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vom 12.08.2022, aktuelle Version,

Lorenzo Ghiberti

Lorenzo Ghiberti, Selbstporträt
Die Paradiestür in Florenz

Lorenzo Ghiberti (* um 1378 in Pelago; † 1. Dezember 1455 in Florenz) war italienischer Bildhauer, Goldschmied, Erzgießer, Architekt und Kunsttheoretiker. Seine berühmtesten Werke sind das Nordportal und die sogenannte Paradiespforte des Baptisteriums der Kathedrale von Florenz. Seine wohl ab den 1430er oder 1440er Jahre bis zum Tod verfassten Commentarii gehören neben Schriften Cennino Cenninis und Leon Battista Albertis zu den wichtigsten frühen Kunsttraktaten der beginnenden Renaissance.

Leben und Werk

Ghiberti ging bei seinem Stiefvater, dem Goldschmied Bartolo Ghiberti in die Lehre und erlernte seiner Autobiografie zufolge parallel dazu auch die Malerei. Nach eigener Aussage floh er vor 1400 vor der Pest nach Pesaro und arbeitete dort für Malatesta IV. Malatesta.

Im darauffolgenden Jahr ging er nach Florenz und bewarb sich mit einer Probe seines Könnens (Das Opfer Isaaks) um einen ausgeschriebenen Auftrag am Florentiner Baptisterium. Aus dem Wettbewerb ging Ghiberti als Sieger hervor und erhielt den Auftrag, die eine zweite Tür – die erste schuf Andrea Pisano – anzufertigen. Die Arbeit dauerte von 1403 bis 1423. Das Portal besteht aus insgesamt 28 teilweise vergoldeten Reliefs, die in Vierpässe eingefügt sind (womit er in der Anlage des Rahmenwerks Pisano folgt). Die 20 Hauptfelder der Türen zeigen Szenen aus dem Leben und Martyrium Johannes des Täufers, die unteren zwei Reihen zeigen die vier Evangelisten und vier Kirchenlehrer.

Bald nach Beendigung der ersten Bronzetür erhielt er den Auftrag für die Gestaltung eines weiteren Portals, an dem er noch einmal 27 Jahre (1425 bis 1452) arbeitete. Nach seinem Tod führte sein Sohn Vittorio die Arbeit am Rahmenwerk weiter. Die Tür lobte Michelangelo mit den Worten „... sie ist würdig, die Pforte des Paradieses zu schmücken“. In zehn quadratischen Feldern sind Szenen aus dem Alten Testament dargestellt, eingerahmt von reicher Ornamentik mit zahlreichen Figuren (z. B. Putten und Köpfen, darunter er selbst neben seinem Sohn Vittorio).

Als Architekt und Ingenieur wirkte Ghiberti ab etwa 1420 zusammen mit Filippo Brunelleschi als zweiter Dombaumeister in Florenz.

Außerdem schuf Ghiberti als Bronzegießer um 1414 für Nischen an der Kirche Orsanmichele die Bronzestatuen Johannes des Täufers und in den Jahren 1419 bis 1422 die des Matthäus und des heiligen Stephanus (vollendet 1428), die als erste Großbronzen der Renaissance gelten. Aus jener Zeit stammen auch die Bronzereliefs für das Taufbecken von San Giovanni in Siena mit der Taufe Christi (1424) und Johannes der Täufer vor Herodes (1427), sowie die Grabmäler des Leonardo Dati in Santa Maria Novella und des Ludovico degli Albizzi in Santa Croce in Florenz. 1428 fertigte Ghiberti den Reliquienschrein des heiligen Hyazinth und um 1440 den mit Reliefs verzierten Sarkophag des heiligen Zenobius für den Florentiner Dom. Neben zwei kleinen Glocken für die Sakristei, welche Ghiberti 1445 fertigte, zeichnete er auch Entwürfe für dessen Glasfenster. Für den Kathedrale von Arezzo schuf er ebenfalls mehrere Glasfenster.

Grabmal Ghibertis in der Basilika Santa Croce in Florenz

Im Alter von fast 77 Jahren starb Lorenzo Ghiberti am 1. Dezember 1455 in Florenz. Sein Sohn Vittorio (1416–96) führte seine Arbeit fort.

Die Ghiberti-Werkstatt war wegen ihrer prominenten Aufträge und gerade des mit der Herstellung der beiden Bronzeportale verbundenen Aufwands eine wichtige Ausbildungsstätte für Künstler (u. a. Donatello, Paolo Uccello).

Lorenzo Ghiberti war vielseitig interessiert. Als einer der ersten Künstler besaß er nachweislich auch eine Antikensammlung; das Inventar wurde 2019 von der Kunsthistorikerin Doris Carl publiziert.[1] Außerdem verfasste er in den 1450er Jahren den in drei Bücher unterteilten Traktat I Commentarii, der wertvolle Betrachtungen über Kunst und Künstler auch unter geschichtlichen Gesichtspunkten von der Antike bis zum 15. Jahrhundert enthält, sowie kunsttheoretische Gedanken formuliert. Der Traktat übernimmt im ersten Teil weitestgehend Plinius des Älteren antike Kunstgeschichte mit eigener Gewichtung, aber auch den zu seiner Zeit noch „zahllosen Mißverständnissen“.[2] Im Folgenden beschreibt er kurz Werke bis zu seiner Schaffenszeit, dem Beginn des 15. Jahrhunderts, die den dritten und ausführlichsten Teil ausmachen. Dieser ist offensichtlich unvollendet geblieben, er bricht mitten im Satz ab.[3] Der Text enthält Überlegungen zur Optik und Perspektive und rezipiert unter anderem Schriften Alhazens, Roger Bacons, Johannes Peckhams und Witelos.

Siehe auch

Literatur

Ausgaben und Übersetzungen der Commentarii

  • Lorenzo Ghibertis Denkwürdigkeiten (I Commentarii). Zum ersten Male nach der Handschrift der Biblioteca Nazionale in Florenz vollständig herausgegeben und erläutert von Julius von Schlosser. 2 Bde. Julius Bard, Berlin, 1912
  • Lorenzo Ghibertis Denkwürdigkeiten. Zum ersten Mal ins Deutsche übertragen von Julius Schlosser, Julius Bard, Berlin, 1920 (gekürzte Fassung)
  • Klaus Bergdolt: Der Dritte Kommentar Lorenzo Ghibertis. Naturwissenschaften und Medizin in der Kunsttheorie der Frührenaissance. Eingeleitet, kommentiert und übersetzt. VCH, Acta Humaniora, Weinheim 1989, ISBN 3-527-17610-1 (Zugleich: Heidelberg, Universität, Dissertation, 1986).
  • Lorenzo Ghiberti: I Commentarii (= Biblioteca della Scienza Italiana. Bd. 17). Hrsg. von Lorenzo Bartoli. Giunti, Florenz 1998, ISBN 88-09-21280-0. (Italienisch)

Forschungsliteratur

  • Julius von Schlosser: Lorenzo Ghiberti (= Künstlerprobleme der Frührenaissance 3–5 = Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse. Sitzungsberichte 215, 4, ISSN 1012-487X). Hölder-Pichler-Tempsky AG, Wien 1934.
  • Leo Planiscig: Lorenzo Ghiberti. Anton Schroll, Wien, 1940.
  • Julius von Schlosser: Leben und Meinungen des florentinischen Bildners Lorenzo Ghiberti. Prestel, München 1941.
  • Lorenzo Ghiberti nel suo tempo (atti del convegno internazionale di studi; Firenze, 18 - 21 ottobre 1978). Olschki, Florenz 1980, ISBN 88-222-2965-7.
  • Joachim Poeschke: Die Skulptur der Renaissance in Italien. Band 1: Donatello und seine Zeit. Hirmer, München 1990, ISBN 3-7774-5360-9, S. 61–62.
  • Alexander Perrig: Lorenzo Ghiberti, die Paradiestür. Warum ein Künstler den Rahmen sprengt (= Fischer-Taschenbuch. 3925 Kunststück). Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 1990, ISBN 3-596-23925-7.
  • Ghiberti, Lorenzo. In: Mario Caravale (Hrsg.): Dizionario Biografico degli Italiani (DBI). Band 53: Gelati–Ghisalberti. Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom 1999.
  • Aldo Galli: Lorenzo Ghiberti. Gruppo Editoriale L'Espresso, Rom, 2005.
  • Amy R. Bloch: Lorenzo Ghiberti’s Gates of Paradise. Humanism, History, and Artistic Philosophy in the Italian Renaissance. Cambridge University Press, New York, 2016.
  • Fabian Jonietz, Wolf-Dietrich Löhr und Alessandro Nova (Hrsg.): Ghiberti teorico: natura, arte e coscienza storica nel Quattrocento. Officina Libraria, Mailand, 2019, ISBN 978-88-3367-076-8.

Literarische Würdigungen

  • Ernst A. Hagen: Künstler-Geschichten. Roman. Brockhaus, Leipzig, 1861 (der Roman orientiert sich an Giorgio Vasaris Lebensbeschreibungen):
    • Bd. 1: Die Chronik seiner Heimatstadt, vom Florentiner Lorenz Ghiberti.
    • Bd. 2: Die Chronik seiner Heimatstadt, vom Florentiner Lorenz Ghiberti.
Commons: Lorenzo Ghiberti  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Doris Carl: An inventory of Lorenzo Ghiberti’s collection of antiquities. In: The Burlington magazine. Nr. 161/1393, S. 274299.
  2. Schlosser, Johannes (1920). Lorenzo Ghibertis Denkwürdigkeiten, Julius Bard, Berlin, Einleitung, S. 24
  3. Schlosser (1920), S. 18