Lviv (Lemberg)#
1772 fiel die Stadt mit der ersten Teilung Polens an die Habsburgermonarchie. Lemberg wurde Hauptstadt des Königreichs Galizien und Lodomerien. Lemberg war damals die viertgrößte Stadt im Vielvölkerstaat. Anfangs wollte Kaiser Joseph II., wie in seinem gesamten Herrschaftsbereich, die deutsche Sprache als Verwaltungssprache durchsetzen. Der Unterricht in den Haupt- und Trivialschulen fand seit der Schulreform Maria Theresias bis etwa 1850 ausschließlich auf Deutsch statt. Mitte des 19. Jahrhunderts änderte sich die Zusammensetzung des Beamtenapparats. Waren zuvor von den 800 Beamten 600 Deutsche gewesen, führte die relative Autonomie des Königreichs Galiziens ab 1867 dazu, dass schnell das Polnische als Zweitsprache hinzukam. Nun fungierten vor allem Polen als Beamte der Wiener k.k. Regierung in Galizien.
Lemberg war Sitz des k.k. Statthalters (des Vertreters des Kaisers und seiner Regierung), des Sejms (Landesparlament), dreier Erzbischöfe (römisch-katholisch, griechisch-katholisch, armenisch-katholisch), die kraft ihres Amtes Mitglieder des Herrenhauses des österreichischen Reichsrats waren, und eines Oberrabbiners. Von 1804 bis 1870 war die Stadt zudem Sitz der Evangelischen Superintendentur A. B. Galizien. Die galizische Landeshauptstadt verfügte über eine Universität und ein Polytechnikum, beide mit polnischer Unterrichtssprache, vier polnische, ein deutsches und ein ruthenisches Gymnasium.
Um 1900 waren etwa die Hälfte der Einwohner Polen, ein Viertel Juden und 30 000 Ruthenen. Diese wurden allerdings von der polnischen Mehrheitsbevölkerung diskriminiert.
Lemberg gehörte vor dem Ersten Weltkrieg – mit Krakau und der Festung Przemyśl – zu den größten Garnisonen der k.u.k. österreichisch-ungarischen Armee im Osten der Monarchie. Der Standort war Eckpfeiler zum Schutz der Grenze Österreich-Ungarns gegen das Russische Kaiserreich. Allerdings eroberte die russische Armee Ende August 1914 in der Schlacht von Lemberg die Stadt und drang weit nach Westen vor. Lemberg blieb bis Juni 1915 von Russland besetzt und war auch in der Folge bis zur Russischen Revolution 1917 mehrmals gefährdet.
Am 1. November 1918 wurde in Lemberg die Westukrainische Republik gegründet, doch errang Polen nach teilweise heftigen Kämpfen mit Ukrainern die Herrschaft. Polnische Truppen besetzten die Stadt am 21./22. November 1918.
Im September 1939 wurde Lwów bis 1941 aufgrund des Hitler-Stalin-Pakts durch die sowjetische Besetzung Ostpolens 1939 in die Ukrainische Sowjetrepublik eingegliedert. Die Polnische Armee hatte deutschen Truppen trotz Artillerie- und Luft-Bombardement erbitterten Widerstand geleistet, da das Gebiet als Versorgungsroute für die Alliierten via Rumänien geplant gewesen war. In diesem Plan war nicht berücksichtigt gewesen, dass Deutschland und Russland hätten alliiert sein können. Drei Tage nach dem Auftauchen russischer Truppen wurden die Kämpfe am 22. September eingestellt. Die deutschen überließen den russischen Truppen wie im Pakt vereinbart die Stadt und zogen sich zurück. Wie überall in der UdSSR erfolgten nun auch im sowjetischen Lwow Zwangskollektivierungen von Wirtschaftsverbänden und Bauernwirtschaften. 1941 wurde Lwow nach Hitlers Überfall auf die Sowjetunion Teil des deutschen Generalgouvernements und fungierte nun wieder unter dem Namen Lemberg als Hauptstadt des Distrikts Galizien.
Kreishauptmann und damit oberster ziviler Herrscher in Lemberg war der Krefelder Joachim Freiherr von der Leyen. Fast alle jüdischen Lemberger wurden in der Folgezeit ermordet, unter anderem im von den Nationalsozialisten eingerichteten Ghetto Lemberg, im städtischen Zwangsarbeitslager Lemberg-Janowska und im Vernichtungslager Belzec. Unter den zerstörten Synagogen befand sich Beit Chasidim, die älteste der Stadt. Insgesamt wurden in Lemberg und der Lemberger Umgebung während der Zeit des Nationalsozialismus ca. 540.000 Menschen in Konzentrations- und Gefangenenlagern umgebracht, davon 400.000 Juden, darunter ca. 130.000 Lemberger. Die restlichen 140.000 Opfer waren russische Gefangene.
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