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Neugebäude #

Wien 11, Otmar-Brix-Gasse 1


Kurt Regschek, Neugebäude
Kurt Regschek: Neugebäude

Im "Neugebäude" blühten die ersten Tulpen Europas. Das Schloss in Simmering zählt zu den bemerkenswertesten und unbekanntesten Schöpfungen der Renaissance. Sein Bauherr war Kaiser Maximilian II. (1527 - 1576). Der friedliebende und tolerante Herrscher wurde „der geistreichste unter den Habsburgern“ genannt. Als ältester Sohn des Kaiserpaares Ferdinands I. und Anna, das die österreichische Linie der Habsburger begründete, war Wien seine Geburtsstadt. Er war vielseitig gebildet, kulturell interessiert und sprach sieben Sprachen. Auf Reisen studierte er die Architektur und Gartenkunst Europas und kannte diese wie nur wenige seiner Zeitgenossen. Maximilians Hof sollte mehr Gelehrte aufweisen als jeder andere und Wien seine strahlende Residenz werden. Der Kaiser gründete die Spanische Hofreitschule und berief die prominentesten Wissenschaftler, wie Hugo Blotius, der die Hofbibliothek reformierte und den Begründer der modernen Botanik, Carolus Clusius.

Nächst dem kaiserlichen Jagdschloss Ebersdorf verwirklichte Maximilian II. ab 1568 sein einzigartiges Konzept eines Gebäudes für die schönen Künste und neuen Wissensbereiche. Bei dem acht Kilometer vor der Stadt gelegenen Lustschluss setzte er die fortschrittlichen Ideen und Konzepte seiner Zeit auf individuelle Weise um. Am höchsten Punkt der Umgebung situiert, bot es ein Panorama vom Kahlenberg, über die Innere Stadt bis zu den Donauauen. Auf einem Gelände in der Größe des Vatikans plante der Kaiser eine Kombination aus Obst-, Blumen und Fasangarten mit Wandelhallen, Springbrunnen und Teichen. Das ca. 200 m lange Hauptgebäude trennte die beiden, auf Terrassen angelegten Teile der Gartenanlage. Der untere, nördliche Teil umfasste die Zierteiche mit Springbrunnen. Daran schlossen sich auf der nächst höheren Terrasse, symmetrisch angelegt, 18 Blumenbeete. Diese Bereiche blieben bis heute unverbaut. In den oberen, südlichen Teil baute Clemens Holzmeister 1922 das Krematorium ein. Den oberen Garten begrenzte ein Bogengang mit vier Ecktürmen, innerhalb dessen sich ein Blumengarten befand. Ihn umgab ein Baum- und Tiergarten. Nur dessen 1,5 Kilometer lange äußere Umfassungsmauer mit zehn zylindrischen Türmen blieb erhalten.

Als erstes waren die mit einem raffinierten Bewässerungssystem versehenen Gärten fertiggestellt, 1570 soll es 16 000 Bäume gegeben haben. Hierzulande bis dahin unbekannte Pflanzen aus der Neuen Welt und dem Mittelmeerraum gediehen zuerst im Neugebäude. Der kaiserliche Botanicus Clusius und der Gesandte Busbecq brachten Knollenpflanzen wie Kartoffel und Dahlien. Auch der erste Flieder und die ersten Tulpen blühten im Garten des Neugebäudes, von hier nahm Hollands Tulpenzwiebel-Reichtum seinen Ausgang. Die kaiserliche Tafel bezog Artischoken, Kirschen, Pfirsiche, Weichseln, Zwetschken, Birnen, Feigen, Weinbeeren und spezielle Äpfel aus diesem Garten.

Als der Kaiser jung verstarb, war das Schloss noch im Rohbau. Nie für Wohnzwecke gedacht, sondern als reiner Repräsentationsbau, sollte es seine Kunstsammlung beherbergen. Das Hauptgebäude bestand aus einem Untergeschoss mit Tonnengewölben und Nischen, wohl für die antiken Statuen. Arkadengängen aus 36 Säulen als Aussichtsterrassen auf den nördlichen Gartenteil bildeten das zweite Geschoss. Die beiden Türmen dienten als Kapelle mit Krypta bzw. als - ebenfalls unvollendet gebliebene - Grotte (die älteste ihrer Art im deutschsprachigen Raum). Der Nachfolger Kaiser Maximilians, Rudolf II., verlegte seine Residenz nach Prag. Er ließ zwar den Bau weiterführen, die Ausstattung aber nicht vollenden. Zusehends verfiel die Anlage. Die Kupferdächer fanden beim Leopoldinischen Trakt der Hofburg Verwendung. Seit 1744 benutzte die Militärverwaltung das Neugebäude als Pulvermagazin. 1752 übersiedelte die berühmte Menagerie, die sich seit 1607 im Neugebäude - zuvor mit dem ersten Elefanten im Schloss Kaiserebersdorf - befunden hatte, nach Schönbrunn. 1775 ließ Maria Theresia, beraten durch ihren Architekten Ferdinand Hetzendorf von Hohenberg, die Säulen des Arkadengangs abtragen und nach Schönbrunn schaffen. Daraus entstanden die Gloriette, die Freitreppe zum Schloss und die Römische Ruine. 1909 kaufte die Stadt Wien die Schlossanlage, seit 2000 betreibt ein Verein seine Erhaltung und Revitalisierung. 2010 wird der 12.500 m² große Garten, in moderner Interpretation der ursprünglichen Anlage, wieder eröffnet.

hmw

https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Schloss_Neugebäude

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