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Silberer, Viktor#


* 23. 10. 1846, Wien

† 11. 4. 1924, Wien


Luftfahrtpionier, Sportler
Journalist, Verleger
Politiker


Viktor Silberer. Foto, um 1910, © Bildarchiv der ÖNB, Wien, für AEIOU
Viktor Silberer. Foto, um 1910
© Bildarchiv der ÖNB, Wien, für AEIOU

Viktor Silberer wurde am 23. Oktober 1846 in kleinbürgerlichen Verhältnissen in Wien geboren.

Mit 7 Jahren soll der kleine Viktor den französischen Luftfahrer Eugêne Godar mit dem Ballon in Wien "auffahren" gesehen haben – und war von da an sein Leben lang von der Luftfahrt fasziniert.

Nach dem Besuch der Handelsschule arbeitete er zunächst in der Anglo-Österreichischen Bank. Sein Interesse galt jedoch dem Rudersport, über den er erste journalistische Beiträge für die "Deutsche Turnzeitung" und den Wiener "Sport" verfasste. 1868 veranstaltete er die erste Wiener Regatta (die erste Ruderregatta in Österreich), bei der er selbst zweimal als Sieger hervorging.

Ebenfalls 1868 ging er in die Vereinigten Staaten und wandte sich endgültig dem Journalismus zu, der sein Leben trotz zahlreicher anderer Aktivitäten durchgehend bestimmen sollte. Er arbeitete in New York für die "New Yorker Abendzeitung" und schrieb auch für das Wiener "Fremdenblatt". Nach seiner Rückkehr 1870 gründete er in Wien das "Wiener Salonblatt", das er aber nach wenigen Ausgaben wieder verkaufte. 1870/71 arbeitete er als Sonderberichterstatter der "Neuen Freien Presse" im deutsch-französischen Krieg. Hier beobachtete er die Ausbruchsversuche der Franzosen bei der Belagerung von Paris und erkannte die Bedeutung der Ballonfahrt für Technik und Naturwissenschaft, aber auch als Sportgerät.

Danach gründete er die Zeitung "Der Kapitalist", die jedoch im Gefolge des Börsenkrachs 1873 eingestellt werden musste; von 1875 bis 1880 führte er als Herausgeber und Redakteur die "Militär-Zeitung" und veröffentlichte 1877 das biographische Werk "Die Generalität der k. k. Armee".


Während der ganzen Zeit blieb Viktor Silberer als Ruderer bis zu seinem Rücktritt 1878 in Österreich-Ungarn ungeschlagen. 1879 wechselte er zum Pferderennsport und wurde Obmann des Direktoriums des Wiener Trabrennvereins, an dessen Reorganisation er maßgeblich beteiligt war. (Heute erinnert an ihn, der das Traber-Derby und die Zweijährigen-Rennen schuf, u.a. das "Viktor Silberer Gedenkrennen".)

1880 gründete er die "Allgemeine Sport-Zeitung", die als eine der ersten deutschsprachigen Sportzeitungen über das gesamte damals bekannte Spektrum der Sportarten berichtete. In seiner Funktion als Eigentümer und Herausgeber (bis 1918) organisierte er zahlreiche Veranstaltungen in den verschiedensten Sommer- und Wintersportarten (u.a. 1908 die erste Bobsleigh-Meisterschaft in Österreich) und regte die Gründung einschlägiger Vereine an, die er oftmals auch leitete.

Außerdem importierte er Rennpferde aus den USA - sein Hengst "Colonel Kuser" brachte ihm zwischen 1897 und 1901 Siegesprämien von 158.700 Kronen ein - und war angeblich auch mit Börsenspekulationen und als Buchmacher erfolgreich.


In all den Jahren seit seinem Ballon-Erlebnis als kleiner Bub hatte er die Luftfahrt nicht aus den Augen verloren: 1882 wurde in Paris sein eigener Ballon "Vindobona" gebaut, mit dem er bis 1887 an die 100 Mal aufgestiegen und manchmal auch recht unsanft wieder heruntergekommen sein soll. Trotz solcher Erlebnisse wurde Viktor Silberer nicht müde, die Luftfahrt hierzulande populär zu machen: 1888 veranstaltete er eine internationale Ausstellung für Luftschifffahrt in Wien, 1900 gründete er den Wiener "Aero Club", aus dem bald der "Österreichische Aero-Club" wurde, und wurde dessen erster Präsident (bis 1911). Silberer schuf auch die "Aeronautische Kommission", als deren Präsident er maßgeblich an der Entstehung des Wiener Neustädter Flugfeldes, dem ersten in Österreich, beteiligt war.


Viktor Silberer gab aber auch auf dem Freizeitsektor zahlreiche Impulse, so errichtete er in der Wiener Innenstadt den "Annahof" in der Annagasse, mit zahlreichen verschiedenen Gastronomie- und Vergnügungslokalen, Ballsaal und Theaterbühne.

Schließlich kam er auf den zur damaligen Zeit regelrecht boomenden Semmering – dem Sommerferienziel der "feinen Gesellschaft" Wiens. Einige Jahre zuvor war die Ghega-Bahn über den Semmering fertig geworden, das prächtige Südbahnhotel, das Panhans und zahlreiche Villen - in denen sich Adel, gute Gesellschaft und Künstler versammelten - waren entstanden. Hier ließ Viktor Silberer in den 1890er-Jahren u.a. sein "Silberer-Schlössl" und auf der Passhöhe das (heute nicht mehr existente) Prachthotel "Erzherzog Johann" errichten und kümmerte sich nebenbei um den Semmeringer Wintersport-Tourismus.

1906 wurde er Präsident des neu konstituierten "General Sports Committee for Austria", des Vorläufers des Österreichischen Olympischen Comités.


Neben allen anderen Betätigungsfeldern engagierte sich Viktor Silberer auch in der Politik: als guter Freund des antisemitischen Wiener Bürgermeisters Karl Lueger fühlte er sich der Christlich-Sozialen Partei (CSP) verbunden. Er war Gemeinderat, wurde in den Reichsrat und schließlich in den niederösterreichischen Landtag gewählt.

(Auch er förderte das Jahn'sche Turnen, ließ aber in seinen Publikationen durchaus auch Leserbriefe zu, die den Antisemitismus seines Freundes Lueger kritisierten.)


Zu Beginn des 20. Jahrhunderts fand sich sein Name immer häufiger als Spender: mit dem Erlös seiner Semmeringer Grundbesitzungen gründete er eine Stiftung für verschiedene humanitäre Organisationen, darunter die Barmherzigen Brüder, der Obdachlosenverein und die Wiener Wärmestuben.

Nicht zuletzt diese Handlungen sowie seine Beiträge und Leserbriefe für die "Arbeiter Zeitung" in seinen späten Jahren veranlassten das sozialistische Blatt zu einem Nachruf zu seinem Tod 1924, der Viktor Silberers Weg vom Lueger-Anhänger zum "guten Republikaner" aufzeigte.


(Sein Sohn, der Psychoanalytiker Herbert Silberer, stellte Weiten- und Höhenrekorde mit Ballons auf; 1923 beging er im Annahof Selbstmord.)

Quellen#

Weiterführendes#

Das Neue Österreichische BallonbuchDie Ballonfahrt in Österreich von den Anfängen bis heuteAlfred EitelSt. Johann bei Herberstein2009jetzt im Buch blättern

Redaktion: I. Schinnerl