden, was Wunder,  dass vielen die Wasserspiele der Mühlauer Klamm nur vom Hörensagen bekannt sind. Wenn sich aber der eine oder  andere dieser bequemen Naturfreunde zum Besuche der Klamm aufraffen möchte, er würde auch heute noch überrascht sein von dem Reichtum an Quellen, der  in vielen größeren und kleineren Fällen über üppig umwachsene Felsen herabfließt. Derjenige aber,  welcher die Klamm seit  etwa zwei Jahren nicht mehr besucht hat, wird überrascht sein,  dass nur mehr die Hälfte der alten Herrlichkeit vorhanden ist,  dass das Nagelflue-Gestein  zu seiner Rechten, über das einst mächtige Quellen in wechselnden Falten ihre  Schleier zogen, nun trocken liegt und die Moospolster, die unter dem nassen Schleier üppig grünten, vergilbt sind. An die Stelle des freien Waltens der Natur ist hier das ihre Kräfte regelnde Werk menschlichen Geistes getreten.

Dem im wilden Übermut daher brausenden Mühlauer Bach wird stets mehr und mehr das Joch der Nutzbarkeit auferlegt. Zu alten Dienstbarkeiten kommen stets neue. Noch trägt sie, wenigstens scheinbar, leicht  die Fülle seiner schäumenden Kraft; wie viel wird sie  aber noch tragen können?

Ein Stück weiter hinter dem Austritt des Baches aus der Klamm hat sich das Elektrizitätswerk, eine Tafel mit dieser Aufschrift steht stolz inmitten des Stauwerk, seiner bemächtigt um seine Kraft von ihm zu entlehnen und in  seinem westlichen Quellengebiet saugt Innsbruck, um seinen stets wachsenden Durst zu stillen, soweit ihn Wasser löschen kann, und vielerlei  andere Bedürfnisse, deren Befriedigung die Quelle willig gewährt. Der Wurmbach  ist der  Stadt schon  seit langem dienstbar gemacht, seine Quelle ist in  einem 10 Meter langen Stollen neu gefasst worden, durch den die Quellen, die bisher an beiläufig 12 verschiedenen Stellen und Höhenlagen zerstreut zum Ausfluss gekommen sind,  auf eine Stelle konzentriert  wurden. Die Wurmbach Quelle vereinigt sich, in eisernen Röhren von der Höhe herab geleitet, in einem 7 Meter tiefen Schacht, etwas abseits von den Mühlauer Bachquellen herab kommt,um gemeinsam in den Behälter an der Schweinsbrücke zu fließen. Im tiefsten Brummbass, fast metallisch, tönt das Ineinanderfließen der Quellen, weithin hörbar aus dem Schacht, wenn er geöffnet ist. Dort aber,  wo über das  Nagelfluegestein einst mächtige Quellen in wechselnden Falten ihre Schleier zogen, ist in den Berg der neue Sammelstollen der Wasserleitung getrieben; er saugt an der Grenze des durchlässigen  Nagelfluegesteines und des darunter liegenden undurchlässigen Sandstein die Quellen auf und schneidet ihnen den Ausfluss in das Freie ab. Dieser Sammelstollen – einem ersten Stollen  (Leitungsstollen)  begegnet man auf dem Weg  dahin,  derselbe dient aber nur zur  Führung des Röhrenstranges – ist eine Sehenswürdigkeit. Sechzig Meter lang ist er fast horizontal in das Gestein getrieben, dann steigt er weiter sechzig Meter im Verhältnis wie 1:4  und endet in eine geräumige Höhle, die erst beim Bau entdeckt worden. Diese geräumige Höhle, ist der eigentliche  Ursprung der durch den  Stollen aufgefangenen Quellen und hat vor ihrer Entdeckung als ein riesiges natürliches  Sammelbassin gedient, aus  dem das Wasser durch die Spalten und Ritze des Gesteins gedrängt, in unzähligen Adern zu Tage trat. Es versiegten daher die Quellen,  welche im Sammelstollen aufgefangen wurden, plötzlich als, -  zum   Glück der arbeitenden Leute geschah es  zur Nachtzeit – die Gewässer der Höhle eine natürliche Scheidewand durchbrechend, sich durch einen Stollen, der zur  Ableitung von Überwasser dient, in den Bach ergossen. Mit der Entdeckung dieser Höhle war aber auch die Ursache der zeitweiligen Trübung unseres Trinkwassers entdeckt; es lösten sich ab und zu  von der Decke derselben lehmartige Sandklumpen los, fielen in das  angesammelte Wasser und trübten es.

Der Sammelstollen hat zwei Portale. Geht  man durch das Portal an seinem unteren Ende,  so gelangt man nach 60  nahezu horizontal verlaufenden Meter an der zweiten Hälfte des Sammelstollen, welcher mit einer Steigung von 25% bis an die Höhle geführt ist. Zur Brechung der Gewalt des Wassers sind in diesem Teil des Stollens 47 Stufen eingesetzt, Schäumend springt die mächtige Quelle von Stufe zu Stufe, um  unter den  Gangbrettern der horizontalen Strecke des Stollens ruhig weiter fließend, in das Rohr einzumünden, das sie  zur Vereinigung mit dem Strang der vom Wurmbach kommt nach dem  früher erwähnten Schacht  führt.

Tritt man  beim  Portal am oberen Ende ein so  kommt man in die früher erwähnte Höhle.  Der hinterste Teil derselben, aus dessen Wand die Quellen fließen, ist mit  einer Mauer abgeschlossen und  der Raum zwischen Mauer und Felswand ist mit Steinen ausgefüllt, durch die  das Wasser sickert, um durch die Schlitze der Mauer herauszufließen, sich zu sammeln und aus einem  Überfall auf die Stufen zu ergießen.  Ein betäubendes Rauschen erfüllt den Raum. Der rechtsliegende ausgedehnte Teil der Höhle ist trocken gelegt.  Die Überfülle des Wassers strömt durch drei Seitenstollen in den Bach. Auch die Wurmbachquelle lässt einen großen Überschuss in den Bach abfließen. Innsbruck hat daher nach  menschlicher Voraussicht Wasser für alle Zukunft genug. Denn das Quantum von 80 Liter  in der Sekunde, das heute erforderlich ist, um den Durst der Stadt Innsbruck zu löschen, liefert der Wurmbach schon fast ganz allein und die übrigen 42  Sekundenliter, welche von der Gemeinde Arzl aus den Wurmbachquellen erworben worden sind, decken reichlich den in  der  nächsten Zeit etwa erforderlichen Mehrbedarf. Das günstige Ergebnis der Fassung der Quellen setzt aber  die Stadt in die Lage über ein dreifach größeres Quantum jederzeit  verfügen zu können.

Es war ein schwieriges Werk , das da oben im Quellengebiet des Mühlauerbaches geschaffen  worden ist. Die Arbeit musste unter ständiger Belästigung von großen Wassermengen und bei so niederer Temperatur bewältigt werden, dass es niemand länger als vier Stunden, trotz Wasserstiefel und Kautschuk im Innern des Felsens aushalten konnte, und es ist, wenn man  die anderen  Gefahren in Betracht zieht, die mit diesen Arbeiten verbunden waren,  - an manchen Stellen war der Steinfall so groß,  dass man meinen mochte,  es regne die Steine, und die Leute nicht mehr in den  Stollen einfahren wollten, stellenweise war der Zugwind so heftig, dass es  unmöglich war, ein Licht brennend zu erhalten, und man  oft nicht wusste,  wo man stand, -  als eine besonders gnädige Fügung des Himmels zu preisen, dass die Arbeiten ohne Unfall vollendet worden sind.

Bei der Besichtigung der Anlage durch den Gemeinderat in der vorigen Woche, war der Stollen, soweit das Wasser dessen Betreten gestattete, mit Lichtern und die trocken gelegte Höhle mit bengalischem Feuer erleuchtet. Vor dem mit Almrosen geschmückten unteren Portal, in einer Meereshöhe von 1048  Meter, hielt der Gemeinderat, der im  Schweiße  seines Angesichtes hinaufgestiegen war, an einem Brettertisch bei  Fohrenburger und Schinken eine außerordentliche Sitzung Protokoll ist  zwar keines geführt worden, doch verdient es Erwähnung, dass in dieser denkwürdigen Sitzung die Anerkennung für das gelungene Werk dem Ingenieur Altmann und seinen Mitarbeitern, dann dem  Bürgermeister, Dr. Falk dem Wasser-Comite vom Ingenieur Altmann am Portal in den Felsen geschrieben werde, unter dem Bürgermeister und  vom Ingenieur begonnen und 1891  glücklich vollendet worden ist.

Damals 1891 als die Anlage angelegt wurde, war man der Meinung ewige Zeiten mit der Wassermenge  auszukommen, doch 2022 ist man gezwungen zusätzliche Stollen  zu errichten, denn der Bedarf an Trinkwasser ist stetig  gestiegen und  erfordert nun eine  umfassende Sanierung. So sind Sprengungen auf der Nordkette notwendig um die Wassermenge zu erhöhen, denn durch die Witterungsverhältnisse wurde die Schüttung der Quellen allmählich geringer.  Das Riesenunternehmen wird nicht nur Millionen Euro kosten, sondern auch  einige Jahre in Anspruch nehmen, damit weitere Generationen  Innsbrucks das köstliche Nass genießen können.

__QUELLE;__ Innsbrucker Nachrichten, 6. Juli  1891, S 7, ANNO Österreichische Nationalbibliothek

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