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[{Image src='1872 ed todesco.png'class='image_left'height='400' caption='Baron von Todesco' alt='Wohltäter' width='380' popup='false'}]


Am 17. Jänner 1887 starb in seinem Palais in der Kärntnerstraße Eduard von Todesco, nach langem Siechtum. Der Baron war seit geraumer Zeit an beiden Füßen gelähmt. Bereits im Vorjahr als er sich in Gmunden aufhielt  trat eine so bedenkliche Verschlimmerung seines Zustandes ein, dass die Ärzte an ein Aufkommen zweifelten. Ein  schweres Rückenmarkleiden machte ihm zu schaffen. Doch sein Naturell und Willenskraft siegten, noch dazu bei der sorgsamen Pflege mit der man den Patienten umgab, besserte sich sein Befinden.

In den letzten Tagen jedoch trat eine böse Wendung ein und ließ keine Hoffnung mehr  auf Besserung aufkommen. Todesco verbrachte die Nächte  nur mehr  sitzend im Lehnstuhl. Als die Agonie eintrat brachte man den 73 jährigen  zu Bett.

Bei der hohen Stellung, die der Verstorbene in  Haute  Finance und in der Wiener Gesellschaft einnahm, war es begreiflich,  dass sein Tod  die größte Teilnahme in der Residenz  erregte. Der Vater des Verewigten und Begründer des großen Finanzhauses,  Hermann Todesco war Vertreter der hiesigen Kultusgemeinde und lebt  fort im Andenken derselben durch seine fast geniale Wohltätigkeit. Er gründete das  Krankenasyl in Baden bei Wien und Bildungsanstalten in Preßburg, seiner Vaterstadt.

Baron Eduard von Todesco gehörte gleichfalls mehrere Jahre dem Kultusvorstande an, interessierte sich lebhaft für die Interessen des Judentums errichtete schon  während seines Lebens großartige Stiftungen und glänzte durch eine mehr als fürstliche Wohltätigkeit, da die Juden in der Regel wohltätiger als die fürstlichen Häuser sind. Jeder  Bedürftige, der ihm empfohlen wurde, erhielt eine milde Gabe von mindestens 5 bis 10 Gulden. Viele Studierende, Künstler und Künstlerinnen haben seiner Wohltätigkeit zum Teil ihrer Karriere zu danken. Auf diesem humanitären Gebiet stand ihm seine Gattin Sophie, eine der ersten und edelsten Damen der Residenz, ausgezeichnet durch Edelmut, reiche Bildung, literarischen und künstlerischen Sinn, mit ihrem milden Herzen, und ihrer unerschöpflichen Güte, teilnehmend und fördernd zur Seite.

Die Wohltätigkeit all dieser reichen Fremden die sich hier niederließen war der Grundstein damit sie Aufmerksamkeit erregen, Anerkennung finden, ihr Frack mit Orden geschmückt  wurde, besonders ihr Name  und der  ihrer Nachkommen mit einem Adelsprädikat Wirkung zeigte und so in der Gesellschaft an Geltung und Ansehen gewannen. Darum diese Großzügigkeit.

In dem Palais Todesco das in den Jahren 1861 bis 1864  vom Architekten Ludwig Förster errichtet und von Theophil von Hansen mit der  prächtigen Inneneinrichtung ausgestattet wurde, hatte  der berühmte Restaurateur Sacher seine Lokalitäten mit den horrenden Preisen in dem Palais Todesco, das jedem Wiener bekannt, den meisten freilich nur durch  das sogenannte Sacher Museum, wie der Volkswitz das Auslagenfenster mit den erlesenen Delikatessen, vor dem fast alle Passanten einen Moment stehen blieben.  Die Küche  befand sich unter dem Schlafzimmer der Baronin und sie wurde durch die feinsten Küchendüfte belästigt. Sie beklagte sich bei ihrem Mann. Eduard Todesco überlegte und wollte Sacher ganz aus dem Palais haben. Er vermied es  jedoch ihn zu kündigen  sondern trieb die Miete immer höher hinauf, bis Sacher von selbst auszog.

Man kann vom Todesco Haus sagen, dass es das Wort der jüdischen Weisen erfüllte:

Vielleicht taten sie Gutes, weil sie ihren einzigen Sohn verloren hatten; „Am 30. Juni 1872 ereignete sich ein furchtbares Unglück. Der junge Baron fuhr Sonntag vormittags gegen 11 Uhr vom Wienerberg gegen die Matzleinsdorfer Linie mit einem Viererzug. Als der Wagen unterhalb des Viadukts durchfuhr, ertönte oben der schrille Pfiff einer Lokomotive, die Pferde wurden scheu und rannten gegen einen Steinhaufen, auf dem die vorderen  zwei Pferde stürzten – durch den jähen Ruck wurden auch die anderen Pferde mitgerissen. Der junge Baron stürzte vom Wagen und fiel zwischen die Pferde. Eines der Pferde schlug aus und traf mit dem Huf  die Stirne des Barons. Der jungen Mann sank sogleich besinnungslos zusammen und erhielt, ehe er von den Umstehenden von den Pferden weggezogen werden konnte,  noch einige Verletzungen durch die Hufe der wilden Tiere. Besinnungslos wurde der Baron in das Gasthaus   zum Bock in Matzleinsdorf  und später auf einer Tragbahre von Dienstmännern und Sicherheitswachebeamte in das Palais in die Kärntnerstraße  gebracht. 




[{Image src='todesco.png'class='image_right'height='400' caption='Palais Todesco,Foto Graupp' alt='Kärntnerstraße' width='520'}]




Dort wurden sofort Ärzte geholt und die Nachricht  von dem Unglück den Eltern nach  Hinterbrühl telegrafiert. Man kann sich den Schrecken der Eltern und Verwandten, die in den ersten Nachmittagsstunden eine Depesche  in der Hinterbrühl erhielten, dass ihr Sohn tot ins Palais gebracht worden sei. 




Die Ärzte konstatierten zwei breite, tiefe Wunden nächst den Schläfen und eine Wunder am Hinterhaupt – ob eine innere Verletzung  erfolgte, konnte nicht festgestellt werden.  Der Baron war seit dem Unfall bewusstlos.  Gegen 6 Uhr abends  war der Puls beschleunigt, um Mitternacht war der Baron noch immer bewusstlos – Professor Franz von Pitha gab am Abend ein Bulletin über den Kranken aus.“
In dem Befinden  des Barons hatte sich auch am nächsten Tag nichts geändert und die Ärzte  betrachten den Zustand als sehr ernst.

Im Oktober 1872 hatte der Baron Todesco  die Freude gehabt, seinen Sohn vor einigen Tagen nach Italien senden zu können, wo der junge Mann – der halbwegs hergestellt ist – vollständige Heilung suchen soll;  er bezahlt bei dieser Gelegenheit  dem Professor Pitha, unter dessen Behandlung sein Sohn gestanden, ein Honorar von Hunderttausend Gulden. Es war dies ein Akt von geradezu fürstlicher Freigebigkeit gegenüber der Wissenschaft.

Am 14. Juni 1876 traf in Wien die Nachricht ein, der junge Baron Hermann Todesco  sei von einem Schlaganfall betroffen worden. In den Kreisen der Ärzte  war man über den Fall nicht sehr überrascht, denn man konnte sich hier mit dem Gedanken nicht vertraut  machen, dass jene entsetzliche Wunde, die vor vier  Jahren dem jungen Manne durch den Hufschlag eines Pferdes beigebracht  worden war dass die Schädeldecke barst und das Gehirn  bloß gelegt wurde, ohne alle Folgen bleiben sollte. Nur den Bemühungen der Ärzte war es zu danken, dass der Patient wieder gesund wurde. Für die Rekonvaleszenz  standen ihm natürlich alle erdenklichen Mittel zur Verfügung und Baron Hermann kräftigte und erholte sich in Nizza und der Schweiz in auffallender Weise. In den letzten Jahren jedoch konnte sich die nächste Umgebung des unglücklichen jungen Mannes der Wahrnehmung nicht verschließen, dass dessen Gedächtnis  sehr schwach zu werden beginne. In der  letzten Woche, in den Tagen, die  der Katastrophe  vom heutigen Morgen voranging, hat Baron Hermann allerdings  auf sein starkes Naturell  etwas  gesündigt. Er reiste während der größten Hitze  in geschäftlichen Angelegenheiten nach Galizien; kaum von dort zurückgekehrt, begleitete er seine Schwester, Frau von Lieben, nach dem Badeort Nauheim und von Nauheim zurückgekehrt, fuhr er nach kurzer Rast nach Pest, und auf das oben bezeichnete Familiengut Nagy Vasar in Veszprimer  Komitat. -  Der Verstorbene der im Alter von 27 Jahren stand, war eine in den Salons der guten Gesellschaft gerne gesehene Persönlichkeit; in seinem äußeren Wesen ruhig und gemessen, in seinem Umgang von freundlicher und einnehmender Art, hatte er sich viele Freunde zu erwerben gewusst. Der Verschiedene war der einzige Sohn des Barons Eduard  Todesco – der Schmerz der Eltern ist unermesslich. Die Leiche des Verstorbenen wird nach Wien gebracht.

In ihm verloren  nicht  bloß die Eltern ihren einzigen Sohn und Namensträger, sondern auch die Kultusgemeinde betrauerte ein hoffnungsvolles Mitglied, das berufen war, an die Spitze  derselben einst zu treten.

Seit dem Todesfall  ging eine merkwürdige Veränderung in der Seele   des nun verstorbenen Vaters vor sich. Am Sarge seines Sohnes, vor welchem  Dr. Jellinek gesprochen hatte, stand er fast bewegungslos. Er starrte auf den Sarg hin und schien gar nicht zu merken, was um ihn her geschah. In seinem Herzen begann eine Art  Rechtsstreit gegen die Vorsehung, deren Hand ihn so schwer getroffen  hatte, sich zu  erheben und er blieb selbst am Sterbetag  seines  von ihm verehrten Vaters  fern vom Tempel. Nichts vermochte ihn wieder aufzurichten und der Stachel des Schmerzes aus seinem väterlichen Herzens zu entfernen. Die Beerdigung  fand  auf dem neuen Ortsfriedhof in Döbling bei Wien statt unter zahlreicher Beteiligung aller Kreise der Residenz.

Die Gemeindezeitung hatte  am 22. Februar 1876  auch jene Vorladung des Baron Eduard Todesco vor Gericht  veröffentlicht, die alle anderen Zeitungen  verschwiegen.
„Die Wiener Blätter  haben den Skandal vom 13. Februar 1876  verschwiegen, obschon sich denselben die Lebewelt im Klub, im Café, im Theater erzählt und zwar   bloß  aus Rücksicht für Baron Todesco, dem die Heldenrolle in diesem Skandalprozess zufällt.
Der Sachverhalt ist kurz folgender:  Die Doktorswitwe  Madame Treu, die nach ihren eigenen Angaben von „Zimmerherren“  und Kleidermachen lebt, hält offenen Salon. Sie empfängt Aristokraten, Offiziere, Börsianer und weiß ihre Gäste durch ein reichhaltiges Album, eine Galerie Wiener Schönheiten, ganz gut zu amüsieren.  Die Polizeibehörde klagt Madame Treu der Kuppelei an und führt die  Barone Todesco, Erlanger und einen rumänischen Bankier als Belastungszeugen an, von welchen Lebemännern die Polizeinote behauptet, dass sie Stammgäste im Salon Treu sind. Zwei Damen klagen die Treu an, dass sie  in der Galerie ohne Berechtigung ihre Bilder in diesem berüchtigten Album einverleibt habe. Die Barone Erlanger  haben es vorgezogen nicht zu erscheinen. Hingegen ist der Baron Todesco dieser unangenehmen Vorladung gefolgt und erschien  unter allgemeiner Spannung des zahlreichen Publikums vor den  Gerichtsschranken. 
Der Richter stellte verschiedene Fragen, ob die Treu schlecht über die Damen im Album gesprochen hätte. Todesco zögerte und musste es zugeben. Er merkte auch gleich, dass die Treu eine Gelegenheitsmacherin sei, trotzdem ist er kurze Zeit geblieben.  Sie hatte auch versucht   ihm  eine Dame zuzuführen, doch er habe abgelehnt. Entlohnt hat er Madame Treu nicht.  Madame Treu wurde zu zwei Monaten Arrest verurteilt.

Am 8. Juli 1895 ist Sophie Freiin von Todesco im hohen Alter aus dem Leben geschieden. Vor einigen Wochen ist sie vom Schlag getroffen worden und seitdem in Bewusstlosigkeit verfallen, aus dem sie nicht mehr erwachen sollte. Sie hinterlässt drei Töchter, von denen eine an den englischen Staatsmann  Sir Henry Worms vermählt ist. Eine zweite Tochter ist an den Bankier von Lieben verheiratet und die dritte  hatte das Herrenhausmitglied Baron  Ludwig Oppenheimer geehelicht. 

Den Tod der Baron von Tedesco betrauern ihre drei Brüder  Julius,  Max  und Theodor von Gomperz. Eine verstorbene Schwester war mit Wertheimstein vermählt .

Im Trauerhaus hatten sich zahlreiche Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens eingefunden. Unter ihnen befanden sich  Prof. Widerhofer, Ferdinand von Saar, Ludwig Ganghofer, Direktor Jauner, Professor Zumbusch, Baurat Stiassny usw. Sie wurde an der Seite ihres Gatten am Döblinger  Friedhof  beigesetzt.

__QUELLE:__ Neuzeit  21. Jänner 1887 S 5, Mogenpost 1. Juli 1872 S 6, Innsbrucker Nachrichten  22 Mai  1872 S 4, Neues Fremdenblatt  1. Juli 1872 S 2 Bild Ill Wiener Extrablatt 26. Oktober 1872 S 1, Archiv Graupp


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