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DIE RAGGASCHLUCHT#

2024: Die Raggaschlucht, ein berühmtes, vielbesuchtes Ausflugsziel im romantischen Mölltal, ist derzeit Schauplatz großer Instandsetzungs Arbeiten, denn schwere Sturmschäden, Schlamm- und Steinlawinen haben wie so oft in den letzten Jahren Verwüstungen hinterlassen. Kreuz und quer liegen entwurzelte Bäume auf den steilen Abhängen und im Raggbach. Diese können nur mit Hilfe eines Hubschraubers entfernt werden. Riesige Teile des gesicherten Steiges wurden zerstört und in die Tiefe gerissen. Spezialgeräte sind nun in diesem unwegsamen, felsigen Gelände im Einsatz, um so rasch als möglich die Unwetterschäden zu beseitigen. Eine gefahrvolle und mühsame Arbeit für jene die hier eingesetzt und Großartiges leisten, um diese wichtige Touristenattraktion und unverzichtbare Einnahmequelle der Gemeinde mit jährlich bis zu 60.000 Besuchern wieder begehbar zu machen. Es wird alles darangesetzt um das mystische Naturschauspiel, das 1978 zum Naturdenkmal erklärt wurde in all seiner Schönheit erstehen zu lassen.

Am 7. Mai 1882 fand durch die Sektion „Mölltal“ des deutschen und österreichischen Alpenvereines zugänglich gemachten, bisher fast völlig unbekannten und unerschlossenen Raggaschlucht die feierliche Eröffnung statt.

Von Obervellach führt die Straße über die Ortschaften Reiflach, Raufen, Gemsloch, Göbriach nach dem zirka 5 km entfernten Dorf Flattach, von wo man auf das rechte Ufer der Möll zur Ortschaft Raggabach gelangt. Vor der Schlucht befindet sich ein nettes Schweizerhaus, welches bei der Eröffnung mit Fahnen und Fichten geschmückt war. An der Feier beteiligte sich das Hornquartett mit fröhlichen Weisen. Den müden Wanderern bot man Erfrischungen. Die Aussicht von, hier aus in das grünende Mölltal und die sich stolz darüber erhebenden schneebedeckten Gebirgsriesen ist herrlich. Entlang des Raggabaches führte der Weg in die enge und wildromantische Raggaklamm zwischen den fast senkrechten Gneiswänden der Fußgestelle des 2680 m hohen Poliniks im Osten und der 2431 m hohen Mittagspitze im Westen. Jede Wendung, welche man auf dem mit festen Geländern versehenen Stege und zwei steilen Treppen zurücklegt, bietet neue landschaftliche Reize dar, indem der Raggabach mit seinen Zuflüssen in einer fast ununterbrochenen Reihe kleinerer und größerer Wasserfälle über malerische Felsblöcke brausend zu Tal stürzt. Die Sektion Mölltal hat sich durch die Herstellung eines gangbaren Weges in die schöne Ragga Klamm ein großes Verdienst erworben, von welchem ein nicht geringer Teil auf Herrn Dr. Gußenbauer in Prag, welcher zur Herstellung dieses Weges einen namhaften Betrag spendete, entfällt. Der gemeinschaftliche Ausflug an der Klamm fand vom Gartensalon des Gasthauses „Zur Post“ statt.

Die Beteiligung an der Eröffnung der Raggaschlucht würde entschieden eine bedeutend größere gewesen sein, wenn es das anfänglich ungünstige Wetter gestattet hätte. Trotzdem versammelte sich eine ziemliche Anzahl Teilnehmer aus der ganzen Umgebung darunter nahezu alle Sektionsmitglieder, in dem freundlichen Dorf Flattach. Beim Erscheinen im Schweizerhaus wurde die Gesellschaft mit Pöllerschüssen begrüßt. In der Eröffnungsrede wurde insbesondere des Fremdenverkehrs gedacht und hierauf ein begeistertes „Hoch“ auf den deutschen und österreichischen Alpenverein ausgebracht. Ein zweiter Toast galt der Sektion Mölltal und deren Vereinsleitung, ein dritter dem Obmann, Gründer und Förderer des Vereines. Herrn Professor Gußenbauer, ein weiterer der Ortschaft Flattach, welche zum Bau und zur Zugänglichmachung der Schlucht sowie zu dem Schweizerhausbau kräftig beitrug. Daraufhin erfolgte ein gemeinschaftlicher Gang in die Raggaschlucht unter Vorantritt des Sektions-Hornquartetts, wobei die Großartigkeit der Klamm allgemein bewundert wurde. Am Abend wurde der Heimweg in der angenehmsten Stimmung und hoch befriedigt nach allen Richtungen angetreten, mit dem Wunsch, dass solche Vergnügungen bald wieder folgen mögen.

In Obervellach selbst ist jetzt schon für den Fremdenverkehr durch gute Unterkunft bestens gesorgt, sowie ein längerer Aufenthalt hier in Folge der Verschönerungen der Umgebung, welche auch ferner mit Eifer fortgesetzt werden, angenehm gemacht wird.

Noch erwähnenswert, dass die Badeanstalt für Fichtennadel, Alpenkräuter und Einrichtung zur Kaltwasserkur in Obervellach eröffnet wurde.

Ein Hochwasser zerstörte im Herbst 1882 Stege und Brücken in der Raggaschlucht und das sollte fast jährlich die sorgenvolle Begleiterscheinung werden. Viele Menschen waren nun der Meinung, dass es zu keiner Wiederherstellung der Klamm kommen werde. Dem war nicht so. Durch die Munifizenz des Herrn Professor Gussenbauer in Prag, dem es hauptsächlich zu danken ist, dass diese interessante, höchst überraschende Erosionsschlucht erschlossen wurde, ist seit dem Vorjahr wieder zugänglich, und sind die Stiegen flacher, die in die Felswände eingenieteten Stege viel schwindelfreier und sicherer gemacht worden. Die Schlucht, in der sich 50 bis 60 Meter hohe Felswände, oft bis zu drei Metern Verengung gegenüberstehen, und durch welche Felsenge der schäumende Ragga Wildbach dahin braust und Kaskaden und Wassertümpel bildet, kann mit Fug und Recht, würdig den Liechtensteinklamm an die Seite gestellt werden. Über 400 Stufen überschreitet man, bis man ans Endziel der Schlucht, jener Brücke gelangt, welche die Klamm teilweise abschließt. Auf dieser Höhe leitet diese Brücke horizontal zu einem Tumpfe, an dessen jenseitigem Ufer die obere Abteilung der Schlucht abstürzt, in deren Hintergrund ein prächtiger 25 Meter hoher Wasserfall sich befindet. Für Naturfreunde wäre der Ausflug in die Raggaschlucht in den Pfingstfeiertagen zu empfehlen. Nachdem diese, mit keinen Schwierigkeiten verbunden, sich leicht effektuieren lässt, ist der Besuch dieses Naturwunders nur jedermann bestens zu empfehlen. Hat man beide Pfingstfeiertage disponibel, so ist ein Abstecher in die Alpenidylle Mallnitz keineswegs außer acht zu lassen. Die Hoffnung, den Ankogel in seiner Glorie zu sehen, und die Zuversicht, prächtige Forellen und Saiblinge vom Stoppitzersee an der Tafel beim Gemsenwirt anzutreffen, dürften Magnete sein, die ihre oft bewährte Zugkraft gewiss auch dieses Mal glänzend rechtfertigen werden.

1909: Dem Hochwasser 1903 ist auch der mit vielen Schwierigkeiten erbaute Fußsteig durch die Raggaschlucht zum Opfer gefallen.

Jedermann, der die Raggaschlucht während ihres Bestandes begangen, hat sich über den Charakter dieser Schlucht, welche der Liechtenstein- und Kitzlochklamm ebenbürtig ist, mit Bewunderung ausgesprochen. Es war Ehrensache der Sektion Obervellach, die Wiederherstellung des Steges in die hochinteressante Raggaschlucht zu beschließen.

Da Oberbaurat Redlich sich an den Kosten beteiligt, kann die Durchführung der Wegbauarbeiten veranlasst werden. Als die Sektion noch von anderen Gönnern und Interessenten Unterstützungen erwarten kann, weil die gesicherte Führung des Schluchtenweges auf Konsolen in den Felswänden der Klamm die Aufwendung bedeutender finanzieller Opfer erfordert, welche unsere kleine Sektion allein nicht aufbringen könnte. Möge die Wiedererschließung der herrlichen Raggaschlucht mit ihren wilden Felsszenerien und Wasserfällen als landschaftliches Schaustück beitragen, den Fremdenzuzug mit der Tauernbahn in das Mölltal zu lenken und im allgemeinen ein zweckdienliches Objekt zur Anziehung von Reisenden zu bieten.

QUELLEN: Klagenfurter Zeitung, 11. Mai 1882, 31. Mai 1884, Freie Stimmen, 6. März 1909, Österreichische Nationalbibliothek, ANNO

Siehe aktuellen Beitrag und Fotos: Raggaschlucht#

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