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vom 02.11.2021, aktuelle Version,

Gustav Gugitz (Heimatforscher)

Gustav Gugitz (* 9. April 1874 in Wien; † 3. März 1964 in Rekawinkel[1]) war ein österreichischer Heimatforscher, Volkskundler und Kulturhistoriker.

Aufnahme von Max Fenichel

Leben

Gugitz studierte an der Universität Wien Theatergeschichte, schloss sein Studium aber nie ab.[2] Er lebte als Nachkomme einer berühmten und vermögenden Kärntner Familie als Literat und Privatgelehrter. Durch die Inflation nach dem Ersten Weltkrieg verarmte er und musste in der Folge seinen Lebensunterhalt und den seiner Familie durch Tätigkeiten in Verlagen, Antiquariaten und schließlich als Angestellter der Wiener Stadtbibliothek erwerben. Da Gugitz, dessen politische Auffassungen bereits 1916 für den Abbruch der langjährigen Zusammenarbeit mit dem jüdischen Sammler und Privatgelehrten Max von Portheim verantwortlich waren, schon am 6. Mai 1926 als überzeugter Faschist der NSDAP beitrat (Mitgliedsnummer 50.771)[3], war er nach dem Ende des Dritten Reiches als Bibliothekar nicht länger tragbar.[4]

In der Zeit von 1896 bis zu seinem Ableben erschien sein wissenschaftliches Werk in 371 Titeln. Gugitz beschäftigte sich zeit seines fast neunzigjährigen Lebens mit Wiener Stadtgeschichte, mit allgemeiner Kulturgeschichte und mit religiöser Volkskunde. Grundlegende und sehr umfangreiche Werke begründeten seinen Ruhm als Kulturhistoriker und als „Historiograph der Wiener“. Er betätigte sich auch als Literaturhistoriker und veröffentlichte im Jahr 1910 den Neudruck des 1815 anonym erschienenen pornographischen Romans „Schwester Monika erzählt und erfährt...“, den er dem Hauptvertreter der „schwarzen Romantik“ E.T.A. Hoffmann zuschrieb. Die überwiegende Mehrheit der Hoffmann-Forscher (Hans von Müller, Carl Georg von Maassen und andere) teilte diese Meinung nicht.

Obwohl Gugitz nie im Wiener Stadt- und Landesarchiv angestellt war, gibt es kaum einen Bestand des Stadtarchivs, in dem keine von Gugitz mit Kugelschreiber angebrachten Eintragungen zu finden sind. Jedes Mal, wenn Gugitz einen falsch geschriebenen Namen eines Prominenten auf einem Konskriptionsbogen fand, schrieb er den korrekten Namen mit blauem Kugelschreiber auf die Archivalie. Viele seiner zahlreichen Eintragungen in den Politica-Protokollen der Hauptregistratur sind überdies irrig.

Gugitz hinterließ eine rund 6000 Bände umfassende Viennensia-Bibliothek (heute Wienbibliothek im Rathaus) und eine über 3000 Bilder umfassende Sammlung von Andachtsbildern, die heute in den Bestand des Österreichischen Museums für Volkskunde in Wien eingegangen ist.

Ehrungen

Für seine Verdienste wurde ihm als dem vielseitigsten und damals anerkanntesten Wien-Schriftsteller anlässlich der Vollendung des 85. Geburtstages 1959 die Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien verliehen. Das Österreichische Museum für Volkskunde brachte 1954 anlässlich seines 80. Geburtstages eine Festschrift heraus, an der bedeutende Volkskundler Österreichs und Deutschlands mitwirkten. Nach seinem Tod wurde Gugitz am Gersthofer Friedhof (Gruppe 1, Reihe 1, Nummer 27) in einem ehrenhalber gewidmeten Grab beigesetzt.

1966 wurde die Gugitzgasse im 19. Wiener Gemeindebezirk Döbling nach ihm benannt.[5]

Werke

  • Leben! Eine Wiener Geschichte. Bruns, Minden [1901].
  • Der Stammbaum und andere Novellen. Bruns, Minden [1903].
  • Johann Pezzl. Zu seinem 150. Geburtstag In: Jahrbuch der Grillparzer-Gesellschaft. Bd. 16, 1906, S. 164 ff.
  • Das Wertherfieber in Österreich. Eine Sammlung von Neudrucken. Wien 1908.
  • Schriftsteller – Verleger – Publikum. 10-Jahres-Almanach des Georg Müller-Verlages. München 1913, S. 56 ff.
  • Altwiener Bilder und Gestalten. Wien 1920 (gemeinsam mit Emil Karl Blümml).
  • Giacomo Casanova und sein Lebensroman. Historische Studien zu seinen Memoiren. Strache, Wien 1921.
  • Von Leuten und Zeiten im alten Wien. Wien 1922 (gemeinsam mit Emil Karl Blümml).
  • Die schöne Linzerin. Ein Beitrag zur Alt-Linzer Sittengeschichte. Linz 1929.
  • Zum religiösen Brauchtum in Oberösterreich. Vergessenes aus josephinischen Aufklärungsschriften. In: Heimatgaue. Bd. 15, 1934, S. 16 ff.
  • Das Türkenmotiv in den Gnadenstätten der Ostmark In: Jahrbuch für Landeskunde der Ostmark. Bd. 28, 1938, S. 363 ff.
  • Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Nebst Quellen- und Literaturhinweisen. 5 Bände. Herausgegeben vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Wien 1947–1962.
  • Das Jahr und seine Feste im Volksbrauch Österreichs. Studien zur Volkskunde. 2 Bände. Wien 1949–1950.
  • Das kleine Andachtsbild in den österreichischen Gnadenstätten, in Darstellung, Verbreitung und Brauchtum, nebst einer Ikonigraphie. Wien 1950.
  • Niederösterreichische Schalensteine im Volksglauben. In: Österreichische Zeitschrift für Volkskunde. Bd. IV/53, 1950, S. 97 ff.
  • Die Sagen und Legenden der Stadt Wien. Wien 1952.
  • Österreichs Gnadenstätten in Kult und Brauch. Ein topographisches Handbuch zur religiösen Volkskunde. 5 Bände Wien 1955–1958.
  • Kärntner Gnadenstätten in der Graphik ihrer Andachtsbilder (= Buchreihe des Landesmuseums für Kärnten. Bd. 13). Klagenfurt 1963.
  • Bio-Bibliographisches Literatur-Lexikon Österreichs. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Wien 1964 (gemeinsam mit Hans Giebisch).
  • Die Linzer Gnadenbilder und ihre Verbreitung durch das kleine Andachtsbild In: Kunstjahrbuch der Stadt Linz. Linz 1965, S. 5 ff.
Als Herausgeber
  • Anonymus: Schwester Monika erzählt und erfährt. Eine erotisch-psychisch-physisch-philantropisch-philantropinische Urkunde des säkularisierten Klosters X. in S… E. T. A. Hoffmann zugeschrieben u. hrsg. von Gustav Gugitz. Ludwig, Wien 1910; Neudruck: Gala, Hamburg 1965.
Übersetzungen
  • Joris-Karl Huysmans: Da unten!. 2 Bände. Übersetzt von Gustav Gugitz. Magazin-Verlag J. Hegner, Leipzig 1903.(Kulturhistorische Liebhaberbibliothek. Bd. 6–7).

Literatur

  • Leopold Schmidt (Hrsg.): Kultur und Volk. Beiträge zur Volkskunde aus Österreich, Bayern und der Schweiz. Festschrift für Gustav Gugitz zum 80. Geburtstag (= Veröffentlichungen des Österreichischen Museums für Volkskunde. ZDB-ID 984973-7, Bd. 5). Selbstverlag des Österreichischen Museums für Volkskunde, Wien 1954 (enthält ein biographisches Geleitwort von Leopold Schmidt).
  • Leopold Schmidt: Gustav Gugitz Bibliographie. In: Kunstjahrbuch der Stadt Linz. ISSN 0454-6601, 1965, S. 27 ff.
  • Karl Cajka: Alle Wiener Wege führen über Gugitz. Persönliche Erinnerungen an den Viennensia-Altmeister. In: wien aktuell. ISSN 0043-5279, Bd. 14, 1974, S. 29.
  • Helga Peterson: Gustav Gugitz. Leben und Werk. Dissertation, Universität Wien, 2003 (maschinschriftlich).
  • Reinhard Buchberger: „Lieber Herr Doktor!“ – Die Briefe Max von Portheims an Gustav Gugitz. In: Ders. u. a. (Hrsg.): Portheim sammeln & verzetteln. Die Bibliothek und der Zettelkatalog Max von Portheim in der Wienbibliothek. Sonderzahl, Wien 2007, S. 72–89.

Einzelnachweise

  1. Gustav Gugitz (Historiker) im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
  2. Gustav Gugitz (Historiker) im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
  3. Bundesarchiv R 9361-II/335592
  4. Siehe Reinhard Buchberger u. a. (Hrsg.): Portheim sammeln & verzetteln. Wien 2007, S. 64, und Helga Peterson: Gustav Gugitz. Leben und Werk. Dissertation, Universität Wien, 2003, S. 208 ff.
  5. Wiener Straßennamen und ihre historische Bedeutung, abgerufen am 8. Januar 2013.