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Atomenergie und Österreich#

Kühltürme
Kühltürme. Das erste kommerzielle AKW ging 1954 in Russland in Betrieb.
Foto: DIE FURCHE

Nachdem Österreich bis zum Staatsvertrag 1955 jede Tätigkeit auf dem Gebiet der Atomenergie untersagt gewesen war, wurde 1956 von der Bundesregierung gemeinsam mit 52 staatlichen und privaten Unternehmungen die "Österreichische Studiengesellschaft für Atomenergie GmbH" gegründet und mit dem Bau eines "Leistungsreaktors als Lernmodell" beauftragt (Forschungszentrum Seibersdorf GmbH). Mit Unterstützung der Atomenergiekommission der USA wurde bis 1960 das Atomreaktorzentrum bei Seibersdorf südöstlich von Wien errichtet. Es umfasste ursprünglich den Atomreaktor ASTRA, Institute für Elektrotechnik, Physik, Chemie, Metallurgie, Biologie und Landwirtschaft, ein Strahlenschutzinstitut und ein Laboratorium der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO). 1962 ging ein Versuchsreaktor des Atominstituts der österreichischen Hochschulen bei der Stadionbrücke im Wiener Prater und 1963 ein weiterer Studienreaktor in Graz in Betrieb.

1972-77 erfolgte der Bau des Atomkraftwerks Zwentendorf (Niederösterreich) mit einer geplanten Leistung von 730 MW durch die "Gemeinschaftskraftwerk Tullnerfeld GmbH" (gegründet 1970). Der Energieplan des Jahres 1976 sah den Bau von insgesamt 3 Atomkraftwerken in Österreich vor. Eine am 5. 11. 1978 abgehaltene Volksabstimmung verhinderte mit 50,4 % der Stimmen die Inbetriebnahme des fertiggestellten Atomkraftwerks Zwentendorf. Seit dem 5. 12. 1978 schließt das "Atomsperrgesetz" die Nutzung der Kernenergie in Österreich aus. Die Bemühungen zur Inbetriebnahme von Zwentendorf wurden nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl (26. 4. 1986) eingestellt.

Österreich ist Mitglied der CERN (Europäische Organisation für Kernforschung) und der IAEO (gegründet 1958), deren Sitz in Wien ist. Bereits vor der praktischen Anwendung der Atomenergie hatten österreichische Forscher und Techniker, wie Ludwig Boltzmann, Wolfgang Pauli, Viktor Franz Hess, Erwin Schrödinger und Lise Meitner, entscheidenden Anteil an der atomaren Forschung.


1998 wurde das Bundesgesetz über die zivilrechtliche Haftung für Schäden durch Radioaktivität (Atomhaftungsgesetz 1999) zum Schutze der Interessen der Österreicher gegenüber ausländischen Atomkraftwerken beschlossen. 1999 folgte das Bundesverfassungsgesetz für ein atomfreies Österreich.

Paragraph Eins besagt, dass in Österreich weder Atomwaffen hergestellt, gelagert, transportiert, getestet noch verwendet werden dürfen.
Und der zweite Paragraph ergänzt, dass Anlagen, die dem Zweck der Energiegewinnung durch Kernspaltung dienen, in Österreich nicht errichtet werden dürfen. Seit vielen Jahren vertritt Österreich die Meinung, die kommerzielle Nutzung der Atomenergie sei nicht vertretbar, und engagiert sich gegen grenznahe Atomkraftwerke.

Jedoch gibt es keine Einfuhrbeschränkungen von Atomstrom. Laut Greenpeace und der österreichischen Umweltschutzorganisation Global 2000 importiert Österreich heute bereits mehr Atomstrom aus den Nachbarländern Deutschland und Tschechien, als das gebaute und nie ans Netz gegangene Kraftwerk Zwentendorf produziert hätte.

Obwohl Österreich keine Atomkraftwerke hat, kommt mit dem Strom aus Nachbarländern Atomstrom ins Land. Etwa 17,5 Prozent der heimischen Elektrizität kann keiner speziellen Quelle zugeordnet werden. Rund ein Drittel davon dürfte wegen dem Erzeugungsmix in Europa aus Atomstrom stammen. Laut der Energieregulierungsbehörde E-Control für Ökoenergie und Energieeffizienz können rechnerisch etwa sechs Prozent des heimischen Stroms auf Atomenergie zurückgeführt werden. Nach Umweltminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) und seinen Experten zufolge machen Atomstromimporte etwa drei bis fünf Prozent der Stromversorgung in Österreich aus. Greenpeace und Global 2000 sprechen hingegen von bis zu 20 Prozent Atomstrom. Das Problem bei diesen Zahlen liegt an der mangelnden Stromkennzeichnung: Energieversorger müssen nur die Strommenge kennzeichnen, die tatsächlich auch an die österreichischen Kunden geliefert wird.

Der Reaktorunfall in Fukushima hat ein europaweites Umdenken in Gang gesetzt und es wird ein Atomausstieg und Umstieg auf Alternativenergie angedacht. So hat Deutschland den Atomausstieg bis 2021 beschlossen. Die Schweiz hat sich dafür ausgesprochen, dass die bestehenden Atomkraftwerke am Ende ihrer Betriebsdauer nicht ersetzt werden. Das erste AKW müsste demnach 2019 vom Netz, das letzte 2034.
Dazu äußert sich Umweltminister Nikolaus Berlakovich: "Diese Entscheidung eines weiteren hoch industrialisierten Staates hat eine ganz starke Signalwirkung. Sie zeigt, dass ein Atomausstieg machbar und möglich ist." [1]
Die Grünen-Chefin Eva Glawischnig meint: "Wenn Deutschland aussteigt, folgen mit Sicherheit andere wichtige Atomländer [...]. Die Energiewende bedeutet nicht nur verantwortungsvolle Umwelt-, sondern auch nachhaltige Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik."[1]

E-Control erwartet "kurzfristig keine unmittelbaren Folgen für die Konsumenten"[1] in Österreich, was die Energieversorgung und die Strompreise betreffe.

Achtung: Die Situation hat sich aber dramatich geändert. Siehe etwa den schon etwas älterne Beitrag: Atomkraft rettet das Klima oder der neue Beitrag (2023) Der Atomausstieg ist ein Fehler.

Weiterführendes#

Literatur#

  • Österreich Dokumentationen. Kernenergie, 4 Bände, 1977
  • E. Kitzmüller, Österreich - Verspäteter Atomzwerg oder nicht-atomarer Anfänger, in: L. Mez (Hg.), Der Atomkonflikt, 1979
  • stern.de
  • salzburg.gv.at
  • derstandard.at
  • news.at
  • [1] diepresse.com