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Türken in Österreich#

... ein Artikel im Wandel der Zeit:

2010:#

Türken in Österreich fühlen sich eher Türkei zugehörig#

(Artikel aus "Die Presse", Print-Ausgabe, 05.08.2010)


04.08.2010, 18:40, REGINA PÖLL (Die Presse)


69,3 Prozent der Türken fühlen sich eher „dem Staat, aus dem ich stamme bzw. aus dem meine Eltern stammen“ zugehörig. Einwanderer aus Ex-Jugoslawien, Polen und Rumänen fühlen sich mehr verbunden.


Vor 21 Jahren ist er aus Kırşehir in Zentralanatolien in die Bundeshauptstadt gekommen, er hat hier ein Geschäft aufgebaut. Das Land hat er lieb gewonnen: "Das Leben ist schön, und es gibt keine Probleme", sagt der Chef der Başak Bäckerei in Wien III zur "Presse". Ausländerfeindlichkeit? Fehlanzeige. "Wenn du gut zu den anderen bist, sind sie auch gut zu dir." Trotzdem: Manchmal wäre Türkyilmaz lieber in der alten Heimat, die der türkische Staatsbürger – "genau wie Österreich" – immer noch als Zuhause empfindet. Heimisch fühle er sich hier wie dort. Und zugehörig auch, so der 55-Jährige.


Damit ist er nur teilweise auf Linie mit anderen Einwanderern der ersten oder zweiten Generation, die aus der Türkei stammen: 69,3 Prozent fühlen sich eher "dem Staat, aus dem ich stamme bzw. aus dem meine Eltern stammen" zugehörig. 30,7 Prozent fühlen sich eher Österreich zugehörig. Bei Einwanderern aus dem früheren Jugoslawien, bei den Polen und Rumänen sagt hingegen jeweils eine deutliche Mehrheit, dass sie sich hier "zugehörig"“ fühlt. Die Bevölkerungsgruppen zusammengenommen, sind es aber 43,6 Prozent, die sich nicht zugehörig fühlen. Das ergab eine GfK-Erhebung vom März, die für das neue "Statistische Jahrbuch für Migration und Integration" der Statistik Austria durchgeführt wurde. Das Jahrbuch wurde am Mittwoch präsentiert.

So schwach das Zugehörigkeitsgefühl der eingewanderten Türken zum Land ist, so sehr fühlen sie sich hier heimisch: 71,6 Prozent fühlen sich "völlig" oder "eher heimisch bzw. zu Hause", auf den Rest trifft das nicht zu. Von den Ex-Jugoslawen (91 Prozent), den Polen und Rumänen (91,6 Prozent) fühlen sich noch viel mehr heimisch.


Für Migrationsexpertin Hilde Weiss vom Institut für Soziologie der Universität Wien sind die Ergebnisse nicht überraschend: Zwar würden sich auch Türken hier heimisch fühlen, weil ihnen die Infrastruktur vertraut ist oder weil sie soziale Netzwerke pflegen. Am Zugehörigkeitsgefühl mangle es aber, „weil sie wissen oder glauben: Wir werden nicht akzeptiert und immer als Ausländer angesehen.“ Es gebe ein „kollektives Bewusstsein begrenzter Anerkennung“. Migranten aus früheren kommunistischen Ländern hätten vor allem auch deshalb weniger Probleme, weil die kulturellen Unterschiede ihrer Herkunftsländer zu Österreich geringer seien als jene der Türkei, die aber aufhole.


Weniger Bildung, weniger Jobs

Wie das "Jahrbuch" zeigt, können Migranten bei der Bildung noch zulegen: Sie haben doppelt so oft nur einen Pflichtschulabschluss wie Österreicher, die Türken schneiden mit einem Anteil von 68 Prozent besonders schlecht ab. Andererseits hat mehr als ein Drittel der Migranten zwischen 25 und 64 Matura oder einen Uni-Abschluss – bei den Österreichern ist es nur ein Viertel. Migranten der ersten oder zweiten Generation sind hierzulande eher arbeitslos als Österreicher, sie werden eher verurteilt, sind aber auch eher Opfer von Straftaten.


1,468 Millionen Menschen in Österreich (17,8 Prozent) haben Migrationshintergrund. Die meisten kommen aus Deutschland (213.000), Serbien, Montenegro und dem Kosovo.


("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.08.2010)



2009:#

Bericht eines türkischen Einwanderers#

e-Mail an das Austria-Forum, September 2009


Die Geschichte der Türken 2. Republik beginnt in den 60er Jahren. Alles was vorher geschah ist in den Geschichtsbücher zu lesen. Im Zusammenhang mit der Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte wanderten seit Beginn der 60er Jahre türkische Staatsbürger nach Österreich zu. Es war also nicht die 3. Türkenbelagerung, wie manche behaupten, weil die Zuwanderung durch zwischenstaatliche Abkommen geregelt wurde.


So begann alles. Nur wenige hatten die Absicht, sich in Österreich niederzulassen. Der eine wollte für die Hochzeit, der andere für ein eigenes Haus und ein anderer für ein Vieh das nötige Geld verdienen und heimkehren. Für viele war Österreich ein Zwischenstopp für die Reise nach Deutschland. Jedoch kam es anders. Mittlerweile sind 50 Jahre vergangen und Türken sind in Österreich zu einem wesentlichen Bestandteil der Bevölkerung geworden – sie sind vom Gastarbeiter zum österreichischen Staatsbürger aufgestiegen. Nach aktuellen Zahlen haben bereits mehr als 120.000 die Staatsbürgerschaft. Die Zahl aller in Österreich lebenden Türken können auf gut gesamt 230.000 geschätzt werden. Am Rande kann gesagt werden, dass wohl auch „türkische“ Wähler die letzten Bundespräsidentswahlen zu Gunsten Dr. Heinz Fischer entschieden haben.

Ich selbst fühle mich in Österreich sehr wohl und bestimmt auch meine Landsleute. Natürlich gibt es Probleme im Alltag, aber diese sind nicht unlösbar. Das wohl größte Problem der Türken in Österreich ist das Problem, nirgendwo hinzugehören. Man lebt zwischen zwei Welten und man hat das Gefühl, in keiner dieser als ehrwürdiger Mensch akzeptiert zu werden. In der Türkei ist man der „Deutschländer“, in Österreich der „Ausländer“, aber wo wird der Türke zum Menschen? Der Türke ist in seinen eigenen vier Wänden, Mensch. Daheim ist man mit der Familie unter sich und niemand wird hier als Deutschländer oder Ausländer angesehen. Ganz nach Goethes Motto: Hier bin ich Mensch, hier kann ich sein. Wir wollen aber überall, auf jedem Millimeter Boden Österreichs daheim sein und uns wohl fühlen. Ich glaube, das ist nicht viel verlangt. Dialog, Fairness und Toleranz, diese sollten die Grundlagen für ein menschliches Zusammenleben sein.


Ich möchte hier nicht groß alle Probleme aufzählen, weil alle lösbar sind. Jedoch das Gefühl nirgendwo hinzugehören und nicht ganz akzeptiert zu werden, schmerzt sehr. In der Verschiedenheit liegt das Schöne. Unsere Vielfalt ist unser größtes Hab und Gut. Bauen wir Vorurteile ab: Kommt uns einen Schritt entgegen und wir laufen euch in die Arme.



1991:#

Türken#

Original-Artikel aus AEIOU, datiert ca. 1991

Im Zusammenhang mit der Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte wandern seit Beginn der 60er Jahre türkische Staatsbürger nach Österreich zu. 1991 lebten rund 118.000 Türken in Österreich, 6200 Österreicher gaben als Umgangssprache Türkisch an. 90 % der Türken sind Muslime, überwiegend Sunniten und der hanefitischen Rechtsschule angehörend. Die Mehrzahl ist zwischen 20 und 40 Jahre alt, der Frauenanteil beträgt rund 40 %. Das kulturelle Leben der Türken in Österreich ist stark von der alten Heimat geprägt. Wichtige Faktoren sind die lokale Herkunft (Stadt oder Land), die unterschiedliche religiöse und politische Ausrichtung und die ethnische Herkunft (die Türkei beherbergt Dutzende ethnische und religiöse Minderheiten, wie die anatolischen Kurden und die Aleviten). Die Sprache der Türken in Österreich ist das 1923 in der Türkei eingeführte Neu-Türkisch.

Literatur#

  • P. L. Martin, The Unfinished Story: Turkish Labour Migration to Western Europe, 1991
  • S. Balic, Der Islam - Europakonform?, 1994
  • C. Parnreiter, Migration und Arbeitsteilung, 1994



Der Vergleich der Artikel ist bemerkenswert, das Ergebnis ist allerdings nicht wirklich überraschend, hat doch die deutsche Kanzlerin vor drei Tagen im Fernsehen erklärt, dass das Projekt einer multikulturellen Gesellschaft gescheitert sei.

--Glaubauf Karl, Montag, 25. Oktober 2010, 17:14