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vom 03.06.2022, aktuelle Version,

Mary Vetsera

Mary Freiin von Vetsera (1887)
Mary Vetsera (rechts) und ihre beste Freundin Gräfin Marie Larisch von Moennich

Marie Alexandrine Freiin von Vetsera, genannt Mary (* 19. März 1871 in Wien; † 30. Jänner 1889 auf Schloss Mayerling), war eine österreichische Adelige und Geliebte des Kronprinzen Rudolf von Österreich-Ungarn.

Leben

Mary Vetsera war das dritte von insgesamt vier Kindern des aus Preßburg stammenden Diplomaten Albin Johannes Ritter von Vetsera (1825–1887),[1] der 1870 in den Freiherrenstand erhoben worden war, und seiner Gattin Helene Baltazzi (1847–1925), die aus einer der reichsten griechischen Familien stammte.

Vetsera schwärmte, wie viele Mädchen damals, für Kronprinz Rudolf, den sie 1888 bei einem Pferderennen in der Freudenau kennengelernt hatte. Dabei hatte Gräfin Marie Larisch, eine Cousine Rudolfs und Affäre ihres Onkels Heinrich Baltazzi, ihre Hand im Spiel. Vetseras Französischlehrer und Vertrauter Gabriel Dubray schrieb in einem Artikel im Pariser Le Matin, dass sich nach diesem Treffen Benehmen und Stimmung des Mädchens auffallend verändert hätten; sie habe vom Kronprinzen mit großer Begeisterung gesprochen. Vetsera las täglich die Berichte der Klatschpresse, sammelte Fotos und zog Erkundigungen ein. Als ihre Mutter diese Schwärmerei bemerkte, unternahm sie zur Ablenkung mit ihrer Tochter eine Englandreise.[2] Nach einem Briefwechsel kam es vermutlich in den ersten Novembertagen 1888 zum ersten privaten Treffen mit dem Kronprinzen in der Wiener Hofburg, dem bis zum 28. Jänner noch ca. 20 weitere Treffen folgten. Diese geheimen Besuche wurden von Rudolfs Leibfiaker Josef Bratfisch, Gräfin Larisch und der Zofe Vetseras, Agnes Jahoda, unterstützt. Ein Aktporträt Vetseras von einem unbekannten Maler, das heute zur Sammlung des Wiener Hofmobiliendepots gehört, dürfte auf einen Wunsch Rudolfs zurückgehen.[3]

Abschiedsbrief von Vetsera an ihre Mutter

Am 28. Jänner 1889 traf Rudolf gegen 15:30 Uhr in seinem Jagdschloss in Mayerling ein, Vetsera wurde wenig später von Leibfiaker Bratfisch nach Mayerling kutschiert. Die Nacht vor der Abreise hatte der Kronprinz noch bei seiner Geliebten Mizzi Kaspar verbracht. Der Polizeiagent Florian Meissner, der zuständig für Rudolfs Überwachung war, gab zu Protokoll: „Montag, den 28/1. 1889 war bei Mizzi bis 3 Uhr morgens, trank sehr viel Champagner, gab dem Hausmeister zehn Gulden Sperrgeld. Als er sich von Mizzi empfahl, machte er ganz gegen seine Gewohnheit ihr an der Stirne das Kreuzzeichen. Von Mizzi fuhr er (direct?) nach Mayerling.“[4][5]

Nach dem Auffinden der beiden Leichen am Morgen des 30. Jänner durch Kammerdiener Johann Loschek wurde ein kaiserliches Ärztekollegium nach Schloss Mayerling entsandt, das bei Vetsera Selbstmord durch einen Kopfschuss aus nächster Nähe konstatierte. Da die tödliche Kugel im linken oberen Schädelbereich eingedrungen und hinter dem rechten Ohr wieder ausgetreten war, Vetsera aber Rechtshänderin war, bestehen allerdings erhebliche Zweifel, dass sie selbst die Waffe abfeuerte.[6]

Zu Ursachen und Hergang der Tat gibt es unterschiedliche Theorien. Die Behauptung, dass Rudolf die Beziehung zu Vetsera vor allem deshalb einging, weil sie ihm als geeignete Partnerin für seine Freitodpläne erschien, lässt sich anhand der heute noch vorhandenen Quellen nicht beweisen.[7]

Mary Freiin von Vetsera wurde in den Morgenstunden des 1. Februar auf dem Ortsfriedhof von Heiligenkreuz beerdigt. Ihre Mutter ließ ihr dort eine Gruft errichten, in die Mary Vetsera am 16. Mai in einem Prunksarg aus Kupfer umgebettet wurde. 1925 stand für die Erhaltung des Grabes nur noch ein Fonds von zehn Kronen zur Verfügung.[8]

2015 wurden bei einer Archivrevision der Schoellerbank die Abschiedsbriefe von Mary Vetsera entdeckt, die 1926 dort zusammen mit anderen persönlichen Dokumenten der Familie Vetsera anonym hinterlegt worden waren. Die Österreichische Nationalbibliothek, der die Dokumente als Dauerleihgabe überlassen wurden, bezeichnete sie als „Sensationsfund“. Bislang war angenommen worden, die Briefe seien nach dem Tod von Marys Mutter vernichtet worden.[9][10][11]

Grabschändung, Grabraub

Vetseras Grab (2014)

Im April 1945 wurde die Gruft von sowjetischen Soldaten geplündert. Nach dem Abzug der Soldaten wurden die Schäden nur oberflächlich behoben, zu einer Neubestattung kam es erst am 7. Juli 1959. Dabei wurden die sterblichen Überreste in einen neuen Zinnsarg umgebettet, der auf Eisenträgern über dem alten Prunksarg platziert wurde. Anwesend waren neben dem späteren Abt des Stifts Heiligenkreuz, Gerhard Hradil, der Cousin der Verstorbenen, Heinrich Baltazzi-Scharschmid, und der Leiter der städtischen Bestattung Baden, Amtsrat Halbwachs. Die Beteiligten stellten übereinstimmend fest, dass am Schädel – entgegen dem Obduktionsbericht der Hofkommission – keine Schussverletzung festzustellen war.

Für erneutes Aufsehen sorgte Mary Vetsera im Dezember 1992. Nach Zeitungsberichten über eine angebliche Grabschändung in Heiligenkreuz – die vormals vermoosten Fugen der Grabstätte waren offenliegend vorgefunden worden – wurde die Gruft auf amtliche Anweisung geöffnet und der alte Prunksarg leer vorgefunden.[12] Die Gebeine waren von dem am Mayerling-Mythos interessierten Möbelhändler Helmut Flatzelsteiner aus Puchenau unter Mithilfe von zwei Helfern am 8. Juli 1991 entwendet worden,[13][14] um sie labormedizinisch untersuchen zu lassen und die daraus gewonnenen Erkenntnisse zu publizieren.[15] Der Fall wurde durch den Wiener Journalisten Georg Markus aufgedeckt und polizeilich angezeigt.[16] Nach der Sicherstellung der sterblichen Überreste gab die Familie Baltazzi-Vetsera die Genehmigung zu einer forensischen Analyse, zog diese Genehmigung jedoch noch vor dem Abschluss der Untersuchungen zurück.

Am 28. Oktober 1993 wurden die Gebeine unter Ausschluss der Öffentlichkeit in einem neuen Sarg beigesetzt und die Gruft mit Erde gefüllt, um einer neuerlichen Grabschändung vorzubeugen.

Da die Familie Baltazzi-Vetsera unter anderem auch die DNA-Analyse zur Feststellung der Identität der Gebeine verweigerte, ist bislang nur gesichert, dass sich in diesem Grab die Überreste einer etwa 18-jährigen Frau befinden, deren Liegezeit etwa 115 Jahre beträgt und deren Schädel zwei Durchschusslöcher (Kugeleintritt und Kugelaustritt) aufweist. Die Haaruntersuchungen wiesen Schmauchspuren auf. Die Kleidung der Toten entspricht der damaligen Zeit und stammt von jenen Wiener Modegeschäften, bei denen auch die Familie Vetsera einzukaufen pflegte.

2007 wurde im Stift Heiligenkreuz der alte Kupferprunksarg durch Zufall wiedergefunden. Er wurde restauriert und kann seit 2010 im Karmel Mayerling besichtigt werden.[17]

Der Grabschänder, der seine Tat in einer Monografie als „Entführung“ bezeichnete,[18] entging zwar einer Anklage, da die zuständige Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt die Strafanzeige wegen des Verdachtes des schweren Diebstahls, dauernder Sachentziehung sowie Störung der Totenruhe zurücklegte, nach einem Zivilprozess musste er jedoch dem Stift 27.500 Schilling (1.999 Euro) Schadenersatz zahlen.[19]

Literatur

  • Ernst von der Planitz: Die volle Wahrheit über die Katastrophe in Mayerling, nach amtlichen und publizistischen Quellen sowie den hinterlassenen Papieren – mit Bild der Baronesse Vetsera. 19. Auflage. Nißler, München 1889, OCLC 249245150.[20][21]
  • Julia Pauline Prinzessin Odescalchi: Kronprinz Rudolf und das Verbrechen der Vetsera. 4. Auflage. Gracklauer, Leipzig 1900, OCLC 633836829.[22][23][24]
  • Ernst von der Planitz: Die Lüge von Mayerling. Antwort an die Prinzessin Odescalchi auf ihre „Enthüllung“ über Kronprinz Rudolf und das Verbrechen der Vetsera. 4. Auflage. Piehler, Berlin um 1900, OCLC 166038132.[25][26]
  • Herbert Fuhst: Mary Vetsera im Lichte ihrer Abstammung und Verwandtschaft – eine familiengeschichtliche Untersuchung  Eigenverlag, Wien 1931, OCLC 248685042.[27][28][29]
  • Heinrich Baltazzi-Scharschmid, Hermann Swistun: Die Familien Baltazzi-Vetsera im kaiserlichen Wien. Böhlau, Wien (u.a) 1980, ISBN 3-205-07160-3.
  • Gerd Holler: Mayerling: Die Lösung des Rätsels. Der Tod des Kronprinzen Rudolf und der Baronesse Vetsera aus medizinischer Sicht. Molden, Wien (u.a) 1980, ISBN 3-217-01051-5.[30]
  • Gerd Holler: Mayerling – neue Dokumente zur Tragödie 100 Jahre danach. Amalthea, Wien (u. a.) 1988, ISBN 3-85002-269-2.
  • Rudolf R. Novak: Das Mayerling-Netz. Verborgene Zusammenhänge entdeckt. Berger, Horn/Wien 2019, ISBN 978-3-85028-730-2
  • Georg Markus: Kriminalfall Mayerling. Leben und Sterben der Mary Vetsera. Mit den neuen Gutachten nach dem Grabraub. Amalthea-Verlag, Wien (u. a.) 1993, ISBN 3-85002-343-5.
  • Hermann Swistun: Mary Vetsera. Gefährtin für den Tod. Ueberreuter, Wien 1999, ISBN 3-8000-3727-0.
  • Georg Bauer: Mary Vetsera aus der Gruft geraubt. In: Markus A. Rothschild (Hg.): Die unglaublichsten Fälle der Rechtsmedizin. 7. Auflage, Reihe S., Band 625. Militzke, Leipzig 2005, ISBN 3-86189-625-7, ISBN 978-3-86189-625-8.
  • Brigitte Sokop: Jene Gräfin Larisch. Marie Louise Gräfin Larisch-Wallersee, Vertraute der Kaiserin – Verfemte nach Mayerling. 4. Auflage. Böhlau, Wien (u. a.) 2006, ISBN 3-205-77484-1, ISBN 978-3-205-77484-6.
  • Helmut Reinmüller: Mary Vetsera – Der Grabraub 1992. Darstellung der Tat aus kriminalpolizeilicher Sicht mit neuen Fakten, Details und Bildern. Kral-Verlag, Berndorf 2019, ISBN 978-3-99024-840-9.
  • Helmut Reinmüller: Cold Case Mayerling – Der Tod von Kronprinz Rudolf und Mary Vetsera. Kriminalpolizeiliche Aufarbeitung des Falles mit Originalquellen. Kral Verlag, Berndorf 2021, ISBN 978-3-99103-001-0.
Commons: Mary Freiin von Vetsera  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Marys Großvater war der Stadthauptmann von Preßburg Bernhard von Vetsera (* 1796, † 1870).
  2. Robert Seydel: Die Seitensprünge der Habsburger. Carl Ueberreuter, Wien 2005, ISBN 3-8000-7038-3, S. 104–110.
  3. Das Bild: online
  4. Friedrich Weissensteiner: Frauen um Kronprinz Rudolf. Kremayr & Scheriau, Wien 1991, ISBN 3-218-00534-5.
  5. Robert Seydel: Die Seitensprünge der Habsburger. Carl Ueberreuter, Wien 2005, S. 104–109-110.
  6. Ergebnisse der gerichtsmedizinischen Untersuchungen an der exhumierten Leiche. Dargestellt in der Dokumentar-Fernsehsendung „Der Fall Rudolf“ (Österreich 2006) auf 3sat am 8. April 2012
  7. Ilsebill Barta (Hrsg.): Kronprinz Rudolf - Lebensspuren. (= Publikationsreihe der Museen des Mobiliendepots, Band 26). Hofmobiliendepot - Möbel-Museum Wien, Wien 2008, S. 35ff.
  8. Besuch des Friedhofs von Mayerling durch ausländische Pressevertreter.. In: Badener Zeitung, 18. Juli 1925, S. 5 (Online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/bzt
  9. orf.at - Abschiedsbriefe von Mary Vetsera gefunden. Artikel vom 31. Juli 2015, abgerufen am 31. Juli 2015.
  10. Österreichische Nationalbibliothek erhält verloren geglaubte Abschiedsbriefe von Mary Vetsera Pressemeldung vom 31. Juli 2015, abgerufen am 26. April 2020.
  11. Österreichische Nationalbibliothek: Mary Vetseras Abschiedsbriefe im Wortlaut. Abgerufen am 26. April 2020.
  12. Werner Richter: Historia Sanctae Crucis. Heiligenkreuz 2011, S. 437–438.
  13. http://www.zeit.de/1993/07/habsburg-ein-wintermaerchen/seite-3, abgerufen am 4. Juni 2017.
  14. Interview: Martin Langeder: "Ich wollte nur ihre Knochen!" In: sueddeutsche.de. 24. November 2008, abgerufen am 13. Oktober 2018.
  15. Gebeine entwendet. In: newsv1.orf.at, 19. August 2008, abgerufen am 20. September 2010.
  16. Georg Markus Autor im Gespräch mit Dr. Wolfgang Habermeyer (Memento vom 17. Juni 2009 im Internet Archive) Sendung im BR am 26. Januar 2004, abgerufen am 8. November 2008.
  17. Der Sarg der Mary Vetsera. (Memento vom 21. August 2013 im Internet Archive) In: karmel-mayerling.org, abgerufen am 20. September 2010.
  18. Helmut Flatzelsteiner: Meine Mary Vetsera. Mayerling – die Tragödie gibt ihr Geheimnis preis. Authentische Schilderung der Entführung aus der Gruft. Kremayr & Scheriau, Wien 1993, ISBN 3-218-00574-4.
  19. Schadenersatz-Zahlung. In: oesterreich.orf.at, 19. November 2008, abgerufen am 20. September 2010.
  20. Permalink Österreichischer Bibliothekenverbund.
  21. Katalogzettel Österreichische Nationalbibliothek. 23. Auflage.
  22. Permalink Österreichischer Bibliothekenverbund.
  23. Katalogzettel Österreichische Nationalbibliothek.
  24. Permalink Deutsche Nationalbibliothek, Erscheinungsjahr 1919.
  25. Katalogzettel Österreichische Nationalbibliothek.
  26. Nicht nachgewiesen im Gesamtkatalog Österreichischer Bibliothekenverbund, abgefragt am 26. September 2010.
  27. Permalink Österreichischer Bibliothekenverbund.
  28. Katalogzettel Österreichische Nationalbibliothek.
  29. Permalink Deutsche Nationalbibliothek.
  30. Teilabdruck in zwei Fortsetzungen: Bratfisch hat wundervoll gepfiffen. In: spiegel.de, Teil I, 7. April 1980, Teil II, 14. April 1980, Teil III, 21. April 1980, jeweils abgerufen am 26. September 2010.