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vom 21.02.2022, aktuelle Version,

Kärntner Abwehrkampf

Kärntner Abwehrkampf

Gedenkstein in Wernberg
Datum 5. Dezember 1918 bis 6. Juni 1919
Ort Kärnten, Österreich
Ausgang Sieg des Landes Kärnten aufgrund des Rückzugs der SHS-Armee aus den besetzten Kärntner Gebieten
Folgen Am 10. Oktober 1920 für Österreich erfolgreiche Volksabstimmung in Südkärnten
Konfliktparteien

Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen

Osterreich Österreich

Befehlshaber

Rudolf Maister
Franjo Malgaj 

Arthur Lemisch
Ludwig Hülgerth
Hans Steinacher

Verluste

150 Tote

200–270 Tote
800 Verwundete[1]

Der Kärntner Abwehrkampf (slowenisch Boj za severno mejo / Kampf um die Nordgrenze) war nach dem Ende des Ersten Weltkriegs die bewaffnete Auseinandersetzung von Verbänden der provisorischen Kärntner Landesregierung mit Truppen des SHS-Staates um die staatliche Zugehörigkeit der vom SHS-Staat beanspruchten Gebiete im Südosten Kärntens, deren Bevölkerung zum großen Teil slowenisch sprach.

Verlauf

Phase 1

Gedenkplatte eines Denkmals beim Silbersee in Villach, das an den Kärntner Abwehrkampf erinnert. Namentlich genannt werden die Maria Gailer Freiwillige Sturmkompanie, Volkswehrbataillon Nr.  4, Villacher Alarmkompanie und Heimwehrkompanie, sowie Abwehrkämpfer und KHD Einsatzleiter von Villach Oskar Kraus.
22 Abwehrkämpfer sind am Zentralfriedhof Villach beigesetzt

Nachdem der Kärntner Landesausschuss Kärnten am 25. Oktober 1918 für unteilbar erklärt hatte, drangen am 5. November 1918 Truppen des SHS-Staats wie zuvor in der Steiermark auch in Südostkärnten ein. Die SHS-Polizei rückte in das Rosen- und untere Gailtal vor. Am 11. November 1918 konstituierte sich das Land Kärnten und erklärte in seiner Landesverfassung den Beitritt zur Republik Deutschösterreich. Am 19. November 1918 wurde mit dem Ferlacher Abkommen eine Demarkationslinie auf Höhe der Stadt Bleiburg und dann Richtung Westen den Flüssen Drau, Gail und Gailitz folgend, festgelegt.

Schon am 26. November 1918 wurde diese Linie von slowenischen Truppen überschritten und Ferlach, das nördlich der Drau gelegene Völkermarkt sowie die im südlichen Lavanttal gelegenen Orte Lavamünd und Sankt Paul im Lavanttal[2] besetzt. Die Kärntner Landesregierung verlegte ihren Sitz angesichts dieser Bedrohung nach Spittal an der Drau.

Am 5. Dezember 1918 beschloss die provisorische Kärntner Landesregierung unter dem Landesverweser Arthur Lemisch den bewaffneten Widerstand gegen ein weiteres Vordringen der SHS-Truppen, die seit dem 1. Dezember dem Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen unterstanden. Anlass war ein gemeinsamer Antrag aller Landtagsparteien, vertreten durch die Abgeordneten Fritz Dörflinger (GDVP), Florian Gröger (SDAP) und Konrad Walcher (CSP).[3] Die deutschösterreichische Regierung lehnte den Abwehrkampf offiziell ab – das hungernde Land war auf Lebensmittellieferungen aus dem SHS-Staat angewiesen –, unterstützte Kärnten jedoch unter anderem durch Material- und Truppensendungen.[4] Die Leitung übernahmen Oberstleutnant Ludwig Hülgerth als Landesbefehlshaber und Oberleutnant Hans Steinacher als Truppenführer.

Der Befreiungskampf, auch als Kärntner Abwehrkampf bezeichnet, begann am 14. Dezember 1918 mit der Abwehr des Angriffs auf Klagenfurt bei Grafenstein.[5] Das südliche Lavanttal konnte bis Jahresende befreit werden. Ein slowenischer Großangriff entlang der Drau am 3. Jänner 1919 konnte abgewehrt werden. Am 5. Jänner 1919 erfolgte im Gailtal die Rückeroberung von Arnoldstein sowie ein Vormarsch gegen das Rosental und am 8. Jänner die Rückeroberung von Ferlach. Am 14. Jänner wurde ein Waffenstillstand geschlossen; eine amerikanische Kommission (die sogenannte „Miles-Mission“, benannt nach ihrem Leiter Lt. Col. Sherman Miles) studierte vor Ort die strittigen Gebietsfragen.

Phase 2

Am 29. April 1919 brachen die Jugoslawen mit einem Großangriff den Waffenstillstand, um Klagenfurt und Villach zu erobern. Nachdem die Jugoslawen die Kärntner Verbände zunächst zurückdrängen konnten, ging man zum Gegenangriff über. Bis zum 5. Mai wurden Bleiburg und Eisenkappel zurückerobert. Am 7. Mai erreichten Kärntner Verbände die alte Grenze und stießen weiter bis Windischgraz (Slovenj Gradec) in der Untersteiermark vor. Ein weiteres Vorrücken in Richtung Südosten wurde von der Wiener Regierung untersagt, da man dadurch Nachteile bei den Verhandlungen in St. Germain befürchtete. Am 9. Mai 1919 zogen sich die Kärntner Truppen daher an die alte Grenze zurück.

Die Abstimmungszonen A und B mit den Bedingungen für das Stimmrecht

Der Friedensvertrag von St. Germain sah eine Volksabstimmung in Südkärnten vor; ohne Abstimmung wurden das Kanaltal Italien und das Mießtal, Unterdrauburg und die Gemeinde Seeland (Kankertal) dem SHS-Königreich zugeschlagen. Sie gehören heute zu Slowenien.

Phase 3

Nach dem Beschluss einer Volksabstimmung versuchte der SHS-Staat erneut, durch Waffengewalt vollendete Tatsachen zu schaffen. Reguläre jugoslawische Truppen unter dem Befehl von General Rudolf Maister überschritten am 28. Mai 1919 mit rund fünffacher Überlegenheit die Grenze und besetzten am 6. Juni Klagenfurt, das sie aber nach einer Aufforderung des Obersten Rats der Alliierten in Paris wieder räumen mussten. Es folgte der Einmarsch italienischer Truppen, die diesen neuen Waffenstillstand überwachen sollten. Von da an unterblieben weitere Kämpfe. Insgesamt hatte es bis zu diesem Zeitpunkt allein auf Seite der Kärntner bei den Kämpfen mehr als 200 Tote und 800 Verwundete gegeben.

Volksabstimmung

Denkmal im Innenhof des Kärntner Landtags

Die Volksabstimmung am 10. Oktober 1920 in der südlichen „Zone A“ (mit rund 70 % slowenischem Bevölkerungsanteil, und von Truppen des SHS-Staates besetzt) ergab 22.025 Stimmen (59 %) für den Verbleib bei Österreich und 15.279 (41 %) Stimmen gegen Österreich. Somit votierte fast jeder zweite wahlberechtigte Kärntner mit slowenischer Muttersprache für den Verbleib bei Kärnten, wenn man annimmt, dass alle wahlberechtigten deutschsprachigen Bewohner des Abstimmungsgebietes für den Verbleib bei Österreich stimmten. Hätte sich „Zone A“ für einen Anschluss an das SHS-Reich entschieden, hätte ebenfalls in der kleineren nördlichen, von österreichischen Truppen besetzten „Zone B“ (die auch Klagenfurt beinhaltete[6]) abgestimmt werden müssen.

In der Zeit danach wurde der Abwehrkampf vielfach kontrovers diskutiert bzw. durch die Politik instrumentalisiert. Es kam zu Vereinfachungen und Verzerrungen, die auch durch die sich etablierende Festtagskultur zum 10. Oktober gefördert wurden.[4]

Literatur

  • Claudia Fräss-Ehrfeld: Geschichte Kärntens 1918–1920. Abwehrkampf-Volksabstimmung-Identitätssuche. Verlag Johannes Heyn, Klagenfurt 2000. ISBN 3-85366-954-9.
  • Claudia Fräss-Ehrfeld: Kärnten 1918–1920. In: Stefan Karner, Lorenz Mikoletzky (Hrsg.): Österreich. 90 Jahre Republik. StudienVerlag, Innsbruck u. a. 2008, ISBN 978-3-7065-4664-5.
  • Andreas Mölzer: Korporationsstudenten im Kärntner Abwehrkampf der Jahre 1918/19. Einst und Jetzt, Band 32 (1987), S. 133–157.
  • Wilhelm Neumann: Abwehrkampf und Volksabstimmung in Kärnten 1918–1920. Legenden und Tatsachen. 3. Auflage. Kärntner Landesarchiv, Klagenfurt 1997, ISBN 3-900531-38-2.
  • Wilhelm Neumann: Kärnten 1918–1920. Ereignisse – Dokumente – Bilder. 2. Auflage. Verlag des Landesmuseums Kärnten, Klagenfurt 1980.
  • Hubert Steiner: Klagenfurt im Ersten Weltkrieg. Phil. Diss., Graz 1983

Einzelnachweise

  1. Als man mit Blut die Grenze schrieb. (Essay)
  2. Abwehrkampf im Lavanttal
  3. Provisorische Kärntner Landesversammlung. Das völkerrechtswidrige Vorgehen der Südslawen in Kärnten. In: Freie Stimmen. Klagenfurt 7. Dezember 1918, S. 1 (onb.ac.at).
  4. 1 2 Claudia Fräss-Ehrfeld: Kärnten 1918–1920.
  5. Stein für Hörtendorf. Erinnerungen an den ersten Schuss im Abwehrkampf!
  6. Ohne Viktring; war bis 1938 einen eigenständige Gemeinde