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GRAF VON BADENI#

Regierung
Graf von Badeni,Glühlichter

1895: Der Kampf gegen Badeni hat in aller Form begonnen. Der erste Zusammenstoß erfolgte letzten Freitag im Parlament. In Sachen der Nichtbestätigung Dr. Luegers brachten die Antisemiten zwei Interpellationen und einen Dringlichkeitsantrag ein. Der letzte lautete: „Die Regierung wird aufgefordert, die Gründe bekannt zu geben, welche sie bestimmt haben, Sr Majestät dem Kaiser den Vorschlag zu erstatten, die Wahl des Dr. Karl Lueger zum Bürgermeister der Stadt Wien nicht zu bestätigen.“

Der Antrag war von einigen Abgeordneten, darunter befand sich auch Prinz Liechtenstein, unterzeichnet.

Am Schluss der Sitzung antwortete Graf Badeni, sofort auf die gestellten Interpellationen, sowie auf den Dringlichkeitsantrag, daraufhin erfolgte eine Debatte über die Antwort der Regierung, die jeden Anspruch besitzt, in den weitesten Kreisen des Publikums bekannt zu werden. Da die Reichspost, welche wie die anderen Wiener Blätter über die denkwürdige Sitzung ziemlich genau berichtet, noch in verhältnismäßig wenigen Händen ist, so liegt es an uns, dafür zu sorgen, dass die wichtigsten Reden einem größeren Kreis, zu vermitteln....

Abgeordneter Prinz Liechtenstein führte aus: „Zum Schluss gestatten Sie mir noch einige Worte vom Parteistandpunkt aus. Die erste Amtshandlung des Grafen Badeni hat darin bestanden, das Wiener Volk in seinen heiligsten Gefühlen zu kränken und zu beleidigen. Gerade ein Minister Präsident tut es uns an, der in seiner Jungfernrede gesagt hat, sein Grundprinzip sei die Gerechtigkeit und er wolle führen und sich nicht führen lassen. Er will in Wien führen, aber von Budapest geführt werden (Beifall der Antisemiten)... Graf Badeni scheint mit der österreichischen Verfassung auf vollendetem Kriegsfuß zu stehen. Schon seine viel bemerkten Worte vom „Führen und sich nicht führen lassen“ stehen einfach mit der Verfassung im Widerspruch. Die Verfassung hat die Volksvertretung über die Regierung gestellt. Das Parlament hat das ausschließliche Recht, Gesetze zu geben, und ihre Durchführung zu überwachen; das heißt: es hat zu führen, nicht sich führen zu lassen. Das Parlament hat nicht „mitzuarbeiten“, und „zu einer Lösung der Schwierigkeiten beizutragen“ wie der polnische Graf in seiner Programmrede meinte, sondern es hat zu arbeiten und die Schwierigkeiten zu lösen; das „Mitarbeiten“ und „dazu beitragen“ ist Sache der Regierung.....

Das waren Stimmungseindrücke der Zeitungen über Graf Badeni

Minister Präsident und Minister des Innern Graf Kasimir Badeni entstammt einer italienischen, mit der Königin Bona, der Gemahlin Sigismunds I., von Polen eingewanderten Familie; er ist der älteste Sohn des im Jahr 1888 in Gleichenberg verstorbenen Landesausschussbesitzers und Reichsrat-Abgeordneten Grafen Ladislaus Badeni und wurde am 14. Oktober 1846 in Surochow, Galizien, geboren. Er und sein Bruder Stanislaus haben alle Studien, von der Elementarschule angefangen, öffentlich durchgemacht. In inniger Berührung mit allen Bevölkerungsschichten aufgewachsen, haben sie sich eine bei polnische Aristokraten sonst seltene Kenntnis aller Verhältnisse und der Eigenheiten des Landes erworben. Graf Kasimir widmete sich der Beamten Karriere, studierte an der Universität in Krakau und promovierte zum Doktor, trat anschließend bei der Krakauer Bezirkshauptmannschaft als Konzeptpraktikant ein. Er gehört zu den wenigen polnischen Adeligen welche den Verwaltungsdienst von unten auf gründlich kennen lernten und allmählich die Stufen der Beamten Hierarchie emporklommen. Badeni hat schon als Bezirkshauptmann von Zokliew und dann als Chef der Bezirkshauptmannschaft in Rzeszow durch sein Verwaltungstalent einen gewissen Ruf erlangt; er wurde im Jahr 1879 als Ritter von Zaleski zum Statthalter Vizepräsidenten vorrückte, an dessen Stelle mit der Leitung der Statthalter-Expositur in Krakau betraut, bald darauf zum Hofrat und Kämmerer ernannt, wie auch mit dem Orden der eisernen Krone ausgezeichnet. Im Jahr 1886 trat er plötzlich von seinem Krakauer Posten zurück, und es hieß damals, dass ihn Graf Taaffe die Landes-Präsidentenstelle in Schlesien angeboten habe. Badeni lehnte aber dieses Anerbieten ab und zog sich auf seine Busker Besitzung zurück, deren Bewirtschaftung er sich mit großem Eifer hingab. Die Versuchung an dem öffentlichen Leben teilzunehmen, konnte er indes nicht widerstehen. Er nahm vom Krakauer Großgrundbesitz ein Mandat für den Landtag an, wo er sich eine angesehene Stellung zu erringen verstand; als Obmann des täglichen Verwaltungsausschusses hatte er ein geradezu ausschlaggebendes Votum. In die Debatten des Landtages pflegte er nur selten einzugreifen, und es war sicherlich ein sehr wichtiger Anlass, wenn sich je Graf Badeni, der immer als ein Mann der Tat galt, zum Wort meldete.

Als am 11. Oktober 1888 der galizische Statthalter Ritter von Zaleski nach Wien berufen wurde. Um Freiherrn von Ziemialkowski als Landsmann-Minister zu ersetzen, bezeichnete man einhellig den Grafen Casimir Badeni als den zukünftigen Statthalter von Galizien. Dort galt er bald als der starke Mann der die Jung-Ruthenen rücksichtslos niederkämpfte. Es folgte eine Berufung als Statthalter nach Lemberg. Die öffentliche Meinung erblickte in Badeni den Träger eines Systems und einen Verwaltungskünstler von individuellem Gepräge. Während dieser sieben jährigen Lemberger Tätigkeit schwang er sich zu einem höchst einflussreichen Staatsmannes empor. Er war einer der fleißigsten Beamten denn sie je hatten.

Kaiser Franz Joseph der ein Faible für Polen hatte, fand, dass Badeni der richtige Mann in der derzeit herrschenden Situation des Reiches war,um eine nationale Versöhnung herbei zu führen, und berief Badeni am 29. September 1895 nach Wien zur Regierungsbildung.

Kaiser Franz Joseph kam gerade aus Frankreich zurück wo er mit Elisabeth einige Tage verbrachte, als sich wichtige Ereignisse hier abspielten.. Am 14. Juni des Vorjahres hat das Ministerium Badeni die kaiserliche Sanktion für eine Wahlrechtsreform erhalten, mit der als fünfte Kurie die allgemeine Wählerklasse geschaffen werden soll. Die fünfeinhalb Millionen Wähler dieser Klasse senden nur 72 Abgeordnete in den Reichsrat, wogegen die 5402 Großgrundbesitzer deren 85 und 583 Mitglieder der Handelskammer 21 Abgeordnete zu wählen haben. Hinzu kommen noch die Wähler der Städte und Gemeinden , so dass die Wahlreform Badenis nicht als demokratisch angesehen werden kann und der Großteil der Bevölkerung war sehr enttäuscht.

Auf Grund des neuen Wahlrechtes waren für März 1897 Neuwahlen zum Abgeordnetenhaus vorgesehen. Eine gewaltige Umgestaltung in der Parteienlandschaft war die Folge. Die Deutschliberalen erleiden schwere Verluste, während die Deutschnationalen, die Christlichsozialen und Sozialdemokraten in außergewöhnlicher Stärke in den Reichsrat einziehen. Die nächste Überraschung war die Erlassung von zwei Sprachverordnungen für Böhmen und Mähren am 5. April durch das Ministerium Badeni. Alle Staatsbeamte in diesen Ländern haben binnen 3 Jahren beide Sprachen zu erlernen.

Gegen diese Verordnung rebellierten die Deutschen und in den Städten des Sudetenlandes kommt es zu Unruhen die erst durch den Einsatz von Militär- und Polizeigewalt niedergerungen werden konnte. Der Mann mit der „eisernen Hand“ gegen den Willen der Deutschen zu erzwingen versucht. Diese Methoden konnte er in Galizien durchführen aber nicht in Böhmen und Mähren. Endlich am 8. April 1897 erklärte der Kaiser mit seiner Unterschrift Dr. Karl Lueger zum Wiener Bürgermeister. Schade um die Zeit die inzwischen nutzlos verstrichen war. Selbst der Kaiser erkannte in Luegers Programm dass manch Brauchbares enthalten war. Durch die Ablehnung desselben hatte er, der Kaiser, bei den Wienern an Sympathie verloren.

Neuerlich waren die Zeitungsblätter mit Badeni beschäftigt, der in Österreich ausgespielt hatte.

1897: Graf Badeni ist gefallen. Damit vollendet sich, was unausweichlich war, was geschehen musste, wenn die durch eine verblendete Regierung herauf beschworenen Gefahren nicht ins unermessliche wachsen sollten. Der Sturz dieser unseligen Regierung ist eine wahre Volkssache geworden; die Nachricht flog gestern gleich einer Freudenbotschaft durch die Stadt, durch ganz Österreich. Graf Badeni musste gehen weil es das Volk verlangte. Die gewaltige Manifestation, die sich gestern auf der Wiener Ringstraße abspielte, und die sich in der Provinz,in jeder größeren Stadt wiederholte: die sprach den Willen des Volkes so deutlich und kraftvoll aus...

Gtraf Kasimir Badeni ist nicht mehr Ministerpräsident. Sein jäher Sturz, unmittelbar folgend auf die terroristische Ausnützung einer schier unerschöpflich scheinenden Machtvollkommenheit, das nebelhafte zerfließen dieser Figur, die sich in den festen Konturen einer Staatsnotwendigkeit auf der politischen Bühne bewegte, dieser den Gesetzen der Kausalität spottende Szenenwechsel....

Seine kurze, wenig über zwei Jahre währende Regierung, die in einem rastlosen durcheinander schütteln der Parteiwürfel bestand.....

Der Kaiser hat die Demission des Kabinetts Badeni nicht angenommen sondern dem Ministerium den Auftrag erteilt, es habe dafür zu sorgen, wie es die Geschäfte weiter zu führen hätte. Der Kaiser findet es im Staatsinteresse gelegen, dass Badeni weiter funktioniert....

Wegen Badeni kehrte der Kaiser früher nach Wien zurück und berief ihn zu sich. Badeni fühlte sich nach der Audienz sehr sicher weiterhin sein Amt in der Residenzstadt ausüben zu dürfen. Daraufhin ersuchte Bürgermeister Lueger um eine Audienz beim Kaiser die ihm auch gewährt wurde. Auf Befragen des Kaisers gab der Bürgermeister seiner Befürchtung Ausdruck über die für Wien bevorstehenden Ereignisse, falls Graf Badeni weiterhin im Amt bleibe.

In der Josefstädter Reiter Kaserne wurde am 25. September1897 zwischen Badeni und dem Abg. Karl Hermann Wolf ein Pistolenduell ausgetragen. Gleich beim ersten Gang erhielt Badeni einen Schuss in den rechten Arm, es ist nur eine leichte Verwundung. Ursache des Duells war eine Invektive, welche Abg. Wolf dem Grafen in der Donnerstagsitzung hingeschleudert hat, war „Schuft“, später „Schufterei“. Im Abgeordnetenhaus wurde die Sache als Sensation aufgefasst

.Pressestimmen über Badenis Glück und Ende: Graf Badeni hat demissioniert. Graf Badeni ist mit der Neubildung des Minsteriums betraut worden. Dieses vorläufige Ergebnis der wie Hagelschlag dicht und plötzlich hernieder geprasselte Ereignisse löst unsere freundlichen Erwartungen....

Badenis Politik bis heute war polnisch, war jungtschechisch, war slawisch, war klerikal und reaktionär.....

Graf Badeni ist gefallen. Endlich! Werden Millionen Österreicher ausrufen....

….dass dieser Mann, in seiner waghalsigen Unfähigkeit gefährlicher als mancher entschlossener Übeltäter....

QUELLEN: Kärntner Zeitung, 12. November 1895, Neues Wiener Journal, 29. November 1895, Südsteirische Post, 9. Oktober 1895, Arbeiter Zeitung, 29. November 1897, Grazer Tagblatt, 3. April 1897, Der alte Kaiser, Conte Corti, Österreichische Nationalbibliothek ANNO

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