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Bruck an der Mur, eine Stadt am Schnittpunkt#

3000 Jahre Einkaufen in Bruck/Mur

Bild 'bruck_wappen'

Im Herzen der Steiermark, am Treffpunkt von drei Tälern und im Gebiet, wo zwei Flüsse, Mur und Mürz, zusammenfließen, liegt die Bezirkshauptstadt Bruck/Mur. Diese Lage prädestiniert Bruck dafür, Zentrum zu sein, ein Knotenpunkt für Durchreisende und Ankommende.

Reisende, Händler, Lieferanten, sie alle wussten um die Bedeutung dieses Handelsplatzes, einer Drehscheibe für Waren aller Art.

Dass Bruck schon vor mehreren tausend Jahren ein Ort des Einkaufs und Verkaufs war und wohl auch des damit verbundenen mehr oder weniger pulsierenden Lebens, beweist ein Fund, der vor mehr als 100 Jahren hier gemacht wurde. Graf Gundakar Wurmbrand, der damalige Statthalter, fand im Jahr 1880 im Stadtgebiet den Warenvorrat eines Händlers aus der späten Bronzezeit: Bruchstücke von Sicheln, Lanzenspitzen, Griffzungenschwerter, Bruchteile von einem Tüllenbeil, ein Messer und Reste von zwei Tongefäßen.

Bild 'bruck_landschaft'

Wo einst der bronzezeitliche Händler seine Waren ausbreitete, bummeln heute nicht weit entfernt davon Einkaufslustige durch eine der schönsten Fußgängerzonen der Steiermark. "3000 Jahre Einkaufen in Bruck", von Lanzenspitzen und Sicheln zur feinen Boutiqueware, salopp formuliert trifft es doch den Kern der Sache! Zahlreiche Funde beweisen, dass die Verkehrswege, die von Bruck nach Westen, Süden und Nordosten ausgehen, schon vor mehr als 3000 Jahren begangen wurden.

Gerade am Pischkberg hat man einen herrlichen Blick mur- und mürz-aufwärts. Außerdem ändert an dieser Stelle die Mur ihren Lauf fast rechtwinkelig von West-Ost nach Nord-Süd. Ein markanter Punkt also. Man darf hier, etwa 80 Meter über dem Flussufer, uraltes Siedlungsgebiet vermuten. Endgültig ins helle Licht der Geschichte aber tritt Bruck erst in der Römerzeit. Seine Bedeutung gewinnt "Poedicum", wie die Stadt damals hieß, durch seine Lage als Verkehrsknotenpunkt. Eine römische Straße führte von Flavia Solva (Wagna bei Leibnitz), der einzigen römischen Stadt in der heutigen Steiermark, am Kugelstein entlang nach Rabenstein und Adriach. Im Bereich der Heiligen-Geist-Kirche erreichte die Römerstraße die Stadt Bruck, überquerte die Mur und zog über Oberdorf weiter nach Dionysen. Ein Römerweg niedrigerer Ordnung zweigte in Bruck - Poedicum - ab und führte durchs Mürztal und weiter über den Semmering.

Die römische Siedlung lag in der Murvorstadt, im Bereich der heutigen Postwiese, in der Nähe von St. Ruprecht. Man darf annehmen, dass diese Siedlung bei der Wichtigkeit ihrer Lage durchaus größere Bedeutung gehabt haben wird.

Vor unserem geistigen Auge entsteht ein Siedlungsgebiet mit kel-tisch-norischen Holzbauten, aber auch mit festen römischen Stein- bzw. Ziegelbauten. Immerhin führt eine Straße vorbei, die den Süden des Römischen Reiches mit dem rohstoffreichen Norden verbindet. Deshalb marschierten hier nicht nur römische Legionen vorbei, sondern auch Handelsleute und Reisende machten in den Raststätten Halt, nutzten die örtlichen Werkstätten zur Reparatur und statteten vielleicht der einen oder anderen Villa einen Besuch ab.

Greifbar im wahrsten Sinne des Wortes wird die römische Vergangenheit der Stadt im Kassenraum der Raiffeisenbank, Mittergasse 18. Zu sehen ist ein Jupiter-Altar aus der Zeit um 234 n. Chr., der bei dem Bau der Staatseisenbahn im Jahre 1843 bei Pischk am Kaltenbach gefunden wurde und folgende Inschrift aufweist:

I(ovii) O(ptimus) M(aximo)
DELULSORI
C(aius) IVLIVS PROBVS
M (lies) L(egiones) S G(erm) SEV(erianae) 
V(otum) S(olvis) L(ibens) L(aetus) M(erito) 
MAXIMO II (et) AGRICOLAE 
(c)O(n)S(ulibus)

Die Übersetzung von Prof. Mag. S. Riedelsperger dafür lautet:

Juppiter dem besten und größten
Abwehrer von Gefahren.
Caius Julius Probus
Soldat der X. Legion
Löste sein Gelübde gerne, freudig und zu
Recht ein.
(Geschehen) unter den Konsulen Maximus II undAgricola.

Was erzählt uns diese Inschrift? Der Stifter des Altars ist Soldat der X. Legion mit Standort Vindobona, der als "beneficiarius" in der Nachbarprovinz Noricum Dienst machte. Es handelt sich um keinen gewöhnlichen Soldaten, sonst hätte er wohl nicht die Mittel gehabt, einen solchen Stein aufzustellen, sondern um einen "beneficiarius", also um einen Inhaber von Vorrechten und Wohltäter. Durchaus möglich, dass er zur Sicherung und Kontrolle der vorbeiführenden Straße eingesetzt war.

Übrigens, römische Straßen nehmen sich gegen unsere Autobahnen fast armselig aus. Außerhalb der Siedlungen betrug die Straßenbreite weniger als 1,5 Meter!

Bronzewerkzeuge vom Brucker Fund
Bronzewerkzeuge vom Brucker Fund

"An der Brücke"#

Die älteste Urkunde, die Bruck nennt, ist weit über 1000 Jahre alt! 860 bestätigte König Ludwig der Deutsche dem Erzbischof von Salzburg seine Erwerbungen, darunter eine "curtis", einen Herrenhof "ad Pruc-cam". Mit Übernahme des Landes durch die fränkischen Siedler ging der König daran, sich durch Grundschenkungen an einflussreiche Personen ein Herrschaftssystem aufzubauen. Mitten in das slawisch besiedelte Land baute man königliche Gutshöfe, sog. "curtes", die Zentren der Siedlung, Wirtschaft, Verwaltung und Kultur waren. Solche karolingische Edelhöfe waren gewöhnlich mit Palisaden oder Erdwällen umgeben und verfügten über reichen Landbesitz. In unmittelbarer Nähe befand sich meistens eine Schmiede, eine Mühle und ein Gasthaus. Nach und nach siedelten sich um diesen Herrenhof abhängige Bauern an, die das Land urbar machten und bewirtschafteten. Die Siedlung bei Bruck hatte 860 offensichtlich noch keinen Namen, nur ihre Lage "bei der Brücke" (ad Pruccam) ist genannt. Für die spätere Siedlung sollte aber diese Brücke namengebend werden. Die Lage des Hofes lässt sich heute nicht mehr eindeutig feststellen, er muss aber an der alten Römerstraße, in der Nähe der Brücke über die Mur gelegen sein. Diese Überlegung führt uns in die Gegend von St. Ruprecht am rechten Murufer, wo bald nach der fränkisehen Landnahme, an der Stelle der heutigen Ruprechtskirche, die älteste Kirche, ein einfacher Holzbau, erbaut worden sein dürfte.

Eine zweite Siedlung an der Stelle des heutigen Stadtkerns wird in Urkunden des 10. Jh.s "ad Muorizakimundi" genannt, das ist slawisch und bedeutet so viel wie "an der Mürzmündung". Poedicum, Prucca, Muorizakimundi - was für eine Vielfalt von Namen für ein wohl relativ kleines Dorf an einer wichtigen Verkehrsstraße! Lateinisch, slawisch, deutsch - viele Kulturen haben dieses Land geprägt, viele Sprachen haben in den Flur- und Ortsnamen ihre Spuren hinterlassen und geben uns heute noch Zeugnis von unserer Geschichte, die manchmal weit entfernt scheint, uns aber dennoch heute noch prägt.

Eine Stadt wird gegründet#

Alte Ansicht von Bruch, 1913
Alte Ansicht von Bruch, 1913
Im Laufe eines Umritts in der Obersteiermark kam König Przemysl Ottokar, der sich im Jahre 1254 der Steiermark bemächtigt hatte, 1263 auch nach Brück. Dem Böhmenkönig, der ein besonderes Interesse an Städten hatte, da er in ihnen Verbündete gegen den allzu selbstbewussten Adel sah, fiel auf, dass das Gebiet unter dem Schlossberg, im strategisch günstigen Dreieck zwischen Mur und Mürz, ideal für eine Stadtgründung war. Sein geschulter Blick erkannte sofort die Möglichkeiten, die ein solcher Platz bot. Damit war entschieden, dass an Stelle die kleine Siedlung "ad Muorizakimundi" entstehen sollte und nicht gegenüber am anderen Murufer im viel älteren Siedlungsgebiet, König Ottokar zögerte nicht lange und noch im selben Jahr gab er den Auftrag, die Stadt "neu zu pflanzen". Brück hat also die Ehre, von einem König gegründet zu sein. Der Böhmenkönig, dessen Schicksal Franz Grillparzer zum Trauerspiel "König Ottokars Glück und Ende" inspirierte, gründete eine Reihe von Städten, als erste aber Brück. Man legte die Stadt in einer für die Steiermark typischen Art an.- Ein Platz wird von zwei angentialstraßen umschlossen. Die ältere Straße, die Herzog-Ernst-Gasse, ist gleichzeitig die älteste Verbindung des oberen Murtales mit dem Mürztal.

Die Stadtmauer hatte ihren Ausgangspunkt am Schlossberg mit der Burg Landskron und führte zur Mürz, am Minoritenkloster vorbei bis zum Grazer Tor, vor dem sich wahrscheinlich schon damals eine Brücke über die Mur befand. Am westlichen Ende der Mauer haben wir uns die Schifflände zu denken, den Anlegeplatz für Flöße und bis zum 17. Jh. auch für Schiffe. Dann bog die Mauer im rechten Winkel um und zog geradewegs zum runden Turm in der heutigen Friedrichsallee und in einer leicht gewölbten Linie zum Schlossberg zurück.

Übrigens, König Ottokar musste 1276 seine Gründung seinem Gegner Rudolf von Habsburg überlassen, der Brück bereits ein Jahr später "den Namen und die Ehre einer Stadt" verliehen hat. Mit Rudolf begann das Zeitalter der Habsburger in der Steiermark. Ottokars Glück hatte ein Ende in der Schlacht am Marchfeld, der größten Ritterschlacht überhaupt, wo er 1278 den Tod fand. Er war von steirischen Rittern getötet worden, gegen alle Rittersitte, als er bereits wehrlos am Boden lag.

Die Erinnerung an den Gründer der Stadt Brück lebt weiter in Grillparzers "König Ottokars Glück und Ende", der in seinem Stück auch Brück ein Denkmal setzte.

"... Du folgst mir nach, zum Schein; allein in Brück Harrt dein ein treuer Knecht mit frischen Pferden, Und während man dich beim Vater glaubt, Eilst du nach Deutschland auf verborgnen Pfaden und Überreichst dem Erzbischof von Mainz diesen Brief..."

Von Türken und anderen Belagerern#

Es war im Winter des Jahres 1292. Die Steiermark war tief verschneit und eigentlich war Reiseverkehr nur sehr eingeschränkt möglich. Herzog Albrecht war trotzdem mit seinem Heer von Wiener Neustadt aufgebrochen, um nach Brück zu eilen. Von dort hatte ihn ein Hilferuf der eingeschlossenen Stadt erreicht, die von Adelstruppen belagert wurde. Diese hatten dem Herzog ihren Eid und Gehorsam aufgekündigt und probten den Aufstand mit dem Ziel, die Habsburger aus Österreich und der Steiermark zu verjagen. Nun also stand Albrecht mit seinen Mannen vor dem Semmering, der "hoch beschneet" war. In einer Gewaltaktion schaufelten hunderte Bauern den Weg frei, damit das Heer gen Brück weiterziehen konnte. Die Belagerer waren indes gerade dabei abzuziehen, als Albrecht eintraf und die Stadt, die 14 Tage ausgehalten hatte, befreite. Dies war umso bemerkenswerter, als die Stadt mit ihren Wehranlagen ja gerade erst neu erbaut war und schon der "Feuerprobe" einer Belagerung standhalten musste. Wie gut geschützt Brück durch seine Mauern war, sollte sich 200 Jahre später wiederum zeigen, als die Türken raubend und mordend durch die Steiermark zogen. Sie verwüsteten wohl das Mur- und Mürztal, mussten aber an der gut befestigten Stadt vorbeiziehen.

Die Glanzzeit der Brucker Bürger#

Wer im Mittelalter und bis weit in die Neuzeit hinein durch ein Stadttor ging, betrat eine andere Welt. Draußen am Land die untertänigen, minderfreien Bauern, drinnen die persönlich freien Bürger. Nun hatte Brück noch dazu eine Sonderstellung unter allen steirischen Städten. Gelegen an der alten Salz- und Eisenstraße, reichlich verwöhnt mit Privilegien und Freiheiten der Landesfürsten, zählte Brück bald zu den größten Städten des Landes, hinter Graz und Judenburg, aber vor Leoben und Knittelfeld.

Die Stadt wurde von einem Gremium, dem Rat, verwaltet, an deren Spitze zunächst der Stadtrichter stand, ab 1488 ein gewählter Bürgermeister. Der Magistrat wachte darüber, dass u.a. die Wohnstätten der Bürger instand gehalten wurden - Vernachlässigung der Häuser wurde mit Strafen geahndet -, dass die Straßen rein gehalten wurden, kontrollierte die Sicherheit der Brücken, die Instandhaltung der Brunnen, kümmerte sich um Feuersicherungsmaßnahmen. Die Bürger konnten ihr Baumaterial recht günstig von dem städtischen Ziegelofen und der Kalkgrube beziehen. Der Stadtforst lieferte das erforderliche Bau- und Brennholz, auf den städtischen Weideflächen, dem Ochsenhalt, dem Schafgraben und den Sautratten, konn-ntendie Bürger ihr Vieh weiden.

Wenn jedenfalls die Anzahl der Bierbrauereien ein Gradmesser für die Größe einer Stadt war, hatte Brück die Nase vorn. Gleich drei Bierbrauereien befanden sich innerhalb ihrer Mauern - 1328 ist Konrad der Pierer = Bierbrauer bezeugt -, während z. B. Leoben nur auf zwei Brauereien verweisen konnte. Nun, wie wir wissen, haben sich mittlerweile die Verhältnisse zugunsten der Gösser-Stadt geändert.

Was Brück aber wirklich reich machte, war das allgemeine Niederlagsrecht und besonders jenes für Salz, Eisen und Getreide. Es bedeutete, dass kein Kaufmann an Brück vorbeifahren durfte, sondern hier seine Ware "niederlegen" und zum Verkauf anbieten musste.
Besonders wichtig war das Privileg der Salzniederlage, denn neben Brück durfte nur noch in Rottenmann Salz verkauft werden, nirgendwo dazwischen.

Von nachhaltiger Bedeutung für das Wirtschaftsleben war auch das Recht, Jahrmärkte abhalten zu dürfen. Die Brucker Märkte waren im 16. Jh. die wichtigsten und meistbesuchten "Messen" auf steirischem Boden. Ein solcher Jahrmarkt dauerte jeweils vier Wochen. Fremde Kaufleute, die "Gäste", kamen von weither in die Stadt, denn zur Jahrmarktszeit genossen sie auf dem Weg hin und zurück besonderen Schutz. Auch durften sie nur während dieser Zeit untereinander Handel treiben und Waren im Kleinen verkaufen, also z.B. Stoff meterweise und nicht ganze Ballen. Dies war sonst nur den ortsansässigen Kaufleuten gestattet.

Mit dem Wohlstand der Stadt wuchs auch das Selbstbewusstsein der Bürger. Wer einmal vor dem Kornmesserhaus gestanden ist, diesem schönsten Bürgerhaus der österreichischen Gotik, der kann ermessen, welch starkes und stolzes Bürgertum hier anzutreffen war.
Eine städtische Kultur und Gesellschaft hatte sich entwickelt, verbunden mit dem wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt, deren Horizont durchaus über die Landesgrenzen hinausreichte.
Im Kornmesserhaus, das um 1500 vom Handelsmann und Gewerken Pongraz Kornmeß erbaut wurde, kann man sehr schön die befruchtende Wirkung dieser Handelsbeziehungen sehen: heimische, spätgotische Formen verbinden sich mit venezianischen Elementen.

Das Baderhaus#

Innenraum vom Baderhaus
Innenraum vom Baderhaus

Der Berufsstand der Bader war vom Mittelalter bis weit in die Neuzeit in allen Städten vertreten. Ein Bader betrieb nicht nur eine Badstube, sondern er war auch noch Barbier und Wundarzt in einem. Er schnitt seinen Kunden also nicht
nur die Haare, sondern setzte auch Schröpfköpfe an, ließ zur Ader und führte einfache Zahn- und Wundbehandlungen durch.

Das Gewerbe des Baders war im medizinischen Bereich ein blutiges. So verstand man unter einer Zahnbehandlung in erster Linie das "Zahnbrechen", also das Reißen von Zähnen. Geräte wie der "Flaxhaggl", mit dem Sehnen (Flaxen) gehalten wurden, und das "Painzangl" zum Entfernen von Knochensplittern geben uns eine Ahnung davon, wie hartgesotten nicht nur der Bader, sondern auch seine "Patienten" gewesen sein müssen.

Durch einen glücklichen Zufall wurden Teile des alten Baderhauses in der Ringelschmiedgasse 7 freigelegt. Es sind zwei sorgfältig mit Ziegeln gemauerte Kesselfundamente zur Warmwasseraufbereitung, eine Befeuerungsanlage sowie der Abwasserkanal, das Fundament eines Schnitzofens und Reste des Fußbodens erhalten geblieben. Die Badstube zählt zu den größten und am schönsten erhaltenen in Österreich.
Möglicherweise ging es in dieser Badstube zu wie in einer Schilderung von Hans Sachs aus dem Jahr 1568:

Wollen ins Bad Reich und Arm 
Das ist jetzund geheitzet warm 
Mit wohlschmacker Laug ma euch wescht 
Denn auff die Oberbanck euch setzt 
Erschwitzt, denn werdt ir zwagn und gribn 
Mit Lassn das übrig Blut außtriebn 
Denn mit dem Wannenbad erfreut 
Danach geschorn und abgefleht

Lassn = Ader lassen
abgefleht = Entfernung der Flöhe

Was die "Schiffgasse" erzählt#

Wer vom Hauptplatz aus in die Schiffgasse einbiegt, befindet sich geradewegs auf dem Weg zum alten Anlegeplatz für Schiffe, einem Ort pulsierenden Lebens im alten Brück. Am unteren Ende der Schiffgasse befand sich das Schifftor, neben dem Grazer Tor, dem Wiener Tor, dem Leobner Tor eines der Stadttore, die Teil der Ummauerung waren. Der Torsperrer, meist ein Schiff- oder Floßmeister, hatte das Tor bei Anbruch der Dämmerung zu schließen, den Schlüssel über Nacht zu verwahren und in der Früh wieder zu öffnen.

Wenn wir durch das imaginäre Tor treten, kommen wir in den Bereich der ehemaligen Schifflände, dem Anlegeplatz für Floße und bis zum Ausgang des 17. Jh.s auch für Schiffe.
Solange es keine Eisenbahnen gab und die Straßen schlecht waren, ging ein guter Teil des Gütertransports auf dem Wasser vor sich. Der Mur kam deshalb eine große Bedeutung zu, weil sie das holz- und eisenreiche Oberland mit dem weinreichen Süden verband.

Außerdem kreuzte sich die Mur bei Judenburg mit der uralten Handelsstraße nach Italien und an mehreren Stellen mit der Salzstraße.
Welche Güter wurden nun auf dem Wasser transportiert? In erster Linie natürlich Holz, aber auch Leinwand, seltener Loden und in beträchtlichem Ausmaß Nahrungsmittel. Wildbret, Hirsche, Hasen, Rehe, Gämsen, Auer-, Hasel- und Schneehühner und anderes Federwild wurde in Fässer gefüllt und bereicherte so den Speisezettel der südlichen Steiermark. Einmal, im Juli 1697, wurde sogar eine Bärenhaut verfrachtet, die nach Hafendorf geliefert wurde. Forellen wurden lebend in eigenen Fischbehältern versendet, Schmalz in Kübeln zu 60 bis 75 kg, Käse in hölzernen Verschlagen und Getreide in leeren Weinfässern, die auf diese Weise ins weinreiche Unterland zurückgeschickt wurden. Floße und Plätten wurden nach der Ankunft als Brennholz verkauft.

Nur eine Frage wurde noch nicht ausreichend geklärt: Wie wurden die Schiffe aus dem Süden wieder nach Judenburg oder Brück zurücktransportiert? Möglicherweise wurden sie mit vorgespannten Pferden muraufwärts gezogen, um dann schließlich wieder den Passagieren zur Verfügung zu stehen, die eine schöne und schnelle Floßfahrt dem Ritt auf der holprigen Landstraße vorzogen.

St.-Nikolaus-Kirche
Die Kirche der Flößer und Schiffer#

St. Nikolaus Kirche
St. Nikolaus Kirche
Ende des 14. Jh.s wurde die Kirche von den Murflößern und Schifferleuten der Stadt errichtet, die sich in der Nicolaibruderschaft vereinigt hatt-ten. Eine Bruderschaft ist ein genossenschaftlicher Zusammenschluss zu religiösen Zwecken, im Gegensatz zu den Zünften, die gewerblich orientiert sind. In einer Zeit, als es noch keine demokratischen Strukturen gab, gehörten die Bruderschaften und Zünfte zu den wenigen Möglichkeiten der Bürger und Bauern, sich frei zusammenzuschließen, frei zu bestimmen und wählen zu können.

Nicht weit entfernt von der Stelle, wo die Mur besonders gefährlich war, dort wo sie ihre Richtung ändert und nach Süden abbiegt, steht die Kirche mit dem typisch barocken Zwiebelturm. Beachtenswert ist der thronende hl. Nikolaus am Hochaltar und das Zeichen der Murflößer im nördlichen Chorfenster. Neben all der prachtvollen Ausstattung ist auch ein Wandgekritzel beim Choraufgang interessant, das aus dem Jahr 1560 stammen könnte.

Aus der "guten alten Zeit"
Der Streit um das heimliche Gemach#

Mittelalterliche Bürgerhäuser sind häufig dadurch gekennzeichnet, dass sie zum Platz oder zur Gasse hin nur eine schmale Front, oft ein Fenster breit, aufweisen, dagegen weit nach hinten reichen, um Platz für Familie, Geschäft, Werkstätte oder Stallung zu schaffen.
Die Häuser wurden häufig nicht aneinander gebaut, sondern man ließ einen mehr oder weniger schmalen Zwischenraum, eine "Reiche". So ein Zwischenraum zwischen den Häusern schien auch wegen der ständigen Feuergefahr angeraten. Manche dieser Reichen waren so breit, dass man sie als Durchgang benützte und sie sich später zu Gässchen entwickelten.
Um solch eine Reiche gab es anno 1545 einen Streit zwischen zwei Brucker Handwerksmeistern, der uns auch einiges über die Lebensqualität in einer Stadt des Mittelalters oder frühen Neuzeit erzählt. Die beiden Bürger, Meister Georgen Crafft, ein Schneider, und Meister Sewastian Todt, ein Kürschner, waren Nachbarn, ihre Häuser getrennt durch eine Reiche. Und da sich solch eine Reiche auch wunderbar dazu eignete, Abwässer aus den Häusern aufzunehmen, die dann vom Dach- und Regenwasser weggeschwemmt wurden, begehrten beide ein oder mehrere heimliche Gemächer, darunter versteht man nichts anderes als Toiletten, von ihren Häusern hinaus in die Reiche zu bauen.

Es kam zu einem Lokalaugenschein, bei dem das Abortproblem verhandelt wurde. Schließlich erging vom "ersamben und weisen" Stadt- und Landrichter zu Brück der Bescheid, dass beide, Kürschner und Schneider das Recht hätten, ein "haimbliches Gemach" aus ihren Häusern zu bauen und die Abwässer desselben in die Reiche zu leiten, von wo sie dann auf die Straße gelangten.

Nicht nur in Brück, sondern in allen Städten dieser Zeit war es üblich, Unrat einfach wegzuschwemmen. Es stellt sich nun eine Frage: Was, wenn es lange nicht regnete???

Das "Brucker Libell" -
ein Freiheitsbrief für die Evangelischen#

Der Wohlstand in Brück hatte seinen Höhepunkt erreicht, als eine religiöse Bewegung das Land erfasste und auch in der Stadt Eingang fand: das Luthertum.

Martin Luther, der deutsche Reformator, wandte sich in erster Linie gegen das Ablasstum der katholischen Kirche, darunter versteht man das "ablassen" von Sündenstrafen seitens der Kirche gegen Bezahlung, also den Kauf von kürzerer Verweildauer im Fegefeuer. Die Lutherianer sind der Überzeugung, dass sie nur durch Gottes Gnade gerettet werden, nicht durch ihre guten Taten, und dass nur zählt, was in der Bibel - solo scriptura - steht.

Schon im Jahre 1525 soll der Stadtpfarrer von Brück das Evangelium im Sinne Luthers gepredigt haben. Er wurde zwar durch einen Befehl des Erzherzogs aus allen habsburgischen Ländern ausgewiesen, aber die neue Lehre verbreitete sich trotzdem. Unterstützt durch die benachbarten Grundherrschaften, besonders des Gewerken Pögl vom Pöglhof, fand das Luthertum regen Zulauf.

Im ganzen Land sind viele Städte, darunter auch Graz, zum Großteil evangelisch geworden. Auch der Adel war bald in seiner Mehrheit lutherisch, Als nun am Generallandtag in Brück 1578 Erzherzog Karl von den Adeligen finanzielle Unterstützung beim Kampf gegen die Türken forderte, waren diese nur dazu bereit, wenn Karl ihnen im Gegenzug Zugeständnisse machte. Nach sechswöchiger Beratung kam es zu jener bekannten Erklärung Erzherzog Karls, die als "Brucker Libell" in die Geschichte eingegangen ist und die von den innerösterreichischen Protestanten als ihr großer Freiheitsbrief angesehen wurde. Nachdem sechs Jahre zuvor bereits dem Adel Kultusfreiheit gewährt worden war, sollten nun auch die Bürger in ihrem Gewissen "nicht beschwert" werden und ihnen "wegen der Religion kein Haar gekrümmt" werden. Dies alles wurde in keiner Urkunde festgehalten, sondern in einem Büchlein, einem Libell, das nur eine Niederschrift der Vorgänge darstellt.

Bereits 20 Jahre später setzte die katholische Gegenbewegung, die Gegenreformation, ein. Als dann im Jahre 1600 die Bürger der Stadt vor die Frage gestellt wurden, katholisch zu werden oder auszuwandern, lehnten nur fünf Bürger die Annahme des katholischen Glaubens ab. Eine Kommission unter dem Bischof von Seckau, genannt der "Ketzerhammer", zog mit drei Kompanien Soldaten durchs Land, vertrieb evangelische Prediger, verbrannte Bücher, zerstörte die evangelischen Kultgegenstände und "machte" die Bürger wieder "katholisch". Der Sieg des Landesfürsten in der Gegenreformation hatte auch in Brück seine politischen Auswirkungen. Er bedeutete das Ende der bürgerlichen Freiheit in Brück - die freie Wahl des Rates wurde abgeschafft -, die erst mehr als 200 Jahre später, nach der Revolution von 1848, teilweise wieder zurückgegeben wurde. 

Die große Zeit für Brück war vorbei. Der schreckliche Brand von 1792 und die Franzosenzeit taten ein Übriges, dass an Stelle des einstigen Wohlstandes Not und Elend traten. Erst mit der Eröffnung der Bahnlinie Mürzzuschlag - Graz 1844 und der Revolution vier Jahre später trat ein neuerlicher Aufschwung ein.

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© Bild und Text Fritz Bayerl, Karl und Inge Friedl