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Volkskunst#

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Zunftlade der Bierbrauer aus Leoben, Stmk
© Ch. Brandstätter Verlag, Wien, für AEIOU
durch Alois Riegl 1894 in die wissenschaftliche Diskussion eingeführter Begriff, bezeichnet unscharf einen Gegenstand, der stärker aufgrund von fachübergreifenden (Volkskunde) Interessen an ästhetischen und kreativen Ausdrucksformen vor, außerhalb und neben einer klassischen bzw. modernen künstlerischen Praxis als aufgrund von realen Gegebenheiten der Produktion oder Rezeption definiert ist.

Die Entdeckung der Volkskunst fällt zeitlich mit ihrem vermeintlichen Verschwinden in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts zusammen, ihre Sammlung und Förderung wurde zunächst aufgrund volkswirtschaftlicher und volksbildnerischer Interessen betrieben. In Übertragung der Theorien des Primitivismus wurde in der Volkskunst eine zeitlose, prämoderne Ausdrucksform gesehen, von der man die Erneuerung der nationalen Künste, des populären Geschmacks und der nationalen Eigenart erwartete. Damit war eine breite Volkskunstrezeption in den bildenden und angewandten Künsten der Jahrhundertwende verbunden (zum Beispiel Wiener Werkstätte). In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts noch programmatisch und umfassend auf alle künstlerische Ausdrucksformen der Volkskultur (Volkslied, Volksmusik, Volkstanz usw.) angewandt, verengte sich die Bedeutung des Begriffs in der Folge auf das bildnerische Schaffen im Sinne einer anonymen angewandten Kunst, wie sie vor allem von den Volkskundemuseen gesammelt und präsentiert wurde. Viele Relikte, die noch vor wenigen Jahrzehnten für volkstümliche Bauernkunst gehalten wurden, sind durch neuere Studien in den Produktionszusammenhang ländlicher Handwerker (Bauernmöbel), Manufakturen (zum Beispiel Keramik, Majolika, Hinterglasmalerei) und hausindustrieller Massenproduktion (zum Beispiel Holz-, Horn- und Beinwaren) gestellt worden.

Volkskunst gilt als Ausdruck der Weltbilder und sozialer Ordnungen, der Wertvorstellungen (zum Beispiel Frömmigkeit in Andachtsbildern, Votivtafeln oder -gaben) und des kollektiven Gedächtnisses. Ihre "Stile" sind von diesen Faktoren sowie von den Materialien, Techniken und Produktionsverfahren (etwa serielle Fertigung der Hausindustrien) abhängig. In der Volkskunst lebten oft Stile, Techniken und Ornamentformen nach, die sich auf Reproduktionen der so genannten "Hochkunst" stützten, diese ließ sich ihrerseits seit der frühen Neuzeit immer wieder von der Volkskunst inspirieren. In jüngerer Zeit wurden auch kreative Praktiken der Popular- und Jugendkultur (zum Beispiel Wandschmuck, Graffiti und laienkünstlerische Aktivitäten) unter einem weiten Volkskunstbegriff subsumiert und zum Gegenstand von Ausstellungen und empirischen Studien gemacht.

Sammlungen historischer Volkskunst, meist des 18. und 19. Jahrhunderts, verwahren neben regionalen Museen vor allem das Österreichische Museum für Volkskunde in Wien und das Tiroler Volkskunstmuseum in Innsbruck, seit der Zwischenkriegszeit sind vor allem die Heimatwerke in den österreichischen Bundesländern um die Förderung und Erneuerung der Volkskunst im Sinne eines heimischen Kunstgewerbes bemüht.

Weiterführendes#

Literatur#

  • A. Riegl, Volkskunst, Hausfleiß und Hausindustrie, 1894
  • M. Haberlandt, Österreichische Volkskunst, 1914
  • L. Schmidt, Volkskunst in Österreich, 1966
  • L. Schmidt, Werke der alten Volkskunst, 1979
  • K. Beitl und andere (Hg.), Volkskunst, 1995
  • Herbert Nikitsch, Bernhard Tschofen (Hg.), Volkskunst. Referate der Österreichischen Volkskundetagung 1995 in Wien. Wien 1997