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vom 04.01.2020, aktuelle Version,

Elsa Asenijeff

Elsa Asenijeff 1904, Zeichnung von Max Klinger
Signatur Elsa Asenijeff 1905

Elsa Asenijeff, eigentlich Elsa Maria Packeny (* 3. Januar 1867 in Wien, Österreich; † 5. April 1941 in Bräunsdorf, Deutsches Reich), war eine österreichische Schriftstellerin und Lebensgefährtin von Max Klinger.

Leben

Elsa Maria Packeny entstammte dem Wiener Großbürgertum. Ihr Vater Karl Packeny (1841–1889) war Direktor der österreichischen Südbahn[1], ihre Mutter war Laurenzia, geborene Adametz (1841–1932). Elsa hatte zwei jüngere Schwestern.

Sie besuchte die Volks- und Bürgerschule und dann bis 1887 die Wiener Lehrerinnenbildungsanstalt. Nachdem sie einige Heiratsanträge ausgeschlagen hatte, starb ihr Vater und sie war zur Eheschließung genötigt. 1890 heiratete sie den elf Jahre älteren bulgarischen Ingenieur und Diplomaten Ivan Johannis Nestoroff und ging mit ihm nach Sofia. Die Ehe verlief nicht glücklich. Sie fühlte sich ihrem Mann ausgeliefert, ein Thema, das in mancherlei Spielarten ihre literarischen Werke prägte. 1896 erschien ihr Erzählungsband Ist das Liebe? unter dem Pseudonym Elsa Asenijeff, das sie im Gedenken an ihren verstorbenen erstgeborenen Sohn Asen gewählt hatte.

1896 ließ sie sich von Nestoroff scheiden. Der bulgarische Staat gestattete ihr, Asenijeff als offiziellen Namen zu führen. 1897 ging sie nach Leipzig, um Philosophie und Nationalökonomie zu studieren. Ihren zweiten, 1896 geborenen Sohn Heraklit ließ sie bei den Großeltern zurück.

Bei einem Festessen der Literarischen Gesellschaft in Leipzig für Detlev von Liliencron (1844–1909) und Frank Wedekind (1864–1918) lernte sie den Maler und Bildhauer Max Klinger (1857–1920) kennen.[1] Sie wurde Modell, Muse und Geliebte für ihn. Klinger machte die Liebesbeziehung aber nicht öffentlich. Er zahlte ihr eine teure Wohnung im vornehmen Musikviertel (270 m² in der Schwägrichenstraße 11, Hochparterre)[2] Sie begleitete ihn auf zahlreichen Reisen und wirkte als Gastgeberin bei gesellschaftlichen Anlässen, auch in seinem Hause. Sie galt als eine äußerst eindrucksvolle, faszinierende, mitunter auch extravagante Persönlichkeit. Während eines längeren Aufenthalts Asenijeffs mit Klinger in Paris wurde am 7. September 1900 ihre gemeinsame Tochter Désirée geboren († 1973 in Sydney, Australien[2]), die zu einer französischen Pflegemutter gegeben wurde.

1903 erwarb Klinger in Großjena einen Weinberg samt Winzerhäuschen, das er zu einem normalen Wohnhaus ausbaute, um sich mit Asenijeff aus dem hektischen Leipziger Großstadtleben zurückziehen zu können. Diese schrieb für Feuilletons verschiedener Leipziger Zeitungen. Weitere Bücher von ihr erschienen. Ab 1912 verfasste sie auch Lyrik. Gäste ihres Salons waren unter anderen die drei jungen Dichter Walter Hasenclever (1890–1940), Kurt Pinthus (1886–1975) und Franz Werfel (1890–1945).[3]

In dieser Zeit schuf Klinger auch zahlreiche Darstellungen seiner Partnerin.

Eine zwischen Klinger und Asenijeff entstandene Entfremdung vertiefte sich weiter, als Klinger 1911 die 18-jährige Gertrud Bock (1893–1932) als Modell und zur ständigen Begleiterin erkor, und die er dann auch noch wenige Monate vor seinem Tod heiratete. 1916 kam es zum endgültigen Bruch zwischen Asenijeff und Klinger.[4]

Diese Trennung traf Elsa Asenijeff psychisch und auch materiell sehr schwer, denn Klinger versagte ihr jede weitere Unterstützung. 1917 musste sie die Wohnung in der Dufourstraße 18 aufgeben, in die sie 1909 gezogen war.[5] Seitdem taucht sie auch nicht mehr in Leipziger Adressbüchern als Hauptmieterin auf. Sie lebte nur noch in Pensionen. Es begann ein Abstieg in die Armut, verbunden mit einem gewissen Verfall der Persönlichkeit. Auch ein 1922 erschienener Gedichtband brachte keine Wende.

Elsa Asenijeff war völlig isoliert, hatte keine Verbindung zu ihrer Wiener Verwandtschaft, und ihre Tochter Désirée, die zum Begräbnis ihres Vaters 1920 einige Zeit in Leipzig weilte, nahm keinen näheren Kontakt zu ihr auf.[1] Mietschulden und renitentes Auftreten führten schließlich in Verbindung mit ihrer Selbstvernachlässigung zur Einlieferung in die Psychiatrische Klinik der Universität Leipzig. Ihre Entmündigung betrachtete sie als Betrug und forderte Schadenersatz, weil sie sich nach wie vor als eine der größten Schriftstellerinnen sah. Einem zweijährigen Aufenthalt in der Heilanstalt Leipzig-Dösen, folgte 1926 die Überstellung nach Hubertusburg und schließlich als „nicht gemeingefährlich“ in das Versorgungshaus Colditz.[6] 1933 verlegten die zuständigen Behörden diese Einrichtung als „Korrektionsanstalt für asoziale und arbeitsunwillige Erwachsene“ nach Bräunsdorf bei Freiberg um.

Gedenkstele in Bräunsdorf

Aus dieser Zeit, von ihr datiert 1938, stammt ein Manuskript mit über 200 Gedichten mit dem Titel „Bilanz der Moderne“. In Bräunsdorf starb Elsa Asenijeff am 5. April 1941, der Aktenlage nach an Lungenentzündung.[2]

Seit 2011 steht auf dem Bräunsdorfer Friedhof eine vom Kulturhof e.V. Kleinvoigtsberg errichtete Stele, die an Elsa Asenijeff erinnert.

Schaffen

Asenijeff behandelt in ihren Büchern Themen, wie die Gewalt in den Geschlechterbeziehungen, die sexuelle Unterdrückung der Frauen oder die Unfähigkeit der Männer, Frauen auf geistiger Ebene als gleichberechtigte Partner zu begegnen, und kann als frühe Vorläuferin des Differenz-Feminismus betrachtet werden.[4] Einige ihrer Werke tragen autobiographische Züge. Interessiert verfolgte sie auch Klingers künstlerische Arbeiten, wie z. B. in der Studie zu seiner Beethoven-Plastik.

Sie gilt als eine frühe Vertreterin des Expressionismus in der Literatur.

Werke (Auswahl)

  • Ist das Liebe? Kleine psychologische Erzählungen und Betrachtungen. 2. Auflage. Friedrich, Leipzig 1896, (Reprint: Turmhut-Verlag, Mellrichstadt 2005, ISBN 3-936084-43-2)
  • Sehnsucht, Wilhelm Friedrich Verlag, Leipzig, 1898. (digitalisiert)
  • Aufruhr der Weiber und das Dritte Geschlecht.. Wilhelm Friedrich Verlag, Leipzig, 1898. (Online bei ALO). (Reprint: Austrian literature online, Band 7. Austrian literature online, Graz (u. a.) s. a., ISBN 3-226-00394-1).
  • Sehnsucht.. Wilhelm Friedrich Verlag, Leipzig 1898. (Online bei ALO).
  • Unschuld, Ein modernes Märchenbuch, Verlag Hermann Seemann Nachfolger, Leipzig, 1901. (digitalisiert)
  • Tagebuchblätter einer Emancipierten.. Seemann, Leipzig 1902. (Online bei ALO). (Kommentierte Neuauflage: Turmhut-Verlag, Mellrichstadt 2006, ISBN 3-936084-61-0).
  • Max Klingers Beethoven – eine kunst-technische Studie. Hermann Seemann Nachfolger, Leipzig 1902.
  • Die Schwestern, eine Novelle, Magazin-Verlag Jacques Hegner, Berlin und Leipzig, 1905. (digitalisiert)
  • Die neue Scheherazade. Ein Roman in Gefühlen.. Müller, München 1913. (Online bei ALO).
  • Hohelied an den Ungenannten, Georg Müller Verlag, München, 1914 (Reprint Nabu Press, 2012, ISBN 978-1-274-60794-2). (digitalisiert)
  • Aufschrei. Freie Rhythmen. A. H. Payne, Leipzig 1922.
  • Bilanz der Moderne – Gedichte aus der Anstalt, (Hrsg. Rita Jorek), Turmhut-Verlag, Mellrichstadt 2010, ISBN 978-3-936084-82-5.
  • Bo Osdrowski/Tom Riebe (Hrsg.): Elsa Asenijeff. Versensporn – Heft für lyrische Reize Nr. 19, Edition POESIE SCHMECKT GUT, Jena 2015, 120 Exemplare.

Literatur

  • Rita Jorek: Aufschrei (Elsa Asenijeff). In: Friderun Bodeit (Hrsg.): Ich muß mich ganz hingeben können. Frauen in Leipzig. Verlag für die Frau, Leipzig 1990, ISBN 3-7304-0256-0, S. 175–190.
  • Peter Nürnberg: Traumgekrönt. Elsa Asenijeff als Schriftstellerin. In: Leipziger Blätter Heft 17/1990. (Seemann), Leipzig 1990, ISSN 0232-7244, S. 40–43. 
  • Horst Riedel: Stadtlexikon Leipzig von A bis Z. PRO LEIPZIG, Leipzig 2005, ISBN 3-936508-03-8, S. 27.
  • Rita Jorek: Asenijeff, Elsa (1867–1941). In: Britta Jürgs (Hrsg.): Denn da ist nichts mehr, wie es die Natur gewollt. Portraits von Künstlerinnen und Schriftstellerinnen um 1900. AvivA, Berlin (u. a.) 2001, ISBN 3-932338-13-8, S. 53–72.
  • Annegret Friedrich: Max Klinger und Elsa Asenijeff. Geschlechterdifferenz als Programm. Dem Andenken an Ursula Baumgartl gewidmet. In: Femme fatale. Entwürfe. Frauen – Kunst – Wissenschaft, Band 19. S. n., Mannheim 1995, S. 31–41, OBV.
  • Elsa Asenijeff. In: Christa Gürtler, Sigrid Schmid-Bortenschlager: Eigensinn und Widerstand. Schriftstellerinnen der Habsburgermonarchie. Ueberreuter, Wien 1998, ISBN 3-8000-3706-8, S. 201–212.
  • Brigitte Spreitzer: Im Glanze seines Ruhmes … Elsa Asenijeff (1867–1941), im Zwielicht. In: Frauke Severit (Hrsg.): Das alles war ich. Politikerinnen, Künstlerinnen, Exzentrikerinnen der Wiener Moderne. Böhlau, Wien (u. a.) 1998, ISBN 3-205-98922-8, S. 163–201.
  • Brigitte Spreitzer: ‚Kotzbrocken‘. Elsa Asenijeffs Behauptung weiblicher Denk-Eigenart wider das „große Wahngebäude“ der männlichen Wissenschaft. In: Brigitte Spreitzer: Texturen. Die österreichische Moderne der Frauen. Studien zur Moderne, Band 8, Passagen-Verlag, Wien 1999, ISBN 3-85165-365-3, S. 131–134. (Zugleich: Habilitationsschrift, Universität Graz, Graz 1998).
  • Brigitte Spreitzer: „Nicht immer dies eine Ich sein“ … Die „kleine Kette ewiger Zersetzungsprozesse“ in den Anläufen weiblicher Selbstkonstitution bei Elsa Asenijeff. In: Spreitzer: Texturen. S. 70–78.
Commons: Elsa Asenijeff  – Sammlung von Bildern
Wikisource: Elsa Asenijeff  – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. 1 2 3 Rita Jorek: Aufschrei. siehe Lit.
  2. 1 2 3 Christiane Kruse: Wer lebte wo in Leipzig. Verlagshaus Würzburg - Stürtz, 2011, ISBN 978-3-8003-1997-8, S. 8.
  3. Leipzig-Lexikon
  4. 1 2 Elsa Asenijeff (1868–1941). Nonkonformistin und Künstler-Muse. Biographie. (Memento vom 6. Januar 2013 im Internet Archive) In: Frauen-Werke. Ariadne-Projekt, Österreichische Nationalbibliothek, 2006.
  5. SLUB Dresden Historische Adressbücher
  6. Peter Nürnberg: Traumgekrönt. Elsa Asenijeff als Schriftstellerin.