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Warum wird Wäsche gebügelt?#

Christian Stadelmann

Das Bügeln ist ein selbstverständlicher Bestandteil der Wäschepflege. Als solcher ist es kaum hinterfragt, auch wenn die jeweils individuelle Handhabung sehr unterschiedlich ausfallen kann. Tatsächlich ist die Frage nach den Gründen für das Bügeln zu unterschiedlichen Zeiten auch unterschiedlich beantwortet worden. Es steht beispielhaft für Hygienestandards, die nicht zwangsläufig objektiven Kriterien unterworfen sind, sondern auch gesellschaftliche Übereinkünftemit Ablaufdatum sein können.

Eine wichtige Begründung ist schon im 19. Jahrhundert gewesen, dass durch das Bügeln die Fasern niedergelegt und abgedichtet werden, dass dadurch also der Schmutz nicht so leicht hängen bleibt. Damals waren auch modische Erklärungen beteiligt: Durch Bügeln hat man die Kragen von Herrenhemden zum Glänzen gebracht, ein Kniff, von dem man zu Anfang des 20. Jahrhunderts abgekommen ist. Nun zielten die Argumente, wenn sie ästhetisch motiviert waren, nur noch darauf ab, eine faltenfreie Wäsche zu bekommen. Das galt nicht nur für die Oberbekleidung, sondern auch für Unter- und Bettwäsche. Als Visitenkarte der Büglerin galt nicht nur das öffentliche Auftreten jener, deren Wäsche sie pflegte, sondern auch ihr Wäscheschrank.

Nach 1900 sind hygienische Gründe wichtig geworden. Wenn man die Wäsche heiß bügelt, so die Überlegung, dann werden Krankheitserreger abgetötet. Dieser Gedanke war zugleich den damals neuen Erkenntnissen der Bakteriologie und der Angst vor den gefährlichen Infektionskrankheiten der Zeit – vor allem vor der Tuberkulose – verpflichtet. Das Argument mutet aus heutiger Perspektive angesichts dessen, dass damals der überwiegende Teil der Wäsche ohnehin gekocht wurde, seltsam an. Tatsächlich ist es auch bald wieder in den Hintergrund getreten. Das Bügeln selbst ist nichtsdestoweniger unhinterfragt geblieben. Über kein anderes strombetriebenes Haushaltsgerät freuten sich die Hausfrauenmehr als über das elektrische Bügeleisen. Mit dessen Einführung war das umständliche, oft schmutzige Hantieren mit dem Kohle- oder Stageleisen endlich vorbei. Um 1930 verfügten 40 Prozent der stromversorgten Haushalte über ein Bügeleisen. Demgegenüber blieb die Verbreitung anderer elektrischer Haushaltsgeräte deutlich zurück: Haartrockner gab es in 6 Prozent, E-Herde in 1 Prozent und Waschmaschinen in 0,3 Prozent der Haushalte.

Das Hygieneverhalten ist seit der Mitte des 20. Jahrhunderts dadurch gekennzeichnet, dass die Kleidung immer häufiger gewechselt wird, insgesamt also immer mehr Wäsche zum Waschen und Bügeln anfällt. Dementsprechend hat die für das Bügeln aufgewendete Zeit stark zugenommen, die wiederum verstärkt durch technische Lösungen eingespart werden soll: Bügelfreie Wäsche und immer ausgefeiltere Dampfbügeleisen, Bügelstationen und Bügelpuppen sollen bei weniger Arbeit bessere Ergebnisse liefern. Wenn gefragt wird, warum Wäsche gebügelt wird, sind zeitlos objektive Kriterien nicht namhaft zumachen; dagegen ist eine weithin gültige Übereinkunft, dass Wäsche gebügelt wird.


Dieser Essay stammt mit freundlicher Genehmigung des Verlags aus dem Buch:

© 2007 by Styria Verlag in der, Verlagsgruppe Styria GmbH & Co KG, Wien
© 2007 by Styria Verlag in der
Verlagsgruppe Styria GmbH & Co KG, Wien


--> Historische Bilder zu Bügeln (IMAGNO)

Siehe auch: ABC: Bügeleisen