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vom 17.03.2020, aktuelle Version,

Karl Theodor zu Guttenberg (1921–1972)

Guttenberg im Jahre 1967

Karl Theodor Maria Georg Achatz Eberhart Joseph Buhl-Freiherr von und zu Guttenberg (geb. Freiherr von und zu Guttenberg)[1] (* 23. Mai 1921 auf Schloss Weisendorf; † 4. Oktober 1972 in Stadtsteinach) war ein deutscher Politiker (CSU).

Er war von 1967 bis 1969 Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeskanzleramt.

Leben

Guttenberg begann seine Schulausbildung auf dem Jesuitenkolleg Stella Matutina in Feldkirch in Vorarlberg, das im März 1934 nach St. Blasien im Schwarzwald umzog. Ein Großonkel Guttenbergs war der Bischof von Steinamanger, János Mikes.[2] Guttenbergs Vater Georg Enoch Freiherr von und zu Guttenberg wurde beim sogenannten Röhm-Putsch am 1. Juli 1934, morgens um 3 Uhr abgeholt und kam – trotz verbürgter Todesnachrichten – nach einigen Wochen wieder frei.[2] 1936 wechselte Guttenberg auf das Alte Gymnasium in Würzburg, wo er 1938 das Abitur ablegte. Danach ging er als Offizieranwärter zur Wehrmacht und nahm am Zweiten Weltkrieg teil.

1940, kurz vor Beginn des Westfeldzuges, kritisierte er einen Leutnant seiner Abteilung, der sich rühmte, in Polen bei einer Razzia „einen dreckigen Juden eigenhändig erstochen“ zu haben. Guttenberg fuhr ihn an: „Ich hätte an Ihrer Stelle lieber auf die SS als auf die Juden geschossen“, und fügte hinzu: „Hitler ist ein Abenteurer, der den Überblick verloren hat.“ Ein daraufhin eröffnetes Kriegsgerichtsverfahren wurde mit Hilfe eines Freundes seines Vaters eingestellt. In einem Disziplinarverfahren seiner Einheit wurde Guttenberg, wie er selbst berichtet, mit Arrest bestraft, weil „ich in einem älteren Kameraden den falschen Eindruck erweckte, ich sei staatsfeindlich“.[3] 1944 kam Karl Theodor über seinen Onkel Karl Ludwig Freiherr von und zu Guttenberg in den Umkreis des militärischen Widerstands gegen Adolf Hitler, der im Attentat vom 20. Juli 1944 gipfelte. Sein Onkel wurde hingerichtet.

Guttenberg geriet 1944 in britische Gefangenschaft, dort arbeitete er unter anderem für den Soldatensender Calais.[4] Im Herbst 1946 wurde er wegen der Beleidigung „Saujude“ zu einer Geldstrafe von 300 Mark verurteilt. Guttenberg selbst sagte dazu: „Mein Gewissen läßt es nicht zu, mit Sicherheit zu behaupten, ich hätte die Äußerung nicht gebraucht.“[5]

1957 wurde er, zusammen mit seiner Mutter Elisabeth, von Kardinal-Großmeister Nicola Kardinal Canali zum Ritter des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem ernannt und am 30. April 1957 in München durch Lorenz Jaeger, Großprior der deutschen Statthalterei, investiert. Er gehörte der Komturei Bamberg an.[6]

Ende der 1960er Jahre wurde bei Guttenberg unheilbare amyotrophe Lateralsklerose diagnostiziert und dass er nur noch zwei bis drei Jahre zu leben habe. Das Gehen fiel ihm zunehmend schwer. Nach seiner letzten Bundestagsrede am 27. Mai 1970 konnte er nicht mehr allein vom Podium herabsteigen, worauf ihn Rainer Barzel und Leo Wagner stützten. Bei der Abstimmung über die Ostverträge am 17. Mai 1972 war Guttenberg das letzte Mal im Bundestag anwesend; er musste mit dem Rollstuhl zur Wahlurne gefahren werden. Danach zog er sich zu seiner Familie nach Guttenberg zurück. Die letzten Wochen seines Lebens war er bettlägerig und konnte sich bei völliger geistiger Klarheit nur noch mit Handzeichen verständlich machen.[7]

In der Einleitung zu Guttenbergs Lebenserinnerungen, Fußnoten, zitiert Friedrich Torberg den Minnesänger Süßkind von Trimberg: „Wer adellichen tuot, den wil ich han vür edel“ – auf neuhochdeutsch „Wer adlig sich beträgt, soll mir für edel gelten“. Die Einleitung endet mit dem Satz „Der Freiherr Karl Theodor von Guttenberg tout adellichen“.

Familie

Guttenberg entstammte dem alten fränkischen Adelsgeschlecht der Familie von Guttenberg, die bis ins 12. Jahrhundert zurückreicht und im Jahr 1700 durch Kaiser Leopold I. in den Reichsfreiherrenstand erhoben wurde.

Sein Vater war Georg Enoch Freiherr von und zu Guttenberg (1893–1940), seine Mutter Elisabeth, geborene Freiin von und zu der Tann-Rathsamhausen (1900–1998). Er hatte drei Geschwister: Philipp Franz (1920–1943), Maria Nives (* 1925) und Therese (1929–1953), die mit dem Architekten Alexander von Branca verheiratet war.[8]

Er heiratete Anfang Juli des Kriegsjahres 1943 in München die in Pesch geborene Rosa Sophie Prinzessin und Herzogin von Arenberg (1922–2012), die älteste Tochter des Prinzen und Herzogs Robert-Prosper von Arenberg (1895–1972) und der Fürstin Gabrielle von Wrede (1895–1971). Die einzige Schwester seiner Gattin, Dr. med. vet. Anna-Eugénie Prinzessin und Herzogin von Arenberg (1925–1997), war seit November 1952 mit Felix Habsburg-Lothringen (1916–2011) verheiratet, einem Sohn des letzten österreichischen Kaiserpaares Karl I. und Zita.

Guttenberg und seine Frau hatten fünf Kinder: Elisabeth (* 1944), seit 1965 Ehefrau des CSU-Politikers Franz Ludwig Schenk Graf von Stauffenberg, Georg Enoch (1946–2018), Dirigent, Michaela (* 1949), verheiratet mit Johannes Freiherr Heereman von Zuydtwyck, Benedikta (* 1953), die nur wenige Wochen alt wurde, und Praxedis (* 1956), verheiratet mit Albrecht Freiherr von Boeselager.[9]

Guttenberg war Besitzer großer Ländereien in Franken, vieler Hotels und Kureinrichtungen sowie des Deidesheimer Weinguts Reichsrat von Buhl.[10]

Der ehemalige Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (* 1971) ist sein Enkel.

Partei

1946 war er Mitbegründer der CSU in seinem Heimatort Stadtsteinach. Bis 1972 blieb er Vorsitzender des dortigen CSU-Kreisverbands. In der CSU war er weiterhin von 1957 bis 1972 Mitglied des Vorstandes des Bezirksverbandes Oberfranken und gehörte von 1961 bis 1972 dem Landesvorstand an. Kurz vor seinem Tod wählte ihn dieser zum Ehrenvorsitzenden.

Abgeordneter

Guttenberg gehörte von 1948 bis 1952 und von 1962 bis 1972 dem Kreistag des Landkreises Stadtsteinach an. Er war von 1957 bis zum 6. Juni 1972 Mitglied des Deutschen Bundestages. 1957 und 1961 wurde er im Bundestagswahlkreis Forchheim, 1965 im Bundestagswahlkreis Kulmbach direkt gewählt; 1969 zog er über die Landesliste Bayern in den Bundestag ein.

Als Parlamentarischer Staatssekretär empfängt Guttenberg am 14. Dezember 1967 den Gouverneur von Michigan George W. Romney

Dort profilierte sich Guttenberg bald als Außenpolitiker und scharfer Debattenredner, der aber auch beim politischen Gegner Achtung fand. Nach dem Rücktritt der FDP-Minister aufgrund der Spiegel-Affäre sondierte er ab dem 26. November 1962 im Auftrag von Bundeskanzler Konrad Adenauer gemeinsam mit Paul Lücke (CDU) bei Herbert Wehner (SPD) die Möglichkeiten für eine Große Koalition. Da Guttenbergs Parteifreunde darüber anfänglich nicht informiert waren, wurde Guttenberg in der CSU hart kritisiert.[11] Diese Sondierungen gingen am 1. Dezember 1962 in offizielle Koalitionsverhandlungen über. Sie scheiterten jedoch am 5. Dezember, weil sich die CDU weigerte, über die Frage einer weiteren Kanzlerschaft Adenauers zu reden. Freiherr zu Guttenberg war während seiner Zeit im Bundestag außenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

1965 gehörte Guttenberg zu den Hauptbeteiligten der Parlament und Öffentlichkeit gleichermaßen beschäftigenden Affäre Huyn.

Bekannt wurde Guttenberg auch durch seine Opposition gegen die Ostpolitik der Regierung Brandt. So stellte er sich heftig gegen die Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969, in der erstmals von „zwei Staaten in Deutschland“ die Rede war.[12] Guttenberg bezeichnete dies am folgenden Tag vor dem Bundestag als „eine dunkle Stunde für dieses Haus, für unser Volk“.[13]

Seine letzte Rede vor dem Bundestag hielt er am 27. Mai 1970, und wieder warnte er vor dem „Anerkennungskurs“ der Regierung Brandt/Scheel, der dazu führen werde, dass die „Sowjetunion ihre Vorherrschaft über ganz Europa gewinnen kann“. 1972 gehörte er zu den wenigen CDU/CSU-Abgeordneten, die gegen die „Ostverträge“ (den Moskauer Vertrag und den Warschauer Vertrag) stimmten, während die Mehrheit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sich lediglich der Stimme enthielt und damit die Ratifizierung sicherte.

1969 beteiligte sich Guttenberg am Aufbau des Stauffenberg-Dienstes, eines privaten Nachrichtendienstes, der für die CDU und CSU Informationen sammelte und Berichte verfasste. In dessen Arbeit war Guttenberg bis Juni 1972, kurz vor seinem Tod, involviert. Seine Aufgabe im Dienst übernahm Werner Marx.

Öffentliche Ämter

1952 wurde Guttenberg Landrat des Kreises Stadtsteinach; dieses Amt übte er bis zu seiner Wahl in den Bundestag 1957 aus.

Am 17. April 1967 wurde er zum Parlamentarischen Staatssekretär im Bundeskanzleramt berufen und gehörte damit dem Kabinett Kiesinger an. Sein Amt endete mit der Wahl Willy Brandts zum Bundeskanzler am 21. Oktober 1969.

Ehrungen

Kritik

In ihrem 1973 erschienenen Buch Ihr da oben – wir da unten warfen Bernt Engelmann und Günter Wallraff zu Guttenberg vor, dass seine Lehrlinge zu lange Arbeitszeiten zu leisten hätten, und kritisierten seinen Umgang mit den gewählten Betriebsräten.

Veröffentlichungen

  • Gemeinsame Außenpolitik? Eine Antwort auf Herbert Wehner. Bonn 1960.
  • Wenn der Westen will. Plädoyer für eine mutige Politik. Stuttgart 1964.
  • Deutschland in der atlantischen Partnerschaft. Düsseldorf 1965.
  • Wege zur Wiedervereinigung. Brauchen wir eine neue Deutschlandpolitik? Hamburg 1965.
  • Die Zukunft Europas. Wirtschaftliche, politische und weltanschauliche Aspekte. Düsseldorf 1970.
  • Im Interesse der Freiheit. Stuttgart 1970.
  • Fußnoten. Mit einem Vorwort von Friedrich Torberg. Stuttgart 1971. (Lebenserinnerungen Guttenbergs.)
  • Die neue Ostpolitik. Wege und Irrwege. Osnabrück 1972.

Literatur

  • Walter Henkels: 99 Bonner Köpfe, durchgesehene und ergänzte Ausgabe, Fischer-Bücherei, Frankfurt am Main 1965, S. 109f.
  • Peter F. Müller, Michael Mueller, Erich Schmidt-Eenboom: Gegen Freund und Feind – Der BND: Geheime Politik und schmutzige Geschäfte. Reinbek: Rowohlt 1. Aufl. 2002. ISBN 3498044818.
Commons: Karl Theodor Freiherr von und zu Guttenberg (1921-1972)  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Johannes Bischoff: Genealogie der Ministerialen von Blassenberg und Freiherrn von und zu Guttenberg 1148–1970. Würzburg 1971, S. 182 (Google Books);
    Ulrich Wirz: Karl Theodor von und zu Guttenberg und das Zustandekommen der Großen Koalition. Menzner 1997, S. 63 (Google Books).
    Der Hauptname Buhl geht zurück auf die Adoption K. Th. Guttenbergs durch die Witwe des Franz Eberhard Buhl, s. dort und in Oberrheinische Studien, Band 2 (1973), S. 334, Fn. 143 (Google Books). Auch der Sohn Enoch zu Guttenberg und die Enkel Karl-Theodor zu Guttenberg und Philipp Franz zu Guttenberg werden amtlich unter dem Nachnamen Buhl-Freiherr von und zu Guttenberg geführt, vgl. ap/Die Welt 1. November 2008 und focus.de 5. Oktober 2016.
  2. 1 2 Karl Theodor Freiherr von und zu Guttenberg: Fußnoten, S. 13 f.
  3. Zitate und Darstellung nach Guttenberg: Fußnoten. Mit einem Vorwort von Friedrich Torberg. Stuttgart 1971, S. 15–18.
  4. Bernt Engelmann, Günter Wallraff: Ihr da oben – wir da unten. rororo, Reinbek bei Hamburg 1976, S. 131 ff.
  5. Weißwurstbekränzt. In: Der Spiegel 40/1959 vom 30. September 1959.
  6. Hans Jürgen Brandt: Jerusalem hat Freunde. München und der Ritterorden vom Heiligen Grab, EOS 2010, Seite 98 f.
  7. Elisabeth zu Guttenberg: Beim Namen gerufen – Erinnerungen. Ullstein Verlag, Berlin 1993, ISBN 3-548-23260-4, S. 262–267.
  8. Elisabeth zu Guttenberg: Beim Namen gerufen – Erinnerungen. Ullstein Verlag, Berlin 1993, ISBN 3-548-23260-4, S. 286.
  9. Manfred Berger: Guttenberg, Karl Theodor Maria Georg Eberhard Joseph Reichsfreiherr von und zu (Memento vom 29. Juni 2007 im Internet Archive). In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 21, Bautz, Nordhausen 2003, ISBN 3-88309-110-3, Sp. 599–608. (Abgerufen am 14. Januar 2010.)
  10. Historie des Weinguts Reichsrat von Buhl (Memento vom 1. Dezember 2013 im Internet Archive). (Abgerufen am 22. September 2009.)
  11. Der Spiegel 51/1962: Verrat im Schloß
  12. Bundeskanzler Willy Brandt: Erklärung der Bundesregierung vom 28. Oktober 1969 („Auch wenn zwei Staaten in Deutschland existieren, sind sie doch füreinander nicht Ausland; ihre Beziehungen zueinander können nur von besonderer Art sein.“ PDF; 162,51 kB)
  13. Wiedergabe der Rede in: Im Interesse der Freiheit. S. 155.
  14. Aufstellung aller durch den Bundespräsidenten verliehenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich ab 1952 (PDF; 6,9 MB)