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vom 29.05.2022, aktuelle Version,

Stuckateur

Handwerkswappen und ehemaliges Zunftzeichen der Stuckateure/Gipser

Stuckateur (seit RSR 2006 in Deutschland), in Österreich Stukkateur, ist eine Berufsbezeichnung für einen im Innenausbau und an Fassaden tätigen Bauhandwerker und den dazugehörigen Ausbildungsberuf. Der Beruf wird in Süddeutschland und in der Schweiz Gipser genannt, im Norddeutschen heißt er Putzer oder Verputzer. Im offiziellen süddeutschen Gesellenbrief steht die Bezeichnung Gipser und Stuckateur.

Berufsbild

Bacchusfigur aus Gips als Relief
Stuckprofilschablone zum Drehen oder Ziehen. Die Bleistiftspitze zeigt auf den Drehpunkt. Bei Drehung erzeugt das Profilblech (links) kreisförmige Stuckprofile, z. B. als Zierde um Lampen oder Lüster. Ohne Drehstift ist Längszug möglich.

Stuckateure verputzen Wände im Innen- und Außenbereich und stellen Leichtbauwände und abgehängte Decken aus Gipskartonplatten (Trockenbau) und Rabitz her. Weitere wichtige Arbeitsfelder sind die energetische Sanierung von Gebäuden, zum Beispiel mit Wärmedämmverbundsystemen, sowie die Beseitigung von Schimmelpilzbefall. Auch solare Lüftungssysteme, Klimadecken, Schallschutz und verputzte Wandflächenheizungen werden heute durch Stuckateur-Fachbetriebe geplant und eingebaut.

Namensgebend für den Beruf ist die Arbeit mit Stuck (plastische Ausformung von Mörteln oder Gips auf verputzten Flächen). Dieser Tätigkeitsbereich ist noch heute gefragt. Stuckateure renovieren, erzeugen und verarbeiten Stuck. Diese Arbeit erfordert eine gute Ausbildung, viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl. Stuckteile können sowohl in der Werkstatt vorgefertigt als auch vor Ort auf der Baustelle erstellt werden. Je nach Einbauort am Gebäude wird zwischen Innen- und Außenstuck unterschieden. Die Verbindung klassischer Stucktechniken mit modernen Beschichtungstechniken und modernem Design bietet heute für jede Baumaßnahme geeignete Ausführungsmöglichkeiten.

Arbeitsmittel

Leipzig 1974: Bauarbeiter verputzen eine Wand

Zu den Hauptarbeitsmitteln des Stuckateurs zählen: Glättkelle, Kelle, Stuckateureisen, Trapezlatte, Vorziehlatte, Blechschere, Traufel, Spachtel, Wasserwaage, Senklot, Richtlatte und gegebenenfalls eine Verputzmaschine/Mischpumpe, für den maschinellen Putzauftrag. Zur Ausformung langer gerader oder gebogenen Stuck-Profilen werden oft Profilschablonen verwendet.

Arbeitsstoffe

Als Arbeitsstoffe zählen: Gips und verschiedene Kalksteine, Kalkmörtel, und verschiedene Putze wie Zementmörtel-, Zement- und Lehmputz. Unter anderem werden auch Gipskartonplatten, Estriche und Dämmungen verwendet.

Ausbildung

Deutschland

Um den Beruf des Stuckateurs in einem Ausbildungsbetrieb erlernen zu können benötigt man mindestens einen Hauptschulabschluss. Die Ausbildung zum Stuckateur dauert drei Jahre im dualen Ausbildungssystem und endet mit der Gesellenprüfung. Der Praxisteil der Lehre erfolgt im Betrieb bzw. in überbetrieblichen Lehrgängen und der theoretische Teil an der Berufsschule. Die seit 1999 gültige Ausbildungsverordnung ermöglicht eine Ausbildung mit Anrechnungsmöglichkeit. So erlangt man den Berufsabschluss als Ausbaufacharbeiter nach zwei Jahren und mit einem darauf aufbauenden weiteren Ausbildungsjahr als Stuckateur.[1] Nach der Weiterbildung zum Meister können Stuckateure und Stuckateurinnen sich zum Restaurator fortbilden oder einen eigenen Betrieb des Stuckateurhandwerks gründen. → Großer Befähigungsnachweis. Die selbstständige Ausübung des erlernten Berufs als Geselle ist durch die Restriktion der Gewerbefreiheit der Handwerkskammer untersagt.

Wie in allen Baugewerbeberufen ist nach bestandener Gesellenprüfung die Möglichkeit zur Fortbildung zum Werks- oder Baupolier möglich, diese differenziert sich allerdings nicht weit von den Kosten der Meisterprüfung. Seit 2008 wird der Meistertitel als allgemeine Hochschulreife anerkannt und berechtigt damit zu einem Hochschulstudium. Der Gesellenbrief zusammen mit dreijähriger Berufstätigkeit berechtigt zum Studieren an einer Fachhochschule. Fachrichtungen sind zum Beispiel Gebäudetechnik oder Hochbau. Seit 2015 wird darüber hinaus für Bewerber mit Hochschulreife ein siebensemestriges Praxisstudium zum Ausbau-Manager angeboten, in dem die Abschlüsse Geselle, Stuckateurmeister, Gebäudeenergieberater sowie Ausbau-Manager erworben werden können. Der Meisterbrief im Stuckateurhandwerk wird im Deutschen und Europäischen Qualifikationsrahmen wie der Bachelortitel auf Niveau 6 eingestuft.

In einzelnen Landesfachklassen werden zunehmend auch Ausbildungsinhalte im Bereich Farbtechniken und Farbgestaltung vermittelt. In den im Bundesverband Ausbau und Fassade organisierten Landesverbänden und Innungen werden auf Basis freiwilliger Mitgliedschaft die Handwerksbetriebe des Stuckateurhandwerks in allen Belangen beraten. Der Verband leitet auch den Bundesleistungswettbewerb Stuck-Putz-Trockenbau der Stuckateure, der zur Teilnahme an den WorldSkills berechtigt.[2]

Österreich

In Österreich lautet die offizielle Bezeichnung nach dem Berufsausbildungsgesetz (BAG) Stuckateur und Trockenausbauer.[3] Österreichische Lehrlinge werden drei Jahre dual ausgebildet und legen am Ende die Lehrabschlussprüfung ab. Die Ausbildungsinhalte orientieren sich am Berufsbild unter Rücksichtnahme auf aktuelle Entwicklungen.

Nach dem Lehrabschluss kann die Ausbildung zum Meister oder Werkmeister absolviert werden. Die selbstständige Berufsausübung ist für Stuckateure im reglementierten Handwerk der Stuckateure und Trockenausbauer sowie im Handwerk der Wärme-, Kälte-, Schall- und Branddämmer möglich.[4][5]

Stuckateure als Künstler

Stuck der Wessobrunner Schule in der Kreuzherrenkirche zu Memmingen
Stuckrestaurierung im Rittersaal von Schloss Mälsåker

In Renaissance, Barock und Klassizismus traten Stuckateure als wichtige Gestalter von vorwiegend kirchlichen, aber auch repräsentativen weltlichen Innenräumen auf. Sie galten ebenso als Künstler wie die Maler und Bildhauer, mit denen sie zusammenarbeiteten. Besonders im Rokoko gelang eine einmalige Verschmelzung von Wand- und Deckenfresken mit Stuck und Architektur. Gleichsam Markenzeichen der Epoche ist ein stuckiertes Ornament: die Rocaille. Oftmals waren die Stuckateure selbst zugleich Baumeister und Architekten, Maler oder Bildhauer. Eine besondere Fertigkeit war das Ausformen und Herstellen von Stuckmarmor und Stucco lustro. Der Begriff Stucco finto bezeichnet jedoch den nur aufgemalten Stuck als Scheinarchitektur bzw. Trompe-l’œil.

Zu den bedeutendsten Stuckateuren der Kunstgeschichte zählen die Brüder Asam, die Gebrüder Johann Baptist und Dominikus Zimmermann, Joseph Schmuzer und die Künstlerfamilien Carlone und Feuchtmayer.

Stuckateure des 17. und 18. Jahrhunderts, deren Stil durch ihre Ausbildung oder Tätigkeit am bayrischen Benediktinerkloster Wessobrunn beeinflusst wurde, werden unter dem (erst 1888 geprägten) Begriff Wessobrunner Schule zusammengefasst.

Stuckateure waren auch die ersten, die zur Erstellung plastischer Bühnenbilder herangezogen wurden. Durch Spezialisierungen vor allem im Bereich Materialkunde entwickelte sich daraus später ein eigenständiger Beruf, der Theaterplastiker.

Zur Abgrenzung vom handwerklich arbeitenden Stuckateur bezeichnet Stuckator den Stuckkünstler.

Liste bedeutender Stuckateure

in chronologischer Reihenfolge der Geburtsdaten

Gnadenaltar in der Basilika Vierzehnheiligen

Jahrgänge 1500 bis 1599

  • Perino del Vaga (Pietro Buonaccorsi, 1501–1547), italienischer Maler und Stuckateur der Renaissance
  • Fedele Casella (nachweisbar 1522–1547), italienischer Bildhauer und Stuckateur der Renaissance
  • Scipione Casella (nachweisbar 1543–1553), italienischer Bildhauer, Stuckateur und Silberschmied der Renaissance

Jahrgänge 1600 bis 1699

Jahrgänge 1700 bis 1799

Peter Krisam, Verputzer (1928)

Jahrgänge ab 1800

Literatur

  • Alfred Bohnagen: Der Stukkateur und Gipser. Leipzig: Bernhard Friedrich Voigt 1914.
  • Paul Binder / Fritz Schaumann / Meinrad Haas: Stukkateur-Handbuch. Hannover: Schäfer 1996, ISBN 978-3-88746-087-7.
  • Siegfried Leixner / Adolf Raddatz: Der Stukkateur. Handbuch für das Gewerbe. Putz, Stuck, Trockenbau, Stuttgart: Julius Hoffmann Verlag 1996 (2. Auflage), ISBN 3-87346-074-2.

Einzelnachweise

  1. Text der Verordnung über die Berufsausbildung in der Bauwirtschaft
  2. http://www.zdb.de/zdb-cms.nsf/id/bildergalerie-stuckateure-de?open&ccm=010020040 Webpräsentation auf der Webseite des ZDB.
  3. Ausbildungsverordnung Stukkateure und Trockenausbauer@1@2Vorlage:Toter Link/www.bmwfj.gv.at (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF; 43 kB) des österreichischen Wirtschaftsministeriums, gültig seit 1994.
  4. Gewerbezugang – Stuckateure und Trockenausbauer-Verordnung (BGBl. II Nr. 87/2003) des österreichischen Wirtschaftsministeriums gültig seit 2003.
  5. Gewerbezugang – Wärme-, Kälte-, Schall- und Branddämmer-Verordnung (BGBl. II Nr. 99/2003) des österreichischen Wirtschaftsministeriums gültig seit 2003.
Wiktionary: Stuckateur  – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen