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Kräftner, Hertha #

* 26. 4. 1928, Wien

† 13. 11. 1951, Wien


Lyrikerin und Erzählerin


Hertha Kräftner wurde am 26. April 1928 in Wien geboren und verbrachte ihre ersten acht Jahre in der Großstadt, bis die Familie ins burgenländische Mattersburg übersiedelte. Hier beendet sie die Volksschule und absolviert das Realgymnasium. 1946 begann sie Germanistik und Anglistik an der Universität Wien zu studieren und belegte auch Vorlesungen der Psychologie.

Ihre ersten literarischen Werke ab 1946 sind von der Lektüre Georg Trakls und Rainer Maria Rilkes beeinflusst. Ihre in Anthologien und Zeitschriften veröffentlichten Texte stehen in der Tradition der sprachskeptischen österreichischen Literatur und weisen starke autobiographische Bezüge auf.

In den literarischen Kreisen des Nachkriegs-Wien wurde man bald auf Kräftner aufmerksam. Im Oktober 1948 veröffentlichte ihr Förderer Hermann Hakel in seiner Zeitschrift "Lynkeus" das Gedicht "Einem Straßengeiger".

1949 entstand ihr erster Prosatext, auch arbeitete sie an einer Dissertation zum Thema "Die Stilprinzipien des Surrealismus, nachgewiesen an Franz Kafka".

Aufgrund ihres Interesses für Philosophie, Psychologie und Soziologie kam sie mit Viktor Frankl in Berührung, der sie dem Kulturkritiker Hans Weigel vorstellte, der sie in seinen LiteratInnenkreis aufnahm. Hans Weigel versammelte in seinen Jahrbüchern "Stimmen der Gegenwart" von 1951 bis 1955 das, was man "die junge österreichische Literatur nach 1945" bezeichnen könnte. Hier hatte Hertha Kräftner wohl ihren nachhaltigsten Auftritt, neben Autoren wie Ingeborg Bachmann, wie Herbert Eisenreich, wie Milo Dor, wie Ilse Aichinger.

1950 war Hertha Kräftner schon fest in den literarischen Zirkeln Österreichs verankert. Kurzfristiges Glück und die frühe Anerkennung als Schriftstellerin konnten sie nicht davon abhalten, daß sie sich am 13. November 1951 mit einer Überdosis Veronal das Leben nahm.

Ihr schriftstellerisches Werk umfasst kaum hundert Gedichte und einige Prosa-Fragmente. Ihre Texte, aus denen existentielle Verzweiflung spricht, haben nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Bis heute beschäftigen sich Kunstschaffende der verschiedensten Sparten damit.


Zu Lebzeiten Kräftners waren von ihr lediglich einige Gedichte in Zeitungen und Zeitschriften erschienen. 1963, zwölf Jahre nach ihrem Tod, gab Andreas Okopenko das Buch "Warum hier? Warum heute?" heraus und stellte damit erstmals eine Sammlung von Gedichten und Texten Kräftners der Öffentlichkeit vor. Erst ab 1970 wurde das Werk Hertha Kräftners wiederentdeckt.

Auszeichnungen, Preise (Auswahl)#

  • Prosapreis der Zeitschrift "Neue Wege" für das "Pariser Tagebuch", 1951

Werke (Auswahl)#

  • Warum hier? Warum heute? Gedichte. Skizzen. Tagebücher. Ausw., Hrsg.: Otto Breicha, Andreas Okopenko. Ill.: Kurt Absolon. Graz, Stiasny, 1963
  • Das Werk. Gedichte. Skizzen. Tagebücher. Ausw.: Otto Breicha, Andreas Okopenko. Anm.: Hans Weigel, Günter Unger, Andreas Okopenko. Eisenstadt: Roetzer, 1977 (Burgenländische Bibliothek. 1)
  • Das blaue Licht. Lyrik und Prosa. Hrsg.: Otto Breicha, Andreas Okopenko. Nachw.: Peter Härtling. Darmstadt: Luchterhand 1981 (Sammlung Luchterhand. 334)
  • Die grausamen Morgen. Die fremden Länder mein eigenes Leben. Wien: Wiener Frauenverlag, 1991
  • Kühle Sterne. Gedichte, Prosa, Briefe. Hrsg. a. d. Nachlaß, Nachw.: Gerhard Altmann u. Max Bläulich. Klagenfurt: Wieser, 1997

Literatur#

  • S. Grossi, Die psychogrammatische Struktur der Dichtung H. Kräftners, Dissertation, Salzburg 1973; G. Altmann, H. Kräftner, Diplomarbeit, Wien 1990

Leseprobe#

aus Hertha Kräftner - "Kühle Sterne"

10. 3. 1951

ES IST EINE SEEREISE BIS ZU DIR,
weil immer das Meer
vor der Liebe ist
und auf dem Meer nur der Sturm.
Immer noch sind Heros Zeiten ...
Seit Jahren ist mein Schiff
unterwegs.
Inseln ziehen vorbei,
vom Mond beschienen,
Sandküsten, traurig und leer.
Ein brauner Mann gibt Flaggenzeichen
auf der Mole.
Flöten, Schlangen und Wein in Tavernen.
Und der große Wind.
Wind mit Fischgeruch und
Albatrosschrei und Wind
mit dem Dunst aus fremden Häfen.
Das Meer und der Wind
schlagen laut an mein Boot,
aber der Steuermann
ist ein stummer Chinese.
Wie ich dich auch liebe,
du bist doch eine Seereise von mir.
Erinnerst du dich,
daß in Heros Zeiten
immer wieder ein Leuchtturm
erlischt? Und Gottes Winde
blähen nur langsam die Segel.

(S. 286f.) [Notizen zu einem Roman in Ich-Form] 25. 10. 1951

Es ist Oktober und ich lebe noch. Die Liebe kam noch einmal, aber vielleicht geht sie schon wieder vorbei. Ich bin dabei nicht glücklich geworden. Ich glaube kaum, daß ich glücklich gemacht habe. Es ist mir gleich. Ich nehme nichts mehr wichtig.

Er kam ganz schmal durch den Herbst auf mich zu. Ich war verzaubert, ich hatte vergessen, was vergangen war. Ich wollte für ihn gut werden, aber er verzieh mir nicht, daß ich nicht gut war. Alles hätte silbern sein können und sanft, aber er schleppte uns in einen Raum, in dem ein bronzener Gang in einem fort tönte.

Ich will nicht mehr. Er war nicht imstande, mir das Leben zu erklären. Wozu führe ich es dann weiter, da ich es doch nicht verstehe.

(S. 335)

© 1997, Wieser, Klagenfurt
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.
LITERATURHAUS

Weiterführendes#

Quellen#


Redaktion: I. Schinnerl