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vom 26.02.2022, aktuelle Version,

Kunstkammer Wien

Blick in die Kunstkammer Wien

Die Kunstkammer Wien ist eine Sammlung des Kunsthistorischen Museums in Wien. Sie ist den Kunst- und Wunderkammern des späten Mittelalters, der Renaissance- und der Barockzeit nachempfunden und geht vor allem auf die früheren Sammlungen der Habsburger zurück.

Marmorplastik der Giulia Albani degli Abati Olivieri von Camillo Rusconi (Rom, um 1719) in der Kunstkammer Wien [1]
Elfenbeinstatuette „Apollo und Daphne“ von Jakob Auer (Wien, um 1688/90) in der Kunstkammer Wien [2]

Sammlungsgeschichte

Die Kunstkammer Wien entstand aus mehreren Einzelsammlungen, welche durch verschiedene Auftraggeber zusammengetragen wurden. Folgende Sammlungen bilden die Grundlage für die heutige Kunstkammer:

  • Die Kunstkammer Kaiser Rudolfs II. (1552–1612), die in Prag zusammengetragen wurde. Viele der Schätze Rudolfs gingen im Dreißigjährigen Krieg bei der Plünderung der Prager Burg verloren, doch wurde diese aus den zuvor nach Wien verbrachten Beständen mit Werken der Goldschmiede- und Steinschneidekunst der Zeit um 1600 sowie um Bronzen bereichert.
  • Im 17. Jahrhundert kamen die Bestände aus der Kunstkammer Erzherzog Leopold Wilhelms (1614–1662) hinzu. Er gilt als einer der Väter der heute im Kulturhistorischen Museum untergebrachten Gemäldegalerie, erwarb jedoch auch Renaissancebronzen meist italienischer Herkunft sowie Kleinplastiken aus Stein und Holz.
  • In die Schatzkammer im Schweizertrakt der Wiener Hofburg gelangten im 17. Jahrhundert zudem seinerzeit beliebte Arbeiten aus Halbedelsteinen, Drechselarbeiten aus Elfenbein, Schnitzereien aus Rhinozeroshorn und miniaturhafte Wachsmodellierungen.

Die Sammlung im Schloss Ambras wurde 1806 vor den Truppen Napoleons nach Wien in Sicherheit gebracht, wo sie im Unteren Schloss Belvedere zunächst ihre Selbständigkeit bewahrte. Erst die unter Kaiser Franz Joseph I. ab 1875 in Angriff genommene große Reform der kaiserlichen Sammlungen vereinte schließlich alle Kunstkammerbestände im 1891 eröffneten Kunsthistorischen Museum und beließ nur die Objekte mit Insigniencharakter und solche, die an Mitglieder des Kaiserhauses erinnern, in der Schatzkammer.

Die neu gebildete Sammlung fand ihren Platz im Hochparterre des Gebäudes und wurde zunächst als „Sammlung kunstindustrieller Gegenstände“ bezeichnet. 1919 erhielt sie den Namen „Sammlung für Plastik und Kunstgewerbe“. Da diese Sammlung jedoch nur in geringem Maße Großplastiken und nur wenige zweckgebundene Gegenstände des Kunsthandwerks enthält, wurde dieser Name als unpassend betrachtet und man entschloss sich 1990 zur Rückbenennung in „Kunstkammer“.

Nach dem Zusammenbruch der Monarchie 1918 gliederte man der Wiener Kunstkammer die Sammlungen der Nebenlinie Österreich-Este an, 1921 kam die Tapisseriensammlung dazu, bestehend aus ca. 800 Wandteppichen, welche ursprünglich der Ausgestaltung der kaiserlichen Schlösser gedient hatten. Diese Sammlung zählt neben der im Besitz der spanischen Krone befindlichen zu den bedeutendsten ihrer Art. 1938 stiftete Gustav von Benda mit einem Legat der Sammlung weitere wichtige Werke der Florentiner Frührenaissance. Den Zweiten Weltkrieg überstand die Kunstsammlung mit sehr geringen Verlusten. Lediglich Teile der Tapisseriensammlung, welche als Leihgabe nach Berlin und zur Ausstattung von Görings Jagdschloss Carinhall gegeben werden mussten, gelten seit Kriegsende als verschollen.

Seit 1963 sind alle Bestände der Sammlung wieder im Kunsthistorischen Museum Wien vereint. 2002 erforderten die baulichen und technischen Gegebenheiten die vorübergehende Schließung der Kunstkammer. Im Anschluss erfolgte eine grundlegende Sanierung und Erweiterung der Räumlichkeiten sowie die Neuaufstellung und zeitgemäße Präsentation der Objekte.

Nachdem bereits im Dezember 2012 in einer öffentlichen Vorabpräsentation der erste Raum des Museums besucht werden konnte, wurde die als eine der bedeutendsten Kunstsammlungen der Welt geltende Kunstkammer Wien am 1. März 2013 wieder eröffnet.[3]

Bestand

Auf einer Fläche von rund 2.700 m² sind mehr als 2.200 Objekte zu sehen, welche in 20 Themenräumen präsentiert werden.[3]

Zu den künstlerisch bedeutenden Exponaten zählen Goldschmiedearbeiten wie die berühmte Saliera von Benvenuto Cellini, Skulpturen wie die Krumauer Madonna, Bronzefiguren, Elfenbeinarbeiten und Steingefäße, aber auch Uhren, mechanische Automaten, wissenschaftliche Instrumente, technische Spielereien und vieles mehr.

Ausgewählte Objekte

Kunstwerk Künstler Jahr Inventarnr. Bemerkung
Adam und Eva Conrat Meit 1520 ca. KK 9888, 9889 zwei Statuen aus Buchsbaumholz
Apollo und Daphne Jakob Auer 1688 KK 4537 Elfenbeinstatuette
Bergkristall-Pyramide Dionysio Miseroni 1651–1653 KK 2251 145,4 cm hohes Steinschneidekunstwerk aus Bergkristall
Brettspiel für den „Langen Puff“ Hans Kels der Ältere 1537 KK 3419–3449 Brettspiel Kaiser Ferdinands I., nach einem Entwurf von Jörg Breu dem Älteren
Dichter, seiner Geliebten ein Lied vorsingend Tullio Lombardo 1505/10 KK 7471 Marmorrelief, früher als Bacchus und Ariadne bezeichnet
Die Einheit des Staates Francesco Primaticcio 1540–1547 T CV/6 Tapisserie aus Schloss Fontainebleau
Figurenuhr mit Diana auf dem Kentauren Hans Jacob Bachmann 1602/06 KK 1166 Automat mit beweglichen Figuren, der als Trinkspiel einen Pfeil schießt
Flora, Ceres, Bacchus und Vulkan Johan Gregor van der Schardt 1570 ca. KK 1118 u. a. feuervergoldete Bronzestatuen, Allegorie der vier Jahreszeiten
Grablegung Christi Andrea Mantegna zugeschrieben 1480 KK 6059 Bronzerelief, teilweise vergoldet
Heiliger Gregor mit Schreibern Meister der Wiener Gregorplatte 980/990 KK 8399 Elfenbeinrelief
Kaiser Karl V. Leone Leoni 1555 ca. KK 5504 Portraitbüste aus Bronze
Kaiser Leopold I. als Sieger über die Türken Matthias Steinl 1690/93 KK 4662 Reiterstatuette aus Elfenbein
Kaiser Rudolf II. Adriaen de Vries 1603 KK 5506 Bronzebüste
Knabe mit der Gans Andrea Briosco 1515/20 KK 5518 Bronzestatuette
König Joseph I. als Sieger über den Furor Matthias Steinl 1693 KK 4663 Reiterstatuette aus Elfenbein
Krumauer Madonna Meister der Krumauer Madonna 1390/1400 KK 10156 Kalksandstein, gefasst und vergoldet
Madonna mit Kind Antonio Rossellino 1465/70 KK 5455 Marmorrelief
Madonna mit Kind Donatello 1445 KK 7462 Tondo aus vergoldeter Bronze, Marmorrahmen von Desiderio da Settignano
Mechanische Galeone Hans Schlottheim 1585 KK 874 Tischautomat in Form eines Schiffes
Saliera Benvenuto Cellini 1540–1543 KK 881 Goldschmiedarbeit
Spielkarten aus dem Ambraser Hofjagdspiel Werkstätte Konrad Witz 1440/50 KK 5019 u. a. eines der ältesten Kartenspiele nördlich der Alpen
Vanitas Jörg Syrlin oder Michel Erhart 1470/80 KK 1 Allegorie der Vergänglichkeit, Figurengruppe aus Lindenholz
Weibliche Büste Francesco Laurana 1480/90 KK 3405 Marmor mit Wachsapplikationen
Wiener Planetenuhr Jost Bürgi zugeschrieben 1605 ca. KK 846 Gehäuse von Jan Vermeyen

Literatur

Gerät zum perspektivischen Zeichnen von Jost Bürgi (Kassel, 1604) in der Kunstkammer Wien
  • Rotraud Bauer in Zu Gast in der Kunstkammer: 12. Oktober bis 15. Dezember 1991 / eine Ausstellung anlässlich des Einhundertjährigen Bestehens des Kunsthistorischen Museums; Manfred Leithe-Jasper (Hrsg.); Kunsthistorisches Museum Wien, Wien 1991, ISBN 978-3-900325-21-3.
  • Manfred Leithe-Jasper, Rudolf Distelberger: Kunsthistorisches Museum Wien. Band 1. Die Schatzkammer. Verlag C. H. Beck, 1998. (5., aktualisierte Auflage. 2009, ISBN 978-3-406-59178-5.)
  • Sabine Haag (Hrsg.): Ein Wunderraum der Phantasie. Die Kunstkammer des Kunsthistorischen Museums. Kunsthistorisches Museum Wien, Wien 2009, ISBN 978-3-85497-156-6.
  • Sabine Haag, Franz Kirchweger (Hrsg.): Die Kunstkammer. Die Schätze der Habsburger. Kunsthistorisches Museum Wien und Christian Brandstätter Verlag, Wien 2012, ISBN 978-3-85033-661-1.
Commons: Kunstkammer Wien  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Camillo Rusconi: Giulia Albani degli Abati Olivieri; Halbfigur (Memento vom 17. Februar 2013 im Webarchiv archive.today) Europeana, abgerufen am 18. Januar 2013.
  2. Jakob Auer: Apollo und Daphne (Memento vom 17. Februar 2013 im Webarchiv archive.today) Europeana, abgerufen am 18. Januar 2013.
  3. 1 2 Wiedereröffnung der Kunstkammer Wien. In: The Epoch Times. 16. Januar 2013, abgerufen am 7. Januar 2021.