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vom 04.05.2020, aktuelle Version,

Ulrich Seidl

Ulrich Seidl beim Odessa International Film Festival (2013)
Ulrich Seidl ( Österreichischer Filmpreis 2013)

Ulrich Seidl (* 24. November 1952 in Wien) ist ein österreichischer Filmregisseur, Drehbuchautor und Produzent.

Leben und Werk

Seidl – aufgewachsen im niederösterreichischen Horn in einer streng religiösen Ärztefamilie – sollte Priester werden.[1] Für Dokumentarfilme wie Good News, Tierische Liebe, Models oder Jesus, du weißt erhielt er zahlreiche internationale Auszeichnungen.

Models stellt den Alltag zweitklassiger österreichischer Models dar, die zwischen Club, Wohnung und Katalog-Shooting versuchen, ein Leben voller Glamour zu führen und mit betonter Oberflächlichkeit und Kokainkonsum auf sexistische Fotografen und enttäuschende Beziehungen reagieren. In Slowenien wurde der drastische Film beschlagnahmt.

Tierische Liebe porträtiert Tierfreunde, die mit ihren Haustieren seltsam intime emotionale Beziehungen pflegen.

2001 veröffentlichte er mit Hundstage seinen ersten Spielfilm, in dem auch Profidarsteller zum Einsatz kommen. Er wurde in Venedig mit dem Großen Preis der Jury ausgezeichnet und erzielte international rund 250.000 Kinobesuche.[2]

2003 gründete er die Ulrich Seidl Filmproduktion GmbH und tritt seitdem auch als Produzent seiner Filme auf. Mit Import Export war er 2007 im Wettbewerb der 60. Filmfestspiele von Cannes vertreten.

2012 stellte Seidl mit Paradies: Liebe den ersten Teil seiner Paradies-Trilogie fertig, die von drei Frauen einer Familie erzählen soll, die getrennt voneinander ihre Urlaube verbringen. Die weiteren Teile handeln von einer missionierenden Katholikin (Paradies: Glaube) und einer Jugendlichen in einem Diät-Camp (Paradies: Hoffnung). In Paradies: Liebe ist Margarethe Tiesel als Sextouristin zu sehen, die von Österreich nach Kenia reist, um dort von jungen schwarzen Männern Liebe zu erfahren. Für diesen Film erhielt Seidl 2012 seine zweite Einladung in den Wettbewerb der Internationalen Filmfestspiele von Cannes.[3] Bei der Verleihung des Österreichischen Filmpreises wurde er als beste Filmproduktion sowie in den Kategorien Regie und Darstellerin (Margarethe Tiesel) ausgezeichnet. Im selben Jahr wurde Seidl für den zweiten Teil seiner Trilogie, Paradies: Glaube, in den Wettbewerb der Internationalen Filmfestspiele von Venedig eingeladen. Der Film handelt von einer alleinstehenden Frau Maria Hofstätter, die in ihrem Urlaub mit einer „Wandermuttergottes-Statue“ von Haus zu Haus geht, um Österreich katholischer zu machen. Zu Hause entwickelt sich ein Kleinkrieg um Ehe und Religion, als ihr auf einen Rollstuhl angewiesener Ehemann, ein ägyptischer Moslem, nach Jahren der Abwesenheit wieder zu ihr zurückkehrt.[4] Der letzte Trilogie-Teil Paradies: Hoffnung erhielt eine Einladung in den Wettbewerb der 63. Internationalen Filmfestspiele Berlin.

Der Film Im Keller zeigt neben anderen Szenen Männer, die sich in einem mit Nazi-Devotionalien gespickten Keller in Marz treffen, und löste den Rücktritt von zwei der Gefilmten als Gemeinderatsmandatare der ÖVP aus.[5] Zusammen mit seiner Frau Veronika Franz produzierte er 2014 den Horrorfilm Ich seh Ich seh[6], in dem die Zwillinge Elias Schwarz und Lukas Schwarz die Hauptrollen übernahmen.[7] Seine Ehefrau übernahm zudem, an der Seite von Seidls Neffen Severin Fiala die Regie des Films.[8][9][10][11]

Ulrich Seidl ist mit der Journalistin und Drehbuchautorin Veronika Franz (* 1965) verheiratet. Veronika Franz war bisher bei allen Seidl-Filmen seit Bilder einer Ausstellung als Co-Autorin, Regieassistentin und Casterin beteiligt. Das Paar lebt in Wien und hat zwei Kinder.[12]

Ulrich Seidl hat mit den Jahren ein Naheverhältnis zum Filmclub Drosendorf entwickelt und einen Zweitwohnsitz in Drosendorf. Die Premiere von Hundstage fand hier beim Filmclub statt.[13]

Stil

Logo von Seidls Produktionsfirma

Sein filmischer Stil erinnert oft an TV-Doku-Dramen. Dabei soll ein inszeniertes (Laien-)Schauspiel wie die dokumentierte Realität wirken. Doch ist Seidl in seinen oft langen und distanzierten Einstellungen weit poetischer und zurückhaltender.[14] Sein Zugang zum Film ist der Dokumentarfilm bzw. das Dokumentarische im Film.

Vielen gilt er als Extremfilmer, weil er „mit radikaler Aufgeschlossenheit […] die Einsamen und Hässlichen, die Außenseiter und Deformierten der Gesellschaft…“ porträtiert.[1]

Seidl arbeitet mit formal zum Teil verstörenden Mitteln – lange, starre Einstellungen, harte Schnitte, Distanz.

Filmografie

Ulrich Seidl bei der Premiere seines Films Import Export in Linz (2007)

Auszeichnungen

Literatur

  • Stefan Grissemann: Sündenfall. Die Grenzüberschreitungen des Filmemachers Ulrich Seidl. Sonderzahl Verlagsgesellschaft, Wien 2007.
  • Florian Lamp: Die Wirklichkeit, nur stilisiert. Die Filme des Ulrich Seidl. Büchner-Verlag, Darmstadt 2009.
  • Jürgen Heizmann: "Blasphemie im Kino. Die Skandale um VIRIDIANA, DAS GESPENST und PARADIES: GLAUBE." In: "Gotteslästerung" und Glaubenskrieg in der Literatur und in den Künsten. Hg. von Hans Richard Brittnacher u. Thomas Koebner. Marburg 2016, ISBN 978-3-89472-712-3, S. 138–161.
  • Artikel über Ulrich Seidl. In: Die Presse
Commons: Ulrich Seidl  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1 2 Martina Knoben: Verstörung ist auch eine Form der Berührung - Eine Expedition in die Welt des Ulrich Seidl. In: Süddeutsche Zeitung, 28. Juni 2010.
  2. lumiere.obs.coe.int Lumiere – Datenbank über Filmbesucherzahlen in Europa; abgerufen am 8. November 2007.
  3. PARADIES: LIEBE Im Wettbewerb der 65. Filmfestspiele von Cannes bei ulrichseidl.com; abgerufen 25. April 2012.
  4. PARADIES: Glaube im Wettbewerb der Filmfestspiele von Venedig bei ulrichseidl.com, abgerufen am 29. Juli 2012.
  5. http://burgenland.orf.at/news/stories/2669952/ „Nazi-Keller“: Seidl beteuert Authentizität, ORF.at, 23. September 2014
  6. Ulrich Seidl Film Produktion | In Produktion | Ich seh Ich seh
  7. International Goodnight Mommy Trailer Will Give You Nightmares
  8. Filmfonds Wien - Ich seh Ich seh
  9. Die Hollywood das Fürchten lehren. In: Wiener Zeitung. 4. Februar 2020, abgerufen am 14. Februar 2020.
  10. Veronika Franz, Severin Fiala: Austro-Horror, made in Hollywood. In: Kurier.at. 16. April 2016, abgerufen am 14. Februar 2020.
  11. Marschall Clemens: Filmemacher Severin Fiala über seine Arbeit, die Filmakademie und «Onkel» Ulrich Seidl. In: augustin.or.at. 1. Juni 2011, abgerufen am 14. Februar 2020.
  12. Presseheft zum Film Kern von Veronika Franz (PDF; 4,7 MB)
  13. Wenzel Müller: Das Wirtshaus-Kino augustin.or.at, 10. April 2017.
  14. Weniger freundlich beschreibt Rüdiger Suchsland den Stil: Rassismus für die Gebildeten unter seinen Verächtern. Telepolis, 3. Januar 2013, Rezension.
  15. Vgl. filmfonds-wien.at
  16. Priser Bergen International Film Festival (Memento vom 23. Februar 2013 im Webarchiv archive.today)
  17. Jürgen Haberleithner: Film als soziale Dimension: Luis García Berlanga und Ulrich Seidl als Exponenten sozialer Filmkultur. (PDF; 549 kB) Wien, September 2003; abgerufen 28. Jänner 2012
  18. Kulturpreise des Landes Niederösterreich 2005. APA-Meldung vom 24. November 2005, abgerufen am 28. November 2015.
  19. Gala: Ulrich Seidl mit Spezialpreis der Jury ausgezeichnet. In: Der Standard, 8. September 2012; abgerufen 22. Dezember 2012
  20. ORF-Online: Ehrenzeichen an Regisseur Ulrich Seidl; abgerufen am 14. Nov. 2013