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Soyfer, Jura#

* 8. 12. 1912, Charkow Charkow , (Ukraine)

† 16. 2. 1939, KZ Buchenwald Buchenwald


Schriftsteller, Dramatiker, Kabarettautor


Jura Soyfer
Jura Soyfer

Jura Soyfer wurde am 8. Dezember 1912 in Charkow in der Ukraine als Sohn von Wladimir Soyfer und dessen Frau Ljubow geboren.


Der Vater war jüdischer Industrieller, die Mutter führte ein großes Haus - dem gehobenen Bürgertum entsprechend. Jura und seine ältere Schwester Tamara hatten englische und französische Gouvernanten, so lernte er neben seiner Muttersprache Russisch u.a. auch Französisch und schrieb seine ersten Gedichte in Französisch und Deutsch.


1920 verließ die Familie aufgrund der politischen Verhältnisse die Ukraine und kam über Konstantinopel schließlich im April 1921 nach Wien.


Jura besuchte das Gymnasium in Wien, 1927 - nach dem Justizpalastbrand - trat er den Sozialistischen Mittelschülern bei, 1929 begann er für das "Politische Kabarett" der Sozialistischen Veranstaltungsgruppe zu schreiben, ab 1930 publizierte er regelmäßig in der "Arbeiter-Zeitung". 1931 maturierte er und inskribierte an der Universität Wien Germanistik und Geschichte.


Ab Herbst 1933 war Soyfer als Schauspieler und Regisseur im Kabarett "ABC" in der Porzellangasse tätig, 1934 wurde er "Hausdichter" der "Literatur am Naschmarkt" und begann mit seiner Arbeit am Roman "So starb eine Partei".


Nach dem Februar 1934 wandte sich Soyfer, der sich als Student der Akademischen Legion im Republikanischen Schutzbund angeschlossen hatte, enttäuscht von der Partei ab und trat der illegalen KPÖ bei. Sein Schlüsselroman "So starb eine Partei" ist nur in Fragmenten erhalten.


Im Mai 1936 führte das „ABC“sein erstes Stück "Weltuntergang" auf. Diesem folgten im März 1937 "Die Botschaft von Astoria", im September "Vineta - die versunkene Stadt" und im Dezember "Broadway-Melodie 1492". Die "Literatur am Naschmarkt" brachte im Oktober 1936 "Der Lechner Edi schaut ins Paradies" heraus. Beide Kleinkunstbühnen spielten in der Folge Szenen von Soyfer, oftmals unter seinen Pseudonymen "Walter West" oder "Norbert Noll".


1937 wurde er wegen kommunistischer Betätigung verhaftet, ein Koffer voller Manuskripte wurde beschlagnahmt, der bisher nicht mehr aufgefunden werden konnte. 1938 wurde er am 17. Februar im Rahmen einer Amnestie für "Politische" entlassen und am 13. März – am Tag nach dem Anschluss - an der schweizerischen Grenze von österreichischen Beamten verhaftet und über die Gefängnisse Bludenz, Feldkirch und Innsbruck ins KZ Dachau gebracht. Dort entstand u.a. das berühmte "Dachau-Lied", das Herbert Zipper vertonte. Im September wurde Soyfer ins KZ Buchenwald transportiert, wo er am 16. Februar 1939 an Typhus verstarb. Vater, Mutter und Schwester konnten 1939 nach New York emigrieren.


Jura Soyfer galt als der "Dichter der Armen" während der globalen Wirtschaftskrise in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts. In seinen kurzen Texten und satirischen Dramen kritisiert er die soziale Ungerechtigkeit und die politische Verblendung in der Gesellschaft: "Der Weltuntergang" (1936), "Der Edi Lechner schaut ins Paradies" (1936), "Astoria" (1937) oder "Vineta" (1937).


Soyfers Werke wurden in viele Sprachen übersetzt, darunter in Aserbaidschanisch, Bulgarisch, Englisch, Französisch, Georgisch, Hindi, Italienisch, Russisch, Türkisch u.a.

Werke (Auswahl)#

  • Vom Paradies zum Weltuntergang. Dramen und Kleinkunst. Bearbeitet und hrsg. von Otto Tausig, Wien: Globus Verlag 1947
  • Vom Paradies und Weltuntergang. Hrsg. und mit einem Nachwort versehen von Werner Martin, Berlin (Ost): Verlag Volk und Welt und Wien: Globus Verlag 1962
  • Astoria. Der Lechner-Edi schaut ins Paradies. Zwei Satiren, Eisenstadt : edition roetzer 1975
  • Die Ordnung schuf der liebe Gott. Eine Auswahl. Hrsg. von Werner Martin unter Mitarbeit von Roland Links und Wilhelm Kroupa, Leipzig: Verlag Philipp Reclam jun. 1979
  • Das Gesamtwerk. Hrsg. von Horst Jarka, Wien – München – Zürich: Europaverlag 1980
  • Das Gesamtwerk, 3 Bände. Hrsg. von Horst Jarka, Wien – München – Zürich: Europaverlag 1984 (Band I: Lyrik; Band II: Prosa; Band III: Szenen und Stücke)
  • Sturmzeit. Briefe 1931–1939. Hrsg. von Horst Jarka, Wien: Verlag für Gesellschaftskritik 1991
  • Gesammelte Werke. Szenen und Stücke. Hrsg. von Horst Jarka, Wien – München – Zürich: Europaverlag 1993 (2., überarbeitete Aufl. des dritten Bandes der Ausgabe von 1984)
  • Herrlichen Zeiten entgegen. Reportagen, Gedichte, Satiren. Hrsg. von Horst Jarka. Europaverlag 1996
  • Werkausgabe. Deuticke-Verlag, Wien 2002 (Band I: Lyrik; Band II: Szenen und Stücke; Band III: Prosa; Band IV: Briefe)

Literatur#

  • H. Jarka, J. Soyfer, 1987
  • Jura Soyfer - Ein Studi(en) Projekt am TFM, hrsg. von Katharina Bauer et. al., , 2010


Leseprobe aus Astoria#


Wanderlied

Der Sommer ist verglommen,
Der Herbst hat ausgeweint,
Nun ist der Winter kommen,
Der bitterböse Feind.
Die Erde liegt im Leichenhemd
Und war einst jung und bunt
Was suchst du och, du bist hier fremd,
Mein Bruder Vagabund.

Wie springt die an die Waden
Der scharfe Winterwind!
Du bist nicht eingeladen,
Wo sie besoffen sind.
Dich ruft kein Wirt zum heißen Punsch
um Sankt Silvesters Stund:
Ein Rabe krächzt den Neujahrswunsch,
Mein Bruder Vagabund.

Und wäre der Himmel droben
Von Samt und von Brokat,
Und Sternlein eingewoben,
Ein jedes ein Dukat.
Wär keiner, der die Leiter stellt,
Daß man sie holen kunnt.

So ist die Zeit, so ist die Welt,
Mein Bruder Vagabund.

Weiterführendes#

Quellen#

Redaktion: I. Schinnerl