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vom 04.01.2020, aktuelle Version,

Volksbegehren (Österreich)

Ein Volksbegehren ist ein Instrument der Direkten Demokratie in Österreich. Mit ihm kann das Volk die Behandlung eines Gesetzesvorschlags im Nationalrat verlangen. Um ein Volksbegehren zum Erfolg – sprich zu einer Behandlung im Parlament – zu führen, müssen die Initiatoren zunächst nach Anmeldung des Volksbegehrens im Einleitungsverfahren 8.401 Unterstützungserklärungen sammeln, wobei eine Unterstützungserklärung vor jeder beliebigen Gemeinde oder online mittels Handy-Signatur oder Bürgerkarte geleistet werden kann, und dann folgend im eigentlichen Eintragungsverfahren in einer Frist von einer Woche 100.000 Stimmberechtigte oder je ein Sechstel der Stimmberechtigten dreier Bundesländer[1] das Volksbegehren unterzeichnen müssen.[2] Ein direkter Einfluss auf die Gesetzgebung ist dabei explizit nicht vorgesehen. Der Nationalrat muss das Thema zwar diskutieren, er muss aber keinen im Sinne des Volksbegehrens günstigen Gesetzesentwurf beschließen. Dieses unverbindliche Instrument ist daher formal betrachtet eine Volkspetition.

Grundsätzlich ist das Volksbegehren in Art. 41 Abs. 2 B-VG geregelt; die näheren Bestimmungen über das Verfahren enthält das Volksbegehrengesetz 2018 (BGBl I Nr. 106/2016 in der jeweils geltenden Fassung).

Voraussetzungen und Durchführung

Um eine österreichweite Eintragungswoche für das Volksbegehren beantragen zu können, sind Unterstützungserklärungen nötig. Dazu werden ein Promille der durch die letzte Volkszählung erhobenen Bevölkerungszahl an gültig unterschriebenen Unterstützungserklärungen benötigt (Stand 1. Jänner 2018 sind dies 8.401[3][4]). Diese Unterstützungen gelten auch gleichzeitig als Unterschriften für das eigentliche Volksbegehren. Die Unterschrift musste bis 2017 auf dem Heimatgemeindeamt oder dem Magistrat vor dem Beamten geleistet werden. Alternativ konnte bis 1999 ein Volksbegehren auch von acht Abgeordneten zum Nationalrat oder von je vier Abgeordneten dreier unterschiedlicher Landtage initiiert werden. Seit 1. Jänner 2018 können mit der Einführung des Neuen Zentralen Wählerregisters Volksbegehren unabhängig vom Hauptwohnsitz in jeder beliebigen Gemeinde und auch online mittels Handy-Signatur oder Bürgerkarte unterschrieben werden. Dies gilt sowohl für die Abgabe einer Unterstützungserklärung als auch für die Unterzeichnung eines Volksbegehrens.[3]

Ein Volksbegehren muss im Nationalrat behandelt werden, wenn es mindestens 100.000 Unterschriften erreicht (bis 1981 mussten es 200.000 sein) oder aber die Stimmen von je mindestens einem Sechstel der Wahlberechtigten dreier Bundesländer. Praktisch ist diese Alternative jedoch bedeutungslos, da ein Sechstel der Anzahl der Wahlberechtigten der drei entsprechend der Zahl ihrer Wahlberechtigten kleinsten Bundesländer deutlich über 100.000 liegt; zum Beispiel wären bei der Europawahl 2009 mit einem Sechstel der Wähler aus Burgenland, Vorarlberg und Salzburg insgesamt zumindest 147.897 Stimmen zusammengekommen.[5]

Bisher haben 33 von 38 Volksbegehren diese Hürde überwunden: Liste der Volksbegehren in Österreich.

Erfolgreiche Volksbegehren

Das erfolgreichste Volksbegehren, das nicht durch politische Parteien unterstützt wurde, war 1964 das Rundfunkvolksbegehren zur Reform des öffentlich-rechtlichen Österreichischen Rundfunks (ORF), das von der Tageszeitung Kurier unter dem Chefredakteur Hugo Portisch initiiert und von zahlreichen Zeitungen unterstützt wurde. Es wurde von mehr als 830.000 Menschen unterzeichnet und führte auch tatsächlich zum Rundfunkgesetz.

Weitere Verfahren der Direkten Demokratie

Volksabstimmung

Vom Volksbegehren unterschieden werden können zwei ähnliche Verfahren. Eine Volksabstimmung liefert ein verbindliches Ergebnis, der Gesetzgeber ist an den Ausgang des Verfahrens gebunden.

2011 trat der spätere Vizekanzler Heinz-Christian Strache der Bundesregierung Kurz I für eine verbindliche Volksabstimmung ab 150.000 Unterschriften ein.[6] 2012 sowie im Wahlkampf 2017 forderte der spätere Bundeskanzler Sebastian Kurz, dass es zu einer verpflichtenden Volksabstimmung kommen soll, wenn zehn Prozent der Wahlberechtigten (rund 640.000 Personen) ein Volksbegehren unterschreiben.[7][8] Im Regierungsprogramm der Bundesregierung Kurz I wurde im Dezember 2017 festgelegt, dass 2022 beschlossen werden soll, dass eine verbindliche Volksabstimmung bei mehr als 900.000 Unterstützern eines Volksbegehrens folgen soll, sofern dieses nicht binnen eines Jahres umgesetzt wurde.[9][10]

Volksbefragung

Eine von der Regierung durchgeführte Volksbefragung hingegen liefert ein bloßes Meinungsbild der Bevölkerung, ist aber rechtlich nicht bindend.

Parlamentarische Bürgerinitiative

Wesentlich weniger aufwändig als ein Volksbegehren ist in Österreich die Einreichung einer parlamentarischen Bürgerinitiative.[11] Diese kann frei, d. h. ohne Zwang zum Gang aufs Amt unterschrieben werden und muss von mindestens 500 Staatsbürgern, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, unterstützt werden. Nach der Einreichung wird die parlamentarische Bürgerinitiative vom Petitionsausschuss des österreichischen Nationalrates behandelt.[12] In Österreich können alle Staatsbürger ab vollendetem 16. Lebensjahr wählen und daher auch parlamentarische Bürgerinitiativen unterstützen oder einreichen. Die erste parlamentarische Bürgerinitiative, die von Kindern und Jugendlichen unterzeichnet wurde, wurde vom Verein „Coole Schule“ im Juli 2009 eingereicht. Seit dem 31. Oktober 2014 ist es bei der Bürgerinitiative "Politreform-jetzt: Stoppt den Abstieg Österreichs - mit der 6 Mrd-Politreform" (59/BI)"[13] erstmals möglich, sich auch Online als Unterstützer einer parlamentarischen Bürgerinitiative einzutragen. Es wurde auch zugesagt, Initiatoren von parlamentarischen Bürgerinitiativen in parlamentarischen Ausschüssen vermehrt anzuhören.[14]

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. RIS - Bundes-Verfassungsgesetz Art. 41 - Bundesrecht konsolidiert. Abgerufen am 6. Oktober 2018.
  2. Republik Österreich: Ablauf eines Volksbegehrens – Übersicht. Abgerufen am 6. Oktober 2018.
  3. 1 2 HELP.gv.at: Volksbegehren. Abgerufen am 12. Februar 2018.
  4. Wie viele Unterstützungserklärungen müssen bei der Einbringung eines Volksbegehrens dem Einleitungsantrag angeschlossen werden? auf bmi.gv.at
  5. Europawahl: 6.360.024 vorläufig Wahlberechtigte in Österreich auf ots.at
  6. FPÖ: Strache: Direkte Demokratie nach Schweizer Vorbild in Verfassung verankern!. OTS-Meldung vom 24. November 2011, abgerufen am 13. Oktober 2018.
  7. diepresse.com: ÖVP-FPÖ: Kurz für verpflichtende Volksabstimmungen. Artikel vom 7. Jänner 2012, abgerufen am 13. Oktober 2018.
  8. Sebastian Kurz: Mehr direkte Demokratie zulassen. Abgerufen am 13. Oktober 2018.
  9. Zusammen. Für unser Österreich. Regierungsprogramm 2017–2022 Abgerufen am 13. Oktober 2018.
  10. "Zusammen. Für unser Österreich": Das steht im Regierungsprogramm. Artikel vom 16. Dezember 2017, abgerufen am 13. Oktober 2018.
  11. § 100 des Bundesgesetzes über die Geschäftsordnung des Nationalrates
  12. Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen
  13. "Politreform-jetzt: Stoppt den Abstieg Österreichs – mit der 6 Mrd-Politreform" (59/BI)", erste Parlamentarische Bürgerinitiative mit Online-Unterstützungsmöglichkeit ab 31. Okt. 2014, Initiator Wolfgang Bauer, http://www.verwaltungsreform-jetzt.at (Memento des Originals vom 12. September 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.verwaltungsreform-jetzt.at
  14. Auflistung der aktuellen parlamentarischen Bürgerinitiativen