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Mahler, Gustav#


* 7. 7. 1860, Kalischt (Kaliště, Tschechische Republik)

† 18. 5. 1911, Wien

Komponist und Dirigent


Mahler, Gustav
Gustav Mahler. Foto
© Bildarchiv der ÖNB, Wien, für AEIOU

Gustav Mahler wurde am 7. Juli 1860 als Sohn jüdischer Eltern in Kalist (Böhmen, heute Tschechische Republik) geboren und wuchs als zweitältestes von insgesamt 14 Kindern – von denen nur 6 überlebten - in Iglau (Mähren) auf.


Mahler war hochbegabt - schon im Vorschulalter zeigte sich sein musikalisches Talent: im Alter von 4 Jahren lernt er Akkordeon spielen, kurz darauf hatte er seinen ersten Klavierunterricht.


Mit sechs Jahren gab er bereits selbst Musikunterricht, komponierte erste Stücke und gab als Neunjähriger Konzerte als Pianist. Er besuchte Grundschule und Gymnasium; mit 15 Jahren brachte ihn sein Vater nach Wien, wo er am Konservatorium bei Julius Epstein Klavier, bei Robert Fuchs Harmonielehre, bei Franz Krenn Komposition studierte und außerdem bei Anton Bruckner Privatunterricht erhielt.


Nach Abschluss seines Studiums mit Auszeichnung begann er - gerade einmal 20 Jahre alt - eine beispiellose Karriere: ab 1880 wirkte er als Theater- und Opernkapellmeister, Dirigent und Operndirektor. Nach einigen Wanderjahren und Stationen in Laibach, Kassel, Olmütz, Prag, Leipzig, Budapest und Hamburg erhielt Mahler 1897 die Berufung an die renommierte Wiener Hofoper, die heutige Staatsoper. In seiner neuen Funktion war er vorerst Kapellmeister, wenig später wurde er von Kaiser Franz Joseph zum Direktor ernannt.


In den Jahren um 1880 schuf Mahler die Komposition und den Text zur Kantate für Soli, Chor und Orchester "Das klagende Lied"; ebenfalls in dieser Zeit begannen die Arbeiten zu der Märchenoper "Rübezahl", wovon heute nur noch das Libretto erhalten ist.


Um 1889 begann er die Arbeiten zur Vertonung der Volksliedsammlung "Des Knaben Wunderhorn" von Clemens Brentano und Achim von Arnim.


1895 konvertierte Gustav Mahler zum Katholischen Glauben ein Hindernis für seine Berufung aus der Welt geschafft.


Während seiner Wiener Jahre 1897-1907 war Gustav Mahler auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Seine 10jährige Direktionszeit gilt als die glänzendste in der Geschichte dieses Musiktheaters. Im bis dahin traditionellen Opernbetrieb leitete er bahnbrechende Reformen ein: er räumte mit antiquierten Bühnendekorationen und starr posierenden Sängern auf und fügte Bühnenbild, Handlung und Musik zu einem dramatischen Ganzen zusammen - der Beginn der modernen Operninszenierung. Er holte auch zahlreiche Stars, wie Anna Bahr-Mildenburg, an die Oper, die damals eine Blütezeit erlebte und leitete von 1898 bis 1901 auch die Philharmonischen Konzerte. Für seine Kompositionstätigkeit ließen ihm die beruflichen Aufgaben allerdings wenig Zeit.


Im März 1902 heiratete er die um 20 Jahre jüngere Alma Schindler, mit der er 2 Töchter hatte (Maria Anna, die im Kindesalter starb, und Anna Justine).


Mahler liebte Alma innig, hatte jedoch durch sein riesiges Arbeitspensum wenig Zeit für sie, für Gesellschaften und Vergnügungen. Während der Ferien war er meist in einem extra für ihn gebauten Komponierhäuschen (1893–1896 in Steinbach am Attersee, 1900–1907 in Maiernigg am Wörthersee, 1908–1910 in Toblach) vollkommen in seine Musik vertieft.


Nach seinem Rücktritt in Wien (nach antisemitischen Anfeindungen und Intrigen und außerdem familiären Problemen) gab er 1907 seine Stellung dort auf und nahm eine Position als Gastdirigent an der Metropolitan Opera in New York an (für zwei Spielzeiten). 1909 wurde er musikalischer Leiter der New York Philharmonic Society.


Unheilbar herzkrank kehrte er 1911 nach Wien zurück, wo er am 18. Mai 1911 starb; er ruht auf dem Grinzinger Friedhof (Gruppe 6, Reihe 7, Nummer 1/2) in einem ehrenhalber gewidmeten Grab.


Erst nach seinem Tod kamen seine "Symphonie für Alt, Tenor und Orchester", "Das Lied von der Erde" und die "IX. Symphonie", ein reines Instrumentalwerk, zur Uraufführung.


Gustav Mahler gilt als letzter großer österreichischer Symphoniker: sein der Spätromantik verpflichteter Kompositionsstil schwankt zwischen Ironie und Melancholie und erscheint typisch für das Fin de siècle.


Er schrieb vorwiegend Lieder und Symphonien und führte beide Werkgattungen in seinen Orchesterliedern bzw. den vokalen Einschüben in seinen Symphonien zusammen.


Er war einerseits in seinen symphonischen Werken und seinen Liedern formal teilweise noch dem 19. Jahrhundert verpflichtet, vereinigte aber andererseits von Beginn an stilistische Brüche und ironische Verfremdungen zu einer individuellen Tonsprache, die prägend für eine nachfolgende Komponistengeneration ("Zweite Wiener Schule", u.a. Arnold Schönberg, Alban Berg) wurde.


Seit 1955 besteht in Wien die Internationale Gustav-Mahler-Gesellschaft (entstanden auf Initiative von Bruno Walter), seit 1966 wird die Gustav-Mahler-Ehrenmedaille verliehen.


Um die weltweite Mahler-Renaissance seit den 1980er Jahren machte sich besonders Leonard Bernstein verdient.

Werke (Auswahl)#

  • Das klagende Lied, 1880
  • 14 Lieder und Gesänge aus der Jugendzeit, 1882
  • 4 Lieder eines fahrenden Gesellen, 1883-85 (nach eigenen Text)
  • 10 Lieder aus "Des Knaben Wunderhorn", 1888
  • 5 Kindertotenlieder, 1902 (nach F. Rückert)
  • Das Lied von der Erde, 1908
  • 10 Symphonien, 1888ff. (die letzte unvollendet, die meisten mit Singstimmen und Chor)

  • Ausgabe: Sämtliche Werke, herausgegeben von R. Kubik, 1960ff.

Literatur#

  • G. Adler, G. Mahler, 1916
  • Alma Mahler, G. Mahler. Briefe, 1924
  • Alma Mahler, G. Mahler, Erinnerungen und Briefe, 1940
  • B. Walter, G. Mahler, 1936 (21957)
  • H.-L. de La Grange, G. Mahler, Chronique d´une vie, 3 Bände, 1973-84
  • S. Wiesmann, G. Mahler und Wien, 1976
  • Z. Roman, G. Mahler's American Years, 1989
  • F. Willnauer, G. Mahler und die Wiener Oper, 1993
  • J. Carr, G. Mahler, 1997 (mit Werkverzeichnis)
  • E. W. Partsch und O. Pausch (Hg.), Die Ära G. Mahler, Ausstellungskatalog, Österreichisches Theatermuseum, Wien) 1997
  • H. H. Eggebrecht, Die Musik G. Mahlers, 1999
  • Österreichisches Biographisches Lexikon
  • Neue Deutsche Biographie



Hörproben#




Hörprobe Österreichische Mediathek


Symphonie Nr. 5 cis-Moll, 4. Satz: Adagietto
Interpreten: New York Philharmonic, Bruno Walter (Dirigent); aufgenommen: 10.2.1947, New York; (Ausschnitt)

Musik spielen

Symphonie Nr. 5 cis-Moll, 4. Satz: Adagietto
Interpreten: Wiener Philharmoniker, Leonard Bernstein (Dirigent); Label: Deutsche Grammophon 423 608-2, 1986 (Ausschnitt)

Musik spielen

Serenade
Interpreten: Anne Sofie von Otter (Mezzosopran), Ralf Gothoni (Klavier); Label: Deutsche Grammophon 423 666-2, 1989

Musik spielen


Text aus dem Buch "Große Österreicher"#


Gustav Mahler 1860-1911

Am 7. Juli 1860 kommt Gustav Mahler in Böhmen zur Welt. Er ist der Sohn einer armen jüdischen Familie und zeigt früh seine eminente musikalische Begabung - und seinen brennenden Ehrgeiz, der ihn ein Leben lang nicht verläßt. Am 18. Mai 1911 stirbt Gustav Mahler in Wien und wird zwar von begeisterten Verehrern zu Grabe getragen, hat jedoch sein Lebensziel in den Augen der Welt noch nicht erreicht. Bei der gerichtlichen Einschätzung seines Nachlasses werden seine Partituren und die Aufführungsrechte an diesen als nicht besonders wertvoll, jedoch als vielleicht für eine spätere Zeit »teurer« bezeichnet. Und wieder knapp 50 Jahre später feiert man in der ganzen Welt nicht nur den 100. Geburtstag Gustav Mahlers, sondern hat auch als Musikfreund unzählige Aufnahmen seiner Symphonien zur Hand, gespielt von den bedeutendsten Ensembles und den attraktivsten Dirigenten und für Film aufgenommen von Firmen, die auf Gewinn ausgerichtet sind - Mahler hat also sein Ziel erreicht und beschämt im nachhinein Musikwissenschaftler, Forscher und Freunde, die noch vor Jahrzehnten an ihm zweifelten und sich für ihre persönliche Gefolgschaft gleichsam entschuldigten. Theodor W. Adorno zum Beispiel, der erklärte, es sei an ihm selbst festzustellen, wie er sich nicht zu einem klaren Urteil über den doch nicht wirklich großen Mahler durchringen könne. Die musikalische Welt sieht heute in Mahler den wirklich großen Musiker ...

Das Leben Mahlers ist auf zwei Ebenen zu sehen. Da ist einmal das Leben des Interpreten Mahler, der sich sehr konsequent zu der Position aufschwingt, die für einen Dirigenten die höchste Erfüllung bedeuten muß: Auf ziemlich konsequenten Wegen geht er aus der Provinz über Budapest nach Deutschland, um sich von Hamburg aus zum Direktor der Wiener Hofoper wählen zu lassen. Dabei sind ihm alle Mittel recht, diplomatische und auch solche, die man ruhigen Gewissens als intrigant bezeichnen kann. Er spielt mit Journalisten und Gönnerinnen auf all den Instrumenten, die man zum Erklingen bringen muß, um schließlich auf dem Wiener Posten sitzen zu können. Um 1897 endlich Hofoperndirektor werden zu können, hat er sich in Budapest bemüht, Oper in ungarischer Sprache aufzuführen und ein Haus ganz nach dem Geschmack des gebildeten Publikums zu führen. Er hat von seinen diversen Posten in Deutschland aus immer wieder Verbindungen zu Wien gesucht, er ist rechtzeitig zum katholischen Glauben übergetreten, und er hat darauf verzichtet, eine der ersten Künstlerinnen seiner Zeit weiterhin zur geliebten Freundin zu haben - Anna Bahr-Mildenburg durfte an seiner Berufung nach Wien mitwirken, mußte aber zur Kenntnis nehmen, daß Mahler als Wiener Direktor für sie nur mehr Direktor sein werde ...

Die auch heute noch so genannte »Ära Mahler« an der Wiener Oper währt genau zehn Jahre und wird heute verklärt gesehen. Der fanatische Dirigent Mahler ist nicht nur mit besonderem Enthusiasmus für Sänger und Orchester am Werk, sondern nimmt vom ersten Moment auch an der szenischen Gestaltung aller Aufführungen lebhaft Anteil, er erneuert sein »Ensemble« und hat dabei Glück, weil er einige außerordentliche junge Stimmen nach Wien bringen kann, er bemüht sich aber auch um die Mitarbeit eines so wichtigen Mannes wie Alfred Roller, den er zum Ausstattungschef des Hauses macht und damit zu einem der wesentlichsten und auf Jahrzehnte wirkenden Bühnenbildner. Das Wiener Publikum versorgt er mit ständiger Aufregung, indem er als »neuer Besen« scharf kehrt, geliebte Traditionen bricht, Opern endlich wieder ungekürzt aufführt, für Disziplin im Zuschauerraum sorgt und als Dirigent der philharmonischen Konzerte nicht nur den Ablauf eines zeremoniellen Programms leitet, sondern immer wieder auch Bearbeitungen versucht, die für Entrüstung sorgen: nach Wagner ist Gustav Mahler der zweite wichtige Musiker, der etwa Beethoven retuschieren, Beethovens Geist »verbessern« will und dabei naturgemäß auf heftigen Widerspruch stößt. 1909 tritt Mahler als Hofoperndirektor zurück und gilt seither als Opfer wienerischer Intrigen. Erst sehr viel später kann man in unveröffentlichten Korrespondenzen nachlesen, daß erstens auch Mahler als Dirigent und Direktor den Fehler beging, neben sich keine musikalischen Götter zu dulden, und zweitens der Despot Mahler viele Entscheidungen traf, die man zu Recht als unpopulär bezeichnen muß. Um zur zweiten Ebene zu kommen: als Komponist ist Gustav Mahler zuerst ein Spätromantiker von Format, er studiert in Wien, ist Freund von Hugo Wolf und bald auch Gefolgsmann von Richard Strauss, er komplettiert Carl Maria von Weber und komponiert seine eigenen ersten Versuche aus ganz üblichen Beweggründen als Liebeserklärungen an Damen.

Dann findet er vom Lied zur Symphonie und da sehr rasch zu einem eigenen, unverwechselbaren Typus. Bei Mahler wird fortgesetzt, was scheinbar Beethoven begonnen hat - in seinen Symphonien sind Solisten, sind Chöre eingesetzt, wird keineswegs nach strengen alten Formen Instrumentalmusik gemacht, soll der Kosmos tönen. Alle seine Symphonien haben »Programme«, manchmal werden diese auch mitgeteilt, manchmal kennt man sie, weil er sie Vertrauten mitgeteilt, dann aber nach längerem Nachdenken vor der Veröffentlichung wieder eliminiert hat.

Um komponieren zu können, muß Mahler die Theaterferien nützen und auf jede Art von Erholung verzichten, er muß unter Zeitdruck und auf ständiger Jagd nach »Frieden«, also auch nach absoluter Stille, schreiben. Dabei geraten ihm Kindheitseindrücke wie Klangfetzen von vorüberziehenden Militärkapellen und Natureindrücke im Sinne Beethovens in die Partituren und von Symphonie zu Symphonie mehr von dem Material, aus dem er auch seine unerhört einprägsamen Lieder geschaffen hat. Die Zeitgenossen verstehen den skurrilen, an die Grenzen der Tonalität vordringenden, die Massen beschwören¬den Komponisten nur halbwegs. Die literarischen Porträts und die Photographien zeigen ihn als einen kleinen, offenbar immer in Bewegung befindlichen Mann, der spürbar verglüht. Nach dem Zeugnis seiner Frau, der berühmtesten aller Künstlerwitwen (sie hatte eheliche oder außereheliche Verbindungen mit Schriftstellern, Architekten, Malern und Musikern aufzuweisen und tat dies selbst in mehreren sehr indiskreten Büchern), war er jedoch auch von einer überschäumend hektischen Fröhlichkeit und Natürlichkeit.


Als es um seine Gesundheit schlecht stand, kehrte er »heim«. Von den Bahnstationen seiner Reise durch Europa kamen Bulletins über seinen Gesundheitsustand. In Wien hatte er kaum noch Zeit, sich von seinen Freunden zu verabschieden. Die Meister, die nach ihm in Wien zwar nicht den Ton angaben, aber die bedeutendsten waren, huldigten ihm aufrichtig: Arnold Schönberg widmete ihm seine Harmonielehre.

Weiterführendes#

Quellen#


Redaktion: Helga Maria Wolf, I. Schinnerl