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Pollak von Rudin, Adolf M. (Aron Moses)#

* 18. 5. 1817, Wscheraditz / Všeradice (Tschechien)

† 1. 6. 1884, Baden (Niederösterreich)


Industrieller, Pionier der Zündholzerzeugung


© Technisches Museum Wien
© Technisches Museum Wien

Aaron Moses Pollak gründete 1836 in Wien seine 1. Zündwaren- und Siegellackfabrik. Er baute die Firma zu einem bedeutenden Unternehmen mit mehreren Fabriken in der österreichisch-ungarischen Monarchie (3000 Beschäftigte) und weltweiten Niederlassungen auf. Auf Pollak von Rudin gehen die farbige Lackierung der Zündholzköpfe (1847) sowie die bis heute übliche Zündholzschachtel zurück. Sein Erfolg beruhte auch auf der Entdeckung des roten, ungiftigen Phosphors durch Anton Schrötter von Kristelli.

Quelle#


© TMW
  • Technisches Museum Wien, Archiv (Personenmappe)


Redaktion: hmw

Essay#

Wie ein Lauffeuer um die Welt#

Mit Zündhölzern reüssierte A. M. Pollak international.#


Von der Wiener Zeitung, (Freitag, 5. September 2014) freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

Von

Manfred Bermann und Josef Andersch


A. M. Pollak und seine Wiener Fabrik (um 1870)
"Stammvater des Zündhölzchenwesens" A. M. Pollak und seine Wiener Fabrik (um 1870).© Technisches Museum Wien (ob.)/Wien Museum

Als der Geologe Dr. Ferdinand Hochstetter an Bord der 1857 gestarteten "Novara" nach Neuseeland kam, fand er - sehr erstaunt - bei den indigenen Stämmen Zündwaren der österreichischen Marke Pollak. Wie waren diese Produkte bis ans Ende der Welt gelangt? Und wie war dieser Fabrikant zum damals bedeutendsten Zündwarenhändler der Erde geworden?

A(a)ron (manchmal später auch Adolf) Moses Pollak wurde am 15. (fälschlich öfters 18.) Mai 1817 im Dörfchen Wscheraditz (Všeradice) in Böhmen, ca. 40km südwestlich von Prag, geboren. Er war ab 1834 Handelsangestellter in Wien und dürfte um diese Zeit den rasanten Bedarf an Streichhölzern und deren florierenden Vertrieb, hauptsächlich jener Produkte des österreichischen Pioniers Stephan Rómer [vgl. Essay: Als den Wienern ein Licht aufging], bemerkt haben.

Ab 1836 war er bereits Inhaber einer kleinen Siegellackerzeugung, das entsprechende Privileg wurde 1839 erteilt und damit war eine auf zwei Jahre befristete Aufenthaltsgenehmigung in Wien verbunden. Einer der damaligen Konkurrenten Rómers, nämlich dessen ehemaliger Mitarbeiter Johann Preshel, stellte ab 1832 ebenfalls "Zündwaaren" her. Er bekam mit seinem damaligen Partner Johann Kreutz 1838 ein Privilegium, "Friktionsfeuerzeuge" zu produzieren. Dies war eine gängige Bezeichnung für Reibstreichhölzer, wobei noch der giftige weiße Phosphor verwendet wurde.

Nach der Trennung von Kreutz beantragten die nunmehrigen Partner Pollak und Preshel erstmals die Protokollierung als "öffentliche" Gesellschaft zur Produktion u.a. von Zündhölzern, was 1842 gewährt wurde. Pollak übernahm mit einer Einlage von 13.000 Gulden "Einkauf, Buchführung und das ganze Mercantilische Fach", Preshel ohne Geldeinlage das "Fabrikswesen".

Als 1846 der Vertrag gelöst wurde, wusste Pollak schon sehr gut, wie man Zündhölzer erzeugt, Preshel jedoch nicht, wie ein Betrieb zu führen ist. Pollak erkannte auch, dass in Wien einer größeren Erzeugung Schranken gesetzt waren, u.a. wegen der Feuergefährlichkeit der Produkte sowie der nötigen Holzbereitstellung, und errichtete daher auch Anlagen in Budweis und Schörfling am Attersee.

Etikett aus dem Hause Pollak (1855)
Etikett aus dem Hause Pollak (1855).
© Foto/Archiv: Josef Andersch

Globale Expansion#

Am Anfang musste v.a. die qualitätsvolle Produktion sichergestellt werden. Später, nach Erschließung des Heimmarktes (im Wesentlichen die Monarchie), wurden ausländische Märkte ins Visier genommen. Eigene Vertriebsniederlassungen wurden gegründet: 1846 London, 1847 New York, 1850 Sydney. Weiterer Export erfolgte ab 1849 nach Kalifornien und es kam zur Errichtung von Kommissionslagern auf St. Thomas Island, in Havanna, Valparaiso, Buenos Aires, Rio de Janeiro (alle 1851), 1858 in China (Hongkong, Guangzhou/Kanton, Shanghai), 1859 in Japan (Yokohama), sowie 1860 für Russland (Import in das "ganze Zarenreich").

Die weitere Expansion in der Produktion wurde, neben den Erzeugungen in Wien (ab 1846), Budweis (ab 1847) und Schörfling (1850, geschlossen 1856), mit dem Aufkauf verschiedener Konkurrenten bzw. wechselnden Beteiligungen bewerkstelligt, u.a. Neuburg & Pollak in Nahoschitz/Nahošice in Mähren (ab 1868) bzw. Prag-Smichov (1856-1873) sowie Pollak & E(c)kstein in Brennporitschen/Mähren (1876-1893). Es war somit eines der ersten österreichischen Handelsimperien mit heute unscheinbaren Alltagsprodukten entstanden.

Bunt und parfümiert#

Pollak führte wesentliche Verbesserungen ein: 1847 kamen seine Zündhölzer mit bunten Köpfchen auf den Markt. Dies sprach, mit den phantasievoll gestalteten Runddosen, hauptsächlich Käufer aus dem Mittleren Osten an. Außerdem gab es bald solche mit parfümierten Köpfchen, welche beim Anreiben keinen Schwefeldioxidgeruch mehr abgaben (Damen- u. Salonhölzer). Für Raucher wurden spezielle papierene "Cigarren-Zünder" entworfen. Daneben führte er die heute übliche Form der Zündholzschachtel (Schiebeschachtel mit seitlichen Reibeflächen) ein. Sein kommerzielles Gespür sagte ihm, dass Etiketten in mehreren Sprachen für den Export wichtig waren.

Pollaks Bleaml’n (1860/1873) und 'Feuerzeug' in der Runddose
Pollaks Bleaml’n (1860/1873) steckte man als Anzünder vorne in die Zigarre (l.); "Feuerzeug" in der Runddose (r., ab ca. 1850).
© Fotos/Archiv: Manfred Bermann

Ehrungen blieben nicht aus: diverse Medaillen, Teilnahme an den Weltausstellungen 1851 und 1862 (London), 1855 (Paris) mit der Goldmedaille, 1873 (Wien) mit der Großen Gedenkmünze. Die Firma exportierte in alle Welt, oftmals im Wert von weit über 2 Mio. Gulden (heutiger Gegenwert wohl über 20 Mio. ) pro Jahr. Dies führte 1858 zur Verleihung des Goldenen Verdienstkreuzes mit der Krone durch Kaiser Franz Joseph mit dem Recht, den kaiserlichen Adler im Schild und Siegel seiner nunmehr "k.k. privilegierten Siegellack-, Seifen- und Zündhölzchen-Fabrik" zu führen. Per 1. Februar 1869 wurde Pollak in den Ritterstand ("von Rudin") erhoben. Im Katalog der Wiener Weltausstellung 1873 nannte man ihn "Stammvater des Zündhölzchenwesens".

Durch den kaufmännischen Erfolg reich geworden, betätigte er sich auch als Philanthrop: Er schuf Schulbuchstiftungen in den Standorten der Werke und in seinem Geburtsort. Zur Geburt des Thronfolgers Rudolf 1858 begründete er mit 160.000 Gulden das Stiftungshaus Rudolphinum mit Plätzen für 75 Studenten der Studienrichtungen Chemie und Physik, ein heute noch existierendes Studentenheim im 4. Wiener Bezirk.

Zenit und Niedergang#

Die nächste innerhalb der Monarchie aufkommende Zündholzfabrik war, nebst den schon lange bestehenden Fabriken von B. Fürth und A. Scheinost (beide in Schüttenhofen/Sušice, Böhmerwald), jene von Florian Pojatzi in Deutschlandsberg, welche lokal und ab ca. 1870 im Export mitmischte. Pollak konnte seine Stellung wegen seiner nach wie vor hohen Qualität einigermaßen halten, aber die Expansion war vorbei. Am Weltmarkt wurden damals die schwedischen Erzeugnisse vorherrschend, besonders jene mit den nur mehr wenig teureren Sicherheitszündern (mit dem ungiftigen roten Phosphor auf der Reibfläche). Obwohl auch Pollak die teilweise Umstellung auf Sicherheitszündhölzer durchführte, wurde der Vertrieb immer schwieriger. Überdies erschwerte die zunehmende protektionistische Handelspolitik vieler Abnehmerländer den Export; so verhängte die US-amerikanische Regierung ab 1870 auf Zündwaren eine Taxe von 300% des Warenwertes bei der Einfuhr. Des Weiteren setzte die Blockade von Valparaiso ab 1865 (spanisch-südamerikanischer Krieg) sowie der Totalverlust des Zolldepots beim Beschuss der Stadt am 31. März 1866 der Firma Pollak enorm zu.

A. M. Pollak starb am 1. Juni 1884 in Baden bei Wien. Todesanzeigen wurden in der "Neuen Freien Presse" sowie der "Wiener Zeitung" am 4. Juni abgedruckt, der Nekrolog am 3. Juni ("NFP"). Sein Sohn Alfred musste das Unternehmen 1889 wegen der übermächtigen Konkurrenz schließen. Es bleibt die Erinnerung an den größten weltumspannenden Zündholzvertrieb im dritten Viertel des 19. Jahrhunderts.

DI DDr. Manfred Bermann ist Chemiker und Arzt für Allgemeinmedizin in Wien.

Josef Andersch war in seinem Berufsleben Reprotechniker in Wien.

Wiener Zeitung, Freitag, 5. September 2014


Essay#

Als den Wienern ein Licht aufging#

Stephan Rómer gründete die erste Zündholzfabrik im Habsburgerreich.#


Von der Wiener Zeitung, (Freitag, 2. September 2011) freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

Von

Josef Andersch und Manfred Bermann


Stephan Rómer
Der Mann mit den Zündhölzern: Stephan Rómer (1788- 1842).Porträt (St. R. zugeschrieben).
© Techn. Museum Wien. Repros (3): A. Dissanayake

Wer heute ein Zündholz zum Entflammen bringt, wird kaum daran denken, dass dieses jetzt so unscheinbare Produkt einst als segensreiche Verbesserung von Wien aus seinen Werdegang begann.

Stephan Ladislav Rómer, Edler von Kis-Enyitzke wurde am 26. Dezember 1788 als Sohn eines nicht wohlhabenden Advokaten in Nagy Sáros, Komitat Sáros, in Ungarn geboren.

Sein Vater ermöglichte dem aufgeweckten Jungen den Besuch des Gymnasiums in Ujhely (Sátoraljaújhely, Neustadt am Zeltberg; heute an der slowakisch-ungarischen Grenze). Nach Abschluss der Schule kam Rómer mit 14 Jahren zu einem Apotheker in die Lehre, welche er 1805 beendete, um dann in Kassa (Košice) in einer Apotheke ein Praktikum zu absolvieren und nebenbei ein philosophisches Studium zu beginnen. 1808 übersiedelte er nach Wien.

Ob Rómer seinen Adelstitel ererbte oder später erwarb, lässt sich heute nicht mehr eruieren. Auf jeden Fall war es für ihn ein Titel ohne Mittel. Ohne Startkapital in Wien eingetroffen, ohne Kenntnis der deutschen Sprache, musste er sein Leben meistern.

Nachdem er das Deutsche hinlänglich beherrschte, trat er beim Apotheker Dr. Joseph Scharinger in Dienste. Gleichzeitig studierte er Pharmazie an der Universität Wien und schloss 1814 sein Studium ab ("Magister Pharmaciae").

Im selben Jahr heiratete Rómer Baronesse Josepha von Langen. Sie erbte nach dem baldigen Tode ihrer Mutter, einer Gräfin von Vellasco, einen ansehnlichen Geldbetrag, und mit diesem wollte Rómer in Ungarn eine Apotheke kaufen. Seine Gattin begleitete ihn dorthin, die ererbten Geldmittel vertraute er inzwischen Geschäftspartnern an. Nach der Rückkehr musste das junge Ehepaar feststellen, dass die "Treuhänder" mit dem Geld verschwunden waren.

Daher trat Rómer 1815 eine Stelle in der k.k. Feldapotheke an und machte gemeinsam mit seiner Frau den Feldzug gegen Frankreich mit (Napoleons Herrschaft der 100 Tage). Nach dessen Beendigung wurde er wieder beim Apotheker Dr. Scharinger aufgenommen.

Die "Tunkhölzchen"#

Erneut mittellos, begann Rómer neben seiner beruflichen Tätigkeit mit Experimenten zur Verbilligung und Verbesserung der damals üblichen Geräte zur Feuererzeugung. Damit hatte er so große Erfolge, dass er sich 1822 selbstständig machen konnte ("Laboratorium" am Landstraßer Glacis Nr. 428). Zu dieser Zeit waren die Apparate zur Feuererzeugung noch sehr teuer, kompliziert und auch gefährlich. Rómer entwickelte Verbesserungen beim sogenannten Döbereiner Feuerzeug und vertrieb in seiner späteren "Haupt-Verschleiß-Niederlage in der Stadt auf dem Kärntnerthor-Theaterplatze Nr. 1035" Zündgeräte in großer Auswahl.

Daneben aber experimentierte Rómer mit den chemischen Grundstoffen und verbesserte laufend die Möglichkeiten, Feuer leichter, billiger und schneller zu erzeugen. Bald hatte er wieder eine gute finanzielle Basis erwirtschaftet. Sein Interesse konzentrierte sich nun auf die Herstellung von "Tunkhölzchen", welche aber immer noch nur sehr schwer zum Entzünden gebracht werden konnten. Diese Tunkhölzchen, ursprünglich als Erfindung dem Franzosen Chancel (1805 oder 1812) zugeschrieben, bestanden aus Kaliumchlorat, später Salpeter als Oxidationsmittel unter Beimengung von Schwefel (oder Antimonsulfid) und Zucker sowie einem Bindemittel auf einem Holzstäbchen. Die Zündung erfolgte durch Eintauchen in konzentrierte Schwefelsäure, später durch Reibung an mit Schwefelsäure getränktem Asbest.

Unsichere Produkte#

Mit einigem Geschick brachte die Verpuffung (manchmal) eine Entzündung der Hölzchen zustande; meist reagierten sie eher wie Knallkörper - und sehr oft funktionierten sie überhaupt nicht wegen Oxidation bzw. Feuchte bei längerer Lagerung. Des Weiteren war der Gestank (wegen Schwefeldioxids) beträchtlich. Es war aber auch bekannt, dass die Anreibung am (giftigen) weißen Phosphor die Hölzchen sicher zur Entzündung brachte; die rote (ungiftige) Phosphorvariation wurde erst 1847/1848 entdeckt. Die chronische Phosphornekrose bei den Arbeitern war zu dieser Zeit auch noch nicht erkannt. Etwa zeitgleich (1833) werden ähnliche Produkte dem deutschen späteren Revolutionär J. F. Kammerer aus Ludwigsburg bei Stuttgart, im italienischen Schrifttum Domenico Ghigliano aus Dogliani, Piemont, zugeordnet. In Frankreich wird C. Sauria als Erfinder des Streichholzes, noch vor Rómer, angesehen.

Chlor-Zündhölzchen
Chlor-Zündhölzchen.
© Deutsches Museum München. Repro: Moritz Ziegler

Doch erst die Beimengung von Phosphor in der Zündmasse brachte den entscheidenden Durchbruch, und diese erstmalige Entdeckung darf sich Rómer zugute schreiben. Bereits am 30. Juni 1832 suchte er um ein Privileg (Patent) zur Erzeugung für Reibzündhölzer (zünden an jeder rauen Fläche) mit einer Phosphormasse an. Dieses Privileg (Nr. 2008) wurde ihm jedoch erst 1 ½ Jahre später, am 4. Jänner 1834, zuerkannt.

In der Zwischenzeit hatten bereits einige Nachahmer versucht, Rómers Erfindung zu vermarkten. Zahlreiche Eingaben Rómers, sogenannte Hofrekurse, gegen die Konkurrenz geben davon Zeugnis.

Endlich, mit Erlangen des Patentes, konnte Rómer seine Streichhölzchen "privilegiert" fertigen und auf den Markt bringen. Seine Erzeugnisse fanden bald reißenden Absatz.

Es wurde derart expandiert, dass aus dem anfänglichen Familienbetrieb von Rómer und seiner zweiten Frau Katharine (geb. Rieger, verh. 1822) ein ansehnliches Unternehmen wurde, in dem später bis zu 200 "tägliche Arbeiter" Beschäftigung fanden. Seine "Allumettes Viennoises" (Wiener Zündhölzchen) erfreuten sich bald großer Beliebtheit in vielen Ländern. Rómers Wirkungsbereich lag in der damaligen Vorstadt Am Schaumburger Grund, Favoritenlinienwall Nr. 37. Schon 1829 hatte er den oberen Gartenteil des früheren Starhemberg’schen Gartens aufgekauft. Das ehemalige, nahe dem Linienwall gelegene "Belvedere" des Starhemberg’schen Schlosses ließ Rómer zu einem Landhaus umbauen, welches dann als "Drasche-Villa" in der heutigen Schelleingasse bezeichnet wurde. In der späteren Schönburggasse 31 errichtete Rómer die erste Zündholzfabrik auf dem Gebiet des Kaiserreiches Österreich.

Gegen seine unmittelbaren Wiener Konkurrenten wie dem Kaufmann A. M. Pollak sowie Johann Preshel, ein ursprünglicher Mitarbeiter in seinem Betrieb (welcher sich später sogar mit Pollak verbündete), und auch Joseph Si(e)gl aus Ottakring musste Rómer seit der Hauptpatenterteilung (1834) bis zu seinem Tode permanent kämpfen.

Spätere Verbesserungen, z.B. Ersatz des Kaliumchlorats durch Bleidioxid, welche ihm teilweise von außen zugetragen wurden, wie vom ungarischen Studenten János Irinyi, verwendete Rómer gegen angeblich mickrige Bezahlung sofort. (Das Bleidioxid wurde kurz danach wieder durch ein Gemisch von Bleinitrat und Mennige ersetzt.)

Freund Grillparzers#

Durch zunehmenden wirtschaftlichen Erfolg als "Fabriks-Besitzer" wurde Rómer bald zu einem angesehenen Mitglied der Wiener Gesellschaft. Zu seinem Freundeskreis gehörten der Dramatiker Franz Grillparzer, der Journalist (und gefürchtete Theaterkritiker) Moritz Gottfried Saphir, der Theaterdichter Ignaz Franz Castelli u.v.m. Dank seiner wirtschaftlich guten Position konnte sich Rómer nun auch als Wohltäter engagieren. Auf Initiative seines Schwiegersohnes, des Armenarztes Dr. Vincenz Alexovits, gründete er das (unentgeltliche) St. Joseph Kinderspital im vorherigen Rosenbaum’schen Garten in der heutigen Kolschitzkygasse (1813-1862 Liniengasse). Das Startkapital von 2.400 Gulden verdoppelte die Kaiserin-Mutter. Am 19. März 1842 wurde das Spital eröffnet.

Massenproduktion#

Rómers Erfolge gründeten sich von Beginn an auf seine Weitsicht als Unternehmer. Er war der Erste, welcher sofort den 1821 konstruierten Zündholzhobel einführte, eine Erfindung des Modelltischlers an der Universität Wien, Heinrich Weilhöfer. Damit war es möglich, die Hölzchen auf mechanischem Weg zu fertigen. Vorher mussten sie, hauptsächlich von Insassen der Invaliden- und Versorgungshäuser, noch von Hand geschnitzt werden.

Cigarren-Zünder
Cigarren-Zünder.
© Bild v. M. Bermann zur Verfügung gestellt (Standort unbekannt).

Ebenso führte Rómer den vom St. Pöltener Bergwerksinspektor Joseph Zwierzina 1829 patentierten Tunkrahmen ein, mit dem 10.000 Hölzchen gleichzeitig in die Zündmasse eingetaucht werden konnten. Diese mechanischen Verbesserungen erlaubten es, neben den chemischen Entwicklungen, die Zündhölzer immer rationeller und billiger herzustellen.

Bei einer Inspektion seiner Baustelle am Gelände der Fabrik verunglückte Rómer am 30. Juli 1842 und verstarb an den Folgen seines Sturzes (Eintrag im Totenbeschaubuch: "an zufällig erlittenen Verletzungen"). Rómer wurde am katholischen Matzleinsdorfer "Leichenhof", seit 1923 der "Waldmüllerpark", begraben (Grabstein Nr. 43 im Grabmalhain). Der Nekrolog findet sich übrigens am 8. November 1842 in der "Wiener Zeitung".

Nach seinem Tod übernahm Gattin Katharine das Unternehmen für vier Jahre, bis auch sie verstarb. Eine Tochter Rómers, Adelheid Simonet, versuchte anschließend mit ihrem Mann die Fabrik zu führen. Sie übergab aber bald an ehemalige Mitarbeiter, welche nicht versäumten, sich später als die "Erfinder" des Streichholzes zu rühmen.

Die geistigen Wurzeln Stephan Rómers reichen bis in die Gegenwart: Die letzte Zündholzfabrik der Monarchie im böhmischen Sušice (Schüttenhofen) war von seinen ehemaligen Mitarbeitern Adalbert Scheinost und Maria Urbanova begründet worden und produzierte bis Ende 2008.


Josef Andersch war im Berufsleben Reprotechniker in Wien. Seine Liebe zu den künstlerisch oft hervorragend gestalteten Kleinstplakaten (Zündholzetiketten) beschäftigt ihn seit über 50 Jahren. Seine Sammlung umfasst ca. 250.000 Etiketten aus aller Welt.

DI DDr. Manfred Bermann ist Chemiker und Arzt für Allgemeinmedizin in Wien. Seit fast 30 Jahren gehört er der Gruppe Phillumenie (Sammler von Zündholzschachteln und verwandten Gebieten) in Wien an. Seine Sammlung aus allen Ländern und Epochen umfasst derzeit ca. 25.000 Schachteln.

Wiener Zeitung, Freitag, 2. September 2011