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Lahousens Leica#

von Nicolai Baron Freytag-Loringhoven

Zweimal betätigte damals, im Herbst 1943 beim Hotel Danieli in Venedig, der Linzer Abwehr-Oberst Erwin Lahousen den Auslöser seiner Leica, mit welcher er zwei Tage später schon auf dem Weg zur Ostfront war (was ihm das Leben rettete!). Bei seinem Besuch in Salzburg 1948 erhielt meine Mutter die zwei Fotos; sie zeigen Césaré Amé, den Chef des italienischen Geheimdienstes SIM und meinen Vater Oberst Wessel Freytag Loringhoven, Lahousens Nachfolger als Leiter von Abwehr II unter Admiral Canaris.

Die drei Deutschen waren damals zu einem Treffen mit Amé nach Venedig geflogen, nachdem aus dem Reichssicherheitshauptamt der SS-Plan durchgesickert war, Papst und König zu eliminieren. Canaris war es gelungen, den Italienflug von OKW-Chef Keitel als „Überprüfung der italienischen Bündnistreue“ genehmigt zu bekommen (s. André Brissaud CANARIS S.558 ff.)

Der Zweck der Reise wurde perfekt erreicht – die Deutschen bestiegen ihre He 111 zum Rückflug nach Berlin, Amé kehrte per Auto nach Rom zurück. Was folgte, ist den „Erinnerungen“ von Ernst v. Weizsäcker, damals Botschafter am Vatikan, zu entnehmen (S.362 ff). Die durch Amé gestreuten und in Rom umlaufenden Gerüchte über eine Papst-Entführung veranlaßten Weizsäcker, bei den Dienststellen in Italien (Kesselring, Kappler, Wolff) und sogar in Berlin bei Bormann in dieser Sache nachzufragen – ohne zu ahnen, daß er damit genau die Kugel der ABWEHR spielte - die SS-Pläne kamen vorerst einmal ad acta.

US-General Mark W. Clark übermittelte 1946 meiner Mutter die Kopie der Vernehmung von Generalmajor Erwin Lahousen zu diesen Geschehnissen (Testimony 1330-1430). Die amerikanischen STARS & STRIPES titelten damals „Murder of Pope ordered by Hitler“. Lahousen war beim Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozess wichtiger und beeindruckender Zeuge der Anklage. Die italienische Tageszeitung avvenire berichtete am 16. Juni 2009 ganzseitig über die Venedig-Reise der ABWEHR in Sachen Pius XII.

Der Einsatz der deutschen ABWEHR für den Papst war begründet. Der deutsche Widerstand hielt schon seit den Vorkriegsjahren intensiven Kontakt zum Vatikan, der seinerseits Drähte zu den Alliierten hatte. Der Kontaktmann war Dr. Josef Müller, der „Ochsensepp“. Über ihn dürfte der Vatikan auch Informationen zur deutschen Nuklear-Rüstung aus der „Mittwochsgesellschaft“ erhalten haben. In dieser verkehrte neben den Kernphysikern auch Widerstands-Generaloberst Ludwig Beck.
Nachdem Pius XII mit Sicherheit auch über die Atomprojekte der USA informiert war, kam es am 21.Februar 1943 vor der Akademie der Wissenschaften und dem ganzen diplomatischen Corps zu einer denkwürdigen Ansprache. Diese war die Zusammenfassung eines kurz vorher publizierten Artikels von Max Planck. Der Nestor der deutschen Kernphysik war Mitglied der Akademie und persönlich mit dem Pontifex befreundet – er dürfte ghostwriter des päpstlichen Aufrufs an Politik und Wissenschaft gewesen sein. Die Warnung des Papstes – zweieinhalb Jahre vor Hiroshima - war eindringlich: sie enthielt die damals noch unbekannten termini Atomkern, Neutronen, Radioaktivität, Uran-Atom etc. und den Hinweis, daß eine Bombenexplosion nicht nur für eine Stadt, sondern für den ganzen Planeten eine Katastrophe bedeuten würde.

Die beiden US-Bomben waren im übrigen gar nicht für Japan vorgesehen. Bei längerer Kriegsdauer wären sie auf das Land gefallen, das nicht nur den Zweiten Weltkrieg, sondern ebenso die Nuklear-Rüstung losgetreten hatte. Der emigrierte Albert Einstein hatte den US-Präsidenten Roosevelt zur atomaren Rüstung aufgefordert, nachdem er die deutschen Anstrengungen kannte. Später - zum Atomwaffengegner geworden - bedauerte er seine frühe Einflußnahme, die nicht geschehen wäre, hätte er gewußt, „daß die Deutschen die Bombe gar nicht bauen können“.

Nic. Freytag Loringhoven