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Im Namen des Ersten #

Das Siegfried Marcus Automobilmuseum widmet sich dem Pionier, allen österreichischen Marken und überhaupt der gesamten Automobilgeschichte, soeben wurde das 30. Jahr des Bestehens gefeiert, und wie immer ist die Ausstellung jährlich neu. #


Freundlicherweise zur Verfügung gestellt von morgen (1/17)

Von

Rupert Streiter


Philipp Malek
Philipp Malek hat die Leidenschaft für Oldtimer, das Museum und die Autos von seinem Vater übernommen, im Museum bekleidet er ungefähr fünf Haupt- und Nebenjobs. Damit Besucher gerne wiederkommen, wird die Ausstellung jährlich umgestaltet. Heuer sind Autos aus Österreich dran, nächstes Jahr steht ein mehr internationales Thema auf dem Programm, und künftig möchte Philipp Malek noch intensiver mit Oldtimerclubs zusammenarbeiten.
Foto: Nadja Meister
Marcus-Museum auf drei Ebenen
Ein Museum auf drei Ebenen, und je größer ein Fahrzeug, desto weiter unten parkt es. Wo heute das Foto von der Ausfahrt des Marcuswagens 1950 (am Steuer: Alfred Buberl, zeitlebens treibende Kraft hinter der Siegfried Marcus Gesellschaft) hängt, hatte einst der Kaiser eine Loge, als das Haus noch ein Theater war. Eine Replika dieses Autos steht heute im Erdgeschoß, so ist es würdig.
Foto: Nadja Meister

Replika des originalen Marcuswagen
Da der originale Marcuswagen aus konservatorischen Gründen nicht mehr gefahren werden darf, bietet jetzt die Replika die einzige Chance, das damalige Fahrgefühl zu verkosten. Kurz gesagt: Es sind abenteuerliche 8 km/h.
Foto: Nadja Meister

Auch David Hasselhoff war hier, weniger als Besucher, sondern gewissermaßen als Ausstellungsstück, und sein Film-Auto K.I.T.T. war auch dabei. Gekommen waren sie auf Einladung von Museumsgründer Peter Malek (1939 – 2014). Das war 1987, David Hasselhoff und seine TV-Serie „Knight Rider“ surften auf der ersten Popularitätswelle bis Europa, und manche Einladung funktionierte damals auf erstaunlich kurzem Instanzenweg, wenn man die richtigen Kontakte hatte. Die Idee entstand natürlich beim Heurigen, Peter Malek frug seinen Freundeskreis, womit er sein noch junges Museum in Österreich weltberühmt machen könne, und einer sagte: K.I.T.T.

Falls sich heute nicht mehr alle erinnern möchten: Das war David Hasselhoffs Dienstkraftwagen, ein schwarzer Pontiac Firebird mit allerlei Eigenschaften, die beim Serienmodell nicht zu bestellen waren. Zum Beispiel konnte sich Hasselhoff mit seinem Auto unterhalten und es per Sprachbefehl in die Armbanduhr herbeiholen. „Sprachsteuerung“ werden die ganz Jungen jetzt gelangweilt einwerfen, aber so was gab es damals nur im Film – was normale Autos von sich gaben, kam aus dem Radio oder von einer Musikkassette.

Peter Malek hatte in seinem Hauptberuf als Geschäftsführer eines Obst- Importeurs nicht nur die ersten Avocados nach Österreich gebracht, sondern jetzt auch erstaunlich schnell die Universal Filmstudios am Telefon. Dort verwies man ihn mit seiner Bitte direkt an Herrn Hasselhoff, und der witterte den entscheidenden Schub für seine noch junge Gesangeskarriere: „Wenn Sie mir eine Tournee durch Österreich organisieren, komme ich mit dem Auto.“

Hasselhoff on tour. #

So geschah es, die Konzerthallen von Hollabrunn bis Bregenz sollen sehr gut gefüllt gewesen sein, und dass auch Peter Maleks Automuseum bei Anwesenheit des TV-Serienstars bestens besucht war, sieht man heute auf den Fotos im Eingangsbereich.

Der sehr frühe Puch 500
Der sehr frühe Puch 500 gehörte Philipp Maleks Großvater, der damit rund 400.000 Kilometer fuhr. Auch der Enkel lernte damit das Autofahren, nach der Restaurierung ist der Wagen von Alltagsarbeit entbunden.
Foto: Nadja Meister

K.I.T.T. sprach damals übrigens auch mit den Museumsbesuchern, und dass er einen Stockerauer Zungenschlag pflegte, störte niemanden. „Damals ist Tour-Busfahrer Robert hinter dem Vorhang gestanden, und wenn sich wer dem Auto genähert hat, dann hat er die Besucher begrüßt“, sagt Philipp Malek, Sohn des Museumsgründers und heute Direktor, Kurator, Betreuer und Betreiber in Personalunion. Man ahnt beim Herumschauen im Museum den Zeitaufwand, der hinter der gepflegten, ständig wechselnden Ausstellung steht – was man nicht sofort sieht, ist, wie schnell das Museum 1986 eingerichtet war, und auch die Idee ist nicht wesentlich älter. Philipp Malek: „Mein Vater hatte immer Freude an besonderen Autos, aber den ersten Oldtimer hat er im Kalifornienurlaub 1983 erstanden – er hat einem Erdnussfarmer einen Ford A von 1930 abgekauft, und weil im Container für die Verschiffung noch Platz war, hat er auch einen Triumph TR3A mitgenommen.“

Danach nahm das Sammeln eine erfreuliche Eigendynamik. So war die Frage nach einem geeigneten Refugium für die Oldtimer bald akut, zum Glück war die Gemeinde Stockerau grad etwas ratlos, was mit der desolaten Halle in der Schießstattgasse geschehen solle. Sie stammt aus dem Jahr 1884, wurde einst für Ausstellungen verwendet, zwischenzeitlich als Theater, dann als Mehrzweckhalle, was ein behübschender Name für allmählichen Verfall war, zuletzt diente sie als Turnhalle.

Austro-Tatra
Um Zoll zu sparen, fertigte Tatra kurze Zeit in Wien. Dieser Austro-Tatra stand 40 Jahre vergessen in der Lagerhalle eines Kohlenhändlers, bis er beim Verkauf des Areals entdeckt wurde. Das einzige verkäufliche Auto des Museums.
Foto: Nadja Meister

Als Stockerau ein neues Sportzentrum errichtete, zog auch der Boxclub aus, Peter Malek sprach zum perfekten Zeitpunkt bei der Gemeinde vor. Mit Hilfe von Freunden war die Halle in einem halben Jahr zum Museum umgebaut, mit stilechten Galerien und einer Hebebühne, schließlich trägt man Autos nicht einfach so in den ersten Stock. Motorräder sind deutlich handlicher, ihnen gehört die Galerie im zweiten Stock, an den Wänden hängen historische Werbungen oder Rennsportfotos, vor allem aus dem Fundus des Stockerauer Rennfahrers Ernst Vogel. Man kann sich wunderbar zwischen den ausgestellten Fahrzeugen hindurch die Wände entlangstaunen und die vielen Details entdecken, man darf aber auch gleich am zweiten Marcuswagen hängenbleiben, der im Erdgeschoß auf einer Drehscheibe steht, quasi der Brennpunkt des Museums.

Ein erstes Auto. #

Auch die Siegfried Marcus Gesellschaft residiert nämlich hier, ebenfalls keine zufällige Fügung: Sie wurde wie das Museum von Peter Malek gegründet, als Gegenpol zu jenen Forschern, die Gottlieb Daimler und Carl Benz mit der Erfindung des Automobils in Zusammenhang bringen. Der Dialog, ob Marcus 1875 sein Auto gebaut hat und damit als Erster, oder ob er erst 1888 und damit hinter Daimler und Benz dran war, hat sich schon vor Jahren fernab einer endgültigen Einigung festgefahren, beide Seiten verfügen über gewichtige Argumente, wir dürfen da noch allerhand geballte Wissenschaftlichkeit erwarten – und erfreuen uns derweilen am ältesten erhaltenen Automobil der Welt, das verdienterweise in Österreich und seiner Geschichte parkt. Diesen Superlativ kann Siegfried Marcus niemand nehmen, nur für das Siegfried Marcus Automobilmuseum ergibt sich der betrübliche Umstand, dass das echte Auto dem ÖAMTC gehört und als Dauerleihgabe im Technischen Museum steht. Dort ist es zwar gut aufgehoben und in ausreichender Publikumswirksamkeit verankert, aber ein plakatives Epizentrum der Siegfried Marcus Gesellschaft wäre fein, dachte man Anfang der 2000er Jahre. Also wurde für das Stockerauer Museum eben die zweitbeste Lösung angestrebt: Die HTL Steyr fertigte von 2004 bis 2016 einen zweiten Marcuswagen, eine perfekte Replika, volle Funtionstüchtigkeit inklusive.

restaurierte Puch RLA; 125 125 T zeigt ihre Patina
Kontrastprogramm: Die Puch RLA 125 ist restauriert, während die 125 T von 1948 stolz ihre Patina zeigt. Sie erzählt die Geschichten vieler Bergetappen, immerhin wurde sie von ihrer Besitzerin bis 1968 gefahren.
Foto: Nadja Meister

„Mitgefahren bin ich damit schon“, sagt Philipp Malek, „selbst gefahren noch nicht, es lässt sich ja mit nichts vergleichen, was man heute vom Autofahren kennt: 0,75 PS treffen auf rund 700 kg, es gibt eine Andeutung von Federung nur vorne, die Räder sind mit Eisen beschlagen, die Technik ist laut und rüttelt, die Bremsen sind zwei Holzklötze, die auf die Eisenbereifung drücken, Gas gegeben wird über das Handrad vor dem Fahrer.“ Genauer gesagt wird hier die Geschwindigkeit an einem Handrad mit Schraubgewinde einjustiert, damit hat Siegfried Marcus auch den ersten Tempomaten der Welt erfunden.

Umgeben ist der Marcuswagen derzeit von durchaus repräsentativen Automobilen aus Österreich, die meisten davon aus dem Museumsfundus – Steyr, Austro- Tatra, Austro-Daimler (wunderbare Konstruktionen Ferdinand Porsches, den ADK6 von 1928 mit der Karosserie von Alexis Kellner, Berlin, und dem original erhaltenen Schlangenleder-Interieur fährt Philipp Malek besonders gerne), aber auch noch seltenere Marken wie Perl (Alpenwagen mit 16 PS, da mag man sich nur als Oldtimerfan eine Gebirgsfahrt vorstellen) oder ein Grofri von 1925. Grofri ist ein Akronym der Firmen eigner Gross und Friedmann, die Autos wurden in Atzgersdorf erzeugt, heute im 23. Wiener Bezirk gelegen.

Zwei Coupés auf Puch-Basis: Imp 700 GT und Jamos\Foto: Nadja Meister
Zwei Coupés auf Puch-Basis: Der Imp 700 GT entstand in Italien, während der Jamos in Wien gefertigt wurde. Es blieb beim Einzelstück.

Im Oberstock gibt’s seit Herbst eine Puch-Ausstellung, schließlich rollte der erste Puch 500 im Jahr 1956 vom Band. Neben Serienmodellen stehen die sportlichen und die sehr sportlichen Ableger, ein Scheunenfund, auch zwei Coupés auf Puch-Basis – ein Imp 700 GT und der Jamos, erbaut vom Fiathändler Peter Moser aus Wien-Hernals und Fritz Jauernig, damals Karosseriebauer im 18. Bezirk in Wien, heute Mercedes-Fachbetrieb. Man kann beim Jamos von einer zutiefst österreichischen Geschichte sprechen, aber das wäre eine eigene Story.

Die Sommerpause. #

Als einziges Auto im gesamten Museum ist der hinreißend patinierte Austro-Tatra nicht fahrbereit, und er ist als einziges Exponat verkäuflich – vertiefende Gespräche gerne vor Ort. Sie mögen nur bis 2. April begonnen werden, dann beginnt nämlich die Sommerpause, und alle Besitzer von Leihgaben starten in die neue Saison.

Diese Sommerpause wird auch heuer wieder ein paar Monate dauern. „Währenddessen“, sagt Philipp Malek, „werde ich meine eigenen Oldtimer hier herinnen einstellen, da ist viel mehr Platz als in der Garage daheim. Und hie und da werde ich mich aufs Sofa setzen, das ich mir auch aufstelle, und einfach den Ausblick genießen. Für mich sind Oldtimer nicht nur Autos, sondern vor allem Kunst.“ Zur 30-Jahres-Jubiläumsausstellung letzte Saison war übrigens wieder ein K.I.T.T. unter den Exponaten.

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