!!!Dorf

Ländlich strukturierte Siedlung, die durch eine früher vorherrschende, heute nur noch zum Teil agrarisch geprägte Siedlungs-, Wirtschafts- und Sozialstruktur gekennzeichnet ist. In der Neuzeit entwickelte sich die ursprüngliche Wirtschaftsgemeinde (genossenschaftlicher Verband mit Selbstverwaltung und mit teilweise eigener Gerichtsbarkeit, eine rechtliche und wirtschaftliche Organisationsform des Grundherrn) zur politischen Gemeinde.

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Für die Typologie traditioneller ländlicher Siedlungen sind die Haus- und [Hofformen|AEIOU/Hofformen], die [Flurformen|AEIOU/Flurformen] und die [Siedlungsformen|AEIOU/Siedlungsformen] von Bedeutung. Dorf ist eine Gruppensiedlung (im Gegensatz zur Einzelsiedlung), wobei sich typische traditionelle Ortsformengruppen und -typen feststellen lassen: Streusiedlungen und lockere Ortsformen werden der Gruppe der geschlossenen Dörfer gegenübergestellt. Unter den geschlossenen Dörfern weist das Haufendorf eine unregelmäßige Form auf; linear ausgerichtet sind die Reihen- (unter anderem Marsch- und Waldhufendorf), Straßen- und Zeilendörfer. Zwischen den geschlossenen und linearen Ortsformen sind Angerdorf und Platzdorf (Rundformen, Rundling und Rechteckformen) angesiedelt. Unter dem Einfluss urbaner Lebensweisen und industrieller Wirtschaft haben die ländlichen Siedlungsformen Veränderungen erfahren (Ortserweiterung durch Erschließung neuer Wohnstraßen bzw. -gebiete). Das Wachstum der Dorfsiedlungen beruht heute auf der Ausweitung der Pendelwanderung und meist auf der Entstehung von Ortsteilen mit reinem Wohncharakter; oft geschieht die Ausweitung durch Errichtung von Zweitwohnsitzen. Die Dorfsiedlungen werden auch zunehmend durch neue Industriestandorte erweitert.

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Das Dorf stellte in der Vergangenheit eine wirtschaftliche Einheit dar (die Hausgemeinschaft bildete die Grundlage der Arbeitsorganisation), bei der die landwirtschaftliche Produktion einen wichtigen Teil des Erwerbs bildete (ergänzt durch Hausgewerbe, Handwerk und Dienstleistungsberufe). Die soziale Struktur der dörflichen Gemeinschaft umfasste die Vollbauern (coloni), die Kleinstellenbesitzer ohne Grundbesitz (Häusler, Hofstätter - inquilini) sowie die Inwohner (subinquilini, pauperes) und landwirtschaftliches Gesinde. Als Resultat sozioökonomischer Veränderungen der letzten 40 Jahre überwiegt heute in den meisten Dörfern die hauptberuflich nichtlandwirtschaftliche Bevölkerung, die Landwirtschaft fungiert oft als Nebenerwerb.

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Die spezifischen Merkmale einer traditionellen bäuerlichen Dorfgemeinschaft waren die stark ausgeprägten sozialen Beziehungen (Nachbarschaftsbeziehungen, soziale Kontrolle), starre gesellschaftliche Strukturen, wirtschaftlich sowie sozial, kulturell und religiös verankerte Normensysteme (Bräuche, Sitten, Feste, Vereinswesen, Familienleben) und weitere Phänomene der Alltagskultur (Architektur und Wohnweise, Bekleidung, Nahrung usw.). Im Lauf der letzten Jahrhunderte wurden die dörfliche Gemeinschaft und ihre Merkmale (in Abhängigkeit von den politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Strukturen) in mehreren Entwicklungsperioden einem Wandel unterworfen. Mit dem aufkommenden Tourismus (bereits im 19. Jahrhundert) und der Heimatschutzbewegung, in den letzten Jahrzehnten vor allem durch die Fremdenverkehrsentwicklung, haben Brauchtum, Trachten und Volkskunst im Dorf eine Wiederbelebung und Kommerzialisierung erfahren (Folklorismus).

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Der dörfliche Charakter wird im Gegensatz zur städtischen Gesellschaft gesehen, wobei sich bereits seit dem 19. Jahrhundert eine Überlagerung ruraler und urbaner Kulturmuster (etwa in Architektur, Wohnkultur und Bekleidung) feststellen lässt. Durch die Industrialisierung und Urbanisierung des ländlichen Raums und mit der zunehmenden Mobilität der Bevölkerung sowie der Entwicklung des Fremdenverkehrs, der Zunahme der Zweitwohnsitze städtischer Bevölkerungsgruppen im ländlichen Raum und einer kulturellen Integration durch übergeordnete Medien- und Kommunikationssysteme entsteht eine Angleichung städtischer und dörflicher Gesellschaftsstrukturen.


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Aufgrund dieser grundlegenden Umgestaltungen, die zu einer Vielfalt regionaler und lokaler Differenzierungen beigetragen haben, ist es schwierig, das Dorf heute einheitlich zu definieren; in der Raumplanung wird statt dessen der Begriff "ländlich strukturierte Gemeinde" verwendet. Aufgrund des Fehlens einer einheitlichen Definition kann daher die dörfliche Bevölkerung nur geschätzt werden. In Österreich leben 380.435 Personen in Gemeinden, die weniger als 1000 Einwohner umfassen, 2,214.022 in Gemeinden bis 2500 Einwohner (Volkszählung 1991). 1961 waren es noch 1,152.005 in Gemeinden bis 1000 Einwohner und 2,689.384 Personen in Gemeinden bis 2500 Einwohner.

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