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Das KZ vor der Haustür#

INFORMATIONEN ÜBER DIE KZ-GEDENKSTÄTTE HINTERBRÜHL#

Liebe Besucherin, lieber Besucher,#

Sie lesen richtig: Sie befinden sich an einer recht ungewöhnlichen KZ-Gedenkstätte - dem Schauplatz eines menschenverachtenden NS-Konzentrationslagers. Es war die Pfarre Hinterbrühl, die diesen Ort des Schreckens zur bleibenden Erinnerung an die Geschehnisse von einst erworben und möglichst naturbelassen gestaltet hat - und seit 1989 die Menschen aus Nah und Fern zum Gedenken und Trauern einlädt.

Zwangsarbeit im KZ für die NS-Kriegsindustrie#

Das KZ entstand in Jahr 1944, als das „Deutsche Reich“ seine Kriegsrüstung in die vor Bomben vermeintlich sicheren Gegenden verlegte. Im Osten unseres Landes mussten ca. 50.000 Gefangene - aus ganz Europa deportiert - unter heute unvorstellbaren Bedingungen in Lagern leben und Zwangsarbeit leisten. Eines davon war hier in Hinterbrühl.

Der Platz, auf dem Sie sich befinden, war damals als Sperrgebiet unzugänglich. Unweit von hier, in der „Unterwelt“ der Seegrotte, einem damals ausgepumpten unterirdischen See, produzierten die „Heinkel-Werke“ in strengster Geheimhaltung Rümpfe von Flugzeugen. Etwa 800 Gefangene, die aus Mauthausen hierhergebracht gebracht worden waren, arbeiteten im Zwei-, später Drei-Schicht-Betrieb untertags an Flugzeug-Bauteilen für einen Düsenjäger (der nicht mehr zum Einsatz kam) sowie an Elementen der V2-Rakete. Auf einem über diese Gedenkstätte hinausreichenden Areal standen die Baracken, in denen die Häftlinge auf engstem Raum untergebracht und von ihren SS-Wächtern auf jede erdenkliche Weise gequält und auch ermordet wurden.

Häftlinge vor „Todesmarsch“ grausam ermordet#

Am 1. April (Ostermorgen) erfolgte beim Herannahen der russischen Armee jener Rückmarsch der Gefangenen nach Mauthausen, der später als „Todesmarsch“ Eingang in die Geschichtsbücher gefunden hat. In der Nacht zuvor waren hier 51 gehunfähige Häftlinge mit einer Benzinspritze ins Herz ermordet worden. Ihre Namen sind auf der Stele im rückwärtigen Teil der Gedenkstätte eingraviert.

Ein 14-Jähriger in den Fängen der NS-Diktatur#

Einer der Gefangenen, der den Marsch nach Mauthausen und die NS-Diktatur überlebt hat, war der junge Italiener Marcello Martini. Er war bereits als 14-jähriger Schüler in Florenz beim dortigen antifaschistischen Widerstand. Im Juni 1944 nahm ihn die SS zusammen mit seinen italienischen Komplizen dort gefangen und verschleppte ihn nach Mauthausen. Von dort kam er zunächst zu den „Rax-Werken" nach Wiener Neustadt und vom Oktober 1944 bis zum 1. April 1945 war er als Zwangsarbeiter bei den „Heinkel-Werken" in der Hinterbrühl.
Marcello Martini schrieb erst im Alter seine „Erinnerungen" an jene dunkle Zeit (eine Zusammenfassung seiner Erlebnisse erscheint demnächst auch auf Deutsch in Buchform). Es ist kaum fassbar, durch welche Hölle er als Jugendlicher gegangen war. Zu seinem Glück standen ihm ein Freund aus der heimatlichen Widerstandsbewegung und andere italienische Leidensgenossen zur Seite. Nach der Befreiung im Mai 1945 setzte er, ungeachtet seiner körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen, seine Studien fort und promovierte in Chemie. Er und sein „Schutzengel" blieben unzertrennliche Freunde - und wurden später in Italien als technische Erfinder und Nationalhelden gefeiert.

Große Geste des Verzeihens#

Marcello Martini war in späteren Jahrzehnten mit Hinterbrühl in Freundschaft verbunden. Nach der Errichtung der KZ-Gedenkstätte durch den 2006 verstorbenen Pfarrer Franz Jantsch kam er wiederholt mit seiner Familie und Begleitern zu uns. Diesen Erinnerungsort nannte er mehrfach „sacrario“ („heiliger Ort“).
Im August 2019 ist Martini im 90. Lebensjahr in der Nähe von Turin verstorben. Er war der letzte Überlebende dieser Stätte. Als Abschiedsgeste hat er Hinterbrühl ein einzigartiges Geschenk gemacht. Falls seine Frau - sie ist auch 90-jährig - dazu ge-sundheitlich in der Lage ist, wird sie es noch 2020 persönlich überbringen ... Wir werden Sie, liebe Besucherin, lieber Besucher, auf dem Laufenden halten.

Jakob Mitterhofer SVD
Altpfarrer von Hinterbrühl

KZ Hinterbrühl
KZ Hinterbrühl
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KZ Hinterbrühl
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--> Alle Fotos: P. Diem