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vom 16.05.2020, aktuelle Version,

Café Rosa

Café Rosa im März 2013

Das Café Rosa war ein nicht-kommerzielles Kaffeehaus im neunten Wiener Gemeindebezirk Alsergrund. Es wurde am 7. Mai 2011 eröffnet[1] und von der ÖH Uni Wien betrieben. Es wurde gegründet, um Studenten einen Platz zu bieten um sich ohne Konsumzwang „aufzuhalten, sich politisch zu vernetzen, zu lernen und Veranstaltungen abzuhalten.“[2] Außerdem sollte es „das politische Engagement außerhalb der politischen Parteien und Organisationen“ fördern und „an den nicht geöffneten Abenden sowie am Wochenende ist es für Studenten, die ÖH Uni Wien (und ihre verschiedenen Vertretungsebenen) und auch externe Organisationen möglich, Veranstaltungen im "Café Rosa" durchzuführen.“[3] Im März 2012 wurde bekannt, dass dem Café die finanziellen Mittel fehlen, um den Betrieb weiterzuführen[4][5] was eine heftige mediale Debatte auslöste. Bis zur offiziellen Schließung des Lokals im Oktober 2013 investierte die ÖH der Uni mehr als eine halbe Million Euro.[6]

Geschichte

Die linksdominierte ÖH Uni Wien entschied sich, vertreten durch Grüne & Alternative StudentInnen (GRAS), Verband Sozialistischer Studentinnen und Studenten Österreichs (VSStÖ) und dem Kommunistischen Student_innenverband - Linke Liste (KSV-Lili), für die Eröffnung eines Cafés, das Grundsätze hochhält, die Diskriminierung vorbeugen sollen: „basisdemokratisch, feministisch, antisexistisch, progressiv, antidiskriminierend, antirassistisch, emanzipatorisch, ökologisch-nachhaltig, antifaschistisch, antinationalistisch, antiklerikal, antipatriarchal, antiheteronormativ, antikapitalistisch und solidarisch“.[4] Teilweise waren diese Grundsätze auch in der Satzung der ÖH Uni Wien enthalten.[7] In der Satzung ab Oktober 2014 ist das Gros der Ausschlusskriterien nicht mehr enthalten.[8] Der Name „Rosa“ wurde gewählt, um auf die Arbeit politisch aktiver Frauen wie etwa Rosa Luxemburg, Rosa Mayreder oder Rosa Manus hinzuweisen.[9]

Im März 2012 wurde das Café geschlossen.[10]

Kritik

Kurz nach der Eröffnung 2011 wandte sich der Österreichische Cartellverband wegen der Anforderung „antiklerikal“ in einer Stellenausschreibung des Cafés an die Gleichbehandlungsanwaltschaft.[11][12] Diese stellte einen Strafantrag „wegen Verstoßes gegen das Gebot der diskriminierungsfreien Stellenausschreibung aufgrund der Religion bzw. Weltanschauung und des Alters.“ Die Bezirksverwaltungsbehörde sprach eine Verwarnung aus und hielt fest, „dass weder ein jugendliches Alter noch eine antiklerikale Einstellung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung für die gesuchten Tätigkeiten darstellen.“[13]

Die AktionsGemeinschaft (AG), die Jungen Liberalen (JuLis) und der Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) bezeichneten das Vorgehen als Geldverschwendung.[14][15][16] Für Kritik sorgte auch die Tatsache, dass das Kaffeehaus nicht als Kapitalgesellschaft, sondern als Verein[17] gegründet wurde. Im Frühjahr 2012 kam seitens von AG und RFS der Vorwurf, dass es keine Transparenz im Budget des Cafés gäbe und dass es bereits zahlungsunfähig wäre. Außerdem erstattete der RFS Anzeige gegen die ÖH Uni Wien wegen des Verdachts der Untreue.[18] Im Sommer 2015 stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein.[19] Ein Abwahlantrag gegen die Vorsitzende der Bundesvertretung, Janine Wulz (GRAS), die damals Kassierin des Vereins war,[11] blieb erfolglos.[20] Im Mai 2012 wurde das Café Rosa von Studenten besetzt, wenige Tage später wurde es wieder geräumt.[21] Im Juni 2012 wurde durch das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung mittels Bescheid festgestellt, dass das Kaffeehaus nicht in Vereinsform geführt werden dürfe, da das Gesetz vorschreibt, dass die ÖH Wirtschaftsbetriebe als Kapitalgesellschaften führen müssen.[22][23]

Seit der Schließung läuft der Mietvertrag bis 2016 weiter, weil er über fünf Jahre abgeschlossen worden war.[3][24][25] Der Verein[17] wurde formal aufgelöst. Da eine der beiden schwangeren Geschäftsführerinnen im Mutterschutz gekündigt wurde, wird dies erst schlagend, wenn das noch laufende Verfahren am Arbeitsgericht abgeschlossen ist.[26][27]

Bis Anfang Jänner 2013 konnte kein neuer Pächter für die Räumlichkeiten gefunden werden.[28] AG und RFS boten an, die Räumlichkeiten für Veranstaltungen zu mieten um die Verluste zu senken. Die ÖH-Exekutive der Universität Wien lehnte ab, was in der Folge als Diskriminierung und fahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen bezeichnet wurde.[29][30][31]

Im März 2013 wurde von der neuen ÖH-Führung der Universität Wien eine Prüfung persönlicher Verantwortlichkeit eingeleitet.[32] Ende April 2013 wurde die Homepage des Cafés durch die ÖH eingestellt, und auf eine Grafik eines Mädchens das ein rosa Einhorn reitet umgeleitet.[33]

Bei der ÖH-Wahl im Mai 2013 mussten die GRAS an der Uni Wien im Zusammenhang mit dem Café hohe Stimmenverluste hinnehmen während der VSStÖ Stimmen halten konnte und stimmenstärkste Fraktion wurde.[34][35][36][37]

Im Oktober 2013 wurde ein Nachmieter gefunden.[10]

Kosten und Einnahmenaufstellung

Datum Beschreibung Kosten
bis 06/2011 Ablösea 165.000,00
Umbau 80.000,00
Zuschüsse 80.000,00
Provision 9.499,00
Kaution 20.000,00
Veranstaltungs- und Werbekosten 3.496,46
Gebühren 1.159,20
Strom 1.970,00
Miete 12.180,00
Sonstiges 485,10
Stellenausschreibung 7.372,55
Sachbearbeiter 6.785,00
Summe -387.947,31
07/2011 – 06/2012 Zuschüsse 45.000,00
Materialien 39,99
Strom/Gas 15.403,41
Telefon 371,96
Domain 14,90
Miete 36.872,36
Rechtshilfe 2.634,77
Sachbearbeiter 11.200,00
Summe -111.580,29
07/2012 – 06/2013 Miete 37.927,26
Strom/Gas 3.380,79
Telefon 549,58
offene Rechnungen 2.456,25
Säuberungsarbeiten 258,60
Erstellung Gutachten 4.800,00
Sachbearbeiter 5.600,00
Summe -54.972,48
07/2013 - 10/2013 Miete 12.957,20
Strom/Gas 371,50
Telefon 171,92
Wartung Therme 144,00
Wartung Lüftung 2.160,00
Makler 1.200,00
Subventionierung Verein 3.000,00
Sachbearbeiter 1.680,00
Summe -21.684,62
Von Eröffnung bis Schließung Beschreibung Einnahmen
Kaution Rückzahlung 10.000,00
Ablöse Nachmieterb 30.000,00
Auflösung Vereinsguthaben 2.000,00
Summe 41.500,00
Gesamtkosten -534.184,70


Aufstellung Kosten für Ablöse 2011 und Einnahmen aus Ablöse 2013:

Beschreibung Kosten für Ablöse 2011a Einnahmen aus Ablöse 2013b
Umbau des Geschäftslokals 85.205,78 13.000,00
Lokaleinrichtung (Beleuchtung) 4.656,48 1.000,00
Glastrennung inkl. Tür 4.950,00 1.000,00
Lokaleinrichtung (Café-Bar) 52.320,00 12.000,00
Fernseher 1 371,20 0,00
Fernseher 2 236,00 0,00
Musikanlage 460,58 0,00
Kassasystem 2.736,00 0,00
Kaffeemaschine 11.264,03 3.000,00
Summe -162.200,08 30.000,00

Quelle: Cafe Rosa Endbericht der ÖH an der Uni Wien[38]

Einzelnachweise

  1. ÖH Uni Wien: Das Café Rosa öffnet seine Türen. ÖH Uni Wien, abgerufen am 1. Februar 2013.
  2. Café Rosa – Unterlagen zur Pressekonferenz der ÖH Uni Wien. (PDF; 636 kB) (Nicht mehr online verfügbar.) ÖH Uni Wien, 15. März 2012, S. 3, archiviert vom Original am 2. Mai 2013; abgerufen am 3. Mai 2013.
  3. 1 2 Sebastian Howorka, David Bogner: Businessplan Café Rosa. (PDF; 807 kB) in Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung des Café Rosa und der ÖH Uni Wien. ÖH Uni Wien, 6. Dezember 2011, S. 7 f., abgerufen am 3. Mai 2013.
  4. 1 2 Lisa Aigner: Café Rosa: Antikapitalistischer Versuch gescheitert. DerStandard.at, 7. März 2012, abgerufen am 28. März 2013.
  5. Cafe Rosa: Pleitegeier über antikapitalistischem Lokal? DiePresse.com, 2. März 2012, abgerufen am 28. März 2013.
  6. Gescheitertes Café Rosa hat bereits eine halbe Million Euro verschlungen. derstandard.at, 16. Februar 2015, abgerufen am 5. April 2015.
  7. Satzung der ÖH Uni Wien. (PDF; 153 kB) (Nicht mehr online verfügbar.) ÖH Uni Wien, November 2011, ehemals im Original; abgerufen am 3. Mai 2013.@1@2Vorlage:Toter Link/www.oeh.univie.ac.at (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)
  8. Satzung der HochschülerInnenschaft an der Universität Wien (Stand Oktober 2014). (PDF; 170 kB) ÖH Uni Wien, abgerufen am 3. September 2017.
  9. Was ist das Rosa? (Nicht mehr online verfügbar.) Café Rosa, archiviert vom Original am 2. April 2013; abgerufen am 3. Mai 2013.
  10. 1 2 Café Rosa ist Geschichte. derStandard.at, 16. Oktober 2013, abgerufen am 19. Oktober 2013.
  11. 1 2 Michael Leitner, Mathias Slezak, Sebastian Wedl: "Studibeisl mit Parteibuch". derStandard.at, 8. Juli 2011, abgerufen am 5. Mai 2013.
  12. Brigitte Pechar: Antiklerikale Kellner gesucht – Wie weit darf Gleichbehandlung gehen? In: Wiener Zeitung. 17. Mai 2011, S. 3 (wienerzeitung.at [abgerufen am 5. Mai 2013]).
  13. Bundesministerin für Frauen und Öffentlichen Dienst im Bundeskanzleramt Österreich (Hrsg.): Gleichbehandlungsbericht für die Privatwirtschaft 2010 und 2011. Teil II, 2012, S. 75 (Österreichisches Parlament [PDF; abgerufen am 21. August 2017]).
  14. Café Rosa – ein Sittenbild. (Nicht mehr online verfügbar.) AktionsGemeinschaft, archiviert vom Original am 1. April 2013; abgerufen am 28. März 2013.
  15. julis.at. (Nicht mehr online verfügbar.) Junge Liberale Österreich, ehemals im Original; abgerufen am 2. April 2013.@1@2Vorlage:Toter Link/www.lsf.at (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)
  16. Aussendungen zum Café Rosa. (Nicht mehr online verfügbar.) Ring Freiheitlicher Studenten, archiviert vom Original am 4. März 2016; abgerufen am 28. März 2013.
  17. 1 2 Zentrales Vereinsregister. Bundesministerium für Inneres, abgerufen am 28. März 2013 (ZVR-Zahl 148801493).
  18. Café Rosa: RFS zeigt ÖH Uni Wien wegen Verdachts der Untreue an. DerStandard.at, 13. März 2012, abgerufen am 28. März 2013.
  19. Lisa Kogelnik: Ermittlungen um Café Rosa sind eingestellt. derStandard.at, 22. Januar 2016, abgerufen am 22. Januar 2016.
  20. Abwahlantrag abgelehnt: Janine Wulz bleibt ÖH-Vorsitzende. DiePresse.com, 17. April 2012, abgerufen am 28. März 2013.
  21. Bettina Figl, Barbara Sorge: Verbrennt euer Geld. Wiener Zeitung, 21. Mai 2012, abgerufen am 28. März 2013.
  22. Bescheid BMWF-52.801/0003-1/6b/2012. (PDF; 2 MB) (Nicht mehr online verfügbar.) Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung, 18. Juni 2012, archiviert vom Original am 29. März 2013; abgerufen am 28. März 2013: „Die Ausgliederung eines Wirtschaftsbetriebes in Form eines Vereins und die Nichteinholung einer Bezug habenden Genehmigung stellt ein Umgehungsgeschäft und daher rechtswidriges Handeln dar.“
  23. Betrieb von ÖH-"Cafe Rosa" rechtswidrig. Wiener Zeitung, 20. Juni 2012, abgerufen am 28. März 2013.
  24. Café Rosa geschlossen, doch ÖH muss Miete weiterzahlen. In: Die Presse. Wien 28. August 2012, S. 10 (diepresse.com [abgerufen am 28. März 2013]).
  25. Lisa Winter: Café Rosa: Kein Pächter, trotzdem Miete. DerStandard.at, 28. August 2012, abgerufen am 28. März 2013.
  26. Cafe Rosa: Verein kann noch nicht aufgelöst werden. In: Die Presse. Wien 3. September 2012, S. 21 (diepresse.com [abgerufen am 28. März 2013]): „Weil eine Mitarbeiterin im Mutterschutz gekündigt wurde, läuft ein Verfahren am Arbeitsgericht. […] So wurde in einer Generalversammlung des Vereins zwar die Auflösung beschlossen, schlagend wird diese aber erst, wenn das noch laufende Verfahren am Arbeitsgericht abgeschlossen ist.“
  27. Zeit im Bild-2. Kübra Atasoy (VSStÖ): „Unsere Geschäftsführerinnen sind unerwartet schwanger geworden, auch ein Problem war, dass der Ort nicht für Fortgehzonen geeignet ist.“, 12. März 2012
  28. ...dem Cafe Rosa? In: Die Presse. Wien 7. Januar 2013, S. 20 (diepresse.com [abgerufen am 28. März 2013]).
  29. Freiheitliche Studenten wollen ÖH-Beisl Café Rosa mieten. DerStandard.at, 21. Februar 2013, abgerufen am 28. März 2013: „Dieses Angebot ist nur als schlechter Scherz und plumpe Provokation aus dem rechten Eck zu werten“
  30. Auch Aktionsgemeinschaft kann sich vorstellen, Cafe Rosa zu mieten. DerStandard.at, 22. Februar 2013, abgerufen am 28. März 2013: „Gleichbehandlung predigen – Diskriminierung betreiben. Anscheinend sind für die Funktionäre der Uni Wien nur jene Menschen ‚gleich‘, die auch ihre linksextreme Weltanschauung teilen", kritisierte die AG in einer Aussendung das Vorgehen der ‚linksradikalen Uni Wien-Exekutive‘“
  31. Café Rosa: FPÖ-Studenten dürfen doch Geld spenden. In: Die Presse. Wien 26. April 2013 (diepresse.com [abgerufen am 28. April 2013]).
  32. Elisabeth Gamperl, Sophie Niedenzu: ÖH: Finanzlöcher und lockere Kontrollen. In: Der Standard. Wien 7. März 2013, S. U6 (derstandard.at [abgerufen am 28. März 2013]): „Text=Ein externer Anwalt soll klären, ob in der Causa Rosa rechtswidrig gehandelt wurde. Geprüft werden nicht nur die vorherige Vorsitzende und der Wirtschaftsreferent, sondern alle Mandatare der damaligen Universitätsvertretung. Bei einem positiven Bescheid hat die derzeitige ÖH Anspruch auf Schadenersatz durch ihre Vorgänger der eigenen Fraktionen.“
  33. Einhorn statt Café Rosa: Homepage wurde eingestellt. DiePresse.com, 29. April 2013, abgerufen am 30. April 2013 (Anm.: Deep Links sind noch möglich.).
  34. VP-nahe AG verteidigt Platz eins. In: Der Standard. Wien 17. Mai 2013, S. 1: „Die Grünen und Alternativen StudentInnen (Gras) mussten an der Uni Wien die Zeche für das pleitegegangene Café Rosa mit hohen Verlusten zahlen, […]“
  35. Lisa Aigner, Rosa Winkler-Hermaden: ÖH-Wahl: AG möchte als stimmenstärkste Fraktion Vorsitz übernehmen. derStandard.at, 17. Mai 2013, abgerufen am 17. Mai 2013.
  36. Bettina Figl: Grüne für Café Rosa abgestraft. In: Wiener Zeitung. 17. Mai 2013, S. 10 (wienerzeitung.at [abgerufen am 17. Mai 2013] andere Schlagzeile).
  37. Bernadette Bayrhammer, Julia Neuhauser: ÖH-Wahl: Geringe Beteiligung, aber Plus an einzelnen Unis. In: Die Presse. Wien 17. Mai 2013, S. 4: „Cafe Rosa kostete Wähler“
  38. Das Café Rosa – Endbericht der Hochschüler_innenschaft an der Uni Wien (PDF) Hochschüler_innenschaft an der Uni Wien. Oktober 2014. Abgerufen am 4. Februar 2019.