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Geistliche Dichtung#

Die geistliche Dichtung umfasst epische, lyrische und dramatische Texte religiösen Inhalts mit belehrender und erbaulicher Absicht. Ihre Verfasser sind Weltgeistliche und Mönche, aber auch Laien. Die geistliche Dichtung wurde hauptsächlich lateinisch verfasst; volkssprachige Zeugnisse sind aus dem deutschen Sprachraum ab dem 9. Jahrhundert erhalten (altgermanische Formen des Zauberspruchs und Segens).


Aus althochdeutscher Zeit ist neben Übersetzungsliteratur (Gebetstexte wie Glaubensbekenntnis, Vater unser) Otfrids "Evangelienharmonie" (Handschrift V, Österreichische Nationalbibliothek, Wien) erhalten; ab der 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts setzt die Überlieferung der deutschsprachigen Dichtung mit dem Physiologus (1070), Bibel- und Heilsdichtungen (Altdeutsche Genesis, 1060; Exodus, 1120; Frau Avas "Leben Jesu") wieder ein. Überliefert sind ferner Sündenklagen und Jenseitsschilderungen sowie Bußdichtungen (Heinrich von Melk "Von des todes gehugede", um 1155) und Mariendichtungen (Melker Marienlied, um 1150, Priester Wernhers "Marienleben"). Im Hochmittelalter wurde die geistliche Dichtung durch die Emanzipation des Rittertums von der weltlichen, höfisch stilisierten Dichtung weitgehend verdrängt.


Zur Bibelepik zählen Konrads von Fussesbrunnen "Kindheit Jesu" (nach 1200), Heinrichs von Neustadt "Gotes zukunft" und Gundackers von Judenburg "Christi hort". Dazu kommt ein reicher Fundus an Legendendichtung (Legende). Die Nähe der geistliche Dichtung zur Geschichtsdichtung wird vor allem am Beispiel der Weltchroniken (Chroniken) deutlich (Rudolf von Ems, Jans Enikel, Ottokar aus der Gaal). Im späteren Mittelalter entwickeln sich die geistlichen Spiele, Predigten, Erbauungs- und Lehrgedichte (Hugo von Montfort, Hans Vintler, Hermann von Salzburg und andere). Das mittelalterliche geistliche Lied wird als Gemeindegesang für den gottesdienstlichen Gebrauch im Kirchenlied katholischer und protestantischer Provenienz fortgeführt. Auch in der späteren Dichtung nimmt die geistliche Dichtung aller Gattungen einen festen Platz ein.

Literatur#

  • J. Janota, Studien zu Funktion und Typus des deutschen geistlichen Liedes im Mittelalter, 1968
  • G. Meißburger, Grundlagen zum Verständnis der deutschen Mönchsdichtung im 11. und 12. Jahrhundert, 1970
  • H. Rupp, Die deutschen religiösen Dichtungen des 11. und 12. Jahrhundert, 2/1971