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Tragöß#

Tragössertal - Gebiet der Naturschönheiten, Seen und Almen

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Tragöß - Wo sich die Natur erholt -, treffend beschreibt dieses Motto am Fremdenverkehrsprospekt der Gemeinde, was der Erholungsuchende hier findet. Die Schönheiten der Natur sind in diesem Tal scheinbar im Überfluss vorhanden, der großartige Talschluss, der Grüne See mit seinem klaren Wasser, die Edelweißfelder des Trenchtlings, die herrlichen Almen. Gerade heute in unserer hektischen und kurzlebigen Zeit ist eine solche Umgebung ein wahres Labsal für die Seele. Als Ausflugs- und Urlaubsort kann Tragöß stolz auf seine Vergangenheit blicken. Bereits im 19. Jh. lobt der Wander- und Kulturführer "Die eherne Mark" Tragöß in höchsten Tönen. Er zählt das Tragösser Tal zu den interessantesten Gegenden der Steiermark und bezeichnet den Ort als "touristisches Standquartier ersten Ranges". So lockt die herrliche Lage und Umgebung von Tragöß schon über ein Jahrhundert Touristen in den romantisch gelegenen Ort an den Ausläufern des Hochschwabmassivs.

Pichl-Großdorf mit Meßnerin
Pichl-Großdorf mit Meßnerin

Die einzigartige Lage von Tragöß ergibt sich durch den Talschluss, der von den Bergen Trenchtling, Pribitz und Meßnerin gebildet wird. Diese drei Berge waren früher waldbedeckt bis zu den obersten Kämmen und prägten sich dem Auge des Betrachters unwillkürlich ein. Wahrscheinlich gaben sie auch dem Dorf seinen Namen, slawisch tre, tra = drei und slawisch gozd = Wald wurde so zu Tragöß, das nun in seinem Ortsnamen die Erinnerung an längst verschwundene Bewohner des Tales, die Slawen, trägt, die dieses Land ab ungefähr 600 n. Chr. besiedelten, ehe bayrische Siedler ins Land kamen.

Hier am Ende des Tales stürzte in grauer Vorzeit von der Pribitz eine Wand in die Tiefe und sperrte das Jassingtal durch einen riesigen Trümmerhaufen ab. Das von den Bergen kommende Wasser sammelt sich im Becken der Pfarrerlacke und bohrt sich unterirdisch seinen Weg und Ablauf in den Grünen See.

Innenansicht der Kirche in Pichl-Großdorf
Innenansicht der Kirche in Pichl-Großdorf

Die Berge, der Grüne See, sie stehen miteinander in Verbindung. Dem Auge zwar verborgen, aber spätestens im Frühjahr sichtbar, wenn sich der Grüne See wieder von neuem mit klarem Wasser füllt, erkennt der Betrachter die Symbiose, in der hier Wälder, Berge, Seen und zuweilen auch die Menschen leben.

Siedlungsgeschichte#

Das erste Mal genannt wird Tragöß 1023 als "Tragusse", das heißt natürlich keineswegs, dass dieses Gebiet vorher nicht besiedelt war. Die frühesten Bewohner des Tales haben allerdings kaum Spuren hinterlassen. Wir haben von ihnen keine schriftliche Quellen, keine Bauten, bis jetzt auch keine Münzfunde, nur die Orts- und Flurnamen geben uns heute Zeugnis von den ersten Siedlern. Die ersten Bewohner waren, neben Überresten von Kelten, die Slawen, die nach den Wirren der Völkerwanderung ab dem 7. und 8. Jh. in dieses Tal kamen. Die slawisehen Bauern lebten vorwiegend in Dorfsiedlungen und legten nur selten Einschichthöfe an. Auch bevorzugten sie nicht Tallagen, da diese damals noch versumpft und verwildert waren, sondern siedelten mit Vorliebe an den Hängen.

Alte Ortsansicht, 1905
Alte Ortsansicht, 1905

Nicht nur der Name Tragöß, also slawisch tre-gozd = "Dreiwald", auch der Name des Lamingbaches, "Lamnicha Fluvius" = der Bach mit den lehmigen und abgebrochenen Uferwänden ist slawisch Ursprungs. Faszinierend ist, dass an diese längst versunkene slawische Siedlung Hausnamen erinnern, die noch heute bestehen. Weit mehr als 1000 Jahre alt sind die Vulgo-Namen Glinitzer (glina = Erde, Erdbauer), Mokitzer (monka = Mehl, Mehlbauer) und Pölsbacher (pleso = Teich).

Ab dem 9. Jh. kamen Bayern und Franken, die vermutlich geraume Zeit mit den Slawen gemeinsam das Land bewohnten. Sie begannen das Tal urbar zu machen und rodeten so manchen Wald, davon erzählt uns heute noch der Ortsname Greit (von reuten) = roden.

Das älteste Kloster des Landes, das Frauenstift Goß, erhielt bei seiner Gründung 1020 von Pfalzgraf Aribo, seiner Gemahlin Adula und deren Sohn Aribo eine reiche Ausstattung, darunter 1023 das Lamingtal mit Tragöß, geschenkt. Bereits 1210 wurde Tragöß zur Pfarre erhoben und  blieb Lehenspfarre des Stiftes Goß bis zu dessen Aufhebung 1782 im Zuge der Reformen Kaiser Josephs II.

Die unmittelbaren Vorgesetzten der Bauern waren aber der Pfarrer und der vom Stift bestellte Verwalter. Fühlte sich der Bauer bedrückt, so hatte er das Recht, bei der Äbtissin zu klagen. Mehr denn je waren Herr und Untertan in dieser einsamen Talschaft aufeinander angewiesen. Dass bei dieser engen Beziehung genügend Zündstoff vorhanden war, ist nicht verwunderlich. Wie kaum eine andere Gegend der Steiermark hat die Chronik des Ortes blutige Gewalttaten und Aufstände zu verzeichnen. Von zwei solchen Ereignissen, dem Pfarrermord von 1493 und dem Aufstand von 1708, soll in der Folge die Rede sein.

Der Pfarrermord von Tragöß#

In der steirischen Geschichte wurde Tragöß durch den Pfarrermord bekannt, der sich hier Anfang Dezember 1493 ereignet hatte. Der damalige Pfarrer Melchior Lang soll ein sehr sittenstrenger Streiter Gottes gewesen sein und sich dadurch, dass er die Fehler seiner Gemeinde rügte, den Hass derselben zugezogen haben. Als er wieder einmal von der Kanzel herab das Verhalten der Bewohner scharf verurteilte, geboten ihm einige Stillschweigen. Pfarrer Lang ahnte nichts Gutes und wollte von der Kirche durch die Westpforte in den Pfarrhof eilen. In dem Augenblick, als er dort die Tür öffnete, traf ihn ein furchtbarer Beilhieb mitten in der Stirne. Der Mörder, einer der Meuterer, mochte dort wohl auf ihn gelauert haben. Nach dem Verbrechen wurde die Türe zugemauert und die acht Männer, die an der Bluttat beteiligt waren, sollen zum Tode verurteilt worden sein. Als Sühne musste die Gemeinde alljährlich am Jahrestag der Tat 100 Jahre lang einen Sühne- und Opfergottesdienst halten. Dabei wurde der gespaltene Schädel des Ermordeten öffentlich ausgestellt und soll sogar als Opfergefäß verwendet worden sein. Der Schädel und die beiden Oberschenkelknochen des ermordeten Pfarrherrn waren bis 1847 in einer Nische oberhalb des durch den jetzigen Hochaltar verdeckten Rundfensters zur Schau gestellt, wobei die beiden Knochen - zur Hälfte hervorstehend - unterhalb der Nische eingemauert waren.

Heute befindet sich der Schädel in einem Glaskästchen im Pfarrhof. An der rechten Stirnseite ist deutlich ein klaffendes Loch zu sehen, entstanden durch die Wucht des Beilhiebs.
Melchior Lang war einer der verdienstvollsten Pfarrer in Tragöß. Durch ihn wurde höchstwahrscheinlich die früher romanische Pfarrkirche gotisiert, der Turm gebaut und die heute noch erhaltene Glocke angeschafft. Sie trägt die Jahreszahl 1491, wurde also zwei Jahre vor dem Mord gegossen.

An Pfarrer Lang, der hinter dem Hochaltar bestattet ist, erinnert auch ein Votivbild aus dem Ende des 15. Jh.s oder Anfang des 16. Jh.s, das im Pfarrhof aufbewahrt wird. Es zeigt neben dem hl. Hieronimus und der hl. Barbara links unten kniend Melchior Lang.

Das "wilde" Tal#

Bild 'wildes_tal'
Als 1697 Pfarrer Johann Georg Rottschedl die Pfarre Tragöß übernimmt, tut er dies erst, als die Äbtissin ihm verspricht, dass sie ihn sofort von Tragöß abzieht, wenn eine andere Pfarre frei wird. Das Tal war ihm zu wild und auch die Pfarre wohl zu wenig einträglich. Jedenfalls hatten Pfarrer und auch Verwalter in der Tragösser Gegend - gelinde gesagt - kein leichtes Leben. Bereits 1550 hatte man einen zweiten Pfarrermord geplant. Mehrere Männer versuchten die Kirchentür zu zertrümmern, während der Pfarrer gerade noch durch eine Seitentür flüchten konnte. 1570 wurde Pfarrer Ambras Prandhofer von den Tragössern in Eisen gelegt und, da er ihnen nicht mehr genehm war, behaupteten sie, er sei von Sinnen.

1670 und 1680 kam es wieder zu Bauernaufständen, die sich alle an der Person des Pfarrherrn entzündeten. Die Bauern, "unbändige, der obrigkeitlichen Gewalt und schuldigem Gehorsam widerstrebende Leute", wie es in den Akten steht, glaubten im Recht zu sein und dieses gegen, von fremder Seite verübtes, Unrecht zu verteidigen.

Sie empfanden jeglichen Eingriff fremder Gewalt als unerwünschte und verletzende Beeinträchtigung ihrer Freiheit. Noch dazu erschwerte das abgelegene Tal die Durchsetzung der Obrigkeit.
Unter dem eingangs erwähnten Pfarrer Rottschedl litt der Gerechtigkeitssinn der Bauern ganz besonders. Er hielt es mit der Seelsorge nicht sehr genau, beanstandete aber vieles und überschritt häufig seine Rechte. Wurde er ans Krankenbett gerufen, kam er oft gar nicht, erschien eine Braut vor ihm, deren Anblick die Notwendigkeit einer baldigen Taufe wahrscheinlich machte, so kassierte er der Einfachheit halber mit der Trauungs- auch die Taufgebühr gleich mit. Als die Äbtissin den Pfarrer rügt, entgegnete er, dass man die Tragösser ohnedies schon überall kenne, die ja ihren Pfarrer erschlagen hätten, dessen Kopf noch aufbehalten wird.

Am Osterdienstag 1708 in der Nacht trafen sich die Bauern, wie öfters in Notzeiten, in der "Au" bei Tragöß und beschlossen den Pfarrer "von den Tragösser Thall außzujaukhen". Am 19. April hatte sich eine große Anzahl Bauern und Knechte mit Stöcken, Haken, Sappein und Prügeln bewaffnet und versammelte sich. Sie verprügelten Mitglieder einer Kommision aus Goß, der Pfarrer konnte jedoch in der Nacht entkommen und über Etmißl nach Goß flüchten. Ein stiftischer Hofjäger wurde aber so schwer misshandelt, dass er am nächsten Tag starb.

Da auch die Bauern der Nachbarschaft in aufrührerischer Stimmung waren, wagte die Regierung nicht, Militär anzufordern, denn die Bauern hatten gedroht, dass Soldaten das Tal nicht lebend verlass-sen würden. Schließlich gelang es, vier Bauern zu verhaften, denen man in Leoben den Prozess machte. Es wurde ersichtlich, dass die Hauptschuld beim Pfarrer lag, aber auch bei der Äbtissin von Goß, die den Beschwerden ihrer Untertanen zu wenig Gehör geschenkt hatte. Das Urteil gegen die Angeklagten war vergleichsweise milde - drei wurden zu Zwangsarbeit verurteilt, einer des Landes verwiesen.

Peter Roseggers Roman "Der Gottsucher"#

Pfarrkirche St. Magdalena in Tragöß Oberort
Pfarrkirche St. Magdalena in Tragöß Oberort
Was für Turnau Karl Morre's "s'Nullerl", ist für Tragöß Peter Roseggers "Der Gottsucher". Der Schauplatz des Romans ist Tragöß, wenngleich der Ort im Buch "Trawies" genannt wird. Als er in der von ihm selbst verlegten Zeitschrift "Heimgarten" eine Reise nach Tragöß kurz schildert, schreibt er:
"Nach Jahren wieder einmal in der landschaftlich so großartig schönen, historisch so merkwürdigen Gegend, wo ich einst die Anregung zu meinem Roman 'Der Gottsucher' fand."
Rosegger betont, dass sein Roman nicht im Tragößtal spielt, sondern dass der Tragösser Pfarrermord von 1493 für ihn nur Anregung war den Roman zu schreiben, der eben kein historischer Roman sei. Wer das Buch kennt, wird aber nicht nur an den Pfarrermord erinnert, sondern auch an die Aufstände gegen den ungerechten Pfarrer Rottschedl. Im Roman scheinen sich beide Ereignisse zu vermischen.
Der Historiker Herwig Ebner hält es für möglich, dass sich zur Zeit Roseggers die Erinnerung an das Jahr 1708 noch in der Bevölkerung gehalten hat und sich diese, als sie dem Dichter bei einem Besuch 1876 den Hergang der Ereignisse des Pfarrermordes erzählten, vielleicht mit diesen Unruhen verflochten haben. Natürlich gibt es auch die Möglichkeit, dass Rosegger selbst im Archiv der Pfarre las und forschte.
Im Rosegger-Museum in Krieglach befindet sich eine Planskizze aller Orte des Romans, von Rosegger selbst gezeichnet. Aus dem Verlauf der Flüsse, der Lage des Gebirges im Norden, dem Ort Trawies in der Mitte und Neubruck im Süden lässt sich erkennen, dass Rosegger dabei an den Hochschwab, an Tragöß und an Brück dachte.
Wie auch immer, es ist wohl eine Auszeichnung für Tragöß, dass der große steirische Dichter sich hier von Land und Leuten im Süden des Hochschwabgebirges inspirieren ließ, einen Roman zu verfassen.

Die Pfarrkirche in Tragöß#

Das Kirchenschiff mit Hochaltar - Kanzel und Chor
Das Kirchenschiff mit Hochaltar - Kanzel und Chor

Die Sage berichtet, dass einst auf dem Platz, wo heute die Pfarrkirche steht, eine heidnische Kultstätte gewesen sein soll und dass sich das Heidentum der Wenden (Slawen) im abgelegenen Tal bis gegen das Jahr 1000 und darüber hinaus erhalten haben soll.
Jedenfalls erbaute man um 1156 dort die erste Kapelle. Erst 1210 wurde diese Kapelle zur hl. Magdalena in Tragöß zur Pfarre erhoben. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass man überall dort, wo Kirchen einem der "Drachenheiligen" Margaretha, Magdalena oder Georg und Johann geweiht sind, mit großer Bestimmtheit Überreste aus frühgeschichtlicher Zeit oder Römerzeit erwarten darf.

Blick aus der Pfarrkriche Tragöß
Blick aus der Pfarrkriche Tragöß

Die Pfarrkirche ist umgeben von einer zum Teil spätmittelalterlichen Mauer mit Schießscharten.
Der Kirchenraum ist im Kern romanisch, an den Wänden kann man noch Fresken erkennen, die aus der ersten Hälfte des 14. Jh.s stammen. Sie stellen die Heiligen Drei Könige dar, die Heilige Kunigunde sowie Kaiser Heinrich II., der dem Kloster Goß Grundstücke in Tragöß schenkte.

Links, gleich nach dem Eingang in die Kirche, steht ein uralter romanischer Taufstein. Am barocken Hochaltar befindet sich eine schön gearbeitete Statue der heiligen Magdalena. Bemerkenswert sind auch die Glocken. Die eine, aus dem Jahr 1491, wurde vom unglücklichen Pfarrer Melchior Lang in Auftrag gegeben, die andere, aus dem Jahre 1584, stammt aus der Werkstatt des berühmten Glockengießers Martin Hilger, der auch die "Lisl" des Grazer Glockenturms am Schlossberg anfertigte.

Der Pfarrhof#

Alte Ansicht vom Kreuzteich
Alte Ansicht vom Kreuzteich
Als 1156 die erste Kapelle gebaut wurde, schenkte Wulfing von Stubenberg sein Jagdschloss als Pfarrhof dazu. Der Pfarrhof stammt in seinen ältesten Teilen aus dem 12 Jh. und erhielt im Laufe der Jahrhunderte durch Um- und Zubauten sein heutiges Gesicht. Der Erbauer hat den schönsten Punkt der ganzen Umgebung gewählt. Das Gebäude erhebt sich auf einem vorspringenden Punkt des Pfarrerkogels, mit herrlicher Aussicht auf die Edelweißfelder des Trenchtling, die Heuschlagmauer, die Griesmauer, auf die schroffen, zackigen Felsen der Pribitz und auf die massiven Gebilde der Meßnerin.
Der massive Bau mit über einen Meter breiten Mauern erhält durch die Erker seinen besonderen Reiz. Vom Haupteingang tritt man in eine weit gewölbte Laube, an deren rechte Seite unter der Aufgangsstiege sich der Kerker mit eisenbeschlagener Tür befindet. Hatte jemand ein Verbrechen begangen, so wurde er in diesem Dunkelarrest bis zur Abholung eingesperrt. Kirche und Pfarrhof sind von einer hohen, mit Schießscharten versehenen Mauer umgeben. In den ältesten Teilen des Pfarrhofs haben die Schießscharten die Form von Armbrustscharten. Vermutlich nach dem Pfarrerrmord von 1493, als Melchior Lang vergeblich versuchte zu flüchten, baute man den Bogengang, der seither Kirche und Pfarrhof miteinander verbindet.

Pest im Pfarrhof#

Im Jahr 1679 flüchtete Eva Reichenauer, die Schwester des Tragösser Pfarrers, und ihr Neffe vor der Pest von Graz über Leoben ins Tragösser Tal. Als sie im Pfarrhof Unterschlupf fanden, trugen sie die tödliche Krankheit, damals auch "Sterb" genannt, bereits in sich. Unter den ersten Pesttoten am 22. Oktober war die Reichenauerin, bereits am nächsten Tag starb auch der Pfarrer. Alle Pfarrbewohner, 20 an der Zahl, bis auf den Kaplan Ferdinand Wallner erlagen der Seuche. Da der Pfarrhof abgeriegelt wurde, konnte sich die Krankheit nicht ausbreiten. Eine Magd, die flüchten wollte, wurde daran gehindert und zählte schließlich auch zu den Opfern. Nur der Kaplan, der den Kranken beistand und sie auch begrub, überlebte als Einziger. Als Dank ließ er ein Votivbild anfertigen, das in der Filialkirche zu Pichl ausgestellt ist.

Der Bildstock am Kreuzteich trägt in seinem Gitter die Jahreszahl 1630. Die Nische zur Teichseite enthält das Reliefbild des Heiligen Petrus mit dem Fischernetz, die Nische gegen den Trenchtling den Heiligen Eustachius als Jägerpatron, eine weitere den Guten Hirten mit den Schäflein und die vierte den Heiligen Isidor mit den Pflug führenden Engel als Patron des Ackerbaus.

Trenchtling - Hochturm, 2081 m#

Wir wenden uns nun einem Berg dieses Gebietes zu, der wegen seiner Blumenpracht und seinem einzigartigen Bestand an Murmeltieren eine Besonderheit darstellt. Der Trenchtling, der bereits im Jahre 1441 als "die Alben Truenttin bey Tragöß im Staelgraben" erwähnt wird, wird bereits in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts abwechselnd als Trunt oder Truont bezeichnet. Unklar bleibt aber für uns, wie es dann zu der Bezeichnung Trenchtling gekommen ist. Dieses Problem vergessen wir aber gerne, wenn wir das Meer von Edelweiß sehen und dazu noch den Warnruf des Murmeltieres vernehmen können.

Sowohl vom Osten her über das Hiaslegg als auch vom Westen, vom Präbichl her kann der Trenchtling erwandert werden. Dieses Gebirgs-massiv liegt im Landschaftsschutzgebiet Hochschwab - Zeller Staritzen. Naturliebhaber kommen am Edelweißboden voll auf ihre Rechnung. Hier gibt es nicht nur Edelweiß zu bestaunen, sondern je nach Jahreszeit auch seltene und deshalb unter Schutz stehende Pflanzen wie das Schwarze Kohlröschen (Nigritella nigra), verschiedene Arten von Enzian, einige kleinere Orchideen, die Herzblättrige Kugelblume, Hauswurz, Lausekraut, Aurikel, Steinbrech-Arten, verschiedene Glockenblumen, unterschiedliche Gräser, Flechten, Moose usw. Vor allem Wolfgang Fischer und Anton Aldrian haben sich um die Erforschung der Bestände verdient gemacht. (Näheres ist in dem Kapfenberger Kulturmagazin REIBEISEN 2001 nachzulesen.)

Galgen
Galgen

Vom Edelweißboden führt der Weg in Richtung Hochturm am Murmelboden vorbei. Wenn man es geschafft hat, ruhig des Weges zu gehen, wird man sich an der großen Anzahl von Murmeltieren erfreuen können. Doch ein kleiner Laut und es erschallt ein Pfiff, und die Murmeltiere sind allesamt in ihren Löchern verschwunden. Schließlich erreichen wir über einen schmalen Steig die höchste Erhebung des Trenchtlings, den Hochturm mit 2081 Meter Höhe. Wen das Wetter mitspielt, kann man eine herrliche Fernsicht genießen. Im Norden zeigt sich das Hochschwabmassiv, gleich dahinter ist noch der Ötscher zu erblicken. Im Osten kann man die Hohe Veitsch, den Schneeberg, die Rax, den Sonnwendstein und den Wechsel bis zu den Fischbacher Alpen ausmachen. Südöstlich erblickt man das Grazer Bergland und den Schöckl. Nach Westen hin reihen sich der Zirbitzkogel, die Niederen Tauern, der Dachstein und das Gesäuse aneinander.

Der Galgenwald#

Die 34. Äbtissin von Goß, Maria Johanna Gräfin Kollonitsch, kaufte 1650 von der Stadt Brück, die wohl in einer verzweifelten finanziellen Lage war, das Landgericht zu Tragöß. Der Inhaber eines Landgerichts durfte Strafen an Leib und Leben ("Hals und Hand") vollziehen, also auch Todesstrafen aussprechen, während das grundherrschaftliche Gericht nur die niedere Gerichtsbarkeit ("Zur Haut und Haar") ausüben konnte.
In der Mitte zwischen Großdorf und Oberort beim sog. Galgenwald wurde ein Galgen errichtet, der heute noch erhalten ist. Beim Grantletzteich, auf einer kleinen Anhöhe nahe dem Galgen, war ein steinernes  Kreuz,  Urlaubs-  oder Armesünderkreuz genannt. Vor dem Kreuz war eine Grube mit Brettern gedeckt, worauf der zum Tod Verurteilte gestellt und wo ihm das Todesurteil verlesen wurde. Danach erfolgte die Exekution am rückwärts befindlichen Galgen.

Achse Tragöß - Mexiko- Vereinigte Staaten#

Dass die Tragösser ein gestandenes Volk waren und noch immer sind, soll ein Bericht aus dem 19. Jh. verdeutlichen.
Ferdinand Maximilian, ein Bruder von Kaiser Franz Joseph, nahm 1864 das zweifelhafte Angebot an, sich, von französischen Truppen unterstützt, zum Kaiser von Mexiko ausrufen zu lassen. Das mexikanische Abenteuer endete abrupt, als er, nach dem Abzug der Franzosen, im Bürgerkrieg gefangen genommen und erschossen wurde. Seine Gemahlin Charlotte, die zu diesem Unternehmen gedrängt hatte, verfiel in geistige Umnachtung.

Josef Klachler
Josef Klachler

Viele Österreicher lockte es aber, mit Kaiser "Max" ins ferne Mexiko zu gehen. Abenteuerlust, Hoffnung auf Reichtum, Freiheit von Standes grenzen, all dies war Motor für Tausende, alles zurückzulassen und ein Schiff ins Ungewisse zu nehmen. Unter diesen Auswanderern war auch ein Tragösser, Josef Klachler. Und was man in nur wenigen Jahren in Mexiko und Nordamerika erleben konnte, soll hier in der nachfolgenden
 Wiedergabe des Briefes, den Klachler 1881 aus Milwaukee (Amerika) in die Heimat schrieb, zum Schmunzeln und Nachdenken anregen:

Lieber Martin! 
... wie gerne möchte ich wissen, wie es allen Verwandten und Bekannten geht, wer noch lebt oder tot ist, wenn ich auch ferne und lange von der lieben Heimat fort bin, aber ich hänge noch so daran wie früher. Wenn ich dir auch die reine Wahrheit schreibe, so lachst du und glaubst es nicht, was ich in Mexiko und hier schon erlebt habe, es ist auch zu lachen.

Zuerst unter Max Soldat, dann unter der Republik Musiker, drei Mal Gefangener, dann als Flüchtling mit Indianern ein halbes Jahr Kohlen gebrannt, dann Wirt, Wurstmacher und Fleischselcher, IngenieurAssistent. Dann nach Amerika; zuerst Notenschreiber, Kirchen- und Opernsänger im Theater, eine Zeit lang als Tiroler Alpensänger, dann Gesanglehrer, Zimmermann, Spengler, Geometer, Schriftsetzer und Zeitungsreporter, wieder Wurstmacher, dann schlechte Zeiten erlebt, Wieder als Tirolersänger bin jetzt bereits fünf Jahre in Milwaukee, wo ich Verschiedenes treibe. In Verlegenheit komme ich nicht, es geht mir wieder gut, bin gesund und zufrieden. Sollte ich das Glück haben es so weit zu bringen, so besuche ich euch doch noch. So behalte beiliegende Fotografie als Andenken.

Eine große Bitte hätte ich an dich; da ich öfter den Tiroler Anzug brauche, so wären mir schöne "Spielhahnfedern" und ein schöner "Gamsbart" sehr erwünscht, ich brauche es sehr oft zu Gesangsvorstellungen, da ich noch immer ein guter Tenorist und Jodler bin..............
Gleichzeitig kannst mir eine hübsche Jung- oder Witfrau mitschicken, welche heiratslustig ist, denn ich bin noch immer Junggeselle und noch gut erhalten, wie du am Bilde ersehen kannst. NB. Wenn du kannst, lege etwas "Edelweiß" bei.

Die Hartnäckigkeit, die der Tragösser in seinem abgelegenen Tal braucht, kam also auch dem Klachler Sepp im entfernten Amerika zugute.
Es bleibt nur zu hoffen, dass er aus der Heimat, wenn schon keine schöne Witwe, so zumindest Federn und Gamsbart für seinen Hut geschickt bekam!


© Bild und Text Fritz Bayerl, Karl und Inge Friedl