!!!FEIERTAGSPOST




[{Image src='Postamt Nordwestbahnstraße.png'class='image_left'height='400' caption='Altes Postamt' alt='Wien' width='678' popup='false'}]


Über die Feiertagspost berichtete  „Der Tag“ am 22.  November  1926 folgendes:
„Aus Leserkreisen erhalten wir folgende Zuschrift, die die Regellosigkeit  des Feiertagswesens in den österreichischen Ämtern trefflich schildert:  Schreiber dieser Zeilen musste am 1. November, mittags einen eingeschriebenen Brief  bei einem Wiener Postamt aufgeben. Der Brief war als  eingeschriebener Brief  zur Beförderung im Inland mit   45 Groschen frankiert. Man sollte annehmen, dass sowohl hier, wie in jedem anderen zivilisierten Staat der Brief mit dieser Frankierung von der Post normal  expediert werde. Weit gefehlt! Es musste, wenn der Brief am Schalter angenommen werden sollte, noch ein Feiertagszuschlag von 15 Groschen bezahlt werden.

Am 15. November 1 Uhr mittags wollte der Schreiber dieses am Postamt einen Betrag per Erlagschein einzahlen. Das Postamt war jedoch an diesem Tag für Einzahlungen bereits geschlossen. Der Betrag konnte daher am selben Tag nicht aufgegeben werden, „Feiertagsdienst“  gemacht wurde,

Der Allerheiligen-  und der Allerseelentag, ebenso wie der Leopolditag, sind, wie allgemein verlautbart wurde, Werktage und absolut keine gesetzlichen Ruhetage. Man sollte glauben, dass in einer demokratischen Republik für die Ämter dasselbe Gesetz gilt, wie für alle anderen Staatsbürger. Das Absurde wird zur Tatsache: Für staatliche Ämter gelten die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen nicht, nur  für den „Untertan“. Es ist über das Feiertags Tohuwabohu in unserer Republik schon viel  geschrieben worden. Ich möchte diesen Fall nur als Illustrationsfaktum festhalten: Als die Postverwaltung eine weitere Erhöhung der Gebühren für Postsendungen und für das Telefon in Aussicht stellte, ging ein Sturm der Entrüstung nicht nur durch die ganze  Kaufmannschaft, sondern auch durch alle  anderen hiervon  betroffenen Schichten der Bevölkerung. Wie war  demgegenüber  die Taktik der Regierung? Mit echt österreichischen Gleichmut  nahm sie diesen allgemeinen Entrüstungssturm auf und ließ ihn allmählich abflauen. Das Fazit der ganzen Protestbewegung war die Erklärung des neuen Finanzministers, dass die geplante Erhöhung trotz allem und allem zur Geltung kommen werde. Bürger zahl und schweig.



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Das einzige Mittel, das uns helfen kann, ist die solidarische Kündigung der Telefone durch alle Mitglieder der Gremien ausnahmslos, falls die geplanten Erhöhungen zur Geltung kommen sollten. Jedes Mitglied der einzelnen  Gremien müsste an diesen Beschluss  genau so  gebunden sein, wie an die Bestimmungen der Kollektivverträge, und ein Streikbruch müsste von Haus aus  unmöglich gemacht werden.

Wenn der Postverwaltung einmal mit einem Schlag viele tausende Telefone zur Verfügung gestellt werden, wenn drei Viertel ihrer Abonnenten mit einem Schlag zu entfallen drohen, dann ist anzunehmen, dass sie auch die Post- und Finanzverwaltung den Ernst der Situation bewusst werden wird, da es an die Wurzel ihrer eigenen Existenz greift,  dass sie den „Mir san mir“ Standpunkt  aufgeben und  sich überlegen  wird, dem ohnedies so geduldigen Lasttier  „Bürger der Republik Deutsch Österreich“ noch weitere Lasten  aufzubürden.
Ein unpolitischer Beobachter

Bildmaterial: I.Ch. Graupp


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