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vom 11.06.2022, aktuelle Version,

Paul Henreid

Paul Henreid (* 10. Januar 1908 in Triest; Österreich-Ungarn, heute Italien; † 29. März 1992 in Santa Monica, Kalifornien; eigentlich Paul Georg Julius Hernried) war ein österreichisch-US-amerikanischer Schauspieler und Regisseur, der vor den Nationalsozialisten in die USA floh. Weltbekannt wurde er durch seine Rolle als Widerstandskämpfer Victor László im Filmklassiker Casablanca aus dem Jahre 1942. Im Hollywood-Film der 1940er- und 1950er-Jahre war er als Hauptdarsteller etabliert.

Leben

Paul Henreid war Sohn von Karl Hirsch, leitender Direktor der Deutschen Agrarbank für Österreich, und Marie Lendecke. Henreids Vater änderte 1904 anlässlich seines Austritts aus der Israelitischen Kultusgemeinde seinen Nachnamen von Hirsch in Hernried.[1]

Henreid absolvierte seine Schauspielausbildung am Konservatorium Wien und dem dortigen Max-Reinhardt-Seminar. Sein Theaterdebüt gab er an diesem Ort als Schüler in Goethes Faust. In seiner Bühnenlaufbahn sollten Engagements in Wien, London und New York folgen. Zu Beginn der 1930er Jahre wurde er von Regisseur Otto Preminger für den Film entdeckt und absolvierte einige Auftritte im österreichischen Film.

Spätestens ab Februar 1934 trat er, begünstigt durch die ab 1933 einsetzende Duldung der eigentlich verbotenen Adelstitel durch das Regime Dollfuß als "„Paul v. Hernried“ auf. Die von Paul Henreid behauptete adelige Herkunft sowie die Rolle seines Vaters als intimer Freund von Kaiser Franz Joseph I. und Mitfinanziers des Ersten Weltkriegs gegen Italien sind jedoch nicht belegbar.[2][1] Ab 1940 nannte er sich in den USA Paul Henreid.[3]

1934 wollte Henreid einer Einladung der UFA nach Berlin folgen und suchte um Aufnahme in die NS-Reichsfilmkammer an. Nachdem die Reichsstelle für Sippenforschung festgestellt hatte, dass Paul Henreid ein „jüdischer Mischling“ ersten Grads sei, stellte er einen Antrag auf Sondergenehmigung. Dieser Antrag wurde von Reichspropagandaminister Joseph Goebbels persönlich am 20. Dezember 1937 abgelehnt.[4]

Henreid erhielt 1935 ein Engagement nach London und zog 1940 in die USA. Später erhielt er auch die amerikanische Staatsbürgerschaft. Sowohl in England als auch in den USA erhielt Henreid zunächst kleinere, aber dann stetig wachsende Filmrollen. Nur Filmauftritte als „Nazi-Scherge“ lehnte er ab, stattdessen stellte er öfters Gegner und Opfer des Nationalsozialismus dar. So spielte er in Zwischen zwei Welten („Between Two Worlds“) (1944) den jungen Pianisten Henry Bergner, der – wie Henreid selbst – vor den Nazis nach England fliehen musste, um dort auf ein Schiff nach Amerika zu warten. Nach dem Scheitern der Flucht nimmt sich Bergner das Leben. Im Film befindet er sich dann auf dem Weg ins Jenseits zusammen mit Opfern eines Bombenangriffs.[5]

Seine beiden vielleicht bekanntesten Rollen hatte Henreid 1942: Neben Bette Davis spielte er im Filmdrama Reise aus der Vergangenheit (Now, Voyager) die Rolle des unglücklich verheirateten Jerry Durrance, in den sich die von Davis gespielte schüchterne Protagonistin verliebt. In einer bekannten und oft kopierten Szene zündet er zwei Zigaretten an, behält kurz beide im Mund und gibt dann Bette Davis eine der beiden.[6] Im Filmklassiker Casablanca von Michael Curtiz ist es die Darstellung des tschechoslowakischen Widerstandskämpfers Victor László als Ehemann von Ilsa (Ingrid Bergman). Sie will an seiner Seite den Nazis entfliehen und auf einen neuen Beginn der Beziehung zu Rick Blaine (Humphrey Bogart) verzichten. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Viktor besteigt Ilsa schließlich das Flugzeug.[7]

Henreids Grab auf dem Woodlawn Cemetery in Santa Monica

Henreid konnte sich in Hauptrollen etablieren und spielte oftmals elegante Aristokraten, aber auch sensible Künstlernaturen wie 1947 den Pianisten Robert Schumann im Film Clara Schumanns große Liebe (Song of Love) an der Seite von Katharine Hepburn. Auftritte in Liebhaber-Rollen hatte er neben Olivia de Havilland und Ida Lupino in Devotion sowie erneut neben Bette Davis in Trügerische Leidenschaft. In den 1950er-Jahren ließ die Qualität seiner Filme allmählich nach und er wurde in tendenziell eher zweitklassigen Abenteuerfilmen besetzt. Nach Mitte der 1950er-Jahre begnügte er sich zusehends mit Nebenrollen, etwa in der Komödie Viva Las Vegas (1956) oder im Spionagethriller Geheimaktion Crossbow (1965). Seine letzte Filmrolle übernahm er 1977 als der Kardinal im zweiten Teil des Exorzisten.

Daneben war Henreid ab den 1950er Jahren auch als Regisseur vor allem für Fernsehproduktionen (z. B. einzelne Folgen der Westernserien Bonanza und Big Valley) tätig. 1952 erschien der Kriminalfilm Grausame Richter (Alternativtitel: Die Mitleidlosen) sowie Starke und Halbstarke (im Original For Men Only; alternativ The Tall Lie), bei dem Henreid als Produzent auftrat, die Regie übernahm und auch die männliche Hauptrolle spielte. 1953 kehrte er für Dreharbeiten nach Österreich zurück.

Henreid war Mitglied der Academy of Motion Picture Arts and Sciences. Von 1936 bis zu seinem Tod 1992 war der Schauspieler mit Elizabeth „Lisl“ Camilla Julia Gluck (1908–1993) verheiratet, sie hatten zwei Kinder, darunter die frühere Schauspielerin Monika Henreid. Paul Henreid starb im Alter von 84 Jahren an einer Lungenentzündung. Sein Grab befindet sich auf dem Woodlawn Memorial Cemetery in Santa Monica.

Filmografie (Auswahl)

Nur als Schauspieler

Als Regisseur

  • 1952: Grausame Richter (For Men Only) – auch Schauspieler
  • 1956: Unter Mordverdacht (A Woman's Devotion) – auch Schauspieler
  • 1957–1962: Alfred Hitchcock präsentiert (Alfred Hitchcock Presents / The Alfred Hitchcock Hour; Fernsehserie, 29 Folgen)
  • 1958: Asphalt-Hyänen (Girls on the Loose)
  • 1958: Live Fast, Die Young
  • 1962–1965: Gefährliche Geschäfte (The Third Man; Fernsehserie, 10 Folgen)
  • 1964: Der schwarze Kreis (Dead Ringer)
  • 1965: Halt die Tasten heiß (Ballad in Blue)
  • 1965–1968: Big Valley (Fernsehserie, 8 Folgen)
  • 1966: Bonanza (Fernsehserie, Folge A Time to Step Down)
  • 1969: The Last of the Powerseekers (Fernsehfilm)
  • 1971: The Man and the City (Fernsehserie, 4 Folgen)

Literatur

  • Paul Henreid, Julius Fast: Ladies’ Man. An Autobiography. St. Martin's Press, London 1984, ISBN 978-0-312-46384-7.
  • Peter Nau: Vor Sonnenuntergang. Paul Henreid in Hollywood. In: Christian Cargnelli, Michael Omasta (Hrsg.): Schatten. Exil. Europäische Emigranten im Film noir. PVS Verleger, Wien 1997, ISBN 3-901196-26-9.
  • Kay Weniger: ‘Es wird im Leben dir mehr genommen als gegeben …’. Lexikon der aus Deutschland und Österreich emigrierten Filmschaffenden 1933 bis 1945. Eine Gesamtübersicht. ACABUS-Verlag, Hamburg 2011, ISBN 978-3-86282-049-8, S. 237 f.
Commons: Paul Henreid  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1 2 Staudacher, Anna: „… meldet den Austritt aus dem mosaischen Glauben“. Internationalen Verlags der Wissenschaften, Peter Lang GmbH, Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-631-55832-4.
  2. Paul Henreid auf YouTube, 15. Juli 2013, abgerufen am 4. Juni 2021.
  3. Moderne Welt, 15. Jg., 5. Heft. Februar 1934, abgerufen am 5. Oktober 2018.
  4. Weniger, Kay: 'Es wird im Leben dir mehr genommen als gegeben …': Lexikon der aus Deutschland und Österreich emigrierten Filmschaffenden 1933 bis 1945. 1. Auflage. Acabus Verlag, Hamburg 2011, ISBN 978-3-86282-049-8, S. 237239.
  5. Paul Henreid. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 4. Juni 2021.
  6. Patricia White: Now, Voyager: We Have the Stars. Abgerufen am 22. März 2022 (englisch).
  7. Lawrence J. Quirk: Ingrid Bergman und ihre Filme. Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Marie Margarete Giese. Goldmann, München 1982, S. 66.


Monika Henreid, die 73-jährige Tochter des Schauspielers, arbeitet zurzeit an einer TV-Dokumentation über ihren "Jahrhundertvater". Sie erzählt über ihre Beweggründe: "Mein Vater ist ein ganz rares Beispiel dafür, wie man alle Schicksalsschläge meistert und überlebt. Er stand drei Mal in drei Ländern und aus drei völlig abenteuerlichen Gründen auf der schwarzen Liste, ehe er 40 Jahre alt war! Er hätte es nie geschafft, wäre da nicht Lisi an seiner Seite gewesen." Lisl Gluck (geborene Glück, gest. 1993) "war der Wind unter seinen Flügeln". Die jüdische Designerin, die ihr Atelier im Hochhaus Herrengasse führte, hatte den Bankierssohn Paul am Cobenzl kennengelernt und nach England und in die USA begleitet. In Nazideutschland galt Henreid als Antifaschist, später in London als gefährlicher Deutscher und schließlich in Hollywood gar als Kommunist."

"Casablanca" machte Henreid unsterblich, obwohl es ihm fast die Existenz raubte. Monika: "Seit diesem Film war er keine Nummer 1 mehr, sondern nur noch ein guter Zweiter. Dabei bekam er und nicht Bogart die Bergman." Bei den Szenen mit ihm (1,90) trug Bogart (1,73) übrigens unter seinen Schuhsohlen 15 Zentimeter hohe Holzabsätze. Für seine Tochter ist "Daddy" zu Recht der Größte: "Ich wünsche mir so sehr eine Paul-Henreid-Gasse in Wien,"

Quelle: "Kurier", 24.4.2016

-- Diem Peter, Sonntag, 24. April 2016, 14:15