!!!ENGELBRUNNEN






[{Image src='engel statue.png'class='image_left'height='400' caption='Engelbrunnen' alt='Elsbeth' width='202'}]



Der  ehemalige  kunstsinnige  Bewohner des  Wiener 4. Bezirks Wieden Viktor Edler von Engel der Anfang der siebziger Jahr aus dem Leben geschieden,  hatte für die Errichtung eines Brunnens  den namhaften Betrag von 20.000  Gulden  testamentarisch hinterlassen,  in den 20 Jahren war dieselbe  zu einee solchen Höhe gediehen, dass der mit der Verwirklichung des Stiftung Gedankens betraute Wiedner Bezirks Ausschuss  getrost an die Preisausschreibung zur Gewinnung eines ansprechenden Entwurfes und zur Herstellung  des Werkes selbst schreiten konnte. Dem Aufruf haben  nicht weniger als 34 Künstler Folge geleistet und der erste Preis ist dem Bildhauer Anton Paul Wagner zuerkannt worden.

Wagner ist ein oft prämiierter, einer unserer namhaften Bildhauer. Von ihm ist der originellste der vier Herkules außen am neuen Hofburg Tor, der Zerberus Bändiger nämlich; von ihm der Michelangelo am Künstlerhaus, von ihm sind die Kolossal Gruppen der Asia und Afrika vor dem Naturhistorischen  Hofmuseum, von ihm das liebliche  Gänsemädchen an der Rahl Stiege, um von seinen vielen hiesigen Arbeiten  nur einige hervorzuheben. Auch bei dem  ersten Konkurs für das Mozart Denkmal  ist er der erste Preisträger gewesen, und dass die förmliche Bestellung von ihm weg andere Wege einschlug, ist nicht  seine Schuld. Die jüngsten  Arbeiten Wagners sind die Statuen Apollo,  Äskulap, Hygenia, Minerva  auf der Balustrade über dem Haupt Gesimse unseres jüngsten Klubhauses. Es ist dies  das Haus der k. u. k. Gesellschaft der Ärzte in Wien auf den Gründen des „roten Hauses“, ein vornehmer  Renaissancebau mit heiteren Barock Anklängen in der Innendekoration, mit klarer Ausnützung des Raumes, mit einem überraschend schönen Vestibul und mit einer geradezu mustergültigen Einrichtung für den Vorlese-  und Demonstration Saal.
Doch zurück zu dem Brunnen: Was sollte derselbe vorstellen? War es für die Wahl des Vorwurfes nicht geraten, in die Geschichte oder Sage des „Grundes“ einen Griff zu tun? Dieser naheliegenden Ansicht waren die meisten der 34  Wettbewerber und an die Anklänge der Lokalüberlieferungen fehlte es bei ihnen keineswegs.
Wagners  Grundlage zur Arbeit bildete eine historisch nachweisbare  Begebenheit aus der zweiten Hälfte  des 14. Jahrhunderts. Zur Zeit der Teufelsmühle am Wienerberg hatte sich in der Gegend viel Gesindel herumgetrieben. Besonders arg trieb es zu jener Zeit  Hans Aufschering mit seinen verwegenen Gesellen die  die Umgebung  durch Raub, Brand und sogar Totschlag mehr als unsicher machten. Trotz  eifriger Suche der Behörden nach diesem  Waldteufel und seinen Helfern gelang es ihnen nicht seiner habhaft zu werden. Er konnte ungehindert sein Unwesen weiter treiben und die Menschen in Angst und Schrecken versetzen.

Die Tochter des Handwerkers der Weinfässer herstellte,  Elsbeth, wusste, dass der Unhold oft die Teufelsmühle aufsuchte. 





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Eines Abends hielt ein schwer beladener Wagen vor der Teufelsmühle, neben dem Kutscher saß Elsbeth. Der Wirt der Teufelsmühle  Andreas  Dörlinger begrüßte seinen reizenden Gast der um Obdach bat  Mit ihr kam ein ganz unförmiger Lehnstuhl  mit in die Stube. Auch der schwer beladene Wagen fuhr  nicht mehr weiter. Und am 24 Es dauerte nicht lange als auch der Waldteufel eintraf. Das Mädchen hatte ihr gebundenes  Blondhaar gelöst und begann es zu bürsten. So rief  sie sein Interesse auf sich. Ohne Zögern lud sie ihn ein,   auf den mitgebrachten bequemen Lehnstuhl Platz zu nehmen. Fasziniert von ihrem Anblick und nichts Böses ahnend setze er sich. Kaum hatte sich der Bösewicht im Lehnstuhl bequem gemacht,  als seltsame Geräusche  zu vernehmen waren und ehe er sich versah war der Waldteufel von schweren Eisenringen umschlossen und gefangen, Auf Elsbeths Zeichen entstiegen    dem Wagen weitere Männer  die auch den Wirt sofort fesselten.
Im Triumphzug brachte Elsbeth, die Judith  von Wien, die Verbrecher zur Stadt   und führte  sie der  verdienten Strafe zu. Und am 24. Jänner 1371 ist das Verbrecher Paar auf dem Hohen Markt  auf das Rad geflochten worden.
In Anton  Paul Wagner hatte die mutige Küfers Tochter und ihre Tat ihren  Verherrlicher gefunden. Was die Dichtung bisher versäumte, wird nun durch die Plastik  in Erinnerung gerufen.

Am 29. November 1892 fand im Atelier  des Bildhauers Wagner die Besichtigung des Modells für den Engelbrunnen statt. Die Herren Stadtrat  Matzenauer, Architekt Gemeinderat Adam, Gemeinderat Dr. Hackenberg, Regierungsrat  Dr. Ilg und Bezirksvorsteher Bayer sprachen sich sehr günstig über die Gesamtwirkung aus   und nur einige Details werden Abänderungen erfahren. In formeller Hinsicht wurde also insgesamt  die Befriedigung der Kommission ausgesprochen, nur bildete der Umstand  den Gegenstand eines Bedenkens, dass die Geschichte von dem Waldteufel in der Teufelsmühle  am Wienerberg, welche der figurale Schmuck des Brunnens repräsentiert leider keine echte Volkssage, sondern die Erdichtung des Verfassers von einer jener  sogenannten  „Geschichten Wiens“ sei, welche bei allen wahren Geschichtskennern unserer Vaterstadt in sehr üblen Rufe stehen. Der Künstler nimmt  zwar den Standpunkt ein, dass er jedes Motiv behandeln könne, wenn es nur plastisch glücklich darstellbar  wäre, also auch eine modern erfundenen Sage – aber es ist doch  bedauerlich, wenn wie Dr. Ilg als Kunstreferent dieser Blätter seinerzeit bereits betonte, die Geistes Blüten jener höchst zweifelhaften Geschichts  Literatur, über die sich Wien schon lange schämen muss, nun auch noch in Erz und Stein verewigt werden. Leider lässt sich aber dagegen nichts mehr tun, da das Projekt angenommen  ist und es daher eben schon an der früheren Kommission, welche über die Annahme entschied,  gelegen gewesen wäre, dies Missliche zu erkennen, was leider nicht der Fall war. So wird wieder etwas verherrlicht  werden, was wieder ein prachtvolles   Stück im Stil der Vaterstadt  des  Demokritos ist.  Hier ist Wagner ein vortreffliches  schönes Pendant zu  seinem besten Werk, dem  Gänsemädchen, gelungen.





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Seit  kurzem ist der auf der Wieden nächst  der Schaumburgergasse errichtete neue  Monumental Brunnen dem Gebrauch übergeben worden; er führt seinen Namen von seinem Stifter, dem 1871 verstorbenen Beamten Victor   von Engel, der hierzu ein Legat dem Bezirk Wieden vermachte. Das Doppelbassin zwei abgesonderte Muscheln, sowie der übrige Aufbau sind teils aus Granit, teils  aus grauem Marmor hergestellt, die Muscheln sind mit einem Gitterwerk versehen.  Der figurale Schmuck ist aus Bronze vom  Bildhauer P. Wagner modelliert  und illustriert die Sage von der Teufelsmühle auf dem Wiener Berg. Sehr geschmackvoll hat der Bildhauer seine Aufgabe  nicht gelöst;  rechts und links vom Sockel sitzen die  gefesselten Gestalten des Wirtes und seines Kumpans und – man denke nur – jedem springt aus dem Munde  der Wasserstrahl ins Becken! Wie  unappetitlich  und hässlich! Steht man davor und sieht die Figuren mit den verzerrten Gesichtern  und den gekrümmten Sitzstellungen, so glaubt man, die Leute haben sich den Magen permanent verdorben und  verschaffen sich die notwendige Erleichterung. Wie kann ein nur klein wenig  ästhetisch empfindender  Künstler auf eine solche ekelhafte  Idee kommen! Wir leben ja nicht mehr im rohen und  naiven Mittelalter. Auch die auf dem Sockel stehende Figur des  Küfers Töchterchen ist nicht glücklich geschaffen; sie hebt nämlich ihr frei hängendes Haar mit den Händen empor! Natürlich sehen die schweren Bronzestücke nicht wie Haar aus, sondern etwa wie ein zerfetztes  Handtuch, mit dem sie sich abtrocknen will. Den Duft und die Feinheit  des Haares kann man ja absolut  nicht in Stein oder Bronze wiedergeben. Der Brunnen hat zwanzigtausend  Gulden gekostet.   O.v. K.

__Quelle:__ Allgem. Kunst Chronik 1. November 1890 S 4 und 5, Ill. Kronen Zeitung 23.November 1933, Presse Februar 1892, Presse 30. November 1892 S 1. Wiener Montags Post 27. November 1893 , Bildmateroaö I. Ch. Graupp




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