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Gabriel, Alfons#

* 4. 2. 1894, Beraun Beraun (Tschechische Republik)

† 28. 5. 1976, Wien


Forscher
Erforscher der Wüste Lut in Persien


Alfons Gabriel
Alfons Gabriel
© Bildarchiv d. ÖNB, Wien

Gabriel_Alfons.jpg
Alfons Gabriel mit Ehefrau auf einer Expeditionsreise. Foto, um 1925.
© Bildarchiv d. ÖNB, Wien, für AEIOU

Als Forschungsreisender und Arzt erforschte er das südiranische Bergland von Baschkird und die nordiranische Salzwüste, erreichte den rätselhaften Dschas Morian-Sumpf und bereiste vor allem die zuvor "weißen Flecken" auf den Karten der Wüste Lut.

Als Sohn eines K. u. K. Generals geboren, studierte Gabriel sowohl in Wien, als auch in den Niederlanden und promovierte 1920 in Wien zum Doktor der Medizin. Schon als Gymnasiast zeigte sich sein großer Forschungsdrang, und er begab sich für einige Zeit ohne Wissen seiner Eltern nach Tunesien. Nach dem Ersten Weltkrieg nahm er eine Stelle als niederländischer Regierungsarzt in Westindien (Insel Bonaire) an, wo er drei Jahre verblieb.

Seine große Zuneigung galt aber den wüstenhaften Landstrichen, und so unternahm er mit seiner Gattin in den Jahren 1927/28 die erste große Expedition nach Persien. Als erste Weiße betraten sie Anguhran, den Hauptort des südiranischen Berglandes von Baschkird. Anschließend konnten sie trotz des Widerstandes der Einheimischen zum rätselhaften Dschas Morian-Sumpf vordringen und verschollene Pfade auffinden sowie Marco Polos Route durch Innerpersien aus dem Jahre 1271 feststellen. Schließlich leisteten sie wichtige Forschungsarbeit in der großen nordiranischen Salzwüste.

In den nächsten Jahren arbeitete Gabriel als Arzt in Niederländisch-Indonesien und brach 1933 wieder mit seiner Gattin zur zweiten Iran-Expedition auf. Belutschistan, in der Wüste Lut, konnte das ausgedehnteste Sandmeer Persiens mit den höchsten bis her auf unserer Erde gemessenen Sanddünen bereist werden. Auch die dritte Expedition im Jahre 1937 führte nach Persien. Ihr Hauptziel war die Erforschung der südlichen Lut, wo unter großen Schwierigkeiten ein bisher der geographischen Wissenschaft völlig unbekanntes Gebiet in der Größe Belgiens erkundet wurde.

Gabriel wurde von der Royal Geographical Society in London geehrt, wo auch sein Buch "The Southern Lut and Iranian Baluchistan" erschien. war er Honorar-Dozent, dann Professor an der Hochschule für Welthandel in Wien. An seinem Lebensabend widmete er sich vor allem historisch-geographischen Arbeiten. Er war wohl einer der letzten Forschungsreisenden alten Stils.


Als Leseprobe ein Bericht über die "Sleb", die "Zigeuner der Wüste":

...Nach wenigen Stunden stießen wir auf eine Gruppe Zelte von Sleb, den merkwürdigen "Zigeunern der Wüste", über deren Abstammung viele Vermutungen angestellt worden sind. Es ist die Ansicht ausgesprochen worden, dass die Sleb Nachkommen der Musikanten aus Indien seien, die sich die späteren Kalifen an ihren Hof nach Baghdad hatten kommen lassen und die beim Einfall Timur Lenks in die Wüste flohen. Oder sie seien die Nachkommen vormals christlicher Völkerschaften, vielleicht der Kreuzfahrer, denn "Salib" bedeutet "Kreuz", und dieses Zeichen scheint auch eine gewisse Rolle bei ihnen zu spielen. Merkwürdigerweise sagen Beduinen gerne, dass die Sleb von "Anglez" Engländern, abstammen.

Man findet Sleb meist in der nordarabischen Wüste zwischen dem Persischen Golf und Innerarabien. Ihr rechtliches Verhältnis zu den Beduinen ist genau festgelegt. Diese verachten sie eher und lassen sich von ihnen eine festgesetzte Summe zahlen, wofür sie die Sleb nicht belästigen und ihnen ihre fast immer weißen Esel und ihre Kamele, die an Marken kenntlich sind, zurückerstatten, wenn sie die Tiere in fremdem Besitz finden. Es gilt als ungerecht, sich etwas von Sleb anzueignen, doch wird der Beduine oft ihre Gastfreundschaft in starkem Maße beanspruchen.

Sleb wandern nicht wie Beduinen stammweise, sondern familienweise, oft nur zu zweien oder zu dreien. Die Frauen der Sleb sind ob ihrer Schönheit berühmt, genießen aber keinen all zu guten Ruf. In Gazellenfelle gehüllt, vermögen die Männer sich Gazellenrudeln bis auf wenige Meter zu nähern ...

Eindrucksvoll ist auch sein Bericht über die Salzwüste:

...Etwa 20 km hinter dem Lager beginnt das" Weiße Salz". In großartiger Ausbildung dehnt sich hier flacher Salzscheibenboden. Die Kawir leuchtet blendend weiß wie ein zugefrorener See, wenn man sie von oben betrachtet. Sie ist aber mißfarbig und gefleckt, wenn man flach über sie hinsieht, denn alle noch so kleinen Unebenheiten und Vorsprünge, vor allem die Ränder der Vielecke, die sich hoch aufwulsten, hat Staubanflug mit schmutzigem Grau überzogen.

Ruine in der Wüste Lut
Ruine in der Wüste Lut
© Bildagentur Mauritius, Wien
Die Salzscheiben haben einen Durchmesser bis zu mehreren Metern. Dort, wo sie sich von ihrer Unterlage abgehoben haben, stellen nur noch feine Salzsäulchen die Verbindung mit ihr her. Hier klingen die Schritte hohl beim Darübergehen.

Die Randteile der Scheiben ragen an manchen Stellen weit über den ebenen Boden vor und bilden Wälle, die die einzelnen Vielecke voneinander scheiden. Sandschliff hat diese Begrenzungen durchlöchert und in dünne Grate mit abenteuerlich gezackten Kanten verwandelt. Vielfach sind die Ränder benachbarter Scheiben durch den Druck, den sie gegeneinander ausübten, abgebrochen und sitzen wie Salzzäune den Rauten auf.

Im Inneren vieler Scheiben steht kristallklares Wasser. Hier hat das Salz eine niedrige pilzkopfartige Erhebung geformt. Wie große Augen sehen diese Stellen aus. An den Pilzköpfen ist die Zusammensetzung ganzer Flächen aus einzelnen Scheiben zu erkennen, die oft zusammengeschmolzen sind, nachdem Sandschliff die Leiste, die sie ursprünglich trennte, zerstört hat. Es ist ein unbeschreiblich eindruckvolles Bild, dieses "Weiße Salz" der Kawir. Es ist "die Pracht der Erde vor der Schöpfung der Lebewesen". Stunde um Stunde geht es weiter über die Salzscheiben. Es ist eine Landschaft, die sich unauslöschlich ins Gedächtnis prägt. Wie eine milchige Glocke steht der Himmel über der blanken Leere.

In der nordiranischen Salzwüste
In der nordiranischen Salzwüste
© PIX Bildagentur (TH Foto)
Wind im Rücken erleichtert das Vorwärtskommen. Die Kamele gehen vortrefflich. Gleichmäßig und ruhig setzen sie einen Schritt vor den anderen. Es kommt dann ein sehr schlechtes Stück,wo harte Salztonplatten sich aufgestellt haben. Das Bild eines im Sturm erstarrten Meeres umgibt uns, und wir sind froh, den Weg bei Tageslicht zurücklegen zu können.

Schon geht es gegen Abend, da erscheint eine Salzfläche, die naß ist und zum Teil sogar unter Wasser steht. Wir erschrecken sehr. Es ist gewiß, daß hier vor kurzem Regen niedergegangen ist, und wir lagern nicht wie beabsichtigt war; sondern beschließen, uns erst Ruhe zu gönnen, bis der Salzsumpf überwunden ist, um nicht Gefahr zu laufen, daß das ganze Lager im verräterischen Salzmorast versinkt. Noch vor Einbruch der Dunkelheit ist Tonboden erreicht. Weiter immer weiter..!

Literatur#

  • Gabriel, Durch Persiens Wüsten, Stuttgart 1935
  • Aus den Einsamkeiten Irans, Stuttgart o. J. weites, wildes Iran, Stuttgart 1940
  • Fremde Meere, Dschungel, Wüsten, Wien 1948 Im weltfirnen Orient, München o. J.
  • Die Wüsten der Erde und ihre Erforschung, 1961


EXKURS

Das Missionshaus St. Gabriel bei Mödling

Missionshaus St.Gabriel
Missionshaus St.Gabriel
© Missionshaus St.Gabriel
Das Missionshaus St. Gabriel bei Mödling verdient es, als Ausbildungsstätte für österreichische Forscher von Format eigens erwähnt zu werden. Diese "Hochschule des Missionswesens" hat über tausend Missionare aus allen Ländern völkerkundlich und sprachwissenschaftlich ausgebildet und auf diese Weise massiv dagegengewirkt, dass christliche Missionare in blindem Eifer wichtiges Kulturgut zerstörten. Seine Gründung geht auf das Jahr 1889 zurück, und unter P. Wilhelm Schmidt, der die "Wiener Schule" der modernen Völkerkunde begründet hat, wurde das Missionshaus gleichsam zu einer Akademie für Ethnologie, Sprachwissenschaften und Religion. Von St. Gabriel aus zogen bedeutende Forscher und wichtige Expeditionen um den gesamten Erdball. Männer wie Gusinde, Koppers und Schebesta haben Weltgeltung errungen. So sind etwa die dreihundert verschiedenen Sprachen und Dialekte Neuguineas erst durch die Missionare von St. Gabriel bekannt geworden.


Redaktion: Hilde und Willi Senft

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