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Winter, Ernst Karl (DE)#

EKW
Ernst Karl Winter

* 1. 9. 1895, Wien

† 4. 2. 1959, Wien

Soziologe und Politiker (VF)
Schriftsteller, Privatgelehrter und engagierter Katholik

Ernst Karl Winter - Foto: ONB
Ernst Karl Winter - Foto: ONB

Ernst Karl Winter wurde am 1. September 1895 in Wien in einer gutbürgerlichen Familie geboren.

Während seiner Schulzeit trat er der katholischen Jugendbewegung von Anton Orel bei, dessen Idee eines antikapitalistischen und monarchischen Ständestaats ihn stark beeindruckte.

EKW
Beim Militär
Nach der Matura 1914 meldete er sich als Einjährig-Freiwilliger zum Kriegsdienst und lernte in seinem Regiment der Tiroler Kaiserschützen Engelbert Dollfuß als Kameraden kennen, mit dem er zeitlebens freundschaftlich verbunden blieb. Die Offizierslaufbahn blieb ihm verwehrt, da er sich als aktiver Katholik weigerte, ein Duell auszutragen, zu dem ihn ein deutschnationaler Offizier wegen eines zu kaisertreuen Artikels gefordert hatte.

Nach dem Militärdienst kehrte Winter 1920 nach Wien zurück und begann an der Universität Wien ein Studium der Rechts- und Staatswissenschaft sowie der Soziologie und Geschichte, das er 1922 mit der Promotion (bei Hans Kelsen, Othmar Spann und Max Adler) abschloss. Seine Habilitation (über Rudolf IV. den Stifter und die österreichische Staatsidee) scheiterte allerdings am deutschnationalen Klima an der Universität - er war nicht bereit, einen Artikel für die rechtsextreme Deutschösterreichische Tages-Zeitung (DÖTZ) zu schreiben.

Anschließend lebte er als freier Publizist und Privatgelehrter. Er kritisierte den Schwenk des bürgerlichen Lagers hin zur Republik und orientierte sich an den Idealen "Österreichische Nation" und "Österreichische Neutralität". Generell waren Winters Publikationen von seinem katholischen Glauben, seiner platonischen Philosophie und seiner schon früh gegen den Nationalsozialismus eingestellten politischen Linie gekennzeichnet. Ernst Karl Winter war ein Verfechter einer "sozialen Monarchie" und einer der ersten Vertreter des Umweltschutzes.

Seine Ideen beeinflussten u.a. den Soziologen August Maria Knoll, den Gründer der Paneuropa-Bewegung, Richard Nikolaus Graf von Coudenhove-Kalergi und den Publizisten Alfred Missong.
1926 wurde (von Hans Zeßner-Spitzenberg, Ernst Karl Winter, August M. Knoll und Alfred Missong) die "Österreichische Aktion" gegründet, die u.a. die Eigenständigkeit einer österreichischen Nation propagierte. Winters Devise lautete "rechts stehen und links denken" (diese Devise war später für den Linkskatholizismus nach 1945 prägend).

1930 gründete Ernst Karl Winter mit einer kleinen Erbschaft den Gsur & Co. Verlag und konnte seine Werke – anfangs noch Abhandlungen über Kirchenpersönlichkeiten, bald aber soziologische und politische Schriften - im Eigenverlag herausgeben. Ab 1933 erschienen hier die "Wiener Politischen Blätter", deren erste Ausgabe in Deutschland bereits verboten wurde.

EKW
EKW ca. 1922
Er war überzeugter Legitimist, der die Republik und auch den "Anschluss" an Deutschland ablehnte. Sein konsequentes Eintreten für Demokratie und Rechtsstaat führte zu seiner Forderung nach Einbindung der Sozialdemokratie in das politische Leben der 1930er Jahre. In offenen Briefen forderte er 1933 Präsident Wilhelm Miklas auf, gegen die Ausschaltung des Parlaments vorzugehen.
Doch nach dem 12. Februar 1934 schwenkte er auf Dollfuß’ Linie um und versuchte, der Sozialdemokratie doch zu ihren Rechten zu verhelfen; er forderte auch eine Amnestie für die nach den Februar-Kämpfen zum Tode verurteilten sozialistischen Schutzbündler. Dollfuß setzte ihn – als Mittler zwischen autoritären Ständestaat und Sozialdemokratie ("Aktion Winter") – zum 3. Vizebürgermeister von Wien ein. Doch nach der Ermordung von Dollfuß (25. Juli 1934) und Unstimmigkeiten mit Kurt Schussnigg wurde er im Gefolge des Juliabkommens mit dem nationalsozialistischen Deutschland am 24. Oktober 1936 seines Amtes enthoben; die "Wiener Politischen Blätter" wurden beschlagnahmt und ihm die Herausgeberschaft verboten, die "Aktion Winter" wurde in die VF (Vaterländische Front) eingegliedert.

Wenige Tage vor dem Anschluss Österreichs gelang es ihm, mit seiner Familie (Frau und 7 Kinder) über die Schweiz in die USA zu emigrieren. Seine Kinder:

  • Ernst Florian Winter (12/16/1923-4/14/2014) Professor
  • Maria Margret Winter-Mueller (1/28/1925-4/23/2020) High School Teacher, Latin
  • Maria Elisabeth Winter-Averill (4/24/1926) Social Worker, English Teacher
  • Karl Pius Winter (8/10/1927) Architect
  • Maria Theresia Winter-Rast (11/30/1928-2/8/2018) Nurse
  • Joseph Maria Winter (2/22/1932-3/31/2020) Businessman
  • Rudolph Ernst Karl Winter (11/27/1935) Professor of Chemistry
  • Maria Magdalena Winter-Schneiderman (10/7/1939) Nurse

In New York versammelte Ernst Karl Winter die Exil-Österreicher, gründete 1939 das "Austrian American Center" und konnte sich als Professor für Sozialphilosophie und Soziologie an der New York School for Social Research eine neue Existenz aufbauen.

EKW
EKW 1945
Winters erste Rückkehrversuche nach Österreich gleich nach dem Krieg - Winter hoffte auf eine Professur in Graz - scheiterten (in Österreich war man an der Rückkehr der Exilanten nicht sonderlich interessiert), erst 1955 gelang ihm eine Übersiedlung nach Wien, wo er sich noch im selben Jahr an der Universität Wien für Soziologie habilitierte. Er lehrte einige Zeit an der Universität und beschäftigte sich in seinen letzten Lebensjahren vermehrt mit Fragen der Religion.

Ernst Karl Winter starb am 4. Februar 1959 in Wien und wurde auf dem Friedhof Wien-Gersthof beerdigt.
Im 19. Wiener Bezirk gibt es einen nach ihm benannten Ernst-Karl-Winter-Weg, im 18. Wiener Bezirk wurde eine Wohnhausanlage der Gemeinde Wien nach ihm benannt (hier erinnert eine Gedenktafel im Vorgarten zur Thimiggasse an ihn).

Ernst Karl Winter war ein visionärer Denker seiner Zeit, der vieles vorwegnahm und auch vieles prägte; viele seiner damaligen Ideen sind heute allerdings schwer nachvollziehbar.

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Weiterführendes#